Protokoll der Sitzung vom 09.10.2019

Auch der Landesrechnungshof Baden-Württemberg, dessen Stellungnahme Sie zwar zitiert haben, aber leider unvollstän dig, bezeichnet die Einführung der Doppik zum jetzigen Zeit

punkt als nicht wirtschaftlich. Da haben Sie jetzt vom Lan desrechnungshof Baden-Württemberg die Begründung, war um. Genau deswegen: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit.

Eine Verausgabung eines dreistelligen Millionenbetrags für eine verfrühte Umstellung würde unserem Ziel einer nachhal tigen und generationenübergreifenden Haushaltspolitik zuwi derlaufen. Das wollen wir, die Grünen, nicht und unser Koa litionspartner ganz sicher auch nicht. Der Gesetzentwurf der AfD ist daher auch in der Zweiten Beratung abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Wald das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nach der ersten Lesung im Ple num und intensiven Beratungen im Finanzausschuss stimmen wir heute über den Gesetzentwurf zur Einführung der doppel ten Buchführung in der Landesverwaltung ab. Nach bisheri gen Beratungen und der schriftlich durchgeführten Anhörung darf ich festhalten: Es gibt keine wesentlichen neuen Erkennt nisse. Lassen Sie mich unsere Position nochmals darlegen.

Im vergangenen Jahr wurde dem Landtag die erste Vermö gensrechnung zum Stichtag 31. Dezember 2017 vorgelegt. Ziel dieser Vermögensrechnung ist es, einen vollständigen und transparenten Überblick über das vorhandene Vermögen und die Schulden unseres Landes darzustellen. Mit der Vermö gensrechnung erhält die Verwaltung, vor allem aber auch die Politik, ein zusätzliches Instrument an die Hand, mit dem Ent scheidungen künftig noch stärker nach dem Ressourcenver brauch ausgerichtet werden können. Die Veränderung des Ei genkapitals unseres Landes kann zu einer echten Messgröße für eine nachhaltige Finanzpolitik werden. Der bisherige ka merale Haushalt wird mit der Vermögensrechnung durch ei ne zusätzliche und wichtige Informationsbasis erweitert. Dies ist ein richtiger und wichtiger Schritt. Die jetzige Vermögens rechnung bildet zugleich eine wichtige und elementare Grund lage für die spätere Einführung der Doppik.

Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen stehen für eine solide und verlässliche Haushaltspolitik. Das haben wir in dieser Legislaturperiode schon bewiesen. Mit dem lau fenden Haushalt schaffen wir eine historische Trendwende. Wir verringern die Schulden um mehr als 6 Milliarden €. Trotzdem investieren wir in die wichtigen Zukunftsfelder un seres Landes, in Bildung, innere Sicherheit, Justiz, Digitali sierung, Infrastruktur und natürlich in den Wohnungsbau.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg. Dr. Markus Rösler und Beate Böhlen GRÜNE)

Die Frage, ob wir ein doppisches oder ein kameralistisches Haushaltswesen haben, steht dabei nicht an erster Stelle. Viel mehr geht es darum, mit dem Geld der Steuerzahler sparsam und sinnvoll umzugehen.

(Abg. Anton Baron AfD: Mit 3 000 zusätzlichen Stel len!)

Das ist der Kern. Genau das machen wir.

(Beifall des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Wer meint, mit der Einführung der Doppik seien alle Proble me gelöst, liegt völlig falsch. Wir, die CDU-Landtagsfrakti on, haben die Einführung der Doppik als klares Ziel; denn na türlich bildet diese Drei-Komponenten-Rechnung mit einer Vermögensrechnung – einer guten Bilanz –, einer Ergebnis rechnung und einer Finanzrechnung die tatsächliche Lage noch exakter und besser ab. Mit der erläuterten Aufstellung der Vermögensrechnung haben wir hier einen ersten Einstieg erreicht. Wir befinden uns auf einem guten und richtigen Weg.

Aber es ist nicht der richtige Zeitpunkt, diesen eingeschlage nen und vorgesehenen Weg zu verlassen. Entscheidend ist doch: Wir dürfen heute und auch morgen nicht mehr auf Kos ten der kommenden Generationen leben, und das tun wir auch nicht mehr.

Damit dies so bleibt, ist es weiterhin mein großes Ziel, die Schuldenbremse endlich in der Landesverfassung zu veran kern. Zu diesem wichtigen Thema kommen keine qualifizier ten Vorschläge der AfD. Hier herrscht Funkstille.

(Widerspruch des Abg. Anton Baron AfD)

Sie übersehen auch, dass unsere Finanzverwaltung und vor allem unser Finanzministerium vor großen Herausforderun gen stehen:

(Abg. Anton Baron AfD: Ach je!)

Aufstellung des neuen Doppelhaushalts, Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung, Einführung einer neuen Kassensoftware für die komplette Landesverwaltung, Digitalisierung in der Landesverwaltung und Einführung ei ner neuen Grundsteuergesetzgebung, die tatsächlich viel Zeit in Anspruch nehmen wird.

