Protokoll der Sitzung vom 10.07.2019

Ich muss der Landesregierung aber insbesondere vorhalten, dass man sich seit Jahren der angeblich exzellenten Beziehun gen nach Berlin rühmt und auf den großen Einfluss der Süd west-CDU in der Bundesregierung hinweist.

(Lachen des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)

Wenn es so ist, dann machen Sie jetzt etwas daraus. Ministe rin Karliczek muss die Motive dieser Entscheidung öffentlich machen. Wir wollen die Einschätzung der Gründungskom mission sehen, und wir wollen wissen, welche uns unbekann ten Gründe dafür sprachen, sich gegen die Empfehlung der

Expertise der Kommission zu entscheiden. Wenn die beteilig ten Ministerien das nicht tun wollen und weiter um den hei ßen Brei herumstottern wie bisher, dann muss man sie zwin gen, dann muss ein Machtwort der Bundeskanzlerin oder ein Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag die wirk lichen Umstände aufklären, liebe Kolleginnen, liebe Kolle gen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Vorwärts!)

Sollte sich dann zeigen, dass die Entscheidung gegen den Rat der Experten, gegen all die Spitzenreiter der Gründungskom mission, gegen alle Fakten und Maßstäbe getroffen wurde, dann bleibt nur eine Antwort: Dann muss diese überforderte Ministerin, Frau Karliczek, zurücktreten. Denn es darf nicht sein, dass eine Ministerin bei einer Entscheidung pro domo, für ihren eigenen Bundestagswahlkreis, entscheidet.

(Abg. Nese Erikli GRÜNE: Das ist doch absurd! – Unruhe)

Eine Bundesministerin muss die Interessen Deutschlands wah ren und muss die beste industrie- und standortpolitische Ent scheidung treffen, und die heißt Ulm.

(Beifall bei der SPD)

Noch einmal: Entweder die Bundesbildungsministerin legt wundersame Gründe auf den Tisch, warum sie sich bei einem eine halbe Milliarde Euro schweren Zukunftsprojekt erst an geblich kaum selbst beteiligte und dann offensichtlich entge gen allen Voraussetzungen entschieden hat, oder sie räumt ein, dass sie aus politischem Kalkül gegen den besten Standort in Deutschland und damit gegen den gesamten Automobilstand ort Deutschland entschieden hat. Dann ist diese Ministerin fehl am Platz. Frau Karliczek, dann müssen Sie zurücktreten!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Frau Abg. Lindlohr.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Die Batterie ist ein strategisches Tech nologiethema für unseren Wirtschaftsstandort. Der Umbruch in der Automobilbranche, Kommunikation, die Medizintech nik, mobile Anwendungen aller Art, gerade auch in der Pro duktionstechnik – dass wir in Baden-Württemberg als wich tigem Produktionsstandort die neuen Techniken vorantreiben, dafür stehen die Batterie und die Energiespeichertechnologi en. Es ist eine Schlüsseltechnologie.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Wir haben in Baden-Württemberg exzellente Voraussetzun gen, um die Batterieproduktion industriell auszurollen. Wir haben exzellente Expertise beim Thema „Batterie der zwei ten Generation“, die grüne Batterie jenseits des Lithiums.

Für meine Fraktion sind zwei Dinge klar. Erstens: Die Ent scheidung der Bundesforschungsministerin, die Forschungs

fertigung Batteriezelle nach Münster zu geben, ist fachlich nicht nachzuvollziehen und deshalb falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Doch!)

Zweitens: Wir werden das Thema Batterieforschung im Land weiter voranbringen und die Exzellenz in unserem Land da für nutzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Den Standort Ulm mit der ganzen Region und dem KIT in Karlsruhe zusammen zeichnet ein Mix aus Grundlagenfor schung, anwendungsorientierter Forschung und konkreter An wendung in der Industrie aus. Das ist deutschlandweit einma lig. Diese Struktur ist leistungsfähig, und sie kann schnell Er gebnisse bringen.

