Protokoll der Sitzung vom 20.03.2019

lautet: „Gesetz zur Umsetzung der Polizeistruktur 2020 (Po lizeistrukturgesetz 2020 – PolSG2020)“. – Mit der Überschrift inklusive der Abkürzung sind Sie einverstanden.

Wir kommen zur

S c h l u s s a b s t i m m u n g

Wer dem Gesetz im Ganzen zustimmt, den bitte ich, sich zu erheben. – Danke. Nun erheben sich bitte diejenigen, die da gegen stimmen. – Danke schön. Enthaltungen? – Damit ist dem Gesetz mehrheitlich zugestimmt.

Wir kommen jetzt zu den beiden Entschließungsanträgen.

Ich lasse zuerst über den Entschließungsantrag der AfD-Frak tion, Drucksache 16/5929-1, abstimmen. Wer diesem Ent schließungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzei chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Entschlie ßungsantrag der Fraktion der AfD ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 16/5929-2. Wer diesem Entschlie ßungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ent schließungsantrag der Fraktion der FDP/DVP ist mehrheitlich abgelehnt.

Wir haben Punkt 2 der Tagesordnung damit erledigt.

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz des Landes Baden-Württemberg für den Über gangszeitraum nach dem Austritt des Vereinigten König reichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäi schen Union (Brexit-Übergangsgesetz BW – BrexitÜG-BW) – Drucksache 16/5677

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Eu ropa und Internationales – Drucksache 16/5703

Berichterstatter: Abg. Peter Hofelich

Auch hier, meine Damen und Herren, hat das Präsidium für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion festgelegt.

Zuerst hat das Wort Herr Kollege Frey von den Grünen.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kol leginnen und Kollegen! Hierzulande ist die Faschingszeit vor bei, doch das Narrentheater in Großbritannien setzt sich fort. Zur Abwechslung hatte das britische Parlament letzte Woche endlich einmal einem Vorschlag von Theresa May zugestimmt und eine Verschiebung des Austrittstermins befürwortet. Nun sei ein Brief nach Brüssel unterwegs.

Doch die Blockade ist dadurch ja keineswegs aufgehoben. An statt irgendetwas voranzubringen, haben sich das Parlament und die Regierung mit ihren endlosen Diskussionen richtig festgefahren. Zwar ist die Verschiebung beschlossen worden, aber eine klare Vision, wie es weitergehen soll, fehlt bis heu te.

Das britische Parlament hat zu wenig oder eben nur den einen Satz von Shakespeare noch im Sinn, der lautete:

Wenn man nicht weiß, wohin man will, so kommt man am weitesten.

Das sagte Shakespeare einmal. Ich bin nicht dieser Meinung. Shakespeare war aber auch weiser. Sie hätten weiterlesen sol len. Er sagte nämlich dann auch:

Oft büßt das Gute ein, wer Besseres sucht.

Ich frage Sie also: Weshalb sollte das britische Parlament je de Woche neu über diesen Austritt abstimmen? Sollte es zu einer Verschiebung des Austrittstermins kommen, dann wäre eine Teilnahme Großbritanniens an der Europawahl nötig. Es sollen also Abgeordnete gewählt werden, die dann im Euro päischen Parlament sitzen, obwohl Großbritannien eigentlich austreten will. Die Briten könnten dann über den nächsten Kommissionspräsidenten und über den sieben Jahre dauern den Mehrjährigen Finanzrahmen mitentscheiden. Diese Ab surdität muss endlich eine Ende haben, indem die Briten klar darlegen, wie sie den selbst verursachten gordischen Knoten wieder auflösen.

Wir sollten den Briten nun Zeit geben, Klarheit zu schaffen, aber nur, wenn sie auch eine Vision, einen klaren Plan haben. Eine zweite Volksabstimmung wäre aus meiner Sicht solch ein Plan.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

An jedem weiteren Tag dieses Chaos leben die Menschen auf beiden Seiten des Kanals – auf der Insel, aber auch auf dem europäischen Kontinent – in Unsicherheit über ihre Zukunft, und die Wirtschaft steckt in einem Vakuum. Auch wenn es manchmal wie eine Komödie aussieht, handelt es sich hierbei eher um eine Tragödie, bei der beide Seiten nur verlieren kön nen, selbst wenn wir hier in Baden-Württemberg mit dem heu te zu verabschiedenden Gesetz vorausschauend handeln. Des halb ist eine neue Volksabstimmung über den EU-Austritt der richtige Weg. Wenn sich die Regierung nicht einigen kann, dann sollte das Volk ein zweites Mal befragt werden.

Weiter steht fest: Wenn sich die Briten in einem zweiten Re ferendum entscheiden, zu bleiben, dann müssen wir und die anderen 26 Mitgliedsstaaten sie mit offenen Armen empfan gen. Baden-Württemberg jedenfalls streckt Großbritannien die Hand aus. Aber bis Klarheit über die Zukunft besteht, sor gen wir vor und schaffen mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz Rechtssicherheit auf Landesebene. Ich bitte Sie des halb um Zustimmung zu diesem Gesetz.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Nun hat das Wort Frau Kollegin Felder für die CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir vorab eine kurze persönliche Bemerkung. Wegen anstehender Anschluss verwendung werde ich mein Mandat zum Ende des Monats niederlegen und aus diesem Hohen Haus ausscheiden.

