Protokoll der Sitzung vom 31.01.2019

Für die Grünen spricht jetzt Herr Abg. Lede Abal.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Goll, nachdem Sie mich so nett angesprochen haben, will ich das gern erwidern. Das Verbindliche, das Sie hier so ausstrahlen, stimmt insofern nicht mit der Realität überein, als Sie suggerieren, dass dieser Vorschlag eine Lö sung bringe, die er ganz offensichtlich nicht bringen wird. Das hat z. B. in ähnlicher Form auch der Kollege Hinderer von der SPD ausgeführt, der sich im Übrigen ja hinter den Vorschlag gestellt hat.

Wenn wir schauen, wo eigentlich die elementaren und wirk lich großen Probleme im Asylverfahren und in der Frage der Beschleunigung liegen, stoßen wir zuallererst auf das Bun desamt und vor allem auf die eigenartige Personalpolitik, die dort über Jahre hinweg betrieben worden ist. Zuerst wurde nämlich überhaupt nicht eingestellt, dann wurde die Mitarbei terzahl schlagartig vervielfacht, und bevor alle eingestellt wa ren, wurden schon die Ersten wieder entlassen. Das schafft Probleme in einer Behörde. Wenn dann noch McKinsey durchs Haus geht und organisatorische Umstrukturierungen stattfin den, wenn gerade in der Zeit der allerhöchsten Belastungen – im Herbst 2015, Anfang 2016 – das ganze Haus umstruktu riert wird, dann sieht man, wo eigentlich im Kern die Proble me des Bundesamts liegen.

Das Thema Rücknahmeabkommen haben wir hier schon mehr fach angesprochen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Also sagen Sie ganz konkret, Sie wollen keine sicheren Herkunftsländer bestimmen! – Abg. Stefan Herre AfD: Bravo!)

Ich möchte auch ein bisschen den Kollegen Blenke korrigie ren. Die sinkende Zahl der Antragsteller aus dem Westbalkan – Sie haben es am Beispiel des Kosovo vorexerziert – ist auch von einer ganzen Reihe anderer Maßnahmen begleitet wor den, z. B. einer Aufklärungskampagne in den Westbalkanstaa ten über Asylrecht und andere Migrationsmöglichkeiten, über eine Einwanderungsmöglichkeit im Balkankorridor für Aus bildungs- und Arbeitsplätze. Das ist schon ein ganzes Bündel von Maßnahmen gewesen. Die sinkenden Antragszahlen wür de ich jetzt nicht allein darauf zurückführen.

Für meine Fraktion ist das zentrale Anliegen, dass Schutzbe dürftige in Deutschland und Europa tatsächlich Aufnahme und Schutz finden. Ich unterstelle das auch drei anderen Fraktio nen hier im Haus.

Die Fraktion, die dann noch übrigbleibt, führt zwar gern öf fentlich einen Feldzug gegen das Asylrecht, beschäftigt sich aber eigentlich am liebsten sowieso mit sich selbst und disku tiert gerade darüber,

(Abg. Emil Sänze AfD: Das hat die Öffentlichkeit schon gemacht! Das brauchen wir gar nicht!)

wer wen in der eigenen Partei verfolgt. So sieht doch eigent lich die Realität aus.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Herr Abg. Lede Abal – –

Ich würde gern meine Punkte zu Ende ausführen.

(Zurufe von der AfD)

Es gibt auch keinen Grund, hier Vorwürfe in Richtung der Landesregierung zu machen. Ich glaube, Herr Strobl hat auch klargestellt, dass das keine Scheinpositionierung war, sondern dass es auch mit baden-württembergischer Stimme zu effek tiven Rechtsänderungen gekommen ist.

Ich möchte hier schon noch einmal darüber sprechen, dass es uns um einen effektiven Schutz geht. Die Anerkennungsquo te ist in Bezug auf viele Herkunftsländer zwar relativ gering, aber sie ist quasi nie null. Das gilt auch für die sogenannten sicheren Herkunftsländer. Es gibt in diesen Ländern eben Per sonen, die gefährdet sind und besonders gefährdet sind

(Zurufe von der AfD, u. a.: Die gibt es in Deutsch land auch!)

und bei denen auch tatsächlich ein berechtigter Asylanspruch besteht bzw. bestehen kann.

(Abg. Stefan Herre AfD: Hören Sie doch auf!)

