Protokoll der Sitzung vom 23.01.2019

Artikel 4 des Aachener Vertrags ist ein Türöffner für neue, fragwürdige Auslandseinsätze in Afrika, wo Frankreich im mer noch seine Interessen hat.

Diese sehr bedenklichen Vertragsverpflichtungen führen zu neuen, unvorhersehbaren Risiken. All das wollen wir nicht, meine Damen und Herren. Wir wollen die NATO nicht durch eine europäische Armee ersetzen.

(Beifall bei der AfD)

Wir wollen keine bilateralen sicherheitspolitischen Alleingän ge innerhalb der EU. Wir wollen nicht, dass solche Verpflich tungen wieder an den Mitentscheidungsrechten der Bevölke rung vorbeigehen.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, wir sind europafit. Die Bürger in unserem Land stehen für Europa. Laut der EurobarometerUmfrage 89.2 des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2018 mit dem Titel „Demokratie in Bewegung“ ist die Zu stimmung der Bürger in Deutschland zur EU sehr hoch und liegt bei 79 %.

Jedoch möchten die Bürger unseres Landes innerhalb der EUStrukturen gewisse Änderungen. 45 % der Bürger glauben da ran, dass die neuen politischen Parteien bessere Lösungen fin den können.

(Beifall bei der AfD)

48 % der Bürger wollen, dass der Terrorismus erfolgreicher bekämpft wird. 50 % der Bürger wollen, dass die EU eine sinnvolle Lösung zur Einwanderungspolitik findet:

(Zuruf: Hört, hört!)

keine unkontrollierten Einwanderungen und schon gar kein freies Siedlungsrecht in Deutschland und Europa.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

55 % der Bürger wollen, dass das Europaparlament weniger Macht bekommt.

Übrigens, der Klimawandel, meine Damen und Herren von den Grünen, gehört nicht zu den ersten Prioritäten der Deut schen.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja, für Sie!)

Daher platziert sich diese Thematik erst an fünfter Stelle.

Ein weiteres Beispiel für die Politik der EU am Bürger vor bei ist der propagierte Umstieg auf E-Mobilität. Ich frage Sie: Wer wird dieses Projekt finanzieren? Natürlich, die Bürger selbst, und unabhängig davon, ob sie ein E-Fahrzeug nutzen oder nicht, werden sie es durch die Stromkosten begleichen müssen.

Wir, die AfD, wehren uns dagegen. Diese Politik bedeutet das Aus für die deutsche Automobilindustrie.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Um die Automobilindustrie in unserem Land, welche auf Ver brennungsmotoren basiert, zu erhalten, muss die EU und muss Deutschland synthetische Kraftstoffe fördern und in den Markt einführen. Hier hat sich die AfD klar positioniert.

Unser Europaleitbild: Ja, in welchem Europa wollen wir le ben, meine Damen und Herren? Wir sind die Partei der Bür gerbeteiligung und wollen Handlungsfähigkeit durch einen Dialog mit den Bürgern, nicht ohne sie. Wir wollen ein Euro pa der souveränen Staaten, die nachbarschaftlich zusammen leben, in dem die Staaten genügend eigene Spielräume haben. Wir wollen eine Leitkultur, die auf unserem Land fußt, unse rem Baden-Württemberg. Wir wollen stolz auf unsere Heimat sein in Europa.

Wir wollen gemeinsame und vor allem gut durchdachte Si cherheitspolitik. Wir wollen die Demokratie aufbauen und auf Dauer erhalten. Wir lassen nicht zu, dass die EU-Politik zu ei nem Monolog wird. Die EU ist nicht die Mutter, die bestimmt, beschließt, entscheidet und Rügen erteilt, und wir sind nicht die Kinder, die ihr kopfnickend gehorchen müssen. Wir wol len ein Projekt, das sich in einem fortgesetzten Diskurs befin det und offen für Reformen ist, zusammen, aber flexibel. Soll ten diese Reformen in absehbarer Zeit nicht erreichbar er scheinen, ist für uns, die AfD, der „Dexit“ als letzte Option nicht auszuschließen – aber nur dann, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei der AfD)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Schwarz.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Europa ist ein Erfolgsprojekt. Seit über 60 Jahren bringt die europäische Einigung Frieden, Frei heit und Wohlstand. Dieses Erfolgsprojekt gründet auf unse rer gemeinsamen Geschichte, auf dem grenzüberschreitenden Austausch, auf gemeinsam errungenen Rechten, Freiheiten und Werten. Diese Einheit in Vielfalt wollen wir bewahren und weiterentwickeln.

