Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

(Beifall bei der SPD)

Das sind Beispiele, die zeigen: Diese Landesregierung ver hakt sich im Klein-Klein und produziert Überschriften, von denen letztlich niemand etwas hat. Denn wenn Sie Arbeitneh merinnen und Arbeitnehmer in der Automobilindustrie fragen, dann werden sie Ihnen sagen, dass sie große Angst um ihren Arbeitsplatz haben. Diese große Angst um den Arbeitsplatz verschwindet nicht einfach, weil die Landesregierung einen Transformationsbeirat einrichtet. Es geht darum, dass ein sol cher Transformationsbeirat auch Lösungen produziert, die den Menschen in diesem Land Baden-Württemberg Perspektiven geben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie von einer Weiterbildungsoffensive reden, dann will ich schon wissen, wie Ihre Weiterbildungsoffensive funktioniert. Die großen Fir men wie Daimler, Audi und Porsche bekommen das für ihre Beschäftigten ganz gut hin. Sie haben nur das strategische Problem, auf welche Antriebsart sie setzen sollen. Aber die vielen Beschäftigten in den kleinen und mittleren Betrieben mit 50, 100 oder 400 Mitarbeitern sind meilenweit von einer Vorbereitung auf die digitale Transformation entfernt. Wo ist denn die Weiterbildungsoffensive der Landesregierung? Das sind die Probleme der digitalen Transformation. Diese Lan desregierung hat dafür jedenfalls keine Lösungen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP)

Herr Ministerpräsident, nehmen Sie deswegen zur Kenntnis: Wenn wir in die Gesichter blicken, wenn hier Vertreter der beiden Regierungsfraktionen sprechen – wenn jemand von den Grünen redet und ich in die Gesichter der CDU-Abgeord neten blicke und wenn jemand von der CDU redet und ich in die Gesichter der grünen Abgeordneten blicke –: Mehr Abnei gung im politischen Geschäft zwischen zwei Parteien, die ver meintlich miteinander regieren, geht nicht.

(Beifall des Abg. Sascha Binder SPD – Oh-Rufe von der CDU – Unruhe bei der CDU)

Seien Sie ehrlich zueinander, schauen Sie sich in die Augen, und machen Sie sich eines klar:

(Abg. Thomas Blenke CDU: In Ihre Gesichter bli cken wir schon gar nicht mehr! Bei Ihnen schauen wir gar nicht mehr hin! – Anhaltende Unruhe)

Jede zweite Ehe in Deutschland scheitert. Ich halte das für ein trauriges Ergebnis. Aber diese Ehe schadet dem Land BadenWürttemberg.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP/DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Dabei sind Sie so weit hinten! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Für die FDP/DVP erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Uijuijui! – Unruhe)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich beim Kollegen Zimmermann für den zustimmenden Zwi schenruf bedanken –

(Abg. Sascha Binder SPD: Für den Beifall aus den Reihen der CDU-Fraktion!)

was zu beweisen war.

Herr Ministerpräsident, ich fand Ihren Auftritt am heutigen Tag aber schon bemerkenswert. Die kleine Oppositionsfrak tion FDP/DVP beantragt wie jeden Monat eine Aktuelle De batte. Der Regierungschef spricht zu dieser Aktuellen Debat te und erklärt, er habe nichts von Relevanz gehört.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Herr Ministerpräsident, da stellt sich die Frage: Wenn Sie nichts von Relevanz gehört haben, warum sprechen Sie dann als Ministerpräsident überhaupt zu dieser Debatte?

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Ministerpräsi denten Winfried Kretschmann)

Haben Sie sich vielleicht vorgenommen, künftig zu jeder Ak tuellen Debatte zu reden? Herr Ministerpräsident, offensicht lich gibt es nicht nur Rauch in dieser Koalition, sondern auch Feuer, sonst wären Sie am heutigen Tag gar nicht ans Rede pult gegangen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident, Sie haben als Nachweis des Erfolgs dieser Koalition über Zustimmungswerte geredet, über Um frageergebnisse.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Genau!)

Haben Sie, als Sie über Zustimmungswerte und Umfrageer gebnisse geredet haben, einmal nach rechts geguckt, zu Ihrem Stellvertreter, z. B. bei der Frage, wie zufrieden dieser mit Umfrageergebnissen in Baden-Württemberg ist? Oder haben

Sie in diese Fraktion hineingeblickt? Also, ich habe keine LaOla-Wellen in der CDU-Fraktion gesehen, als von Umfrage ergebnissen die Rede gewesen ist.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

23 bis 27 % – ist das die Benchmark für die CDU? Ist Ihr Ko alitionspartner damit zufrieden? Oder, Herr Strobl: Bei einer forsa-Umfrage wurde kürzlich die Frage gestellt, wie viele Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger Sie als Ministerpräsidenten haben wollen. Wissen Sie, was her ausgekommen ist?

