Eine Nachfrage habe ich zum Thema Lösegeld. Können Sie sagen, wie viele Lösegeldzahlungen es in diesem Bereich bis her gegeben hat? Und wie schätzen Sie die Zahlung von Lö segeld rechtlich ein?
Sie erinnern sich vielleicht an die Diskussion zum Ankauf von „Steuer-CDs“, bei dem sich der Staat im Grunde ein Stück weit auf rechtswidriges Handeln von Dritten einlässt. Wie be urteilen Sie die Zahlung von Lösegeld in diesem Bereich, in dem ja ein rechtswidriger – und sicher häufig auch strafbarer – Angriff auf Einrichtungen des Landes erfolgen kann?
Ich will es mal so sagen, Herr Abg. Stickelber ger: Mir ist nicht bekannt, dass es unmittelbare Lösegeldzah lungen gegeben hätte. Das kann ich aber auch nicht völlig aus schließen.
Es wird lage- und situationsbedingt schon Konstellationen ge ben, in denen Problemlösungen auch gemeinsam mit Dritten erarbeitet werden. Das will ich Ihnen gern mal unter vier Au gen oder in einem geschützten Raum erläutern. Denn wir bei de wollen ja nicht, dass bestimmte Geschäftsmodelle auf dem ganz großen Markt ausgetragen werden.
Generell sprechen Sie eine Thematik an, die sehr ernst zu neh men ist. Ich habe Ihnen eingangs gesagt, dass ich die klare Linie habe, dass der Staat nicht erpressbar ist. Im Bereich Cyber crime/IT-Security kommen allerdings neue Herausforderun gen auf uns zu. Ich will nicht verhehlen, dass da durchaus auch sehr pragmatische Lösungen auf dem Markt sind.
Das ist eine auch für mich sehr neue Entwicklung. Deswegen habe ich mein Haus vor einigen Wochen darum gebeten, das Ganze einmal unter staatsrechtlichen, verfassungsrechtlichen und sonstigen Gesichtspunkten grundsätzlich aufzuarbeiten. Sobald das erfolgt ist, freue ich mich darauf, wenn wir das auch einmal miteinander debattieren können.
Das sind neue Herausforderungen, die wir in einem Themen bereich haben, der nicht ganz neu ist, weil es diese Debatte auch in früheren Zeiten gegeben hat. Aber im Netz sind die Dinge häufig doch noch etwas anders gelagert, als es klassi sche Erpressungsfälle, Geiselnahmen und anderes mehr in der Vergangenheit von den Fallkonstellationen her gewesen sind.
Das ist etwas, worauf wir uns einstellen wollen. Wir machen uns darüber Gedanken. Ich fände es gut, wenn wir darüber auch in parlamentarischen Gremien eine ernsthafte Debatte führen würden.
Sehr geehrter Herr Minis ter, Sie haben wieder einmal die Cyberwehr als eines Ihrer Leuchtturmprojekte angesprochen, und zwar im Zusammen hang mit der Frage nach Angriffen auf staatliche Institutio nen. Das finde ich schon bemerkenswert, da ja – wie Sie selbst darstellen – die Cyberwehr für die Privatwirtschaft gedacht ist. Da stelle ich mir die Frage: Ist die Cyberwehr da invol viert worden? Und soll ein ähnliches Konstrukt vonseiten der Landesregierung für staatliche Institutionen geschaffen wer den?
Darüber hinaus haben Sie die Meldewege erwähnt. Da ist mei ne Frage: Sind diese bei dem Angriff auf die Staatstheater Stuttgart schon angewandt worden?
Zunächst einmal, Herr Abg. Karrais: Ich habe die Cyberwehr selbstverständlich deswegen erwähnt, weil ich Herrn Abg. Stickelberger schon so verstanden habe, dass ihn das Thema „Sicherheit im Netz, IT-Security“ in der Breite in teressiert und er sich nicht ausschließlich auf den staatlichen Bereich fokussiert hat.
Sie haben natürlich recht: Die Cyberwehr ist nicht zum Schutz von staatlichen Behörden da, sondern sie ist ganz bewusst ei ne Einrichtung, um Privatunternehmen, und zwar kleineren und mittleren Unternehmen, in diesem Bereich eine ganz praktische Hilfe zu geben; deswegen haben wir sie erfunden. Denn wohin wendet sich der niedergelassene Arzt oder der niedergelassene Steuerberater, der einer Cyberattacke bzw. ei ner Erpressungsattacke ausgeliefert ist? Das ist ja inzwischen Alltag; es sind keine Einzelfälle mehr. Wir haben ein giganti sches Dunkelfeld. Beispielsweise bezahlen viele Ärzte 3 000 €, 4 000 €, 5 000 € in Bitcoins oder einer anderen Kryptowäh rung.
