Protokoll der Sitzung vom 30.06.2016

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP und der AfD)

Nein, meine Damen und Herren, es ist schon dreist, was Sie hier auf Kosten der Steuerzahler veranstalten. Und eigentlich weiß das auch die jetzige Landesregierung, insbesondere der

Landwirtschaftsminister. In seiner Funktion als CDU-Frakti onsvorsitzender sagte Peter Hauk in der Debatte zum entspre chenden Nachtragshaushalt am 21. Juli 2011 – ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin zitieren –:

Das bedeutet eine strukturelle Mehrbelastung für den Landeshaushalt von 100 Millionen € bis zum Inkrafttre ten der Schuldenbremse im Jahr 2019. Dies als Demo kratiekosten zu verkaufen, ist doch ein Hohn für den Wäh ler, wenn man weiß, dass die Mehrzahl der Stellen gera de nicht für neue politische Schwerpunkte benötigt wer den, sondern irgendwo versickern, um alte Parteisolda ten und Genossen zu bedienen.

So Peter Hauk 2011.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was haben Sie denn gegen Genossen?)

Und er fährt fort:

Wer schon zu Beginn die Gebote der Sparsamkeit und der Nachhaltigkeit verrät, der wird sich auch in Zukunft eher an das Geldverbrennen als an das Sparen halten.

Recht hat er damals gehabt; recht hat er allerdings auch heu te, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Der stellvertretende Ministerpräsident – der jetzt wahrschein lich gerade im Innenministerium die Ernennungsurkunden verleiht –, Herr Strobl – Sie erinnern sich: der mit den 49 Stel len für die Digitalisierung –,

(Vereinzelt Heiterkeit)

hat als CDU-Landesvorsitzender geäußert – ich zitiere –:

Grün-Rot will für Klientelpolitik offenbar weiter mit bei den Händen das Geld zum Fenster hinauswerfen. Die Re gierung hat im Regierungsapparat bereits 180 neue Stel len für treue Parteisoldaten und die eigene Klientel ge schaffen – und jetzt wollen sich die grün-roten Ministe rinnen und Minister sogar noch einen weiteren Schluck aus der Pulle genehmigen und nachlegen.

Da hat er recht. Nur: Streiche Grün-Rot und setze GrünSchwarz – dieselbe Politik, alter Wein in neuen Schläuchen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

An Dreistigkeit nicht zu überbieten ist ja, dass man erst 228 Stellen fordert und sich am Schluss dann auf die Hälfte einigt. Wahrscheinlich wurde das im Koalitionsausschuss ausbaldo wert: „Wir fordern einmal das Doppelte dessen, was wir wol len, und anschließend einigen wir uns auf die Hälfte und ver kaufen das der Öffentlichkeit vielleicht noch als Einsparmaß nahme.“

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der AfD – Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Denn Ihre eigentliche Begründung – ich habe sie schon er wähnt – ist schon drollig. Sie haben geäußert, Sie brauchten 228 Stellen zur Umsetzung des Koalitionsvertrags. Dann ei nigen Sie sich auf die Hälfte. Herr Ministerpräsident, die Schlussfolgerung liegt nahe: Sie möchten auch nur die Hälf te des Koalitionsvertrags umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Das scheint die Situation in diesem Land zu sein. Hören Sie auf mit dieser Politik, kehren Sie zur Sparsamkeit zurück, und wenn Sie das nicht können, dann dürfen Sie nicht andernorts solche Reden halten wie letzte Woche vor den Landräten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Frau Abg. Walker.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Sie machen eine Charmeoffensive!)

Schauen wir einmal. – Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin, liebe Kolleginnen und Kol legen, sehr geehrte Damen und Herren! Neueinstellungen zu Beginn einer neuen Regierung sind ein völlig normaler, rich tiger und notwendiger Vorgang. Es wäre falsch, würde eine Landesregierung in neuer politischer Zusammensetzung sich nicht auch personell an wichtigen Stellen neu aufstellen.

Der kritische Blick auf diese Neueinstellungen und eine De batte darüber sind sicher selbstverständlich; dies ist eine völ lig normale und notwendige Aufgabe der Opposition. – So weit, so gut.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der Politik, nicht der Opposition!)

Es stellt sich immer die Frage, wie das geschieht und ob Maß und Mitte bei dieser Debatte gewahrt bleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Da muss ich Ihnen schon sagen: Mancher schrille Ton der Op position lässt dieses Augenmaß wirklich vermissen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Die abgedroschene Metapher von Wasser predigen und Wein trinken schießt doch völlig über das Ziel hinaus.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Hier hat doch kein „Wünsch dir was“-Konzert stattgefunden, auch wenn Sie natürlich die hohe Zahl, die über weite Stre cken in den Medien kursierte, zitiert haben, Herr Rülke

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Stimmt sie nicht?)

die natürlich nicht stimmt; das ist doch klar; es hat einen Be schluss gegeben. Die Neueinstellungen der Landesregierung sind maßvoll den neuen Aufgaben, den Zuschnitten und den Funktionen angepasst.

(Abg. Sascha Binder SPD: Neue Stellen, oder was? – Zuruf von der FDP/DVP: Maßlos ist das! – Unruhe)

Lassen Sie mich die Stellen – Sie führen gern das Beispiel der kleinen Beamten an – der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien mit denen der Beamten und Mitarbeiter des Landes insgesamt ins Verhältnis setzen, damit alle wissen, über was wir hier sprechen. Wir reden hier über 98 Stellen von insgesamt rund 225 000 Stellen im Landeshaushalt. Das heißt, wir reden hier über 0,04 %.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: 8,6 Milli arden beträgt die Weltbevölkerung!)

Die Stellen in den Ministerien – ich möchte das deutlich sa gen – summieren sich insgesamt auf 1,5 % der Stellen im Lan deshaushalt.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Und jetzt?)

Ich möchte auf die Beamten verweisen. Der Hauptanteil der Beamten sind Lehrerinnen und Lehrer

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ja, eben!)

sowie Beschäftigte an den Hochschulen und Polizisten; und das ist gut so. Die allerwenigsten Landesbeschäftigten arbei ten in den Ministerien.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie arbeiten in den Ministerien? – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was? – Unruhe)

Es ist mitnichten so, dass in Stuttgart der Moloch wuchert und völlig unkontrolliert Steuergelder verschlingt. Die Landesre gierung von Baden-Württemberg hat eine schlanke, effizien te Verwaltung, und das bleibt auch so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wenn Sie hier das Gegenteil suggerieren, dann ist das schlicht und ergreifend unredlich. Im Übrigen ist die Metapher von Wasser und Wein auch deshalb politisch grundverkehrt, weil damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ministerien gegen die Beschäftigten und Beamten in anderen Bereichen des Landes ausgespielt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Andre as Stoch SPD: Das ist Unfug!)