Protokoll der Sitzung vom 21.02.2019

(Abg. Emil Sänze AfD: Das war eine Frage! – Abg. Martin Rivoir SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

dass wir uns einfach über höchstrichterliche Urteile hinweg setzen könnten, dass wir Moratorien ausrufen könnten und Ähnliches mehr. Sie werfen dem Richter Allmachtsfantasien vor und sagen, manche in der dritten Gewalt täten gut daran, die erste Gewalt zu respektieren. Das will ich jetzt gar nicht weiter kommentieren, sondern ich zitiere einfach noch mal Ihren Parteikollegen Gerhart Baum. In einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb er – ich zitiere –:

In meinem langen politischen Leben habe ich noch nie er fahren müssen, dass die Achtung vor Recht und Gesetz durch die Politik in einem solchen Maße schwindet, wie das heute geschieht. Der Respekt vor einer unabhängi gen Justiz und vor der Gewaltenteilung nimmt ab. Eini ge Politiker fühlen sich allmächtig und vergessen, dass die Politik in besonderer Weise an Recht und Gesetz ge bunden ist.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Von Allmacht zu Ohn macht!)

Das Zitat geht weiter:

Man kann über Fahrverbote politisch streiten, man kann eine Änderung der Grenzwerte und der Messstellen for dern. Aber man kann sich zur Abwehr des verständlichen Volkszorns nicht über das Recht hinwegsetzen. Man kann versuchen, das Recht zu ändern, und das geht nur auf eu ropäischer Ebene. Aber solange das Recht gilt, muss es respektiert werden.

Mehr gibt es, glaube ich, dazu nicht zu sagen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜ NE: Guter Mann!)

Lassen Sie mich noch einen Satz zu den Aussagen des stell vertretenden Vorsitzenden der CDU-Mittelstandsvereinigung sagen. Es geht natürlich gar nicht, wenn er sagt, „Resch, Her mann und Konsorten“ gehörten in den Knast.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das sieht Ihr Stellvertre ter anders!)

Das ist ein grober Verstoß gegen das demokratische Mitein ander, es ist kein zivilisierter Streit. Da wird eine rote Linie überschritten. Das kehrt das Grundprinzip des Rechtsstaats

um. Ins Gefängnis gehören jene, die gegen Recht und Gesetz verstoßen, und nicht jene, die sich daran halten.

(Abg. Udo Stein AfD: Nicht nur bei uns!)

Ich finde, wir sollten einer solchen Verrohung der Debatten kultur entgegentreten. Wohin das führen kann, haben wir in den Vereinigten Staaten gesehen. Dort haben wir erlebt, wie Trump im Wahlkampf seine Kontrahentin ins Gefängnis wünschte.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Damit wird der Ton der öffentlichen Debatte immer rauer, und die Gräben in der Gesellschaft werden tiefer. Das sollten wir nicht zulassen. Deswegen sollten wir auf eine Sprache ach ten, die für uns alle erträglich ist, hart in der Sache, gern auch zugespitzt, gern auch polemisch. Aber wir sollten die Debat ten so austragen, dass wir die Gesellschaft nicht auseinander treiben und dass aus dem politischen Gegner kein Feind wird. Diesen Appell musste ich noch an Sie richten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zurufe von der AfD)

Meine Damen und Herren, es ist klar: Die Debatte um saube re Luft, Gerichtsurteile und Fahrverbote bewegt viele Men schen, Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind und Fahr verbote fürchten, aber auch Menschen, die sich um saubere Luft, eine gesunde Umwelt und ihre Gesundheit sorgen.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Genau!)

Wir müssen immer sehen: Das sind die beiden Pole der De batte.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Genau!)

Die einen sorgen sich um die Gesundheit, die anderen um die Fahrverbote. Zwischen diesen Polen muss man irgendeinen Weg des Kompromisses finden. Den hat uns zum großen Teil das Gericht vorgegeben.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Man kann natürlich in einer Demokratie solche Grenzwerte infrage stellen.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Das ist erlaubt.

(Abg. Stefan Herre AfD: Die muss man infrage stellen!)

