Liebe Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Thema laut Tagesordnung ist „Ener giewende effizient gestalten – Windenergieanlagen brauchen klare Spielregeln im Landesplanungsrecht“. Die Vorredner hatten das Thema breiter gefasst und neben der Energiewen de auch den Klimaschutz in den Vordergrund gestellt, um den Gesamtrahmen abzustecken, der wichtig ist für uns, für Deutschland und für die Welt.
Geschätzter Kollege Glück, Sie hatten Ihre Rede mit der Aus sage begonnen: Wir erreichen die Klimaziele nicht, aber es gibt ein Weltklima; wir brauchen eine Energiewende.
Da hatte ich gedacht, der nächste Satz heißt: Wir brauchen ei nen Plan. Dann kam aber die Feststellung: Planwirtschaftli che Energiewende wie bei uns, das funktioniert hinten und vorn nicht.
Ich möchte dem mit einem Grundsatz aus dem Godesberger Programm der SPD von 1959 entgegnen: Wir brauchen so viel Markt wie möglich, aber da, wo es notwendig ist, auch so viel Staat wie nötig –
Nachdem ich Ihre Rede gehört habe, bleibt mir unklar, wel che Energiewende Sie eigentlich wirklich wollen und wie Sie die Klimaschutzziele erreichen wollen.
Auch wenn ich nach der letzten Woche die FDP noch mehr schätze, muss ich doch sagen: Ihre Rede hat in diesem Fall bei mir die Erinnerung an eine alte Äußerung von Fritz Erler hervorgerufen. Fritz Erler hat sinngemäß im Bundestag ge
sagt: Du sollst als Opposition an dem Ast der Regierung nur so sägen, dass du nachher auch selbst darauf Platz nehmen kannst.
Frau Niemann, Sie haben klargemacht, wofür Sie im Land ste hen. Da sind wir uns im Wesentlichen einig. Sie haben die Bundesregierung relativ hart attackiert. Ich bin dem Kollegen Nemeth dankbar, dass er da einiges relativiert hat. Keiner von uns ist froh, dass wir die Klimaschutzziele in Deutschland nicht erreichen. Aber zur Ehrlichkeit gehört auch, dass die Kli maschutzziele in Baden-Württemberg unter Minister Unter steller um fünf Prozentpunkte, von 30 % auf 25 %, abgesenkt worden sind als Konsequenz aus dem Atomausstieg.
Wenn Sie so tun, als ob im Bund nichts passiert sei, dann müs sen Sie sich einmal die Zahlen anschauen. In den letzten vier Jahren unter Schwarz-Rot ist beispielsweise der Anteil rege nerativer Energien von 25 % auf 35 % gestiegen. Da können Sie nicht so tun, als ob gar nichts läuft.
Das wissen Sie so gut wie wir. – Darüber ist keiner glück lich. Es ist auch keiner von uns glücklich darüber, dass wir die Klimaschutzziele nicht erreichen. Wir wissen, dass wir da schneller und besser werden müssen und insgesamt mehr hin bekommen müssen, sowohl bei der Energieeinsparung als auch beim Fördern der regenerativen Energien und bei einer effizienteren Energienutzung.
Doch zurück zum eigentlichen Thema. Es hieß: klare Spiel regeln im Landesplanungsrecht, Windenergien in den Vorder grund gestellt. Beim Eingangsstatement hat es relativ lang ge dauert. Deswegen habe auch ich mir jetzt ein bisschen Zeit genommen für die grundsätzlichen Themen der Energiewen de, des Klimaschutzes – die weit mehr umfassen als nur die Windkraft. Aber klar ist auch: Ohne Windkraft werden wir weder den Ausstieg aus der Atomenergie schaffen noch die Klimaschutzziele erreichen. Da hoffe ich auf einen großen po litischen Konsens hier im Haus.
Insofern stimme ich der Aufgabenstellung der FDP zu: Der Ausbau der Windkraft braucht klare Spielregeln. Wer aber so vehement gegen den Ausbau der Windkraft in Baden-Würt temberg wettert, der nährt ein bisschen den Eindruck, dass es ihm mehr um Regeln geht, die Windkraft verhindern, als da rum, Windkraft zu begünstigen – Windkraft, die an windgüns tigen Orten auch in Baden-Württemberg wirtschaftlich ist und vor allem den Haushalten und der Wirtschaft in unserem Land
ermöglicht, Energie auf kurzem Leitungsweg abzunehmen und die Energie da zu produzieren, wo wir sie auch brauchen.
Nein. – Mehr Windenergie in un serem Land bedeutet auch, dass wir nicht noch mehr teure Übertragungsleitungen zwischen Nord und Süd bauen bzw. finanzieren müssen.
Beim Thema „Vorsorge-, Mindestabstände“ – Herr Glück hat es zu Recht angesprochen – sehe ich bei Grün und Schwarz schon Widersprüche. Das wurde auch in den Reden klar. Der Kollege Nemeth hat sich klar zu den 1 000 m bekannt. Bei der letzten Debatte war das unklar. Minister Untersteller bekennt sich zum Windkrafterlass, also zu 700 m, spricht aber auch davon, dass 1 000 m durchaus möglich sind. Minister Hauk sagt klipp und klar: Unter 1 000 m läuft nichts im Forst.