Ganz bewusst für diese Unternehmen wollen wir eine Hilfe stellung geben. Das ist also keine Hilfestellung für den Staat, sondern ein Angebot des Landes Baden-Württemberg – wenn Sie so wollen – an die mittelständische Wirtschaft, an die Fa milienunternehmen, an die Gewerbetreibenden, an das Hand werk.
Deswegen ist die Cyberwehr nach meiner Kenntnis auch nicht am Start gewesen, als es die Cyberattacke auf die Württem bergischen Staatstheater Stuttgart gegeben hat. Noch einmal: Die Staatstheater haben ein etwas eigenes IT-System, das nicht unmittelbar in der Verantwortung des Innenministeriums liegt. Deswegen mögen hier auch besondere Meldewege und ande res mehr gegolten haben. Wir waren ab einem bestimmten Zeitpunkt – namentlich über das LKA, aber auch über den CIO/CDO – eingebunden. Noch einmal: Die Cyberattacke hat ein System betroffen, das nicht unmittelbar am Landesverwal tungsnetz oder an den Netzen, für die das Innenministerium Verantwortung trägt, angeschlossen war.
Vielen Dank. – Mir liegen zwar weitere Wortmeldungen vor, aber die 30 Minuten für die ses Thema sind damit ausgeschöpft. – Ich danke Ihnen, Herr Minister.
B e s t - P r a c t i c e - B e i s p i e l e i n B a d e n W ü r t t e m b e r g i n d e r E U - F ö r d e r p e r i o d e 2 0 1 4 b i s 2 0 2 0
Sehr geehrter Herr Minister Wolf, meine Frage bezieht sich auf die Fördermittel der Eu ropäischen Union. Baden-Württemberg bekommt in der lau
fenden Förderperiode 5,1 Milliarden €. Ich frage die Landes regierung: Welcher Mehrwert entsteht aus diesen Mitteln? Welches sind die Hauptpunkte in Bezug auf den Nutzen für Baden-Württemberg?
Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kößler, in der Tat, das ist ja eine Frage, die uns hier immer wieder beschäftigt: Was bringt Europa ganz konkret für Ba den-Württemberg, auch an Fördergeldern? Es sind die von Ih nen bezifferten 5,1 Milliarden € in der jetzt zurückliegenden Förderperiode, die im nächsten Jahr zu Ende geht. Den Mehr wert auf das rein Fiskalische zu reduzieren wäre sicherlich zu kurz gesprungen. Der Mehrwert dieser europäischen Förder projekte besteht darin, dass Impulse gesetzt werden, dass Be gegnungen im Rahmen von Erasmus+ ermöglicht werden, dass etwa europäische Forschungsverbünde geschaffen wer den – denken Sie an Eucor, die Europäische Hochschule am Hochrhein –, dass mit diesen Mitteln natürlich auch Investi tionen ausgelöst werden.
Wir Baden-Württemberger haben immer Wert darauf gelegt, dass auch starke Regionen in Baden-Württemberg solche För dergelder bekommen, um Lokomotivfunktionen in Europa wahrzunehmen. Wir haben jetzt in dem Onlineportal „bw-pro fitiert.de“ die Förderbreite im ganzen Land – bezogen auf die einzelnen Regionen – dargestellt, um Zugang und Transpa renz für die Bevölkerung zu schaffen, um sehen zu können, welche Gelder in welche Regionen geflossen sind und was da raus an konkreten Projekten entstanden ist.
Wir wollen mit Blick auf die Erfahrungen, die wir in der lau fenden Periode des Mehrjährigen Finanzrahmens gemacht ha ben, auch unsere Akzente für den künftigen Mehrjährigen Fi nanzrahmen, der im Jahr 2021 beginnt und bis zum Jahr 2027 reicht, setzen. Uns sind auch in dieser Hinsicht Forschung, In novation, Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen, Kli maschutz und Landwirtschaft ganz wesentliche und wichtige Themen.
Es gibt natürlich Erfahrungen aus dieser Förderperiode. Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus den Erfahrungen in dieser Förderpe riode und in Bezug auf das, was in Zukunft an Förderung er folgen soll?
Unsere Erfahrungen sind, dass es auch künftig darum gehen muss, Schwerpunkte zu setzen, dass eine europäische Förderung nach dem Gießkannenprinzip weniger sinnvoll ist als die be wusste Förderung von Einzelprojekten. Ich wiederhole mich; Erasmus+ ist aus unserer Sicht ein Projekt, das es auch in Zu kunft besonders zu fördern gilt. Ich lege noch eine Schippe drauf: Wir sind der Überzeugung, dass es auch darum geht, dafür mehr Geld im künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen zur Verfügung zu stellen.
