Ein weiterer Vorschlag, der erst dieser Tage von uns gemacht wurde, war die Abschaffung der Grundsteuer, wenn man schon reformiert. Auch da wurde sofort abgelehnt, ohne dass man überhaupt die Vorschläge aufnimmt, die dahinterstehen, was die Kommunen als Ersatz bekommen sollen.
Darüber können wir uns in einer Debatte auseinandersetzen. Es muss aus allgemeinen Steuern finanziert werden. Herr Reinhart, das Steuersystem in Deutschland muss reformiert werden. Sie müssen Einkommen haben, das versteuert wird, Sie müssen Erträge versteuern, das heißt, Sie müssen Wert schöpfungen versteuern,
und Sie müssen Vermögen versteuern. Wir leben in einer So lidargemeinschaft, und da muss der Stärkere stärker belastet werden als der Schwächere. Das ist ein Grundthema, und es ist auch eine Grundüberzeugung innerhalb der AfD.
Insgesamt – damit möchte ich zum Schluss kommen – habe ich nichts über den neuen Windatlas gehört. Ich möchte es noch einmal betonen. Ich hätte gern eine Antwort gehört, wa rum das noch in den Schubladen liegt. Wir wissen, warum, aber die Menschen im Land wird es vielleicht auch interes sieren, wenn man vielleicht noch vor der Kommunalwahl nach außen geben könnte, wo jetzt diese tollen „Vogelschredder maschinen“ erstellt werden sollen.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Nachdem das Ganze teilweise fast wie ein Literaturseminar klang, darf auch ich noch in Richtung der Regierungsbank, insbesondere des Herrn Ministerpräsiden ten, mit einem Musil-Zitat glänzen.
Bekanntlich weist man Vorwürfe umso heftiger zurück, je stärker man selbst zwischen Schuld und Unschuld ge spannt ist.
Lieber Herr Ministerpräsident, Sie haben hier am Pult ein Bild dieser Regierung gezeichnet, das mit der Realität nun mal re lativ wenig zu tun hat.
Um noch einmal ganz grundsätzlich zu werden: Kein Mensch, jedenfalls nicht aus meiner Fraktion, wird in Zweifel ziehen, dass Kompromisse letztlich zwingend sind, um eine Koaliti on aus unterschiedlichen Parteien überhaupt möglich zu ma chen. Das Problem bei Ihrer Regierung ist – das war auch der Ansatz, den die FDP/DVP durch den Begriff „Blockade“ im Titel der Aktuellen Debatte zum Ausdruck gebracht hat –: Wenn man sich in inhaltlichen Positionen an vielen, vor allem wichtigen Stellen so unversöhnlich, weil ideologisch vonein ander entfernt hat, dass Kompromisse nicht mehr möglich sind, dann werden keine Ergebnisse produziert. Das ist für ein Land wie Baden-Württemberg schlicht und einfach zu wenig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das zweite Problem ist nicht nur, dass Sie zu wichtigen The men – ich nenne gleich welche – die Lösungen nicht finden, sondern sind dann angebliche Kompromisse, die letztlich die Tinte nicht wert sind, mit der sie geschrieben sind, weil sie nämlich als Kompromiss nicht geeignet sind, um das Problem zu lösen.
Das ist ein grundsätzliches Problem, und in dieser Unterschei dung würde ich Sie mal auffordern, Ihre eigene Politik zu re flektieren. Denn das, was Sie heute hier gesagt haben, war doch zu erwarten. Das, was Sie gesagt haben, waren die glei chen Stichworte wie immer. Es waren die angeblich großen Leistungen im Bereich der Digitalisierung, es war das „be rühmte“ Cyber Valley, es war die KI-Strategie der Landesre gierung.
Ich sage Ihnen: Wenn das Land all diese Themen nicht bear beiten würde, wäre diese Landesregierung komplett fehl am Platz. Sie müssen diese Themen als Zukunftsthemen bearbei ten. Entscheidend ist jedoch, ob die von Ihnen gewählten An sätze geeignet sind, die Themen auch für eine gute Zukunft des Landes Baden-Württemberg einer Lösung zuzuführen.
Jetzt nehmen wir einmal ein Thema wie „Digitale Transfor mation“. Die digitale Transformation umfasst verschiedene Bereiche, die die Politik im Blick haben muss, die aber die Politik nicht in gleichem Maß auch beeinflussen kann. Vieles von dem, was im Bereich der digitalen Transformation pas siert, sind Vorgänge, die in der Wirtschaft passieren – Unter nehmen, die auf diese veränderten Möglichkeiten reagieren, entweder Unternehmen, die ihre Unternehmensstrategie ver ändern, oder neue Unternehmen, die entstehen und diese Chancen nutzen. Da kann Politik beispielsweise durch eine entsprechende Start-up-Förderung und durch flankierende Maßnahmen unterstützen.