Europa scheint heute selbstverständlicher denn je zu sein. Doch das Erreichte ist fragil. Denn die Europäische Union steht vor einer nie da gewesenen Bewährungsprobe. Zugleich ist die Europäische Union so wichtig wie nie zuvor.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Der Klimawandel ist vielleicht die wichtigste Herausforde rung, vor der wir heute stehen. Europa kann hier, wenn wir zusammenarbeiten, viel bewegen und globale Standards set zen.

(Vereinzelt Beifall)

Deswegen wird die Europawahl auch eine Klimawahl sein.

(Beifall bei den Grünen)

Bei der Digitalisierung ist die Europäische Union gefordert, gemeinsam faire Regulierungen für die globale Digitalwirt schaft zu schaffen. Gerade bei der künstlichen Intelligenz zeigt sich, wie wichtig ein europäischer Weg sein wird.

Fluchtursachen zu bekämpfen und Maßstäbe für eine huma ne Migrations- und Asylpolitik zu setzen, das ist eine europä ische Aufgabe. Dies kommt nicht voran, weil die Mitglieds staaten in dieser Frage gespalten sind. Daher sehen wir hier eine der größten Herausforderungen für Europa. Lassen Sie uns weiter gemeinsam an diesen Fragen arbeiten und das Er folgsprojekt Europa voranbringen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wir verstehen die aktuellen Herausforderungen als Ansporn für Reformen auf dem Weg zu einer vertieften Integration der Europäischen Union. Denn die Herausforderungen unserer Zeit können wir in Europa am besten gemeinsam lösen. Nur so haben wir Europäerinnen und Europäer auch international eine starke Stimme, um der globalen Verantwortung gerecht zu werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

In Baden-Württemberg verdanken wir unseren Wohlstand in hohem Maß der europäischen Integration und der Europäi schen Union. Wenn wir wollen, dass die Europäische Union eine Zukunft hat, muss es unser Ziel sein, dass alle Menschen, alle Regionen Europas von der europäischen Integration und vom Gemeinsamen Binnenmarkt profitieren.

Es beunruhigt mich daher, wenn Stimmen zunehmen, die auf Nationalismus und Abschottung, Ausgrenzung und Antilibe ralismus setzen. Die Verstöße gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen europäische Grundwerte durch die Regierungen in Ungarn und Polen sind alarmierend und nicht hinnehmbar. Das darf die EU keinem Mitgliedsstaat durchgehen lassen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Deshalb halten wir Sanktionen wie die gezielte Kürzung der EU-Fördermittel oder einen Entzug des Stimmrechts bei Rats entscheidungen für angebracht.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte gehören zu den Grund werten der Europäischen Union, und diese müssen für alle gelten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Das Brexit-Votum und das Scheitern des mühevoll ausgehan delten Austrittsvertrags zeigen auf erschreckende Weise, wie Nationalismus und Populismus zu Spaltung und Chaos füh ren. Der Brexit ist eine Bewährungsprobe für den europäi schen Zusammenhalt. Denn die EU ist den Briten weit entge gengekommen; weitere Zugeständnisse kann es nicht geben.

Wenn wir uns die Lage in Baden-Württemberg anschauen, stellen wir fest, dass wir, da Großbritannien der sechstgrößte

Abnehmer baden-württembergischer Produkte ist, ein Inter esse daran haben, zu guten Wirtschaftsbeziehungen zu kom men. Für die Grünen kann ich ganz klar sagen: Wir wünschen uns einen Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Uni on. Unsere Türen sind weiterhin offen.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Es gibt aber auch Kräfte – wir haben es ja gehört –, auch hier im Landtag von Baden-Württemberg, die nach Großbritanni en schauen und sich einen „Brexit“ für Deutschland wün schen.

(Abg. Anton Baron AfD: Unsinn! So ein Unsinn! – Abg. Carola Wolle AfD: Sie sollten einmal zuhören! – Weitere Zurufe)

Wir sagen dagegen: Wer aus der Europäischen Union austre ten möchte, der schadet Deutschland, der schadet dem Wirt schaftsstandort, der schadet den Menschen in diesem Land.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Carola Wolle AfD: Reformen! – Abg. Dr. Rai ner Podeswa AfD: Argumente! – Zuruf von der AfD: So ein Unsinn! – Weitere Zurufe)