Protokoll der Sitzung vom 12.12.2024

Also, billiger wird es mit einem Neubau nicht.

(Beifall bei den Grünen)

Man kann sagen, man möchte einen Neubau, weil man das besser findet und weil man sich das leisten kann, weil man die Zeit und das Geld hat. Aber man kann nicht sagen, ein Neu bau würde schneller und billiger; denn das stimmt einfach nicht.

(Beifall bei den Grünen)

Das heißt, man muss schon richtig argumentieren.

Dann höre ich seit zehn oder 15 Jahren bzw. seit es die Elb philharmonie gibt, das Thema Elbphilharmonie. Ich sage Ih nen einfach eines: In 20 Jahren werden Sie die Elbphilharmo nie sanieren müssen. Und Sie werden auch einen Neubau im mer wieder sanieren müssen. Wollen Sie jedes Mal, wenn Sie in Zukunft ein Gebäude sanieren müssen, ein neues bauen, weil sich das Sanieren nicht lohnt? Viel Spaß, kann ich Ihnen nur sagen; das funktioniert nicht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Sascha Binder und Martin Rivoir SPD: Eijeijei!)

Wie gesagt, man kann für einen Neubau sein, weil man sagt, architektonisch sei das relevant, gut und wichtig, aber man kann nicht argumentieren, es ginge schneller, man kann auch nicht argumentieren, es würde billiger. Das bedeutet, die Staatsthea ter in ihrer jetzigen Verfassung spielen und arbeiten noch län ger unter den jetzigen Bedingungen.

Lieber Herr Brauer, zum Thema Goldrandlösung: Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht genau, wie intensiv Sie sich mit dem Projekt beschäftigt haben, aber ich nehme mal an, Sie haben sich intensiv damit beschäftigt. Dann weiß ich nicht, wo Sie die Goldrandlösung finden.

Das Projekt, das wir jetzt machen, mit ausgelagerten Werk stätten und mit einer deutlich in den Maßen reduzierten Aus weichspielstätte im neuen Stadtquartier „Maker City“ der Stadt Stuttgart, ist kleiner als der Standort, und es ist ein deut lich reduziertes Projekt. Es gibt keine Goldrandlösung; es gibt sie nicht.

Die Frage, wie wir hier am Standort sanieren – ob wir eine Kreuzbühne bauen oder nicht, ob wir den gastronomischen Teil neu machen oder nicht, ob wir das Kulissengebäude ab reißen und neu machen –, ist noch nicht beantwortet. Es ist alles überhaupt noch nicht entschieden. Das heißt, es werden einfach Begriffe in den Raum geworfen, die nichts damit zu tun haben, bis hin zu blinden Bürgerbeteiligungsteilnehmern, die offensichtlich Vormeinungen gebildet haben. Ich finde, das ist schon eine Argumentationslinie, die ich schwer nachvoll ziehen kann.

Ich will hier noch einmal deutlich sagen, weil das auch nicht gestimmt hat: Die Kostenschätzung für die Sanierung lag vor, bevor die Bürgerbeteiligung stattgefunden hat, nicht danach. Ich glaube, es ist schon wichtig, sich klarzumachen, was die Grundlage ist.

All das bedeutet nicht, dass wir hier kein Problem hätten. Das will ich auch sagen. Die vier Jahre Verzögerung sind eine Schwierigkeit, und wir müssen damit umgehen. Wir haben bei der „Maker City“ der Stadt Stuttgart die Situation, dass 45 % der verfügbaren Flächen nach der Nutzung für Wohnraum vor gesehen sind, 45 % für Gewerbe, dann geht es noch um sozi ale Einrichtungen. Ein Großteil der Gebäude, die da jetzt ge baut werden und teilweise von der Oper und dem Ballett ge nutzt werden, nämlich 80 %, werden stehen bleiben. Alles Weitere kann man im Moment nicht sagen. Sie waren ja beim Architektenwettbewerb dabei, lieber Herr Rivoir, deswegen wissen Sie das auch ziemlich genau.

