Protokoll der Sitzung vom 04.04.2019

Damit ist dies auch bekannt und Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 4:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Umsetzung der Neuorganisation der Forst verwaltung Baden-Württemberg – Drucksache 16/5982

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Minister Peter Hauk.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir bringen heute das Forstreformgesetz ein. Das

Forstreformgesetz wurde notwendig, nachdem wir nach über 15 Jahren im letzten Jahr ein gegen das Land Baden-Würt temberg gerichtetes Kartellverfahren durch höchstrichterliche Entscheidung beim Bundesgerichtshof abschließen konnten.

Wir haben beim Bundesgerichtshof gesiegt, aber wir haben nur formal gesiegt. Der Bundesgerichtshof hat inhaltlich nicht zu den Vorwürfen Stellung genommen. Das hat uns Luft ver schafft in der Planung. Es hat uns Luft verschafft in der Aus gestaltung der Organisation. Wir haben die Spielräume, die wir durch das Urteil gewonnen haben, auch genutzt. Ich glau be, wir haben sie auch im Interesse aller Waldbesitzarten, vor allem im Sinne der privaten und der kommunalen Waldbesit zer, genutzt.

Insofern baut dieser Reformentwurf jetzt auf den veränderten wettbewerbsrechtlichen Bedingungen auf, die sich in den letz ten 150 Jahren, insbesondere in den letzten 30 Jahren, verän dert haben, auch im Hinblick auf die wettbewerbsrechtlichen Vorgaben der Europäischen Union.

Der Reformentwurf baut weiter darauf auf, dass wir in der Vergangenheit bereits die beste Privatwaldbetreuung in ganz Deutschland hatten, eine Privatwaldbetreuung, die ihresglei chen sucht. Und wir haben den Anspruch, dass wir auch zu künftig die beste Privatwaldbetreuung Deutschlands haben werden. Ich glaube, das können wir durch diesen Reforment wurf umsetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, damit werden auch die wettbewerbsrechtlichen Restriktionen und die Anforde rungen des neuen Bundeswaldgesetzes, das im letzten Jahr in Kraft getreten ist, entsprechend berücksichtigt.

Wir haben mit der Forstneuorganisation gleichzeitig auch die Standards der Waldbewirtschaftung im Land gesichert. Die Försterinnen und Förster sichern weiterhin Beratung, Betreu ung und Hoheit bürgernah und flächendeckend aus einer Hand ab, nämlich im Körperschafts- und im Privatwald. An sie wer den Sachkundeanforderungen gestellt, für die es keinen Nach lass gibt. Auch wenn sich Private externer Dienstleister be dienen können, müssen diese trotzdem Sachkundenachweise vorlegen, bevor sie diese Dienstleistungen erbringen dürfen.

Meine Damen und Herren, damit ist auch Vorsorge dafür ge troffen worden, dass den hohen Standards der Nachhaltigkeit einer naturnahen Waldbewirtschaftung, die wir seit 40 Jahren in Baden-Württemberg pflegen, Rechnung getragen werden kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen)

Mit der Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts für den Staatswald – und damit für das Landeseigentum – schaffen wir einen vorbildlichen und, wie ich meine, zukunftsfähigen Landesbetrieb. Er garantiert in allen Bereichen die hohen Standards und ist auch Vorbildbetrieb für die anderen Wald besitzarten, die das nicht genauso umsetzen müssen. Insbe sondere bei der Neueinführung von Versuchen und derglei chen wird der Staatsforstbetrieb, diese Anstalt des öffentli

chen Rechts, in Zukunft führend sein und auch effizient ge führt werden.

(Beifall bei der CDU)

Diese Anstalt des öffentlichen Rechts war – um das einmal klar und deutlich zu sagen – die unabdingbare Voraussetzung dafür, dass wir das ganze Modell auch zukunftsfest aufstel len, damit wir nicht wieder in fünf oder zehn Jahren gewärti gen müssen, dass irgendjemand klagt, weil wir wettbewerbs rechtliche Bedingungen verletzen würden.

Insofern garantieren wir mit der Errichtung des Staatsforstbe triebs in einer Anstalt und mit der klaren und strikten Tren nung des Holzverkaufs, dass der Holzverkauf nur für den Staatswald Baden-Württemberg vorgenommen wird und nicht mehr für andere Waldbesitzarten. Damit garantieren wir auch eine wettbewerbsrechtlich klare Trennung. Klar ist: Wir wer den nicht mehr angreifbar für mögliche Klagen, die irgend wann wieder aufflammen könnten. Das war, wenn man so will, die unverzichtbare, notwendige Lösung, damit wir uns am Ende auch zukunftsfest aufstellen können.

