Protokoll der Sitzung vom 12.12.2024

(Beifall bei der CDU)

Bei den Gesprächen mit dem Intendanten war klar: Spielplä ne werden drei Jahre im Voraus geplant. Wenn das Interim nicht rechtzeitig fertig werden würde, wäre das eine Katast rophe und ein Schlag für den Kulturstandort Baden-Württem berg. Solides Handwerk, das für John Cranko gilt, muss also genauso für das Finanzministerium, das Wissenschaftsminis terium, die Stadt Stuttgart und die Projektgesellschaft gelten. Letztlich muss es genauso für uns, das Parlament als Haus haltsgesetzgeber, gelten. Wir erwarten deshalb von den ver antwortlichen Personen keine freundliche Begleitung, sondern eine klare Steuerung im Sinne einer wirtschaftlich vertretba ren Lösung.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Lassen Sie uns also mehr John Cranko wagen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Brauer.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Auf dem Weg zum Drama: Wie geht es weiter mit der Staatsoper?“ – das scheint mir ein sehr optimistisch formulierter Titel zu sein, den die SPD für ihre Aktuelle Debatte zu diesem Thema gewählt hat. Wir befinden uns nicht auf dem Weg zum Drama, sondern wir stecken mittendrin.

Opern und klassische Dramen werden seit dem 17. Jahrhun dert in fünf Akten dargestellt. Sie beginnen mit der Expositi on, dann kommt das erregende Moment und danach die stei gende Handlung. Es folgen Höhepunkt und Peripetie. Danach kommen der Übergang zur fallenden Handlung und das retar dierende Moment.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Die Fallhöhe ist entschei dend!)

Abschließend kommt dann die Katastrophe. Damit endet das Drama.

In der Exposition werden zunächst die Charaktere und die Si tuation der handelnden Personen dargestellt. In unserem Fall sind das nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristi sche Personen und Gebietskörperschaften als Protagonisten bzw. Antagonisten. Das wären das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart und die Staatsoper mit ihrer Führungsrie ge und ihren Mitarbeitern. Nicht zu vergessen sind die Besu cher und wir, der Haushaltsgesetzgeber.

Als erregendes Moment kann man getrost die Ergebnisse der Arbeitsgruppen verstehen, die sich mehrmals, meist freitags, drei bis vier Stunden online getroffen hatten, um sich in einen Beteiligungsprozess einzubringen. Alle waren zufällig ausge wählte Bürger, die sich bereit erklärt hatten, große Teile ihrer Freizeit für die Neukonzeption der Staatsoper zu opfern. Dass es statistisch keine zufällige Auswahl mehr ist, wenn das ent scheidende Kriterium darin liegt, ob jemand bereit ist, diesen großen zeitlichen Einsatz zu bringen, weiß jeder, egal, ob er nun etwas von Statistik versteht oder nicht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es waren interessierte, durchaus kulturaffine Menschen, de nen schon von Grund auf etwas an der Oper liegt. In stunden langer Arbeit wurde eine Maximallösung erarbeitet, die alles enthielt, was sich das Herz wünscht: von der Kreuzbühne mit der Versetzung der Außenmauern des Littmann-Baus, die heu te auch schon angesprochen wurde, bis hin zur optimalen Aus stattung von Orchestergraben oder Kulissengebäude. Virtuell wurde ein Gemeinschaftsprojekt hingestellt, das man getrost als Maximallösung oder auch Goldrandlösung bezeichnen kann. Es enthielt alles, was man sich nur wünschen kann: ei ne Art Brainstorming für Opernfans. Bekanntlich sind beim Brainstorming Kritik und Einschränkungen mit Verweis auf die Kosten zunächst verboten. Das ist grundsätzlich auch rich tig, handelt es sich doch zunächst um eine Ideensammlung.

Kommen wir zum Höhepunkt des Dramas. Im Rahmen einer Anhörung sprachen ausgewählte Zufallsbürger hier in diesem Hohen Haus: ein Herr, der blind ist und sich sehr stark über sein Gehör orientiert, eine Abonnentin der Staatsoper und ei ne Frau, die ein privates Theater betreibt. – So ein Zufall, kann ich da nur sagen.