So, wie bis jetzt alles nach Plan gelaufen ist, sind auch die nächsten Schritte genau definiert. Aktuell muss das Land kei nen Beschluss zum Bau fassen. Das Land hat die ersten Zah lungsraten 2018/2019 für die Vorplanungen etatisiert. Die nächsten Entscheidungen stehen an, wenn die zweite Stufe – das bedeutet, die gründliche Planung – abgeschlossen ist und wir eine belastbare Kostenrechnung haben. Das bedeutet, das Land entscheidet Ende 2025 über die Werkstätten an der Zu ckerfabrik, Ende 2026 über das Quartier am Rosenstein, die Wagenhallen, und 2030 über die Sanierung hier am Eckensee.

Alle Kalkulationen sind transparent und offen einsehbar, u. a. über den Einzelplan 06 – Finanzministerium. Dort ist die

ProWST, seit sie Beteiligungsgesellschaft ist, verortet, und dort können Sie alle Mittel, die vorliegen, genau sehen.

Ich sage noch mal: Die vier Jahre Verzögerung sind schwie rig. Auch ich kann sagen, dass mich das über Wochen hinweg sehr belastet hat. Ich denke auch, dass man nie sagen kann: „Augen zu und durch“, wie Herr Sturm das gesagt hat, und dass man auch nie sagen kann: „Es gibt keinen anderen Weg.“ Deswegen haben wir die ProWST beauftragt, bis zum Som mer noch mal detailliert Optimierungs- und Einsparpotenzia le zu prüfen und vorzulegen. Wir, das sind das Finanzminis terium, die Stadt und das MWK. Das gilt für alle Teile des Projekts, auch für die Planung hier am Oberen Schlossgarten. Wir werden dies im Sommer ganz genau anschauen müssen, um zu prüfen, ob das sinnvoll ist.

Dass wir ein riesiges Projekt vor uns haben, wissen Sie. Dass dieses Land bauen und modernisieren kann, wissen Sie auch: das Kunstgebäude am Stuttgarter Schlossplatz, das Landes museum, die John Cranko Schule, die Württembergische Lan desbibliothek, das Badische Staatstheater ist gerade im Bau, die Kunsthalle Karlsruhe ist im Bau, die Badische Landesbi bliothek wird jetzt in Angriff genommen und das Badische Landesmuseum. Sie sehen, dass wir für den Kulturbau sehr viel in Bewegung bringen.

Ich will vielleicht noch einmal historisch zurückblicken, lie be Damen und Herren, auch wenn man sich das heute in der Situation, in der wir sind, nur schwer vorstellen kann. Aber zur Eröffnung des Littmann-Baus 1912 schrieb die „Berliner Presse“ voller Begeisterung: „Es ist eine Lust zu leben!“

Also, überlassen wir die Dramen und Komödien der Bühne, gehen wir, um sie zu erleben, ins Theater, in die Oper und ins Ballett. Erleben wir die positive Kraft, die damit zu tun hat, und machen wir hier gemeinsam unsere Arbeit, indem wir se riös dieses Projekt prüfen, unterstützen, auf den Weg bringen und so umsetzen, dass es für uns, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, für das Publikum, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu einem guten Ende kommt.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der CDU)

In der zweiten Runde erteile ich noch mal Herrn Abg. Rivoir für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank. – Ich versuchte gerade, von der Frau Ministerin auch den Ap plaus von Ihnen sozusagen zu bekommen, doch es war nur einseitig. Wie auch immer.

(Zurufe)

Ich will noch mal drei oder vier Punkte aufgreifen. Herr Köh ler, Ihre Rede war ja toll, aber sie war offensichtlich zu einem Zeitpunkt geschrieben, als wir noch nicht über vier Jahre Ver zögerung

(Abg. Erwin Köhler GRÜNE: Ich habe es erwähnt! Ich fand sie auch toll!)

und über andere Dinge sprechen konnten. Dass dort saniert werden muss und wir alle dafür sind, dieses Gebäude zu sa nieren und den Kulturstandort hier zu stärken, das ist alles wunderbar. Wir haben nur leider in der Zwischenzeit andere Randbedingungen. Deswegen muss man, wenn man die Zie le, die Sie formuliert haben, ernsthaft angehen will, jetzt dar über nachdenken.

