Protokoll der Sitzung vom 13.02.2019

Der zweite Punkt ist die Änderung von § 23 des Schulgeset zes, wodurch ein spezieller Tatbestand zur Einziehung schul ordnungswidrig mitgeführter oder verwendeter Sachen ge schaffen werden soll. Dies begrüßen wir, weil es sich um ei ne Präzisierung des Tatbestands in § 23 des Schulgesetzes handelt. Bisher herrschte bezüglich des Umgangs mit mitge führten Gegenständen eine gewisse Offenheit und Unsicher heit darüber, wann und wie lange die Lehrerinnen und Lehrer z. B. Handys, mit denen der Unterricht gestört wurde, einsam meln durften. Mit der neuen Regelung schaffen wir jetzt mehr Rechtssicherheit und stärken zudem den Erziehungs- und Bil dungsauftrag der Schulen.

Wir begrüßen die Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg, weil dadurch wei terhin auch in der Fläche ein gutes Bildungsangebot gewähr leistet wird.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Jetzt spricht Herr Abg. Beck für die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Wir haben nicht einmal zwei Wochen –

vom 31. Januar bis heute, dem 13. Februar – benötigt, Frau Kollegin Lösch, um diese Änderung des Schulgesetzes unter Dach und Fach zu bringen. Besser und schneller geht es wirk lich nimmer.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass von Anfang an – auch das wurde schon gesagt – bei drei der vier vorgelegten inhaltlichen Punkte Konsens bei allen Fraktionen bestanden hat. Nur bei der vorgesehenen Schülerzuweisung gab es sowohl in der ersten Lesung als auch im Ausschuss un terschiedliche Auffassungen.

Ich möchte deshalb für die CDU-Fraktion nochmals klar zum Ausdruck bringen – wie auch die Kollegin Lösch –, dass ei ne Zuweisung nur an eine Schule des gleichen Typs zulässig und möglich ist.

Des Weiteren freue ich mich, dass die Frau Ministerin im Aus schuss klargestellt hat, dass die Einziehung einer schulord nungswidrigen Sache – wie beispielsweise eines Handys; das wurde schon erwähnt – im Regelfall nur für den betroffenen Schultag gilt. Lediglich dann, wenn in einem Einzelfall bei spielsweise noch Gespräche mit Eltern notwendig sind, kann die Einziehung auch einmal länger als einen Schultag dauern.

Alle Fraktionen waren sich einig, dass der Schulversuch für die deutsch-französischen Schulen beendet werden soll und eine Aufnahme in das Schulgesetz sinnvoll ist.

Wir, die CDU-Fraktion, werden der Änderung des Schulge setzes daher zustimmen und den Antrag der FDP/DVP ableh nen.

„Habe fertig.“ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Herr Abg. Dr. Balzer, bit te, für die AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Es ist richtig – um an den Vorredner anzuknüpfen –: Manche Geset zesinitiativen oder -änderungen gehen bemerkenswert schnell. Manches wird in der Öffentlichkeit thematisiert und manches gar nicht. Dann wird im Paket etwas verabschiedet, was in der Öffentlichkeit eigentlich noch nicht diskutiert worden ist. Das missfällt eigentlich.

Jede einzelne Maßnahme in dem Gesetzentwurf hätte eigent lich gründlich diskutiert werden sollen. Aber dafür reichen auch diese fünf Minuten Redezeiten hier kaum.

Bei den Zuweisungen von Schülern an andere Schulen zur Vermeidung der Bildung zusätzlicher Klassengruppen oder Lerngruppen beruft sich die Landesregierung im Gesetzent wurf auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit.

Im Schulgesetz steht in § 76 Absatz 2:

Der Schulpflichtige hat die Schule zu besuchen, in deren Schulbezirk er wohnt. Dies gilt nicht für Schulpflichtige, die eine Gemeinschaftsschule oder eine Schule in freier Trägerschaft besuchen;...

