Protokoll der Sitzung vom 20.02.2019

Fakt ist, dass das Handwerk einer vielschichtigen Problemla ge ausgesetzt ist, die erst durch die Politik selbst geschaffen wurde. Ich denke an die überbordende Bürokratie – da bin ich ganz bei Ihnen, Herr Grath –, ich denke an horrende Steuer- und Abgabenlasten. Das sind Fesseln, die dem Handwerk den Freiraum nehmen, den es zur Entfaltung braucht. Ohne diese würden die Handwerksbetriebe zu mehr eigener Liquidität kommen und könnten auf die komplexen Beteiligungsmodel le und Fördermaßnahmen, die Sie immer vorschlagen, kom plett verzichten. So funktioniert Marktwirtschaft. Aber davon versteht der linkssozialistische Block hier ja sowieso nichts.

(Beifall bei der AfD – Lachen des Abg. Andreas Glück FDP/DVP)

Das Handwerk hat aber auch darunter zu leiden, dass es nicht mehr als attraktiv wahrgenommen wird. Der Nachwuchs bleibt aus; das ist auch eine Folge des Akademisierungswahns.

(Zuruf von der SPD: Nee!)

Ich persönlich habe ja auch ein Studium absolviert, aber zu vor eine Ausbildung zum Verfahrensmechaniker gemacht. Von den dabei erlernten Fähigkeiten habe ich anschließend als In genieur profitiert. Statt sich also in das produktive Handwerk und in die Industrie einzubringen, widmen sich mittlerweile immer mehr junge Menschen unsinnigen Studiengängen wie Genderstudies –

(Lachen der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

maßgeblich vorangetrieben von grünen Parteiideologen. Und in Ihrer Gedankenwelt, liebe Grüne, beneidet uns wohl tat sächlich die ganze Welt genau darum – und nicht um gut aus gebildete Handwerker. Dabei ist es schon interessant, dass be sagte Akademisierung von vielen Grünen zwar angestrebt, aber innerparteilich nicht ganz vollbracht wird. Ich denke hier an die zahlreichen abgebrochenen Studien etwa in Theater wissenschaften oder Theologie.

(Zuruf von der SPD: Haben Sie Probleme!)

An dieser Stelle übrigens herzliche Grüße an Claudia Roth und Katrin Göring-Eckardt.

(Beifall bei der AfD)

Es ist Zeit, dem Handwerk mehr Respekt zu zollen, am bes ten, indem wir es entlasten und wieder attraktiv machen. Dann wird es dem Handwerk auch leichter fallen, sich den Heraus forderungen der Digitalisierung zu stellen. Erledigen wir erst einmal unsere Hausaufgaben in der Politik, entlasten wir das Handwerk, und bauen wir endlich Bürokratie und Steuern ab.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der AfD: Sehr gut! – Bravo!)

Kümmern wir uns um den Breitbandausbau Schritt für Schritt, und reden wir nicht größenwahnsinnig von einem schwäbi

schen Silicon Valley, wenn jedes zweite Schwellenland die ses Planeten eine bessere Netzabdeckung hat als wir.

Zum Schluss noch ein paar Worte zu diesem Thema aus mei nem Berufsleben als Produktmanager.

(Lachen bei der SPD – Zurufe von der SPD)

Vielleicht haben Sie nicht in der Wirtschaft gearbeitet, aber so ist es halt. – Die digitalen Angebote werden niemals das Handwerk und damit die Arbeit mit den Händen ersetzen. Ganz vorn dran bei digitalen Angeboten sind schon jetzt Fir men aus Hohenlohe wie Würth oder Berner.

Herr Abg. Baron, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, gern.

Herr Baron, in Bezug auf Ihren reichen Erfahrungsschatz, wie lange waren Sie denn be rufstätig?

Ja, gut: Ich war drei Jahre nach mei nem Studium berufstätig; zuvor war ich nach meiner Ausbil dung noch bei einer anderen Firma tätig. Ich denke, das reicht trotzdem aus.

(Zuruf von der AfD)

Das ist eindeutig mehr als bei vielen hier in diesem Plenar saal.

(Beifall bei der AfD)

Egal, ob es um die Bemessung von Dübeln geht oder um ei ne Software für die Dokumentation des Brandschutzes und viele weitere Softwareprogramme: Die Zulieferer des Hand werks kennen den Markt sehr gut und brauchen für den digi talen Ausbau keine Ratschläge oder unsinnige Programme der Politik. Sparen Sie sich das Geld, und verbessern Sie hiermit lieber die Infrastruktur.

Vielen Dank.

Für die SPD spricht Herr Abg. Dr. Weirauch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir sind uns alle einig: Das Land Baden-Württemberg und das Handwerk sind untrennbar miteinander verbunden. Ohne die über 130 000 Handwerksbetriebe würden in Baden-Württemberg kein Haus, keine Straße gebaut, niemand würde bei einem Wasserrohr bruch helfen, unsere Schuhe, unsere Kleidung wären ver schlissen, die Haare nicht geschnitten, wir würden keine Bril len tragen, und die Zeit würde sprichwörtlich stillstehen, weil wir keine Uhren mehr repariert bekämen.

Rund 800 000 Menschen sind in Baden-Württemberg in Hand werksbetrieben beschäftigt. Mit ihrem Engagement und ihren Fachkenntnissen tragen sie nicht nur wesentlich zur Wirt schaftskraft in unserem Land bei, sondern sie bewahren auch Traditionen und Werte, die sonst der oftmals bemühten soge nannten Wegwerfgesellschaft zum Opfer fallen würden.

