Protokoll der Sitzung vom 13.07.2016

Ich gehöre einem Kollektiv von Menschen an, nämlich dem von Mitgliedern meiner Partei, und Dr. Kuhn, der den 16. Land tag von Baden-Württemberg als Alterspräsident eröffnete, eben so.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Der ist ja nicht mehr bei Ihnen! – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Aber der ist ja jetzt weg! – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Der gehört ja nicht mehr Ihrer Fraktion an! Wer hat Ihnen das denn aufgeschrieben? – Unruhe)

Welche Feindseligkeit, welcher Mangel an Stil und Anstand und welche parlamentarische Verantwortungslosigkeit hier im Landtag von Baden-Württemberg herrschen können,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das hat man bei der AfD gesehen!)

das war unser erstes Erlebnis hier bei der Eröffnungsrede un seres Alterspräsidenten,

(Beifall bei der AfD)

als bei einer völlig unpolitischen Rede eines Ihnen vorher völ lig unbekannten Mannes bereits manche hier gleich ihr wah res Gesicht zeigten, nämlich ihre feindselige Überzeugung und Haltung gegenüber einem Menschen, nur weil dieser Mensch Mitglied eines von manchen hier missbilligten Kol lektivs ist, nämlich unserer Partei.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Die Rede ist unter dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“!)

Die Rede ist unter dem von Ihnen, der CDU-Fraktion, be antragten Motto „Parlamentarismus der Verantwortung“.

(Zuruf: Denken Sie an die Frage, die Ihnen Herr Rül ke gestellt hat! – Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Wer sich an mein im Zusammenhang mit Antisemitismus Ge sagtes erinnert,

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

erinnert sich auch daran, dass eine Feindseligkeit gegenüber einem Individuum eines Kollektivs, eine Feindseligkeit, die nur darauf beruht, dass das Individuum einem bestimmten Kollektiv zugehörig ist, ebenso scharf verurteilt werden muss. Mögen Sie sich bitte aufgrund dieses Fakts ein eigenes Urteil zum Verhalten mancher Abgeordneter bereits bei der Rede un seres Alterspräsidenten bilden.

Wir müssen zurück zu einem Parlamentarismus der Verant wortung,

(Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

zu einem Parlamentarismus mit Stil und Anstand.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Ja, das stimmt!)

Der Bürger muss wieder Vertrauen zu seinen Parlamentariern gewinnen.

(Lachen bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

Alle gesellschaftlich und politisch relevanten Themen müs sen in Parlamenten öffentlich behandelt werden. Wir Politi ker müssen vollständig weg von Hinterzimmerklüngeleien,

(Lachen bei den Grünen und der SPD)

wie sie derzeit über CETA und zu TTIP stattfinden, und dem Bürger wieder Transparenz der Politik zeigen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal und Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Sehr gut!)

Danke. – Ein Parlamentarismus der Verantwortung muss die Menschen in diesem Land mitnehmen. Er muss sie nicht im mer begeistern. Dennoch sollten die Entscheidungen des Par laments transparent sein. Sie sollten für die Bürgerinnen und Bürger zugänglich und nachvollziehbar sein.

Herr Abg. Dr. Merz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Glück zu?

Umständehalber leider nicht. Aber nachher besteht vielleicht noch Gelegenheit.

(Abg. Nicole Razavi CDU: So viel zum Thema Par lamentarismus!)

Um nun doch auf die aktuellen Vorwürfe einzugehen:

(Zuruf: Ach ja?)

Gut: Wir, die AfD-Fraktion, waren zugegebenermaßen nun die letzten acht Tage etwas offen.

(Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Doch der Fehler war nicht, eine notwendig zu führende Dis kussion oder Entscheidungsfindung transparent zu machen. Die Verfehlung war, ein späteres Ergebnis der Meinungsfin dung der Fraktion durch eine verfrühte Veröffentlichung in die eigene Richtung ziehen zu wollen.

Ich sehe selbstverständlich die Wichtigkeit dieses Themas und das berechtigte Interesse der Öffentlichkeit daran. Doch war das Hauptproblem der letzten acht Tage nicht vielmehr, dass jeden Tag immer und immer wieder vorschnell subjektive Ur teile aus der Luft gegriffen und zugleich sensationell und laut stark verkündet wurden, und das auch von ach so vielen völ lig Nichtbeteiligten? Und waren dies dann nicht zumeist Falschurteile, welche oft nur Stunden Bestand hatten? Erlau ben Sie mir bitte die Anmerkung: Heute hier im Landtag ist es bislang ebenso.

(Lachen des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, wir brauchen

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Habt ihr das ges tern schon gewusst, als das aufgeschrieben wurde?)

einen Parlamentarismus der Verantwortung.

(Vereinzelt Beifall – Unruhe)

Zur Verantwortung gehört Transparenz, gehört Offenheit, ge hört Ehrlichkeit und gehört Anstand.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE – Abg. Nicole Ra zavi CDU: Ja! Bravo!)

Danke. – Anstand sollte, ja muss auch heißen, abzuwarten, bis ein Ergebnis stabil ist,

(Beifall des Abg. Emil Sänze AfD – Lachen bei den Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Da warten wir aber lange!)

anstatt subjektives und sensationsheischendes Halbwissen im mer und immer wieder laut in die Welt hinauszurufen.

(Lachen der Abg. Beate Böhlen GRÜNE – Abg. Da niel Andreas Lede Abal GRÜNE: Da geben Sie ein beredtes Beispiel!)

Warten Sie doch bitte einfach noch eine oder zwei Wochen,

(Lachen bei den Grünen)

und Sie werden sehen – wie Vorredner von mir gesagt haben: es ist im Fluss –, dass die Situation dann voraussichtlich eine ganz andere sein wird.

(Unruhe – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Davon sind wir überzeugt!)

Denn es wird wieder zusammenfinden

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was zusam mengehört!)