Wir stellen also vorläufig fest: Die Union hat eine Minister präsidentenkandidatin, die sich zu anderen Politikfeldern als der Schulpolitik nicht äußert und die in einer Komplementär koalition – in dieser sollte man im eigenen Ressort angeblich das Sagen haben – in der Schulpolitik am grünen Nasenring durchs Neue Schloss geführt wird, meine Damen und Herren. Das ist die Bestandsaufnahme.
Ja, dort sind Sie nicht mehr. Ich bin dankbar für Ihren Zwi schenruf, Frau Eisenmann. Sie sind nicht mehr im Neuen Schloss. Nicht einmal das konnten Sie gegenüber den Grünen verteidigen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ni cole Razavi CDU: Du warst auch schon besser! – Zu ruf der Ministerin Dr. Susanne Eisenmann)
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Es war wieder einmal eine Debatte unter dem Titel: „Hans-Ulrich Rülke allein zu Haus“. Denn der Applaus bei der FDP/DVP war sehr, sehr gering.
Ich glaube, da müssen Sie, Herr Kollege, erst noch Ihre Haus aufgaben in der eigenen Fraktion klären.
Aber ich nutze gern die Gelegenheit, um hier noch einmal ein paar Grundzüge unserer Bildungspolitik zu benennen. Denn aus guten Gründen liegt die Kultushoheit bei den Ländern. Deswegen stehen wir auch einem Bundeszentralabitur eher skeptisch gegenüber.
Wie wir Bildung gestalten, betrifft alle Menschen: Kinder und Jugendliche zum einen, Eltern und Großeltern zum Zweiten, Lehrerinnen und Lehrer zum Dritten. Bildung ist also nahe dran an den Menschen. Deswegen ist es richtig, dass wir in den Ländern für die Bildungspolitik verantwortlich sind. Und gute Bildungspolitik hat viel mit Verantwortlichkeit zu tun. Denn in den Krippen, in den Kitas, in den Schulen werden die Weichen gestellt. Dort entscheidet sich, ob alle mitgenommen werden, ob jedes Kind seine Talente entfalten kann. Dort geht es um die Zukunft unseres Landes. Deswegen ist für meine Fraktion Bildung immer ein Schwerpunkt; hier setzen wir Prioritäten.
Wir haben 1 Milliarde € zusätzlich in die Bildung investiert. Das zeigt, welche Bedeutung die grüne Landtagsfraktion die sem Thema beimisst. Die grün-schwarze Koalition ist sich da rüber einig, wie wichtig gute Bildung für die Zukunft unseres Landes ist. Wir haben im Koalitionsvertrag klar festgehalten, dass jeder junge Mensch den für ihn besten Bildungsabschluss erreichen können soll. Dafür bedarf es eines leistungsfähigen, eines gerechten Bildungssystems. Im Mittelpunkt steht für uns immer die pädagogische Qualität.
Verlässlichkeit und Planbarkeit, das sind für uns Maßstäbe; das ist das, was die Eltern, Schülerinnen und Schüler ebenso wie Lehrerinnen und Lehrer von uns erwarten. Das sind auch die Maßstäbe, an denen wir Bildungspolitik ausrichten.
Ich will den Begriff der pädagogischen Qualität etwas be schreiben. Das ist für uns eng mit der Frage verbunden: Wie holen wir aus jeder Schülerin, aus jedem Schüler das Beste heraus? Dafür brauchen die Schulen das richtige Maß an Frei räumen und Steuerung. Es geht darum, hinzuschauen statt wegzuschauen – bei den starken wie bei den schwachen Schü lern.
Ein gutes Beispiel für hervorragende Qualität in Baden-Würt temberg ist die Arbeit an unseren Schulen, insbesondere an den Gemeinschaftsschulen. Die ersten Abschlussjahrgänge haben große Erfolge erzielt. Ich will das hier noch einmal transparent machen. Die Gemeinschaftsschule in Wutöschin gen ist mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichnet worden. Mit dieser neuen Schulform haben wir Baden-Württemberg nach vorn gebracht. Auch hier gilt für uns: Die Gemeinden, die sich auf diesen Weg gemacht haben, brauchen Planungs sicherheit und Verlässlichkeit. Die Schulen müssen wissen, unter welchen Bedingungen sie beispielsweise eine Oberstu fe anbieten können.
Schulen brauchen Freiräume. Deswegen haben wir die Pool stunden bei den Realschulen erhöht. Wir haben den Gymna sien und den Grundschulen zusätzliche Stunden gegeben. Wir probieren neue Wege der Ressourcensteuerung – mit Erfolg. Wir stärken die Schulleiterinnen und Schulleiter. Wir wollen Schulleiterinnen und Schulleiter von Verwaltungsaufgaben entlasten und dieses wichtige Amt attraktiver machen. Denn gute Rektorinnen, gute Rektoren sind entscheidend für den Erfolg und die Qualität an einer Schule.
Auch Lehrerinnen und Lehrer brauchen entsprechende Frei räume. Nur wenn der Lehrer diese Freiräume hat, wenn er sich auf den Unterricht konzentrieren kann, findet auch eine gute Arbeit statt.