Warum diese Ausnahme? Weil die Gemeinschaftsschule das Steckenpferdchen unserer grün geführten Landesregierung ist und man es deswegen nicht ändern kann?

Bei den deutsch-französischen Grundschulen geht es hier we niger um eine Änderung der Praxis, es geht um die Rechts stellung. Wir haben eigentlich bilinguale Schulen; das sollte normal reichen. „Grenzüberschreitende Bildungsbiografien“, was für eine schöne Wohlfühlphrase in der Begründung des Gesetzentwurfs.

In Frankreich ist es durchaus so, dass die Verbreitung der fran zösischen Sprache Teil einer außenpolitischen Strategie ist. Der französische Außenminister ist gleichzeitig Minister für Frankofonie. Die frankofonen Länder waren früher die fran zösischen Kolonien. Und Deutschland? Warten Sie sehnsüch tig darauf, sich da einreihen zu dürfen?

(Lachen des Abg. Peter Hofelich SPD)

Schauen wir einfach einmal über den Rhein. Der Gebrauch der deutschen Sprache wurde nach dem Ersten Weltkrieg und verstärkt nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgedrängt, zu sammen mit einer Verleugnung eines Teils der Geschichte der Bewohner. Heute gibt es sogar Personen, die bestreiten, und viele, die nicht wissen, dass Elsässisch ein deutscher Dialekt ist. Besuchen Sie einmal das EU-Parlament in Straßburg. Wel che Sprachen werden dort gesprochen? Das klingt wie ein Vorwurf an die französische Seite, es ist aber eigentlich ein Vorwurf an die deutschen Politiker, die hier zu wenig zur För derung der eigenen Kultursprache unternehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Im Gegenteil: Es gibt sogar Überlegungen, deutsche GoetheInstitute mit Instituts de Langue Française zusammenzulegen.

Zum 1. Januar 2019 gab es in Frankreich eine Oberstufenre form. Gemäß der Reform müssen Schüler in der Jahrgangs stufe 10 drei Schwerpunktfächer zu je vier Stunden pro Wo che auswählen, von denen sie zwei in der Abschlussklasse mit sechs Stunden pro Woche weiterführen. Nur sechs von 77 Gymnasien in Lothringen werden künftig Deutsch als Schwer punktfach in der Oberstufe anbieten. Damit wird Deutsch noch seltener angeboten als Griechisch und Latein, die im merhin von sieben Schulen angeboten werden.

Im Elsass gibt es immerhin 20 öffentliche Lycées mit Schwer punktfach Deutsch. Wohlgemerkt: Wir reden hier nicht von bilingualen Schulen, sondern wir reden hier lediglich von Deutsch als Fremdsprache. Selbst Schulen in unmittelbarer Nähe zu Deutschland, wie im 10 km von der Grenze entfern ten Forbach, sehen Deutsch als Fremdsprache nicht vor. Die se Entscheidungen wurden auf gut Französisch von den Be hörden und Ämtern getroffen.

Wir werden aus diesem Grund dieses Gesetz auch ablehnen, auch wenn einzelnen Artikeln zugestimmt werden kann.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch: Rauschender Applaus!)

Das Wort hat Herr Kolle ge Born für die SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Gesetz ist vieles, dieses Gesetz ist aber – gerade wenn wir uns an die teilweise hekti sche Diskussion im Sommer erinnern – kein Einfallstor für ein generelles Handyverbot an Schulen. Das ist gut so. Mobi le Endgeräte gehören zum Kommunikationskontext der Ju gendlichen dazu. Wir sollten darum diese Möglichkeit auch zunehmend mit einbauen in das, was Schule vor Ort leisten kann, und nicht nur über Verbotsmöglichkeiten diskutieren.