Neben der Neuorganisation muss die Forstbranche im Land in diesem Jahr die zu erwartende dramatische Waldschutzsi tuation in den Griff bekommen. Die Neuorganisation muss nebenher laufen, weil der Borkenkäfer nicht abwartet, bis wir uns neu organisiert haben. Der Borkenkäfer frisst bereits – heute gerade nicht, aber morgen wieder, wenn es wärmer wird. Bei Temperaturen über 16 Grad Celsius fliegt er. Er hat die Wälder schon nachhaltig geschädigt und ist intensiv dabei, das weiterhin zu tun.

Das bereitet nicht nur größte Sorge. Es braucht auch die schnel le Fürsorge, die schnelle Hilfe für den Wald. Die Hilfe für den Wald kann in der Sofortmaßnahme nur darin bestehen, die Bäume einzuschlagen, sie, wenn sie befallen sind, möglichst schnell aus den Wäldern herauszubringen und möglichst schnell zu verarbeiten. An Letzterem scheitert es derzeit, weil am Holzmarkt ein Überangebot besteht. Denn derzeit ist in ganz Europa die Situation wie in Baden-Württemberg, zum Teil so gar noch dramatisch schlimmer. Insofern gibt es am Holz markt ein Überangebot. Das kommt zusätzlich zu den jetzt er forderlichen Organisationsmaßnahmen mit hinzu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das Gesetz am 1. Januar 2020 in Kraft tritt – so ist es prognostiziert, wenn der Landtag dem Gesetzentwurf zustimmt –, dann bedeutet das das Ende von 178 Jahren badischer und 177 Jahren würt tembergischer Einheitsforstämter. Da mag mancher eine Trä ne vergießen, weil das Einheitsforstamt, die Bewirtschaftung aus einem Guss, überall anerkannt und in der Bevölkerung re spektiert war.

(Abg. Andreas Kenner SPD: Ja!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir können uns aber nicht davor verschließen, dass auch der Bereich „Forstliche Dienstleistungen“ ein Markt ist. Der Bund hat darauf reagiert und hat das Bundeswaldgesetz entsprechend geändert, sodass wir hierfür auch einen Markt ermöglichen müssen.

Diesen Markt ermöglichen wir mit dem vorliegenden Reform gesetz. Damit wird ein Markt möglich. Ich sage aber auch ganz klar dazu: Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die

bisherigen staatlichen respektive kommunalen Beamten, also die Förster vor Ort, eine gute Arbeit geleistet haben, eine gu te Arbeit leisten werden und dass sie sich in dem sich sukzes sive entwickelnden Wettbewerb behaupten werden.

Denn erstens sind die Standards hoch. Da muss einer oder ei ne erst einmal herankommen. Zum Zweiten sind die Bevöl kerungsnähe und die Bewirtschaftungsnähe bisher unabding bar gegeben. Ich glaube, das sind die großen Vorteile, mit de nen auch eine Neuorganisation letztlich in das Wettbewerbs rennen hineingeht.

Insofern, glaube ich, werden wir in Sonderheit alle Teile, al le Bereiche, alle Waldbesitzarten für diesen Wettbewerb gut aufstellen. Davon bin ich nach einem breiten Beteiligungsver fahren und einem Anhörungsverfahren, das von September bis in den Februar, März gedauert hat, überzeugt.

Wer sich den Anhörungsentwurf anschaut und ihn mit dem Ergebnis, das jetzt in den Landtag eingebracht wurde, ver gleicht, wird auch feststellen, dass es zwischen dem Anhö rungsentwurf und dem nun vorliegenden Gesetzentwurf noch einmal Veränderungen gegeben hat. Das heißt, das waren kei ne Alibibeteiligungen. Die Beteiligungsprozedur war mühe voll, aber sie war notwendig, damit am Ende ein gutes Ergeb nis herauskommt. Ich bin davon überzeugt, dass wir dieses Ergebnis jetzt auch dem Landtag vorlegen können und dass der Landtag gut beraten ist, einem solchen Ergebnis auch zu zustimmen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Nach dieser Begründung durch Herrn Minister Hauk kommen wir zur Aussprache. Da für hat das Präsidium wieder eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vorgesehen.

Zuerst spricht Herr Abg. Pix für die Grünen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Der braucht Nuss baumholz!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es hier eigent lich? Wir debattieren über die Zukunft von fast 40 % unserer Landesfläche, über die Zukunft unseres Waldes.

