Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte an das anknüpfen, was Herr Fiechtner gesagt hat.
Liebe Jugendliche, diese Anbiederung von einigen Rednern hier an die Jugend ist ziemlich widerlich, muss ich sagen:
Wir müssten vor allem von der Jugend lernen. – Ja, liebe Leu te, natürlich können wir auch von euch etwas lernen, aber die Hauptrichtung des Lernens ist doch immer noch, dass die Jun gen von den Alten lernen und nicht umgekehrt.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber nicht von allen Alten! – Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Nicht von allen Alten! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Insbesondere nicht von Ihnen! – Zuruf: Un glaublich!)
Das Wichtigste im Leben – das hat Herr Fiechtner auch be tont – ist die Lebenserfahrung. Das klingt wie eine Tautolo gie, aber die Lebenserfahrung ist die wichtigste Erfahrung im Leben. Merken Sie sich das. Das ist heute nicht mehr sehr an erkannt, es ist nicht mehr en vogue. Deswegen ist ein Wahl alter ab 16 abzulehnen. Da muss man erst mal noch einen bes seren Überblick kriegen, bevor man die Verantwortung, die mit der Wahl verbunden ist, auf sich nehmen kann.
Die Schulen werden immer mehr zur Indoktrinationsstätte. Ihr müsst aufpassen: Diese Zeit ist wirklich extrem verlogen, lie be junge Leute. Es ist das Wichtigste für euch, zu lernen, hin ter die Kulissen zu schauen.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, bei allen Argumenten immer auf beide Seiten zu achten. Lassen Sie sich nicht indoktrinie ren, immer nur eine Meinung zu hören. Schauen Sie: Was ist die andere Meinung? Und beschäftigen Sie sich bitte gerade mit der besonders geächteten Meinung; da steckt oft eine be sondere Wahrheit dahinter.
(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD – Lachen bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, ja! – Zu ruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)
Meine Damen und Herren, Sie sehen, dass die Intelligenz auch im Landtag nicht so hoch entwickelt ist,
Hört beide Seiten an, beschäftigt euch mit geächteten Mei nungen, und das Wichtigste ist: Seid skeptisch und sucht die Wahrheit. Dann kommt ihr auf den richtigen Weg.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Sie klatschen doch! – Abg. Tho mas Poreski GRÜNE: Sie klatschen doch beim An tisemiten!)
Bitte, hier vorn spielt die Musik; so heißt es immer so schön. – Wir haben jetzt Tagesordnungspunkt 1 beendet, und ich dan ke den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Jugendlandtags für ihr Interesse und ihre konzentrierte Arbeit heute.
Dafür ist eine Redezeit der Fraktionen von 50 Minuten, also zehn Minuten je Fraktion, festgelegt. Dazu kommt die Rede zeit der Regierung. Die Mitglieder der Landesregierung hal ten sich dann hoffentlich auch ungefähr an diese Zeitvorgabe für die Fraktionen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren! Gestern hat der Neona zi Stephan E. gestanden: Er hat Walter Lübcke ermordet.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch land wurde ein Politiker, also ein Repräsentant unseres Staa tes und unserer Demokratie, von einem Rechtsextremen er mordet – oder von mehreren. Wir haben gerade erfahren, dass heute Morgen zwei weitere Männer im Zusammenhang damit verhaftet worden sind.
Walter Lübcke wurde erschossen, weil er sich für seine Mit menschen eingesetzt hat, weil er die viel beschworenen christ lichen Werte tatsächlich vertreten hat. Ein Ehemann, Vater und Großvater musste sterben, weil er politisch Haltung gezeigt hat. Wir sind auch heute in Gedanken bei Walter Lübckes Fa milie, seinen Freunden und Kollegen.
Aber der Schock und die Trauer dürfen uns auch nicht lähmen – deshalb haben wir dieses Debattenthema für heute beantragt –, sie müssen Folgen haben. Denn die rechtsextreme Gefahr, die es gibt, wird leider immer noch und immer wieder unter schätzt und sogar heruntergespielt, und das, obwohl die An zeichen dieser Gefahr deutlich spürbarer geworden sind.
In den letzten Jahren ist der Ton in politischen Debatten im mer rauer geworden. Drohungen und Beleidigungen gehören auf allen politischen Ebenen inzwischen leider zum Alltag. In rund 40 % aller Rathäuser in Deutschland gibt es laut einer neuen Umfrage Erfahrungen mit Stalking, Beschimpfungen und Drohungen, sehr oft aus der rechtsextremen Ecke.
Gerade die Gefährdung ehrenamtlich Aktiver auf kommuna ler Ebene stellt uns vor eine besondere Herausforderung. Erst vor einem Monat wurden rund 20 000 Mandate in Kreisen und Gemeinden in Baden-Württemberg neu vergeben, und die Menschen, die diese Ämter ausüben, sind die besten Botschaf
Nein, sicher nicht. – Sie ste cken viel Zeit und Energie in ihr Ehrenamt, und das mit dem Ziel, das Leben ihrer Mitmenschen zu verbessern. Gleiches gilt auch für die vielen Menschen, die in zivilgesellschaftli chen Organisationen tätig sind, für Flüchtlingshelfer, aber auch für Journalistinnen und Journalisten oder Geistliche und viele andere auch. Dass auch sie immer öfter Anfeindungen ausgesetzt sind, das ist nicht hinnehmbar.
Wir machen diese Erfahrungen mit Drohungen natürlich nicht erst seit 2015, seit dies zumindest in der öffentlichen Wahr nehmung stärker angekommen ist. Ich selbst habe meine ers te Morddrohung schon deutlich davor bekommen. Da war ich noch nicht im Landtag, da war ich noch nicht im Gemeinde rat von Göppingen. Es war einfach nur, weil ich mich bei mir zu Hause gegen Rechtsextremisten eingesetzt hatte.
Die Bedrohung ist also nicht neu, aber sie hat eine neue Ge fahrenstufe erreicht und ist inzwischen allgegenwärtig. Die ser Entwicklung müssen wir uns entgegenstellen und versu chen, das Risiko zumindest zu minimieren, z. B. indem wir Schulungen anbieten für den Umgang mit rechter Hetze im Netz wie auch auf der Straße.
Wir können zentrale Melde- und Beschwerdestellen schaffen oder die Opferberatung ausbauen, um die, die betroffen sind, nicht alleinzulassen. Denn eines muss ganz klar sein: Es darf in diesem Land keine Angst machen, sich zu engagieren.
(Beifall bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD – Abg. Ste fan Räpple AfD: Das sagen Sie mal der Antifa!)
Die Rechtsextremisten agieren heute natürlich anders als noch vor ein paar Jahren. Sie sind nicht einfach nur in irgendwel chen Kameradschaften oder Parteien Mitglied, sondern orga nisieren sich online in Gruppen, in sozialen Medien, um Netz werke zu bilden, die sich gegenseitig auch auf- und ansta cheln. Die Arbeit der Sicherheitsbehörden ist deshalb in die sem Bereich natürlich auch komplexer geworden, die Unter stützung der Politik in diesem Bereich speziell aber nicht im
mer unbedingt größer. Deswegen haben wir es jetzt eben auch mit Wissenslücken zu tun, die wir dringend füllen müssen.