Ich möchte das Engagement dieser Menschen nicht schmä lern und habe große Hochachtung für ihren Einsatz, aber ein Querschnitt durch die Bevölkerung sind sie sicher nicht. So kann man keine Planung für die Sanierung der Oper machen, will man auch nur einigermaßen die Kosten im Blick behal ten und den Realitätsbezug nicht ganz verlieren.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Zum Höhepunkt gehört bereits der Wendepunkt, nicht nur ma thematisch, sondern auch dramaturgisch. Der plötzliche Um schlag des Schicksals, auch Peripetie genannt, war bereits zu ahnen, als ein Strich unter die Hochglanzbroschüre gemacht wurde und eine vorsichtige Kostenschätzung auf die unglaub liche Summe von 1 064 Millionen € kam.

Im Sommer 2022 war es dann so weit: „Prinz Hagel“ stoppt den Irrsinn mit dem Einwurf, man müsse über das Ganze nochmals nachdenken. Zack, aus der Traum, und die Hoffnun gen zerstoben. Langsam, aber sicher bahnte sich die Erkennt nis an, dass bei den dann genannten Summen von 1,5 oder gar 2 Milliarden € eine Opernsanierung mit Goldrand nicht ver mittelbar ist – niemandem mehr vermittelbar ist.

Um es mit einem Vielfachen auszudrücken. Zwei Elbphilhar monien oder vier Berliner Staatsopern, das wären die Kosten, sollte „Prinz Hagel“ recht behalten. Bei diesen utopischen Be trägen werden selbst Ihre Zufallsbürger nachdenklich. Man müsste sie jetzt, da das Ganze ein ungefähres Preisschild er halten hat, nochmals an einen Tisch holen und sie zur Refle xion ihrer damaligen Wünsche aufrufen. Einige Zeit nach ei nem Brainstorming relativieren sich nämlich die guten Ideen, und man fragt sich, ob alles, was wünschenswert ist, auch fi nanzierbar ist.

Das Budget beschränkt oftmals die eigenen Wünsche, sonst würden vielleicht viele von uns in weitaus größeren Häusern wohnen, vielleicht sogar mit Pool innen und außen, mit einem Riesengarten und Gästehaus nebenan. Ich weiß natürlich, dass man einen privaten Hausbau nicht mit dem Leuchtturmpro jekt Staatsoper vergleichen kann.

Uns allen ist klar, dass eine Sanierung erfolgen muss, weil sie dringend notwendig ist und auch die einzigartige Akustik in diesem Haus erhalten bleiben muss, aber nicht zu diesem Preis – nicht zu diesem Preis!

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Drama schreitet fort: Es kommt zu einer fallenden Hand lung. Das Schicksal der Goldrandlösung scheint besiegelt, und fast alle Beteiligten lassen die Hoffnung fahren; da kommt das retardierende Moment: die Gründung einer Projektgesellschaft unter Ausschluss der AfD und der FDP

(Zurufe von der AfD)

mit dem euphemistischen Namen ProWST. Sie sollte die Wen dung des Schicksals herbeiführen. Sie scheint im Januar 2023 die Lösung zu sein. Schließlich hat man einen Grundsatzbe schluss des Landtags, und auf dieser Basis kann die ProWST planen. Geschäftsführer, Mitarbeiter, Steuerberater, grafische Eigendarstellung – alles prima, und das zum Spottpreis von 2 Millionen € pro Jahr, ohne dass irgendetwas gebaut wird. So ist es im Doppelhaushalt hinterlegt. Ein Milliönchen setzt man noch für Sondereffekte obendrauf, damit man einfach weiter ins Blaue hinein planen kann. Damit retten wir uns über die Zeit, so die Denke der Regierenden. Natürlich wissen al le, dass es so nicht weitergeht – nicht bis 2042, aber vielleicht bis 2026. Eventuell retten wir uns bis zur Landtagswahl, so das Kalkül von Grün-Schwarz.

„König Kretschmann“ dankt ab, und „Prinz Hagel“ mischt die Karten neu. Zwei von fünf Verwaltungsebenen im Staat möch te er sowieso abschaffen. Warum nicht auch die Sache mit der Oper vom Kopf auf die Beine stellen?