Doch auch im Handwerk nehmen wir einen Wandel wahr, der nicht zuletzt durch die Digitalisierung bedingt wird. Es wer den sich Nutzeradaptionen, Arbeitsabläufe in Herstellung und Vertrieb, aber auch Produkte selbst verändern. Viele tradierte Arbeits- und auch Verhaltensweisen, mitunter gar jahrzehnte lang erprobt, und erfolgreiche Geschäftsmodelle sind einem exponentiell stattfindenden Wandel ausgesetzt. Die Kommu nikation mit anderen Unternehmen, Arbeitgebern, Auftragge bern, Kunden verändert sich, wird schneller, in vielen Berei chen sogar auch globaler. Vergleichsportale und erhöhte Trans parenz führen zu verstärktem Wettbewerb, auf den sich die Betriebe einstellen müssen.

Für die SPD-Landtagsfraktion ist bei allem Wandel immer klar: Auch in Zukunft wird das Handwerk auf kluge Köpfe und fleißige Hände bauen können.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen uns bei aller Wertschätzung aber auch gemein sam die Frage stellen, ob die Handwerksbetriebe auf die An forderungen der Digitalisierung richtig vorbereitet sind. Nach einer Umfrage des Baden-Württembergischen Handwerkstags vom Frühjahr 2018 sieht knapp die Hälfte der befragten Un ternehmen die Digitalisierung als Chance, rund 8 % sehen sie als erfolgskritisches Risikopotenzial. Aber 42 % standen der Digitalisierung mehr oder weniger neutral gegenüber. Das ist, wie ich finde, ein Ergebnis, auf das wir gemeinsam mit dem Handwerk bauen können. Aber wir müssen uns auch die Fra ge stellen, was getan werden kann, damit noch mehr Unter nehmen die Digitalisierung als Chance begreifen, und wie wir das Handwerk bei der Digitalisierung zielgerichtet unterstüt zen können.

Zwei Felder sind aus Sicht der SPD zentral, damit das Hand werk den technologischen Wandel meistern kann: erstens – davon habe ich heute noch von keinem Redner etwas gehört – eine qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte und zweitens eine leistungsfähige Infrastruktur.

(Beifall bei der SPD)

Wenn, wie zuletzt veröffentlicht wurde, der Unterrichtsaus fall an beruflichen Schulen deutlich höher ist als an anderen Schularten, dann läuft in diesem Land etwas falsch. Das Hand werk wird die Herausforderungen der Digitalisierung nur dann stemmen können, wenn es über gut ausgebildete Fachkräfte verfügt. Das Handwerk leistet schon heute einen großen Bei trag und bildet auf breiter Front aus. Da muss aber auch das Land im Gegenzug eine zielgerichtete berufliche Bildung an den Schulen sicherstellen. Dies gelingt leider in viel zu vie len Fällen nicht optimal. Hier muss bei den Rahmenbedingun gen dringend mehr getan werden.

(Beifall bei der SPD)

Die Meisterausbildung, ein immer wieder gern bemühtes The ma hier im Parlament, muss im Wettbewerb zum gebühren freien Studium stärker gefördert werden. In den meisten Bun desländern gibt es eine finanzielle Unterstützung bei der Meis terausbildung, in Baden-Württemberg aber nicht. Die grünschwarze Landesregierung legt hier dem Handwerk unnöti gerweise Steine – um nicht zu sagen: Brocken – in den Weg.

Da muss sich dringend etwas ändern; wir müssen die Meis terausbildung auch finanziell stärker fördern.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Erik Schwei ckert FDP/DVP – Abg. Daniel Born SPD: Sehr rich tig!)

Ich sage es immer wieder, wenn ich als wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion hier stehe – Thema Weiterbildung –: Mit der Unterstützung der Weiterbildung tut sich diese Landes regierung schon seit zweieinhalb Jahren unglaublich schwer.

(Zuruf des Abg. Thomas Dörflinger CDU)

Ich habe von keinem Redner hier zu dem Punkt Weiterbildung in irgendeiner Form etwas gehört.

(Zuruf des Abg. Thomas Dörflinger CDU)

Die SPD hat nun schon mehrfach beantragt, einen Weiterbil dungsfonds einzurichten, insbesondere um Weiterbildungs möglichkeiten in kleinen und mittleren Unternehmen stärker zu fördern.

(Abg. Thomas Dörflinger CDU: Ihr habt die Gelder gekürzt!)

Das würde dem Handwerk guttun. Grün-Schwarz fördert zwar hier und da kleinere Projekte – da wird schon einmal ein biss chen rumgestöpselt, auch im Nachtragshaushalt; das haben wir gesehen –, aber es fehlt eine niedrigschwellige flächen- und branchenübergreifende Unterstützung von Weiterbildung. Die fehlt in diesem Land immer noch, und das sollten Sie end lich ändern.

Die Digitalisierung im Handwerk wird zudem nur dann eine Erfolgsgeschichte, wenn eine leistungsfähige und verlässli che Infrastruktur vorhanden ist. Kupferkabel und Funklöcher sind Standortnachteile und verhindern, dass Unternehmen di gitale Innovationen nutzen.

Wir fordern die grün-schwarze Landesregierung erneut auf: Bringen Sie die digitale Infrastruktur in Baden-Württemberg auf einen zeitgemäßen, wettbewerbsfähigen Standard. Wir wissen auch, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Unternehmen in unserem Land müssen aber auf ein leis tungsfähiges Glasfasernetz bzw. mindestens auf einen flächen deckenden 4G-Mobilfunkstandard bauen können.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, achten Sie bitte auf das Ende der Redezeit.