Diese Freiräume nutzen nichts, wenn die Mittel fehlen. Ins gesamt geben wir daher jeden fünften Euro aus dem Landes haushalt für die Bildung aus. Ich sage es noch einmal: 1 Mil liarde € zusätzlich in die Bildung sind unsere Zwischenbilanz, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Freiräume haben aber nichts mit Laisser-faire oder „anything goes“ zu tun. Gerade mit Blick auf die Haushaltslage sage ich ganz klar: Wir brauchen auch Prioritäten. Ein wichtiges Kri terium für uns ist die wissenschaftliche Bewertung und Über prüfung aller bildungspolitischen Maßnahmen.
Deswegen ist es richtig, dass wir die Schulverwaltung neu strukturiert haben. Insbesondere die Einrichtung des systema tischen Bildungsmonitorings ist ein Meilenstein, der BadenWürttemberg voranbringt,
ein zentrales Element für eine wissenschaftsgeleitete Bil dungspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Weil Sie, Herr Kollege, G 8/G 9 angesprochen haben: Ja, ich meine, wir brauchen Planungssicherheit, Planbarkeit und Ver lässlichkeit. Deswegen darf es kein Hü oder Hott geben, wie es die FDP möchte. Wir haben an 43 Gymnasien die Möglich keit zum G 9, und wir haben eine Reihe von beruflichen Gym nasien in Baden-Württemberg. Gerade die beruflichen Gym nasien sind eine Erfolgsgeschichte. Deswegen halten wir an G 8, an den 43 G-9-Schulen und an den beruflichen Gymna sien fest. Das ist für die Planungssicherheit an unseren Schu len wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Bildungspolitik allein auf die Schule zu fokussieren greift zu kurz. Ganz am Anfang stehen frühkindliche Bildung und Be treuung. Je früher Kinder eine Kindertageseinrichtung besu chen, desto besser sind ihre Bildungschancen. Mit dem Pakt für Bildung und Betreuung gehen wir gemeinsam mit den Kommunen, mit den Trägern einen großen Schritt voran. Wir bauen die Qualität in der frühkindlichen Bildung aus. 80 Mil lionen € nehmen wir zusätzlich in die Hand, 80 Millionen € strukturell für eine Fachkräfteoffensive, für die Stärkung der Sprachförderung, für die Inklusion. Wir unterstützen die Lei terinnen und Leiter von Kindertageseinrichtungen.
Das sind ganz wichtige Maßnahmen, damit der Anfang für die Kinder in unserem Land gelingt, liebe Kolleginnen und Kol legen.
Unsere Kultusministerin, Frau Eisenmann, hat in den letzten drei Jahren vieles angestoßen, um das, was im Koalitionsver trag an gemeinsamen bildungspolitischen Zielen steht, auch umzusetzen. Wir nehmen die Ministerin beim Wort. Ankün digungen sind einfach. In der gelungenen Umsetzung liegt der Erfolg. Das betrifft insbesondere die Neuaufstellung der Schulverwaltung. Das Zentrum für Schulqualität und Lehrer bildung sowie das Institut für Bildungsanalysen Baden-Würt temberg sind gegründet worden – wir unterstützen das –, und wenn wir das Thema Qualität ernst nehmen, dann müssen die se Einrichtungen jetzt in Gang kommen und ihre Arbeit auf nehmen.
Es gibt weitere Themen, bei denen wir eine klare Erwartungs haltung haben: Wir wollen starke und leistungsfähige Schu len. Dafür ist der Blick auf die jeweiligen Raumschaften, auf die jeweiligen Regionen wichtig. Dafür sind klare Kriterien notwendig. Hier setzt die regionale Schulentwicklung an. Die se ist in unseren Augen notwendig; da darf es keine Ausflüch te geben.
Qualität in der Schule entscheidet sich im Unterricht. Daher brauchen wir eine gute Unterrichtsversorgung, die den Schu len die notwendigen Kapazitäten für Schulentwicklung und Fortbildung gibt. Wir brauchen ein tragfähiges Konzept, wie die Lehrerversorgung angesichts der ohnehin schwierigen Per sonalsituation sichergestellt werden kann.
Den Digitalpakt müssen wir umsetzen. Hier müssen wir trag fähige Lösungen für die Bildungsplattform, für die Schulver waltungssoftware finden.
Informatik, Ethik, Islamunterricht, die Umsetzung des neuen Bildungsplans – diese Themen müssen zügig angegangen wer den.
Ich denke, es ist deutlich geworden, liebe Kolleginnen und Kollegen: Gute Bildung ist eine Priorität für die Koalition, für meine Fraktion. Wir setzen im kommenden Doppelhaushalt das fort, was wir begonnen haben. Wir werden weiter in die Bildung investieren. Das betrifft auch die Verbesserung der Unterrichtsversorgung. Wir werden die Schulleiterinnen und Schulleiter stärken. Wir setzen den Pakt für gute Bildung und Betreuung um. An den Gemeinschaftsschulen werden wir die Lehrkräfte nach Weiterqualifizierung nach Besoldungsgrup pe A 13 bezahlen, und auch digitale Bildung und Informatik sind Zukunftsthemen, die wir im Haushalt abbilden werden.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Lieber Herr Fraktionsvorsitzender Rülke, Sie haben eine Frage gestellt, und die möchte ich zu Beginn gern beantworten: Ja, Frau Ministerin Eisenmann hat die Bildungspolitik voll und ganz im Griff.