Gerade unter den Bedingungen der Schuldenbremse, die wir ab dem Jahr 2020 einzuhalten haben, ist es von unbestreitba rem Vorteil – das wird ja auch hier so gesehen und nicht be stritten –, dass die langfristigen Kosten politischer Entschei dungen maximal transparent gemacht werden. Dafür ist die doppelte Buchführung erforderlich.
Gänzlich unverständlich ist es, dass die Landesregierung von den nachgeordneten Regierungsbehörden einen Haushalts standard gesetzlich fordert, den sie offensichtlich selbst nicht einführen und anwenden will. Zumindest zum heutigen Zeit punkt gibt es dafür noch keinerlei Planungen.
Meine sehr geehrten Kollegen Abgeordneten, wie stellt sich die Landesregierung zukünftig das Vorgehen vor, wenn Be amte aus untergeordneten Regierungsbehörden, welche in ih rer Anwendungspraxis die doppelte Buchführung verinner licht haben, in Ministerien versetzt werden? Soll es dann für diese Beamten Weiterbildungsmaßnahmen geben? Eigentlich müssten diese Maßnahmen dann korrekt Abqualifizierungs maßnahmen heißen, da die Beamten wieder die aus dem Feu dalismus und Absolutismus stammende Kameralistik lernen müssten, mit der die Landesregierung heute noch arbeitet und dies auch zukünftig tun will.
Daraus ergibt sich natürlich die spannende Frage: Was sind die Gründe, die die Landesregierung für dieses rätselhafte Ver halten anführen wird, die doppelte Buchführung zwar auf kommunaler Ebene gesetzlich vorzuschreiben, selbst aber nicht zur Anwendung zu bringen?
Die Bürger und Bürgerinnen des Landes Baden-Württemberg können von ihrer Landesregierung eine moderne Verwaltung erwarten. Dazu gehört auch eine moderne Finanzverwaltung, dazu gehört die doppelte Buchführung. Die mantra-artigen Rufe bei jeder Rede, auch heute mehrfach, nach Digitalisie rung, Silicon Valley und Leuchtturmprojekten passen eben nicht zu einer kameralistischen Haushaltsführung aus der Kai serzeit.
Die AfD jedenfalls will die lange überfällige Modernisierung der Finanzverwaltung zum Nutzen der Bürger von BadenWürttemberg voranbringen. Wenn Sie Verbesserungsvorschlä ge zur Formulierung und Umsetzung des Gesetzes haben, dann bringen Sie diese gern ein.
Wir begrüßen eine öffentliche Debatte über die Zukunft der Finanzverwaltung. Wir möchten eine zukunftsfähige Landes verwaltung. Das geht langfristig nur mit einer Haushaltsfüh rung und Haushaltskontrolle mit Bilanzierung – das wurde vom Finanzministerium auch schon erkannt –, aber auch mit Kosten- und Leistungsrechnung – kurzum, mit dem, was Sie
Weil wir das Beste für Baden-Württemberg wollen, fordern wir auch eine öffentliche Anhörung zur doppelten Buchfüh rung bei den Beratungen im Finanzausschuss. Wir möchten, dass sich Unternehmer und Kommunalpolitiker einbringen und dabei sehen, dass wir um die beste Lösung ringen. Wir haben zahlreiche Verbände und Fachleute vorgeschlagen, die wir einladen möchten. Hören wir den Fachleuten zu, um eine sachgemäße Lösung, um die beste Lösung für Baden-Würt temberg zu finden.
Verehrte Präsidentin, mei ne Kolleginnen und Kollegen! Heute sprechen wir über den Gesetzentwurf der AfD zur Einführung der Doppik im Land Baden-Württemberg. Schließlich hat der Landtag im Jahr 2009 auch mit unseren Stimmen die Umstellung der Kommu nalhaushalte auf die Doppik beschlossen. Allerdings haben wir dann gemeinsam unter Grün-Rot weitreichende Über gangsregelungen bis in das Jahr 2020 – also insgesamt elf Jah re – beschlossen. Denn es geht nicht ganz so hoppla hopp, wie es jetzt im Gesetzentwurf der AfD für das Land mit dem Jahr 2023 vorgeschlagen wird.
Was könnte denn mit der Umstellung auf Landesebene zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt erreicht werden?
In der Zielsetzung des Gesetzentwurfs steht: „umfangreiche und exakte Bilanz“, die sich „am Handelsgesetzbuch ausrich tet“, und es wird mehr Transparenz gefordert. Drei Fragen drängen sich dabei auf:
Erstens: Was würde eine komplette Umstellung auf die Dop pik für das Land finanziell bedeuten und den Steuerzahler kos ten? Zweitens: Können wir die Transparenz
bei Vermögen und Schulden eventuell mit weniger Steuergeld genauso gut erreichen? Und drittens: Ist eine Umstellung zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoll?
Zur ersten Frage: Die AfD selbst schreibt, dass durch die Um stellung hohe Kosten entstehen, Kosten im mindestens drei stelligen Millionenbereich – also vielleicht sogar im Milliar denbereich.
Ist das vertretbar? Die Gegenfinanzierung von Ihnen durch „Einsparungen bei den ideologischen Projekten“ jedenfalls ist weder konkret, noch ist dieser Vorschlag ein Zeichen für ei nen seriösen Gesetzesvorschlag.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Tobias Wald CDU, Udo Stein AfD und Andreas Ken ner SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Sehr gut!)