Aus Sicht Baden-Württembergs ziehen wir die Konsequenz insofern, als es wertvoll und wichtig ist, Forschungsprojekte in einem europäischen Forschungsverbund zu fördern. Das Volumen des Förderprogramms Horizont 2020 – künftig ist es dann die Zeit nach 2020, also bis 2027 – sollte gehalten oder, noch besser, aufgestockt werden. Denn wir sind der Überzeugung, dass wir in diesem Europa auch Leuchttürme, besondere Beispiele europäischer Zusammenarbeit brauchen. Nichts ist wertvoller und wichtiger, als durch konkrete euro päische Projekte Europa für die Menschen erlebbar und er fahrbar zu machen.
Insofern sind das unsere Erfahrungen aus der letzten Förder periode, mit denen wir auch in die Verhandlungen über den künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen gegangen sind.
Sehr geehrter Herr Minister! Baden-Württemberg profitiert ja enorm von der Eu ropäischen Union. Insbesondere profitiert die Wirtschaft in unserem Land durch die Handelsbeziehungen, aber wir pro fitieren auch finanziell durch die verschiedenen Förderpro gramme.
In Ihrer Kabinettsvorlage war als Anhang eine ganze Liste von konkreten Beispielen aufgeführt. Als Überschrift wurde auch der EMFF, der Europäische Meeres- und Fischereifonds, er wähnt; dazu habe ich aber nichts weiter in der Kabinettsvor lage gefunden. Könnten Sie uns hier vielleicht ein bisschen erläutern,
was darunter zu verstehen ist und wer oder was da profitiert hat? Ich vermute, es geht um den Bodensee, aber es würde mich doch ein bisschen genauer interessieren.
Herr Kol lege Katzenstein, aufgrund der besonderen geografischen La ge Baden-Württembergs haben wir mit Blick auf Meeresnä he vermutlich weniger Förderperspektiven als andere europä ische Länder.
Das mag der Grund sein, warum wir in dieser Passage der Ka binettsvorlage auch weniger ausgeführt haben. In Bezug auf den Bodensee und die sich dort ergebenden europäischen Pro jekte und die europäische Zusammenarbeit im Hinblick etwa auf Gewässerschutz und anderes haben wir Ausführungen ge macht.
Ja, ich will diesen Bereich durchaus betonen. Ich glaube, auch da gilt es, in der Zukunft noch mehr zu tun, weil Maßnahmen z. B. im Bereich von Klimaschutz oder Gewässerschutz eine ganz andere Dimension bekommen, wenn nicht jeder Natio nalstaat, nicht jede Region diese Themen für sich allein an geht, sondern wir uns hier europäisch vernetzen.
Verehrter Herr Minister, Kollegin nen und Kollegen! Ich würde gern eine Frage zum Tool, zu dem Werkzeug, das Sie in der Pressekonferenz mit dem Mi nisterpräsidenten vorgestellt haben, wo es um die Sache selbst ging, stellen. Die Intention selbst ist unbestritten. Das will ich im Anschluss an die Fragen von Joachim Kößler und an Ihre Antworten, die das bestätigen, gar nicht bestreiten. Ich glau be, dass das der richtige Weg ist – auch in der Darstellung.
Wir haben jetzt ein Portal, das unter dem Namen „bw-profi tiert“ eingerichtet wurde. Jetzt gibt es aber – man weiß das durch die langjährige Zusammenarbeit mit der EU-Kommis sion – auch bei der deutschen Vertretung der EU-Kommission eine Seite, auf der eigentlich alle Projekte aufgelistet sind, und zwar nicht nur dem Namen nach, sondern auch dem Umfang, dem Zeitrahmen und der Fördersumme nach. Das ist im Grun de genommen der gesamte Fundus, den wir an Projekten, die es in Deutschland und damit auch in Baden-Württemberg gibt, haben. Das „BW-Portal“ selektiert dies noch einmal. Jetzt ist sozusagen bei „bw-profitiert“ eine weitere Selektion eingetre ten, was den Ministerpräsidenten dazu gebracht hat, von ei nem Leuchtturmprojekt zu sprechen.
Die zweite Frage sei mir zwei Wochen vor der Europawahl auch erlaubt. Eigentlich müsste so etwas ja früher fertig wer den und müsste zur Popularisierung und zur Beantwortung der Frage, was uns Europa nützt, wesentlich früher da sein. Zum jetzigen Zeitpunkt nützt es nur noch für einen Pressehin weis im Zusammenhang mit der Regierung. – Sei’s drum: Wie war der Ablauf? Wie kam es dazu, dass es beim Vorankom men in der Sache so knapp zuging?