Aber Baden-Württemberg war schon immer ein Innovations standort. Deswegen: Machen Sie es sich bitte an dieser Stel le nicht zu leicht. Die Tatsache, dass wir in Baden-Württem berg so viele sozialversicherungspflichtige Beschäftigte wie noch nie haben, dass wir die niedrigste Arbeitslosenquote oder auch das geringste Armutsrisiko haben, geht auf die Produk tivität und die Kreativität der Menschen in diesem Land und eben nicht auf die Politik dieser Landesregierung zurück.
Die Landesebene ist auch nicht die einzige Ebene der Politik, die die Lebensrealität der Menschen beeinflusst. Da gibt es immer noch die Bundespolitik, die, wie ich glaube, in der letz ten Zeit wichtige und richtige Entscheidungen getroffen hat,
und da gibt es vor allem die kommunale Ebene. Die kommu nale Ebene ist nämlich die Ebene, wo die Lebenswirklichkeit von Menschen tatsächlich entsteht.
Bezüglich des Verhältnisses dieser Landesregierung zur kom munalen Ebene höre ich vom Ministerpräsidenten und der Fi nanzministerin immer: „Die Kommunen profitieren, wie Land und Bund auch, von der hervorragenden Einnahmesituation.“ Diese Landesregierung hat es vor dem letzten Doppelhaushalt aber nicht geschafft, mit den Kommunen im Rahmen der Ge meinsamen Finanzkommission eine Einigung zu erzielen, und zwar trotz bester Kassenlage. Somit konnten die Kommunen an ganz vielen Stellen die wichtigen Themen, die anstanden, eben nicht bearbeiten, die da heißen: „Mobilität in der Zukunft“, „Wohnen für alle Menschen“ und vor allem „Bildungschancen für alle Menschen“. Sie haben die Kommunen schlicht und ein fach im Regen stehen lassen, Kolleginnen und Kollegen!
Aus diesem Grund, glaube ich, ist es falsch, hier immer nur die gleichen Überschriften zu nennen, Herr Ministerpräsident.
Ich finde, beim Thema Wohnen wird es besonders dramatisch. Sie haben gesagt: „Das Problem ist nicht nur in den letzten Jahren entstanden, und wir brauchen an dieser Stelle grund sätzliche Lösungen.“ Ich sage Ihnen: Das Problem in BadenWürttemberg stellt sich noch ein bisschen anders dar als in anderen Ländern.
Sie haben die anderen Länder, auch den europäischen Kon text, große Städte und Ballungsräume genannt. In BadenWürttemberg ist bezahlbarer Wohnraum nicht mehr nur ein Thema der Ballungsräume. In Baden-Württemberg ist bezahl barer Wohnraum inzwischen flächendeckend ein Thema. Aus diesem Grund brauchen wir für Baden-Württemberg Antwor ten, die vielleicht auch ein bisschen anders sind als die Ant worten, die wir an anderer Stelle zu diesem Thema geben.
Wenn Sie dann sagen: „Sozialer Wohnraum muss entstehen“, sage ich Ihnen: Ja, Politik ist einem Irrtum aufgesessen. Sta tistiker haben uns gesagt: „Wir werden älter, und wir werden weniger.“ Die Gesellschaft wird älter. Dadurch verändern sich Wohnbedürfnisse von Menschen, und diese Wohnbedürfnis se müssen wir für die Zukunft auch im Blick haben. Aber der zweite Satz: „Wir werden weniger“ war schlicht und einfach grottenfalsch.
Wir haben in Baden-Württemberg, einem starken Wirtschafts land, einen hoch attraktiven Arbeitsmarkt. Die Kehrseite ist: Wir brauchen Menschen, die aus anderen Bundesländern, aus anderen Ländern zu uns kommen, um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen. Das heißt, die Wirtschaftskraft un seres Landes hängt originär davon ab, dass wir für diese Men schen Wohnraum schaffen. Nur, Herr Ministerpräsident: Da reicht es nicht, hier zu sagen: „Das Problem haben aber alle Länder.“ Wir haben in Baden-Württemberg ein besonders star kes Problem. Lösen Sie es endlich!
Da merkt man eben, dass Sie extrem weit voneinander ent fernt sind. Die CDU hat bis 2011 dafür gesorgt, dass in Ba den-Württemberg die Landesförderung von Wohnraum auf null heruntergefahren wurde.
Wir hatten die Förderung in der gemeinsamen Regierungszeit wieder deutlich erhöht. Übrigens sind Sie damals nicht damit aufgefallen, sich besonders für das Thema Wohnen interes siert zu haben.
Sie wissen auch, dass es eine andere Haushaltslage in diesem Land gab, aber wenn wir an dieser Stelle eine so große Bri sanz haben, dann müssen wir auch mit großen Lösungen ant worten. Da reicht es nicht, ein Töpfle aufzustellen und einen Topf zu haben, der Kommunalfonds oder wie auch immer heißt – mit nicht abgerufenen Mitteln. Das ist schlicht und ein fach eine Umetikettierung.
Wir brauchen starke kommunale Wohnungsbaugesellschaf ten, wir brauchen starke Genossenschaften. Aber wir haben sie an vielen Stellen nicht, und deswegen braucht das Land dringend eine Landeswohnungsbaugesellschaft, die dieses Land im Wohnungsbau nach vorn bringt, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.