Diese extrem hohen Kosten bringen mich zur zweiten Frage: Ist der Wunsch nach mehr Transparenz auch mit weniger Steu ergeld realisierbar? Ganz klare Antwort: Ja.
Durch die Vermögensrechnung des Landes, die von unserer Finanzministerin Edith Sitzmann und ihrer Staatssekretärin Dr. Gisela Splett 2018 erstmals in der Geschichte des Landes überhaupt eingebracht wurde, wird das Vermögen, werden die Schulden des Landes ermittelt und auch umfassend darge stellt: vom Wald über Straßen bis zu Gebäuden – und diesem Redepult hier.
Auch die Veränderungen bei Vermögen und bei Schulden wer den im jährlichen Vergleich bilanziert. Die Vermögensrech nung hilft uns also, die Entwicklungen von Vermögen und von Schulden deutlich zu machen. Selbstverständlich ist das Gan ze auf Grundlage des Handelsgesetzbuchs erstellt.
Derzeit gibt es außerdem unter Federführung des Finanzmi nisteriums das Projekt „Restrukturierung des Haushaltsma nagements und Einführung eines Kassensystems auf SAP-Ba sis“. Dieses neue Haushaltsmanagementsystem wird zwar weiterhin als kamerales System aufgebaut, die Doppikfähig keit ist aber von Anfang an angelegt. Damit können nach und nach weitere doppische Elemente wie z. B. eine Ergebnisrech nung eingeführt werden.
Es mag jetzt Abgeordnete geben, denen die hohen Kosten ir gendwie egal sind. Es mag auch Abgeordnete geben, die nicht anerkennen wollen, dass durch diese Vermögensrechnung die Anforderungen einer wirtschaftlichen und verantwortungs vollen Haushaltsführung umfassend erfüllt werden.
Daher als Drittes die Frage nach dem Zeitpunkt: Macht der Gesetzentwurf der AfD wirklich Sinn, wenn parallel der EUweite Prozess von EPSAS, also European Public Sector Ac counting Standards – so nennt sich das Ungeheuer; „Unge heuer“ nicht in der Sache –, weiter vorangetrieben wird?
Diese Standards werden nach Ansicht von Experten in den nächsten Jahren zu einer Vereinheitlichung der Standards auch in der EU führen. Jetzt kann man natürlich – wie in der AfD ja üblich – EU-weite Regelungen pauschal infrage stellen. Das tun wir Grünen nicht. Eine derart enorme Ausgabe, wie sie mit der Einführung der Doppik für das Land einhergeht, wä re nur wenige Jahre vor einer absehbaren Veränderung der Rahmenbedingungen auf EU-Ebene – und auch hier im Land – nicht sinnvoll und sogar fahrlässig.
Auch daher haben bisher nur Hamburg und Hessen die Um stellung auf Doppik umgesetzt. Auch der Wirtschaftswissen schaftler Professor Dr. Dennis Hilgers, der in Linz lehrt und der sich im Grundsatz für die Umstellung von der Kameralis tik auf die Doppik einsetzt, hat erst vor Kurzem erklärt, dass Baden-Württemberg mit seiner Vermögensrechnung auf dem richtigen Weg ist – selbst er.
Last, but not least: Nach der aktuellen Steuerschätzung müs sen wir noch sorgfältiger mit dem Geld umgehen. Und da muss man sich die Frage stellen, ob es gerechtfertigt wäre, da für hohe dreistellige Millionenbeträge – ohne genau zu wis sen, wie viel – auszugeben.
Fazit: Die Einführung der Doppik auf Landesebene wäre im Verhältnis zur vorgelegten Vermögensrechnung, die wir ha ben, zu teuer, verspricht keinen Mehrwert und wäre außerdem zum jetzigen Zeitpunkt fehl am Platz. Die grüne Fraktion lehnt den Gesetzentwurf der AfD daher ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, mei ne sehr geehrten Damen und Herren! Heute dürfen – oder bes ser gesagt: müssen – wir schon wieder über einen Gesetzent wurf einer Fraktion abstimmen, bei der das Wort „Alternati ve“ im Parteinamen steht.
Schon dieser Begriff führt in die Irre und macht den Menschen etwas vor. Denn eine Alternative ist diese Partei nicht.
Ganz im Gegenteil: Sie ist populistisch und von gestern – po pulistisch, denn sie agiert nicht sachgerecht, und von gestern, weil sie in diesem Kurs verweilt und nie in der Realität an kommt.
Ein durchsichtiges, ein wirres Spiel. Sie haben wie so oft nicht den Blick für das Ganze und schon gar nicht für das Wesent liche,
so auch bei diesem Gesetzentwurf zur Einführung der soge nannten Doppik, den wir heute in erster Lesung beraten müs sen.
Meine Damen und Herren, im vergangenen Jahr wurde dem Landtag die erste Vermögensrechnung mit Stichtag 31. De zember 2017 durch das Finanzministerium vorgelegt. Ziel der Vermögensrechnung ist es, einen vollständigen, transparen ten Überblick über das vorhandene Vermögen und die Schul den unseres Landes zu erstellen. Mit der Vermögensrechnung erhalten Verwaltung und vor allem Politik ein zusätzliches In strument an die Hand, mit dem wir künftige Entscheidungen noch stärker am Ressourcenverbrauch ausrichten können und werden.