Aber aus gutem Grund wird hier Sicherheit für die Schulge meinschaften geschaffen, sodass vor Ort kluge Regelungen in den Schulordnungen getroffen werden können. Aus gutem Grund werden die Sachkostenzuschüsse für SBBZ mit Inter nat in freier Trägerschaft angepasst. Aus gutem Grund wer den die zwei deutsch-französischen Grundschulen im Schul gesetz verankert. Und aus gutem Grund haben Ihnen, liebe Landesregierung, zwei Mal Gerichte auf die Finger gehauen, weil Sie die Interessen und Freiheiten von Eltern und Kindern nicht ausreichend gewürdigt haben.

(Beifall bei der SPD)

Sie behaupten, das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs zur Schülerzuweisung würde Sie verpflichten, das Schulgesetz zu ändern. Fakt ist: Das Urteil verpflichtet Sie, das bestehende Gesetz ordentlich anzuwenden. Dieses bestehende Gesetz be inhaltet Gestaltungsmöglichkeiten, beinhaltet Entscheidungs möglichkeiten, und wir erwarten, dass die Exekutive, wenn sie bei dem schmalen Grat der Schülerzuweisung von Gerich ten gesagt bekommt, wie man es richtig zu machen hat, nicht als Nächstes zu ihrer grün-schwarzen Parlamentsmehrheit rennt und sagt: „Dann lass uns mal eben ein Gesetz ändern“, sondern dass sie sich dann die Mühe gibt, ein ordentliches Ge setz auch ordentlich anzuwenden. Das ist bei Ihnen schiefge gangen.

Sie von Grün-Schwarz rennen heute Ihrer Landesregierung hinterher, um ein Gesetz so zu schreiben, dass die Exekutive handeln kann, wie sie will, anstatt ein Gesetz zu nutzen, das dafür da ist, den schmalen Grat zwischen Elternrecht, Schü lerrecht und dem, was wir in Schulen organisieren müssen, gut auszutarieren. Wir lehnen dieses Gesetz aus diesem Grund an diesem Punkt ab.

(Beifall bei der SPD)

Sie tun immer so, als würde sich doch eigentlich gar nichts ändern. Das ist völliger Quatsch. Sie verstärken das Problem der Zuweisung an eine Schule gleichen Typs, ohne das Schul profil oder die Sprachenfolge zu berücksichtigen. Für uns ist die Frage „Welches ist das Schulprofil, welches ist die Spra chenfolge?“ so entscheidend, dass man die Entscheidung da rüber nicht dem Ermessensspielraum überlassen darf. Viel mehr braucht man dafür klare Regelungen.

Sie schaffen Unklarheiten bei einem entscheidenden Punkt der Bildungsbiografie von Kindern. Das kann man Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nicht akzeptabel für das Bildungsland Baden-Würt temberg, das ist nicht akzeptabel für das Familienland BadenWürttemberg.

Das zweite große Problem ist die Regelung, die jetzt für Grundschulen gelten soll. Sie wird zur Gefahr für die Prämis se „Kurze Beine, kurze Wege“. Die Regierungsfraktionen wer den wieder lautstark abstreiten, ein Schulschließungsprogramm für kleine Grundschulen zu planen. Die Grünen – das haben wir mit den Äußerungen von Frau Boser ja schon erlebt, auch mit dem Auftritt hier in der Aktuellen Debatte – stehen längst nicht mehr dahinter. Und heute wird ein weiteres Schlupfloch geschaffen, indem aufgrund von Ressourcenargumenten der Grundsatz „Kurze Beine, kurze Wege“ weiter geschliffen wer den kann. Das lassen wir nicht zu.

(Beifall bei der SPD)

Um die Woche der Kultusministerin thematisch fortzuführen, zitiere ich Hartmut Engler und „Pur“:

(Zuruf: Oh nee!)

Ich sah viele kommen, ich sah viele geh’n. Sah viele umfallen, ich blieb meistens steh’n.

(Zuruf des Abg. Thomas Marwein GRÜNE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man einen Grundsatz wie „Kurze Beine, kurze Wege“ aufstellt, dann hat man zu diesem Grundsatz auch zu stehen.