(Abg. Winfried Mack CDU: Oh!)

Man hätte es nicht pointierter planen können, dass die letzte Parlamentsrede zum Austritt der Briten mit dem eigenen Ab schied zusammenfällt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Wir wollen weder die Briten gehen lassen noch dich!)

Meine Damen und Herren, in den letzten Wochen ist viel über den Brexit geschrieben und geredet worden, was zu tun sei und was hätte getan werden müssen, was passieren müsse und was nicht passieren dürfe. Nichts davon ist umgesetzt wor den. Wir haben einen Zustand, aber keine Lösung. Wir haben ein Kalendarium, aber keinen Plan. Was mit dem Votum durch die britischen Wähler im Juni 2016 begann und seinen vor läufigen Höhepunkt im März 2017 erreichte, als Theresa May den EU-Austritt beantragte, strebt jetzt seinem Finale entge gen.

Zynisch gesagt: Seit jetzt auch noch Rosamunde Pilcher tot ist, dürfte klar sein, dass es kein Happy End geben wird. Die herbe Premierministerin und der Gentleman, der den Kom missionspräsidenten gibt, werden uns am Ende nicht vor dem blauen Himmel Cornwalls zuwinken. Nur wird hier keine Sei fenoper aufgeführt, sondern Tausende Arbeitsplätze und Schick sale sind betroffen.

Die Realität ist bitterer als jede Vorstellung davon. Wenn Fir men das Land verlassen, Arbeitsplätze abgebaut werden, Kon zernzentralen wegziehen, Fabriken heruntergefahren und In vestitionen gestoppt werden, wenn Börsenkurse abstürzen, dann ist das alles andere als ein Spiel, allerhöchstens eines mit dem Feuer.

Das Einzige, was Konjunktur hat, sind Krisenstäbe und Not fallszenarien. Das Einzige, was gebaut wird, sind Zollhäus chen, in denen sich verschreckte Grenzer verstecken. LkwKolonnen üben – im Stau stehend – Grenzabfertigung. Absur distan liegt zwischen Calais und Dover. Die Kreidefelsen wer den eine Spur bleicher vor Scham angesichts dieses Anachro nismus.

(Beifall bei der CDU, Abgeordneten der Grünen und der SPD sowie des Abg. Dr. Erik Schweickert FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, wir haben für Baden-Württemberg mit dem vorliegenden Entwurf zum Brexit-Übergangsgesetz alles getan, um das höchstmögliche Maß an Rechtssicherheit zu schaffen. Nach § 1 unseres Landesgesetzes wird das Ver einigte Königreich weiterhin vom Gemeinschaftsrecht um fasst; aber klar ist auch, dass die Wahlberechtigung für die kommende Kommunalwahl entfällt, weil das aktive und pas sive Wahlrecht ein demokratisches Kernelement ist, das ohne Zugehörigkeit auch nicht ausgeübt werden kann. Wir haben also parlamentarisch gehandelt.

Und die britische Politik? Die britische Politik in ihrem jetzi gen Zustand braucht keinen Gegner – sie hat sich selbst. Sie lässt keinen Raum für Kompromisse. Das britische Parlament ist unfähig, eine gestalterische Mehrheit zu finden.

(Abg. Winfried Mack CDU: Leider!)

Die fast täglich aufgeführten Untauglichkeiten sind inzwi schen die neue Normalität. Der einstige Flagship-Store der Demokratie ist zum Forum der Rädelsführer und Zwischen

rufer geworden und führt damit seine Dysfunktionalität vor. Das ist die parlamentarische Tragödie, die sich mit der wirt schaftlichen Tragödie ein seltsames Wettrennen liefert.

Nach 70 Jahren europäischer Integration und des Aufeinan derzugehens kappt Großbritannien die Seile, um sich als klei ner politischer Einzelkämpfer durch die Welt zu schlagen, al lein, ohne das Gewicht von 28 Staaten – ein wenig in Sicht weite, aber mit der Fliehkraft des Referendums auf eigenes Risiko, doch mit dem vollmundigen Sirenengesang der be haupteten Unabhängigkeit.

Vielleicht – ich hoffe das sehr – können wir für die anstehen de Wahl zum Europäischen Parlament den Konsens für eine Notwendigkeit der Stärkung Europas hinbekommen, und zwar quer über – na ja: fast – alle Parteien hinweg.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP)

Ein gemeinsames Europa steht für Frieden und Freiheit, für wirtschaftlichen Wohlstand und politischen Konsens.

(Lachen des Abg. Anton Baron AfD – Abg. Anton Baron AfD: „Politischer Konsens“!)

Es scheint, dass dem britischen Parlament abhandengekom men ist, wofür eine parlamentarische Demokratie steht, näm lich Kompromisse zu finden und Mehrheiten zu erreichen.

Das ist es, was ich am Ende meines eigenen parlamentarischen Mandats als Verpflichtung sagen möchte: Hier im Parlament lebt die Demokratie. Die Debatten sind das Rankgerüst unse rer politischen Willensbildung und Steigbügel unserer Ent scheidungen. Diesem Parlament unseres Landes angehört zu haben war mir eine Ehre und eine große Freude.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei Ab geordneten der Grünen, der SPD und der FDP/DVP)