(Zuruf des Ministers Thomas Strobl)

Ich bin sicher, Sie wissen, was herausgekommen ist: 5 % der Baden-Württembergerinnen und Baden-Württemberger wol len Sie als Ministerpräsidenten.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Bei der CDU zwei! – Ver einzelt Heiterkeit)

Da erzählt Herr Ministerpräsident Kretschmann etwas von Umfrageergebnissen. In der vergangenen Woche gab es die letzte bisher bekannte Umfrage. Da lag die Linke bei 6 %.

(Lachen der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Herr Strobl, in Baden-Württemberg ist die Linkspartei belieb ter als Sie.

Da erzählt Ministerpräsident Kretschmann etwas von Umfra gen, die zu dem Ergebnis führen, diese Koalition könne zu frieden sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der SPD)

Nein, meine Damen und Herren, diese Koalition kann nicht zufrieden sein, und Ihre Rhetorik, Herr Ministerpräsident war ja verräterisch. Ich darf nur ein paar Begriffe zitieren, die Sie in Ihrer Rede am heutigen Vormittag im Zusammenhang mit der von Ihnen geführten Koalition verwendet haben. Da war die Rede von Belastungsproben, da war die Rede von Kon flikten, da war die Rede von „schwierig“, da war die Rede von Durststrecken, da war die Rede von Blockaden – alles Begrif fe, die Sie im Zusammenhang mit Ihrer eigenen Koalition ver wendet haben.

Dann kamen Sie zu dem Ergebnis, das sei jetzt aber alles vor bei – wie ein Unwetter: es ist vorbei, es hat sich entladen –, und jetzt werde es schon besser. Wir haben gestern erlebt – das wurde vorhin zitiert –, wie Kollegin Razavi und der Ver kehrsminister sich in den Haaren lagen,

(Zurufe der Abg. Karl Zimmermann CDU und Wil helm Halder GRÜNE – Vereinzelt Heiterkeit)

und in einer solchen Situation erklären Sie, das sei vorbei. – Bitte, Herr Kollege Zimmermann?

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Doch nicht in den Haaren! – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Frau Razavi hat am Bart gezogen!)

Ja, doch! Wenn man sich nicht in den Haaren liegen kann, kann man sich zumindest um den Bart gehen. Das ist immer hin möglich, meine Damen und Herren.

Herr Ministerpräsident, Ihre Erfolgsbilanz, die Sie am heuti gen Vormittag hier vorgetragen haben, hat mich schon relativ stark an die letzten Amtsjahre von Erwin Teufel erinnert. Er hat auch immer aufgezählt, was im Land Baden-Württemberg alles so toll sei. Sie sprachen von Wohlstand. Glauben Sie im Ernst, der Wohlstand in Baden-Württemberg sei eine Folge Ihres Regierungshandelns? Sie sprachen von geringer Arbeits losigkeit. Glauben Sie im Ernst, Herr Ministerpräsident, die geringe Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg sei das Ergeb nis Ihres Regierungshandelns? Sie sprachen auch von einem hohen Pro-Kopf-Einkommen. Glauben Sie im Ernst, das ProKopf-Einkommen in Baden-Württemberg hänge an Ihrer Re gierungstätigkeit?

Ich sage Ihnen: Dem Land Baden-Württemberg geht es noch gut, aber nicht wegen, sondern trotz der von Ihnen geführten Koalition.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Wie wenig Sie auf dem Laufenden sind, hat sich ja an der Be hauptung festmachen lassen, Baden-Württemberg sei Innova tionseuropameister. Schauen Sie sich nur einmal die Entwick lung bei den Patentanmeldungen der letzten Jahre an. Wenn Sie wirklich der Meinung sind, die wirtschaftliche Entwick lung in Baden-Württemberg habe mit Ihrer Regierungstätig keit zu tun, dann schauen Sie einmal auf diese Entwicklung. Dann müssten Sie sich diesen Schuh auch anziehen, und dann können Sie nicht mehr vom Innovationseuropameister reden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Sie behaupten, Sie würden Krisen auflösen. Also, die Diesel krise haben Sie nicht aufgelöst, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der AfD: Aber herbeigeführt!)

Die heutige Debatte hat auch nicht mehr Licht ins Dunkel ge bracht. Sie haben darüber gejammert, in dieser Dieselkrise würden alle zerren: Die Dieselfahrer zerren an der CDU, der eigene CDU-Kreisverband in Stuttgart zerrt an der CDU; die demonstrieren nämlich jeden Monat gegen die eigene Lan desregierung.