Wir werden auf Landesebene handeln. Wir müssen definie ren, wie wir die Batterie der Zukunft bei uns voranbringen. Dazu führen wir jetzt Gespräche. Dazu werden wir uns selbst einbringen, sicherlich auch mit Landesmitteln. Wir brauchen die Forschung, wir brauchen die Industrie. Ich denke, auch die Unternehmen hier im Land können zu dem Thema noch einen weiteren Beitrag leisten. Aber dafür erwarten wir vor allem das Engagement und die Mittel der Bundesforschungs ministerin Karliczek. Sie muss hier an uns liefern, liebe Kol leginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

„Revidieren“ war der Terminus, den die SPD für ihre Aktuel le Debatte gewählt hat. Damit wissen wir nun: Die SPD er kennt – Herr Kollege Stoch hat es hier auch gesagt – die Ex zellenz des Batterieforschungsstandorts Baden-Württemberg, die Exzellenz am Standort Ulm und die Exzellenz des Antrags an, den diese Landesregierung hier eingereicht hat. Herzlichen Dank für Ihre späte Unterstützung und dafür, dass Sie das nun anerkennen.

(Abg. Sascha Binder SPD: Welche Unterstützung? – Abg. Gabi Rolland SPD: Da warten manche drauf! – Zuruf von der SPD: Das ist ja lächerlich! – Zurufe von der AfD)

Sie haben hier eine Rede gehalten rund um Frau Bundesmi nisterin Karliczek. Wir haben aber auch Ihre erste Äußerung, Ihre Pressemitteilung vom 28. Juni 2019 gelesen: von Frau Karliczek kein Wort. Ich glaube, Sie waren die einzige poli tische Kraft, die es geschafft hat, zu dem Thema zu kommen tieren, ohne die Bundesforschungsministerin zu erwähnen. Stattdessen: Kretschmann und Hoffmeister-Kraut hätten alles falsch gemacht; z. B.:

Großspurig verkünden Kretschmann und HoffmeisterKraut seit Monaten, Baden-Württemberg zu einem Hot spot der Batteriezellenforschung auszubauen.

Damit haben Sie sogar die vorhandene Exzellenz noch infra ge gestellt. Sie sind völlig unglaubwürdig in dem, wie Sie von vorletzter Woche zu heute agieren, lieber Kollege Stoch.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Stoch SPD: Was reden Sie da eigent lich? – Abg. Gabi Rolland SPD: Das ist doch nicht wahr! – Abg. Reinhold Gall SPD: Sind Sie schon im Sommerurlaub?)

Also, Ihre Positionierung von heute teilen wir.

Sie haben sich uns also angeschlossen.

(Zuruf des Abg. Sascha Binder SPD)

In der ersten Runde hatte Sie, wie wir alle jetzt noch einmal Ihrer Pressemitteilung entnehmen können, Ihre Urteilsfähig keit völlig verlassen. Das sagt ja auch etwas aus.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Wie bitte?)

In der Bundestagsfraktion der SPD scheint insgesamt Ihre neue Linie als SPD-Fraktion im Land noch nicht angekom men zu sein. Ich zitiere – nicht gern – den Bundestagsabge ordneten Bernhard Daldrup

(Abg. Sascha Binder SPD: Wer ist das?)

aus Nordrhein-Westfalen.

(Zurufe von der SPD: Ah ja!)

Ja, ja. Jetzt hören Sie einmal zu. – Überschrift:

Batterieforschungsfabrik kommt nach Münster Kritik aus Süddeutschland unbegründet

Klar, der spricht für seinen Standort; ist in Ordnung.

(Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Andreas Stoch – Unruhe)

Nur können wir dann weiter lesen – ich zitiere immer noch Herrn Daldrup, SPD-Bundestagsfraktion –:

Wenn überdies Ibbenbüren als ehemaliger Steinkohle standort – –

(Anhaltende Unruhe)

Moment. Frau Abg. Lindlohr, warten Sie bitte. – Meine Damen und Herren, ich bitte auch hier um etwas mehr Ruhe. – Vielen Dank.

Wenn überdies Ibbenbüren als ehemaliger Steinkohle standort in Betracht gezogen wird, ist dies ebenso berech tigt wie Forderungen anderer Regionen, die vom Struk turwandel betroffen sind.

Also, Strukturpolitik statt Exzellenz, verkündet durch die NRW-Bundestagsfraktion – Landesgruppe NRW. Sie können hier sicherlich – –

(Abg. Andreas Stoch SPD: NRW-Bundestagsfrakti on?)

Kommen Sie bitte, wenn Sie ein wichtiges Vorhaben des Lan des unterstützen wollen, demnächst schneller aus dem Quark, als dass Sie hier jetzt große Reden schwingen. Bei Ihrer eige nen Bundestagsfraktion haben Sie offenkundig nichts, aber auch gar nichts erreicht.