Die Bundesregierung hat darauf richtig reagiert. Sie lässt die Frage der Plausibilität noch einmal in der Leopoldina prüfen. Das sind Fragen, die die Wissenschaft entscheiden muss, die wir nicht selbst entscheiden können.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Genau so ist es!)

Der Kollege Poreski und der Kollege Schütte haben noch ein mal dargelegt, wie sie das sehen. Das kann man so und so se hen. Aber wichtig ist, dass wir das dann richtig klären. Das müssen wir an die Wissenschaft zurückgeben; die muss das klären. Wir Politiker können das nicht selbst klären.

Jedenfalls muss klar sein: Auch wenn Grenzwerte in einer be stimmten Phase umstritten sind, muss man sich trotzdem so lange daran halten, bis sie geändert werden. Auch das sollte allen klar sein.

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Da bitte ich auch, in diese Richtung zu argumentieren.

Ich will zum Schluss noch einmal sagen: Wir schauen gerade in den Rückspiegel. Das alles sind Versäumnisse, Fehler der Vergangenheit. Es gilt aber auch schwierige Entscheidungen in der Abwägung zwischen unterschiedlichen Geboten zu tref fen und da die Verhältnismäßigkeit richtig auszuloten. Das al les ist wichtig.

Ich will auch noch einmal sagen, Herr Haußmann: Was mir viel mehr den Schlaf raubt, das ist die Zukunft der Automo bilindustrie. Wir müssen wieder dahin kommen, dass wir die großen Herausforderungen für die Zukunft der Automobilin dustrie hier in das Zentrum unserer Debatten stellen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Richtig!)

Das Auto wird gerade neu erfunden, und es wird neu erfun den in einem gigantischen globalen Wettbewerb zwischen dem Silicon Valley einerseits und den Chinesen andererseits. Die Mobilität der Zukunft wird emissionsfrei sein.

(Abg. Anton Baron AfD: Die wird nicht emissions frei sein!)

Sie wird intelligent und vernetzt sein. Das fordert Deutsch land und das Land Baden-Württemberg sehr heraus. Da zie hen wirklich dunkle Wolken am Himmel herauf. Sie müssen sehen: Die Tatsache, dass Europa keine eigene Batteriezellen produktion hat, wird sich als ein großes Problem beim Hoch lauf der batterieelektrischen Fahrzeuge herausstellen. Die Au tomobilfirmen müssen in vielen Fragen mehr kooperieren, als sie dies bisher tun, damit wir diesen Wandel bestehen.

(Zuruf des Abg. Emil Sänze AfD)

Deswegen rate ich uns allen, mehr Zukunftsdebatten und we niger Vergangenheitsdebatten zu führen. Die Probleme der Vergangenheit wollen wir lösen, und wir werden dieses Schad stoffproblem lösen. Wir haben lediglich ein Geschwindigkeits problem. Aber das Versprechen, dass wir es lösen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

wird hier gemacht, und zwar in aller Klarheit und Deutlich keit.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Dieses Versprechen machen wir zum Wohle der Bürger und ihrer Gesundheit, aber auch für eine gute, neue Mobilität in unseren Städten, aber auch für den Automobilstandort BadenWürttemberg, an dem sehr, sehr viele Arbeitsplätze hängen, der eine hohe Wertschöpfung für unser Land erbringt. All das sind wichtige Fragen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Allerdings!)

denen sich die Landesregierung stellt. Wir werden diese Fra gen Schritt für Schritt lösen. In der Regel kann man in der Po litik alles nur Schritt für Schritt lösen, und das machen wir. Aber die Richtung ist klar, und in diese Richtung gehen wir.

Die Regierung wird die Lösung der Probleme auch bei Streit in der Sache – es regieren ja unterschiedliche Parteien – im mer wieder erreichen. Zusammenzustehen in der Sache, das haben wir geschafft. So werden wir es auch weiter in der Zu kunft machen. Das verspreche ich Ihnen auch.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf von den Grünen: Bravo!)

Meine Damen und Her ren, jetzt haben noch einmal die Fraktionsvorsitzenden das Wort. Zuerst spricht für die AfD Herr Abg. Gögel.