Protokoll der Sitzung vom 26.06.2019

Wenn man einmal schaut, lieber Kollege Stoch, was wir in den letzten Jahren in Baden-Württemberg angesichts dieser Entwicklung getan haben, sieht man, dass das durchaus eini

ges war. Ich finde, darauf könnten Sie gemeinsam mit uns wirklich ein wenig stolz sein. Wir haben die Mittel im Natur schutz in der letzten Legislaturperiode verdoppelt: von 30 Mil lionen € auf 60 Millionen €.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wurde genannt!)

Wir haben neue Schutzgebiete ausgewiesen, den National park, das Biosphärengebiet im Südschwarzwald. Wir haben mit den Landschaftserhaltungsverbänden eine neue Struktur eingeführt: 22 Geschäftsstellen in Baden-Württemberg als Bindeglied zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Wir haben die Naturschutzfachverwaltung in Baden-Württemberg gestärkt.

In dieser Legislaturperiode haben wir – das ging mit euch von der SPD nicht, das muss ich schon einmal sagen; in der letz ten Legislaturperiode musste ich um jeden Euro kämpfen – das Sonderprogramm zur Stärkung der Biodiversität mit ei nem Volumen von 36 Millionen € aufgelegt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Wenn ich mit meinen Kollegen aus anderen Bundesländern spreche, höre ich immer vor allem eines: Neid darauf, was wir in den letzten Jahren hier vorangebracht haben.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE zur SPD: Neidisch seid ihr!)

Aber – auch das gehört zur Wahrheit, Herr Kollege Stoch – all dies reicht letztendlich nicht aus. Es reicht nicht aus, um den Trend, den ich eingangs geschildert habe, aufzuhalten und zu stoppen.

Dass dieses Thema – übrigens auch mit der Krefelder Studie aus dem Jahr 2017 als Ausgangspunkt, gefolgt von dem bay erischen Volksbegehren und dem, was wir hier in BadenWürttemberg mit dem Volksbegehren erleben – jetzt ins öf fentliche Bewusstsein kommt, dafür kann ich als Naturschutz minister doch nur dankbar sein –

(Abg. Anton Baron AfD: Naturschutzminister? Sie sind Umweltminister!)

dankbar dafür, dass das nicht mehr nur ein Nischenthema ist, um das sich in der Vergangenheit nur die Interessierten und die Ehrenamtlichen im Naturschutz gekümmert haben. Darü ber, dass dies mittlerweile im Zentrum der gesellschaftlichen Debatte angekommen ist, bin ich erst einmal froh.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Wenn sich in Bayern jetzt Menschen engagieren und in die Rathäuser gehen – 1,4 Millionen Menschen gingen zum Un terschreiben in die Rathäuser –,

(Abg. Anton Baron AfD: Die werden wahrscheinlich Gummibärchen bekommen haben! Eingepackt in Kunststoff!)

zeigt das doch, dass dies die Menschen umtreibt und dass ih nen dieses Thema wichtig ist. Sie engagieren sich für biolo gische Vielfalt, sammeln dafür Unterschriften und bringen ein Begehren auf den Weg – auch hier in Baden-Württemberg.

Das finde ich erst einmal gut, um es einmal so deutlich zu sa gen. Wir brauchen dieses zivilgesellschaftliche Engagement für unsere natürliche „Lebensversicherung“ – um diesen Be griff noch einmal zu erwähnen.

Trotzdem kommt es, wie gesagt, nicht von ungefähr, dass das Volksbegehren „Pro Biene“ keine bloße Kopie des bayeri schen Volksbegehrens ist.

(Abg. Andreas Schwarz und Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr richtig!)

Das ist überhaupt kein Zufall. Besser als die Bayern sind wir in Baden-Württemberg nämlich in etlichen Bereichen schon jetzt.

Ich will einiges nennen: Im bayerischen Volksbegehren stan den Aspekte, die wir in Baden-Württemberg seit etlichen Jah ren umsetzen. Nehmen wir das Thema Grünlandumbruchver bot, in Baden-Württemberg längst gesetzliche Grundlage, mit Ihnen von der SPD in der letzten Legislaturperiode gemein sam umgesetzt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Habe ich vorhin doch ge nannt!)

Ein anderes Beispiel ist die Ausweitung des Gewässerschut zes in Baden-Württemberg, sprich der Gewässerrandstreifen. Bayern fiel davon ab.

Nehmen wir die Ausweisung der Schutzgebiete, die ich eben genannt habe.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Ist genannt worden!)

Oder nehmen wir den Moorschutz.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Das wurde doch alles ge nannt!)

All das sind Aspekte, bei denen ich sagen würde: Da sind wir vorndran. Bayern ist sozusagen auf dem Weg dorthin, wo wir heute schon sind.