Unsere Unterstützung hat er. Ich sage es noch einmal deut lich: Ja zur Sanierung der Staatsoper, aber nicht zu diesem Preis.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Christiane Staab CDU)

Das retardierende Moment verzögert, wie der Name schon sagt, die Abwärtsspirale nur ein wenig. Alle Beteiligten hof fen auf die Projektgesellschaft, aber dies erweist sich als Luft nummer. Ohne realistischen Kostenrahmen und ohne neuen Grundsatzbeschluss ist sie zum Scheitern verurteilt. Das ha ben die Mitarbeiter und auch der Geschäftsführer der ProWST nicht verdient.

Der fünfte und letzte Akt des Dramas folgt: die Katastrophe. Ich verlasse nun deshalb meine selbst gewählte Metapher.

(Abg. Raimund Haser CDU: Schade! Schade eigent lich!)

Wir befinden uns nicht in einem klassischen Schauspiel, das unausweichlich in die Katastrophe führen muss, sondern im Landtag von Baden-Württemberg. Weder die Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen noch die in der Oppositi on sind dem Schicksal hilflos ausgeliefert. Wir haben das Heft des Handelns selbst in der Hand. Wir schreiben die Stücke selbst und sind keine ausführenden Darsteller.

Suchen Sie einen breiten Konsens für die Sanierung der Staats oper bei allen Parteien. Ziehen Sie alle Optionen in Betracht – all diejenigen, die Kollege Rivoir auch genannt hat. Halten Sie nicht zwingend am Interim fest, wenn es sich wirtschaftlich nicht darstellen lässt, und ziehen Sie den Neubau wieder in Erwägung, um einen vorgegebenen Kostenrahmen nicht zu sprengen. Verhindern Sie die Katastrophe! Die Bürgerinnen und Bürger werden es Ihnen danken.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie der Abg. Christiane Staab CDU und Anton Baron AfD)

Für die AfD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Balzer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Bei den Reden der CDU und der Grünen darf man schon einmal fragen: Sind Sie eigentlich tatsächlich noch in einer Koaliti on, zumindest was dieses Thema betrifft?

(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD – Beifall der Abg. Anton Baron und Rüdiger Klos AfD)

Aber das wird sicherlich bejaht werden.

Die SPD hat im Finanzausschuss den Antrag auf ein Morato rium eingebracht. Das ist immer schön, Nachdenken ist im mer gut. Aber beim Nachdenken sollte dann auch etwas her auskommen.

(Abg. Anton Baron AfD: So ist es!)

Über einen Neubau mit einem Abriss oder einer Abtragung des Königin-Katharina-Stift Gymnasiums ist ja auch schon lang und breit diskutiert worden. Insofern muss man schon fragen: Was soll bei dem Moratorium eigentlich herauskommen? Dass das Gebäude sanierungsbedürftig ist, ist bekannt, dass einzelne Wände zentimeterweise abgesackt sind, ist auch bekannt. Ich weiß nicht, ob Sie neue Erkenntnisse, neue Gutachten haben oder solche kostenträchtig herbeischaffen wollen; das werden wir dann ja sehen.

Ich meine, bei Licht betrachtet – dabei ist natürlich auch viel Fantasie, aber das erlaube ich mir jetzt an dieser Stelle; der Kollege von der FDP/DVP hat ja auch in der klassischen Form des Dramas gesprochen – hätte man Stuttgart 21 so konzipie ren sollen, dass der neue Bahnhof dort ist, wo er hingehört, nämlich in der Nähe des Flughafens, und die Stadt mit einer S-Bahn angebunden wird. Auf diesem Gelände hätte man dann ein neues Opernhaus – Vorbild Sydney oder dergleichen – bauen können.

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Ihnen ist der Stadt plan verloren gegangen!)

Aber das kommt mir gerade so vor, als wenn es Wasser in lee ren Kannen wäre. Deswegen sind wir hier streng genommen nicht in der Kunst – –

(Zuruf: Stuttgart 23! – Zuruf des Abg. Manuel Hagel CDU)

Ich glaube, dieser Kommentar war jetzt aber echt daneben; denn Sie waren in der Zeit, als der Umbau des Bahnhofs ent schieden worden ist, glaube ich, noch nicht im Parlament.

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Sie waren damals auch nicht da, übrigens!)

Aber Sie kennen Herrn Späth vielleicht noch. Damals ist das entschieden worden.