(Zuruf von der AfD: Deshalb machen wir es am bes ten gar nicht!)

In der schriftlichen Stellungnahme zum vorliegenden Gesetz entwurf spricht sich auch die Deutsche Steuergewerkschaft, meine Damen und Herren, gegen eine schnelle Einführung der Doppik aus.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: So ist es!)

Halten wir fest: Die CDU-Fraktion hält an der Einführung der Doppik fest, jedoch zum richtigen Zeitpunkt

(Lachen des Abg. Daniel Rottmann AfD)

und richtig vorbereitet, und nicht schlampig, wie es die AfD vorschlägt.

(Lachen bei der AfD – Zurufe von der AfD)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Zurufe von der AfD, u. a. des Abg. Anton Baron)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Stickelberger.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch die SPD-Fraktion

bekennt sich natürlich zum Ziel der Einführung der Doppik. Es wird unser Arbeiten hier im Land grundsätzlich und grund legend verändern, wenn die Doppik eingeführt wird. Ich darf daran erinnern, dass es Sozialdemokraten waren, die dieses Thema auf den Weg gebracht haben, nämlich Nils Schmid und Ingo Rust, bereits in der letzten Legislaturperiode.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Da konnten andere das Wort „Doppik“ teilweise noch nicht mal buchstabieren; da war das schon der Fall.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Allerdings finde ich es schon befremdlich, dass die Frau Mi nisterin just zu dem Zeitpunkt den Saal verlassen hat, als das Thema aufgerufen wurde.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ja!)

Denn im Hinblick auf die wirklich bedeutsame Änderung, die sich daraus auch für den Haushaltsgesetzgeber ergibt, wäre ihre Anwesenheit schon angebracht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Vereinzelt Bei fall bei der AfD)

Wir haben in der ersten Lesung bereits deutlich gemacht, dass wir dem Gesetzentwurf in dieser Form nicht zustimmen kön nen, so nicht und jetzt nicht. Die inhaltliche Kritik am Ent wurf ist bereits geäußert worden. Es gibt ja auch schon einen großen Schritt auf dem Weg zur Doppik, nämlich die Einfüh rung der Vermögensrechnung; genannt worden ist auch das IT-Projekt RePro. Es ist auch sinnvoll, die Erfahrungen ande rer Länder abzuwarten und diese auszuwerten und einzube ziehen. Eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene steht auch noch aus.

Frau Staatssekretärin, wir haben ja eine Landesvertretung in Brüssel, die sozusagen das Ohr an der EU hat. Da gibt es si cher schon Signale, wie ein Regelwerk für eine Doppik auf europäischer Ebene aussehen würde. Sie können sicher gleich noch etwas dazu sagen.

Einleuchtend ist auch, dass man das Thema Doppik natürlich mit der Schuldenbremse kombinieren und koordinieren muss; keine Frage. Da stehen Sie, Frau Ministerin – in Abwesenheit –, und Sie, Frau Staatssekretärin, natürlich unter erheblichem Zeitdruck.

Mittlerweile haben Sie sich offensichtlich von dem Ziel, die Verfassung mit einer breiten Mehrheit hier im Haus zu ändern, verabschiedet. Sie haben sich von diesem Ziel verabschiedet. Der Anspruch, die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern, ist offensichtlich zerborsten. Es gab fünf Ter mine, an denen man sich fraktionsübergreifend darüber aus getauscht hat, wie man die Landesverfassung ändern könnte. An breitem Konsens war Ihnen gelegen. – Nichts von alle dem; es war alles für die Katz.

Sie haben jetzt vor, das Thema – wieder mal – in die Landes haushaltsordnung zu verschieben, und zwar in den § 18, den Sie ja bereits, was die impliziten Schulden angeht, bis zur Un kenntlichkeit verbogen haben.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Na, na, na! Das war der Nils Schmid, der mit dabei war, als dem zu gestimmt wurde!)

Diesen Fehler – – Der Begriff „Implizite Verschuldung“ ist ein finanzwissenschaftlicher Begriff. Sie haben das zum Rechts begriff in der Haushaltsordnung umfunktioniert,

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD: Richtig! So ist es!)

um sich vor der Tilgung von Kreditmarktschulden zu drücken. Das war Ihre Regelung.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD – Abg. Andreas Stoch SPD: So ist es! Genau!)

Deshalb unser Appell an die Ministerin und die Frau Staats sekretärin: Machen Sie jetzt bei der Doppik die gleichen Feh ler nicht noch mal, wie Sie sie bei der Schuldenbremse ge macht haben. Beziehen Sie das Parlament in seiner Gänze früh ein, laden Sie die Fraktionen ein, führen Sie Gespräche. Jetzt ist noch Zeit dafür. Da stehen Sie nicht so unter Zeitdruck wie bei der Schuldenbremse.