(Zuruf des Abg. Harald Pfeiffer AfD)

Wie man dann hier sagen kann, das Volk begehre gegen uns auf – – Leute, bleibt einmal ein bisschen bei den Fakten. Ihr redet die Erfolge, die wir mit euch gemeinsam erreicht haben, schlichtweg schlecht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Andreas Stoch SPD: Nein! Ich habe das doch genannt! – Weitere Zurufe von der SPD)

Parallel unterstützen wir – um ein weiteres Thema zu nennen; auch das war eine Forderung und ist übrigens im jetzigen Volksbegehren mit enthalten; dazu will ich gleich noch etwas sagen – die Pflege unserer Streuobstbestände und die zahlrei chen Streuobstgütlesbesitzer.

Das Volksbegehren Artenschutz in Baden-Württemberg ist – ich habe versucht, es deutlich zu machen – im Grundsatz ei ne gute Sache. Auch wenn die Umsetzung bei einigen Punk ten – das gehört auch zur Wahrheit – nicht so einfach sein wird, stimme ich mit vielen Vorschlägen und Ansätzen in die sem Volksbegehren vom Grundsatz her überein. So ist bereits

jetzt ein Ziel der Landesregierung, den Anteil der landwirt schaftlichen Flächen in ökologischer Bewirtschaftungsweise deutlich zu erhöhen.

Schauen wir einmal, wo wir heute stehen, und betrachten ein mal die Zahlen auf der Grundlage der Öko-Verordnung der EU: Im Land gibt es, Stand 2018, rund 197 000 ha ökologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Flächen. Das sind 9 290 Betriebe. Was die Gesamtzahl der Betriebe betrifft, befinden sich 23,5 % der ökologisch wirtschaftenden Betriebe hier in Baden-Württemberg. Damit stehen wir auf Platz 1 in der Bun desrepublik.

Ganz besonders wichtig ist noch die Dynamik. Die Dynamik ist in keinem anderen Bundesland so groß wie in Baden-Würt temberg.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: So ist es!)

In den letzten Jahren gab es eine jährliche Zunahme von über 10 %. Das ist erst einmal eine Erfolgsgeschichte. Ich denke, das ist auch ein gutes Signal im Hinblick auf das ganze The ma „Wachstum des ökologischen Landbaus“. Das sollte man zunächst mal nicht schlechtreden.

(Beifall bei den Grünen – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Die Pflanzenschutzmittelreduktionsstrategie ist zwischen den Häusern in Abstimmung. Dass dies nicht immer ganz einfach ist, gehört, meine ich, zur Ehrlichkeit dazu. Aber gehen Sie einmal davon aus: Zum Schluss kommen wir zu einem Ergeb nis, das uns in Baden-Württemberg bei diesem Thema dann auch weiterführt.

Gegen die im Volksbegehren geforderten verschiedenen Be richtspflichten, beispielsweise zum Thema „Status der ökolo gisch genutzten landwirtschaftlichen Flächen“ oder auch zum Thema „Einsatz von Pestiziden“, ist aus meiner Sicht vom Grundsatz her nichts einzuwenden. Wenn die Zahlen dann vorliegen, sollte man das meines Erachtens auch wirklich ma chen.

Es gibt aber auch Punkte im Volksbegehren, deren Sinnhaf tigkeit ich ein bisschen hinterfragen will und die auch nicht so einfach umzusetzen sind. Ich nehme einmal das Thema „Stärkerer Schutz von Streuobstwiesen“. Das kann man ma chen, aber aus meiner Sicht geht das völlig am Problem vor bei. Das Hauptproblem ist in Baden-Württemberg nicht, dass die Streuobstwiesen zu wenig geschützt sind, sondern es ist die nachlassende Tätigkeit in den Streuobstwiesen, die dazu führt, dass 80 % unserer Streuobstwiesen in einem unzurei chenden und schlechten Pflegezustand sind und nicht mehr nachhaltig bewirtschaftet werden. Das ist das Kernproblem.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Eine Vermarktung der Streuobstprodukte ist natürlich vielfach nicht rentabel. Klar gibt es überall die Aufpreisinitiativen; Kollege Rösler ist da ja sehr stark engagiert. Aber es ist ein Tropfen auf den heißen Stein vor dem Hintergrund, dass in den Läden überall Apfelsaft auf der Basis von Konzentraten im Regal steht. Und das Konzentrat kommt irgendwo aus Chi na oder anderen asiatischen Ländern. Das ist das Problem.

Wenn wir wollen, dass auf den Streuobstwiesen mehr passiert, dann müssen wir den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch klarmachen, dass sie mit darüber entscheiden, ob ihre Kinder und Enkel in Zukunft noch blühende Streuobstwiesen am Rande der Schwäbischen Alb haben oder nicht.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf von den Grünen: Bravo! – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Richtig! Es ist bisher kein Ton dazu gesagt worden!)

Herr Minister Untersteller, las sen Sie Zwischenfragen zu, und zwar von Herrn Abg. Dr. Bal zer und...

... Herrn Abg. Dr. Fiechtner?

Nein. Nein, die lasse ich jetzt nicht zu.

(Unruhe)