Die Widersprüche sind schon in der letzten Debatte nicht auf geklärt worden. Vielleicht klärt sie der Herr Minister heute auf. Der Ministerpräsident hat ja davon gesprochen, dass es gar nicht um Regeln, sondern um Richtwerte geht. Er hat al so noch einen Begriff eingeführt. Ich finde, da hat er mehr zur Verwirrung als zur Klarheit beigetragen, hat Konflikte ka schiert und nicht Probleme gelöst, und er hat vor allem nicht von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht.
Vielleicht hat diese Unsicherheit auch dazu beigetragen – das ist ein anderes Thema der Aufgabenstellung der FDP/DVP in der heutigen Aktuellen Debatte –, dass viele Regionalpläne noch immer nicht fertig sind. Das ist sicher kein gutes Zei chen, um saubere Regeln für den Ausbau der Windkraft, der Windenergie, um Planungssicherheit und Rechtssicherheit zu haben.
Herr Glück, Sie haben das Thema „1 500 m zum nächsten Rot milanhorst“ aufgemacht. Ich denke, es ist durchaus vernünf tig, darüber zu diskutieren, ob dieser Abstand nicht abgesenkt werden kann, gerade weil wir relativ viele Rotmilane in Ba den-Württemberg haben. Andere Faktoren, beispielsweise Fassadenbauten oder der Verkehr, sind viel gefährlicher für die Vögel als Windkraftanlagen. Insofern sind wir sicherlich gesprächsbereit, wenn es um eine Fortentwicklung des Wind energieerlasses geht.
Ich denke, für den Ausbau der Windkraft im Land wäre es gut – – Dass wir mit dem marktwirtschaftlichen Modell Proble me hatten, ist ein Thema, das der Minister auch zu Recht an spricht. Der Bund hat aber reagiert. Es läuft wieder besser. Wir bekommen wieder Zuschläge. Trotzdem sollte man dar über diskutieren, ob man im Referenzertragsmodell nicht zu weiteren Verbesserungen kommen kann. Vielleicht sollte man auch über Quoten diskutieren oder über eine Mischung von beidem.
Ganz wichtig ist auf jeden Fall – Kollege Nemeth hat es schon angesprochen –, dass der Bund jetzt basierend auf dem Koa
litionsvertrag – ich denke, das wurde im Wesentlichen auch von der SPD im Koalitionsvertrag durchgesetzt – beschlos sen hat, dass man zusätzliche Sonderausschreibungen für re generative Energien durchführt. CDU und SPD haben sich ge einigt, zusätzlich 4 GW jeweils für Wind und für Fotovoltaik auf drei Jahre zu verteilen.
Ich würde mich freuen, wenn die Grünen oder der Minister auch einmal ein positives Wort darüber verlieren würden. Denn nur mit solchen Maßnahmen kommen wir gemeinsam voran. Ich glaube, es wäre auch ein schönes Zeichen, wenn der Bund nicht nur kritisiert würde, sondern wenn das, was positiv läuft, auch einmal unterstützt würde.
Natürlich ist ganz klar, dass die Windkraft bei uns nicht das Potenzial wie in Norddeutschland oder an Nord- und Ostsee hat. Wir brauchen aber einen Anteil an Windkraft – neben dem Ausbau der Fotovoltaik, neben der Nutzung von Wasserkraft, neben der Nutzung von Holz und Bioabfällen.
Wir brauchen auch eine effizientere Nutzung von Energie, Einsparung von Energie und Minderung von Kohlendioxid. Ich denke, es ist gut, über die besten Wege dahin zu diskutie ren. Die Zielsetzung – für die Energiewende und den Klima schutz – sollte uns aber einen, nicht nur Weihnachten zuliebe, sondern im Interesse einer lebenswerten Zukunft in unserem Land und auf unserem Planeten.
Dem Weihnachtsfrieden zuliebe und weil der Minister uns im Umweltausschuss in der letzten Sitzung so schön beschenkt hat,
bekommt er von mir ein schönes Buch geschenkt: „Erneuer bare Energien – ohne heiße Luft“. Es zeigt die Herausforde rungen, die Chancen, aber auch die Schwierigkeiten bei der Energiewende auf. Ich schenke es ihm als Weihnachtslektü re.
Das Buch ist von Christian Holler und Joachim Gaukel, zwei Professoren an der Hochschule für Technik in Esslingen.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Das war ein Werbe block, Herr Kollege! – Abg. Jochen Haußmann FDP/ DVP: Wie ist die ISBN-Nummer noch?)
Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Kollege Nemeth schon ange sprochen hat, ging am letzten Wochenende in Kattowitz nach rund zwei Wochen die 24. Weltklimakonferenz zu Ende. Die Verhandlungen über die Umsetzung des Ende 2015 in Paris