Wenn wir über den Wald reden, reden wir auch immer über Menschen. Damit meine ich nicht nur die täglich zwei Milli onen Besucherinnen und Besucher und Waldbegeisterten – ei nige davon sitzen sicher auch hier im Saal; das hoffe ich zu mindest –,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

sondern ich meine auch die rund 240 000 Privatwaldbesitzen den und die über 4 000 im öffentlichen Wald Beschäftigten. All denen möchte ich Danke sagen. Danke, dass Sie den Wald im Gleichgewicht zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten pflegen!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Kenner SPD)

Dieses Gleichgewicht zwischen allen Waldfunktionen auch im künftigen System der Forstorganisation beizubehalten ist das zentrale Anliegen von uns Grünen. Ich bin daher froh, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Forstreform end lich Klarheit haben und wissen: Auch in Zukunft wird der Wald in Baden-Württemberg entlang klarer, nachhaltiger Ziel setzungen entwickelt und werden Waldbesitzende bei anste henden Herausforderungen unterstützt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Was bedeutet das konkret? Nach dem Urteil des Bundesge richtshofs zum Kartellverfahren – der Minister hat es ange sprochen – haben wir die sich für uns ergebenden Spielräume genutzt. Mit der Reform aus einem Guss, das heißt, einer Lö sung für alle Waldbesitzarten, setzen wir das erste zentrale Ziel aller Beteiligten um.

Zweites zentrales Ziel ist der flächendeckende Erhalt der ho hen Waldbewirtschaftungsstandards in Baden-Württemberg. Auch wenn wir von Standards reden, reden wir von Men schen. Ich bin daher froh, dass das Land auch weiterhin auf bewährtes Forstpersonal auf allen Ebenen zählen kann. Ich bin überzeugt, dass wir auch im Bereich der Ausbildung der Forstwirtinnen und Forstwirte eine gute Lösung finden wer den.

Der Staatswald wird künftig in einem noch größeren Maß ei ne Vorbildrolle bezüglich der ökologisch, ökonomisch und so zial ausgerichteten Waldbewirtschaftung einnehmen. Mit der Erstellung einer Gemeinwohlbilanz soll das auch transparent und vergleichbar dargestellt werden.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Im Kommunal- und Privatwald geht es uns um einen sorgfäl tigen und fairen Ausgleich zwischen privatem und öffentli chem Interesse. Das gelingt durch die Festsetzung von Zielen auf der einen Seite und durch eine gleichzeitige Unterstützung und Förderung auf der anderen Seite. Kommunen erhalten ei nen Mehrbelastungsausgleich – beispielsweise für erhöhte An forderungen an das Personal –, für Private wird die Förderung auf allen Ebenen ausgebaut.

Die Zielsetzungen erfassen das gesellschaftliche Interesse durch eine verstärkte Verankerung der naturnahen Waldwirt schaft sowie durch Präzisierungen. Ich nenne beispielhaft bo denschonende Holzernteverfahren und das Belassen von Alt- und Totholz im Wald.

Dank dieser Zielsetzungen ist es auch möglich, das dritte zen trale Anliegen aller Beteiligten umzusetzen, nämlich die kos tenfreie Beratung und ein flächendeckendes Betreuungsange bot, sodass durch die Anpassungen im Landeswaldgesetz auch die beihilferechtlichen Grundlagen im künftigen Fördersys tem für die Waldbesitzenden bestmöglich umgesetzt werden können.

Sollte jemand an dieser Stelle von überhöhten Vorgaben re den, kann ich nur sagen: Sie haben die Gesetzessystematik nicht verstanden und können nicht für sich in Anspruch neh men, dass Ihnen Waldbesitzende und deren Beratung wichtig sind.

Die Pläne zum Ausbau der Beratung gerade in der reformbe dingten Umstellungsphase begrüßen wir ausdrücklich. Somit bleibt das befürchtete Bürokratiemonster ein Schreckgespenst. Förderung und Betreuung können unbürokratisch beantragt bzw. beauftragt werden, und auch Kleinwaldbesitzende pro fitieren.

Dieses Jahr – auch dies hat der Minister bereits angesprochen – drohen Schäden in Millionenhöhe. Das hohe Vorkommen von Borkenkäfer, Buchdrucker und Kupferstecher im Fich tenwald zeigt uns ganz klar, dass die Anstrengungen zum Waldumbau weiter voranschreiten müssen. Die geplante Er höhung der diesbezüglichen Förderung halte ich daher für enorm wichtig. Wir wollen und werden die Waldbesitzenden beim Erhalt des Klima-, Natur- und Wirtschaftsfaktors Wald nicht alleinlassen.