Zu diesen vulnerablen Gruppen gehören beispielsweise Jour nalistinnen und Journalisten, Homosexuelle, Transgender oder auch religiöse Minderheiten und Konvertierte. Deshalb braucht es ein Verfahren, das Garantien gibt und auch einen effekti ven Schutz für diese Personen anbietet. Dann ist für uns schon die Frage: Ist dieses Verfahren in der Praxis umsetzbar, ist es verbindlich,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt reden Sie nicht drum herum! Sagen Sie den entscheidenden Satz!)

und – das ist der zentrale Punkt – entfaltet es die Schutzwir kung für die besonders vulnerablen Gruppen, damit die Schutz bedürftigen nicht durch das Raster fallen?

Deshalb unterstützen wir die Ankündigung der Landesregie rung, diesen Entwurf zu prüfen. In diesem Stadium ist die Landesregierung. Das hat auch der Innenminister gerade be stätigt.

(Zuruf des Abg. Rüdiger Klos AfD)

Deshalb ist die Frage eigentlich beantwortet, Herr Zimmer mann.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Manuel Hagel CDU – Zuruf von der AfD: „Eigentlich“! „Eigent lich“!)

Herr Abg. Dr. Schwei ckert, ich hatte gefragt. Herr Abg. Lede Abal hat gesagt, er wolle gerade keine Zwischenfrage zulassen.

(Zuruf)

Ja, tut mir leid. Dann muss ich ein bisschen lauter sprechen. Ich hatte ihn aber gefragt, und er wollte nicht.

Wünscht die CDU noch das Wort?

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ja! – Abg. Anton Baron AfD: Herr Zimmermann!)

Dann Herr Abg. Blenke, bitte.

(Abg. Stefan Herre AfD: Jetzt können Sie mal was sagen, was passt!)

Das habe ich die ganze Zeit schon gemacht.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich möch te kurz eingehen auf das, was Sie, Kollege Hinderer, vorhin sagten. Alles richtig – auch mit den Problemen bei der Rück führung. Das ist klar.

Aber was bei der Erklärung zu den sicheren Herkunftsländern auch noch eine Rolle spielt, ist – der Minister hat es ausge führt; ich habe vorhin auch versucht, es am Beispiel Kosovo darzustellen –: Es nimmt den Anreiz, überhaupt erst zu kom men. Das sehen wir an den drastisch gesunkenen Zugangs zahlen. Ob die jetzt alle darauf zurückzuführen sind, Kollege Lede Abal, oder auf andere Ursachen, das mag dahinstehen. Aber es ist sichtbar, dass die Anreize, hierherzukommen, da durch deutlich absinken. Deswegen ist das ein wirkungsvol les Instrument, auch wenn das von manchen bestritten wird. Es ist ein wirkungsvolles Instrument; sonst brauchte man es in der Tat nicht anzuwenden.

Ich möchte jetzt einfach noch einmal um Zustimmung im Bundesrat werben. Wir haben vereinbart: Wenn verfassungs rechtliche Hürden bestehen, wäre das ein Hemmnis.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Ich sehe keine verfassungsrechtlichen Hürden, auch nicht da rin, dass im BAMF nicht alles so läuft, wie es laufen sollte, oder in anderem.

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Daher noch einmal der dringende Appell: Wir werben um Zu stimmung.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Da niel Rottmann AfD)

Dann hat Herr Abg. Hin derer für die SPD noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Blenke, vielen Dank für die ergänzenden Ausführungen. Aber vielleicht sei der Hinweis erlaubt, dass von 174 000 Men schen, die im Zeitraum Januar bis Ende November 2018 ei nen Asylantrag gestellt haben, 3 400 aus den Maghreb-Staa ten und 4 000 aus Georgien kamen – auch ohne die Deklarie rung als sichere Herkunftsstaaten. Schon jetzt kommen also nur 4 % aller Asylanträge aus diesen Ländern. Die Zahl ist al so schon jetzt sehr gering.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Stimmt! – Zuru fe der Abg. Thomas Blenke und Karl Zimmermann CDU)

Herr Innenminister, ich glaube, es ist unstrittig, dass der In nenminister des Bundes die Federführung hat, was die Rück führungsabkommen anbelangt. Vor allem ist er es gewesen, der das Ganze groß angekündigt hat.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Eben!)

Insofern steht er jetzt auch in der Pflicht. Da muss man den Ball jetzt nicht in ein anderes Spielfeld legen. Er soll sich nicht mit Abschiebehaftfragen beschäftigen,