Herr Sturm, der Landtag hat es jederzeit in der Hand, etwas zu tun. Na ja, die letzten vier Jahre im Finanzausschuss habe ich zumindest nicht gemerkt, dass man mal ernsthaft über das Projekt geredet hat.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Wer ist da der Vorsitzen de? – Zuruf: Wer ist da Vorsitzender?)

Es war ja auch kein Anlass dazu da; das ist auch in Ordnung.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Das liegt am Vorsitzen den!)

Aber jetzt, in Anbetracht der neuen Randbedingungen, näm lich vier Jahre Bauverzögerung und erhöhte Kosten, müssen wir darüber reden. Dazu wäre heute der Zeitpunkt gewesen, zu sagen: Jawohl, wir wollen eine ernsthafte Prüfung von Al ternativen. Vielleicht kommt ja noch etwas. Ich denke, dass die Zeit für diese Variante spielt, aber dann wird es auch nicht teurer.

Frau Ministerin, das war natürlich eine schöne und empathi sche Beschreibung des Littmann-Baus. Das ist alles gut, das teilen wir. Niemand sagt, der Bau solle abgerissen oder nicht saniert werden. Natürlich müssen wir ihn sanieren. Aber die Frage ist, ob wir mit diesem vielen Geld, das wir investieren, am Schluss – wie ich es dargestellt habe – den Mehrwert ei nes weiteren Hauses und einen schön sanierten Littmann-Bau, der keine Kreuzbühne hat, dort nicht aufgerissen werden muss und keine neue Ober- und Unterbühne eingebaut bekommt, haben. Das wäre die Überlegung an der Stelle.

Es hat mich jetzt schon etwas nachdenklich gemacht, dass Sie als Kunstministerin hier gleich, wenn nur darüber diskutiert wird, abwehrend agieren, dass wir ein größeres Ballett bekom men. Es wäre doch schön, wenn so viele Leute auf Karten warten.

(Zuruf der Ministerin Petra Olschowski)

Dann könnten wir doch auch mit mehr Vorstellungen das gan ze Volk in Baden-Württemberg und weit darüber hinaus ent sprechend erfreuen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Uwe Hell stern AfD)

Ich sage Ihnen jetzt mal: Wir sind hier nicht am Ende der De batte, und es wird uns noch eine Zeit lang, in den nächsten Jahren verfolgen. Ich denke, dass wir am Ende des Tages über einen alternativen Standort in diesem Plenum noch mal ernst haft sprechen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Brauer.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Ol schowski hat hier gesagt, schneller gehe es nicht und kosten günstiger gehe es nicht.

(Zuruf der Ministerin Petra Olschowski)

Auf Basis Ihres „Wünsch dir was“ ist das mit Sicherheit rich tig, aber Sie sollten hier auch mal in der Realpolitik ankom men und sagen, was denn eigentlich geht. Diese Goldrandlö sung gehört mit Sicherheit nicht dazu. Das Wording stammt übrigens nicht von mir, sondern vom Fraktionsvorsitzenden Hagel.

(Abg. Manuel Hagel CDU: Ja! – Abg. Martin Rivoir SPD zu Abg. Manuel Hagel CDU: Das dritte Mal zi tiert!)

Was mich stört, ist, dass für die Krankenhäuser im Land 150 Millionen € bereitgestellt werden, das jährliche Defizit hier aber – unabhängig von der Sanierung der Staatsoper – 110 Millionen € beträgt. Der Vergleich mit New York und Mai land nach dem Motto „Was kostet die Welt?“ stört mich.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Aber in der Liga spielen wir mit!)

Wir haben hier Staatstheater in Stuttgart und Karlsruhe in ei nem Bundesland, das darf man nicht vergessen.

(Abg. Daniel Lede Abal GRÜNE: Der Vergleich kam von da drüben!)

Als Kollege Köhler seine erste Rede zu diesem Thema gehal ten hat, hat er gesagt: „Privates Geld brauchen wir nicht, wir zahlen das selbst.“ Das hat er damals ganz gönnerhaft gesagt. Das kann man vielleicht darauf zurückführen, dass es seine erste bzw. eine seiner ersten Reden war. Natürlich könnte man auch, wenn man sich schon mit New York und Mailand ver gleicht, privates Geld akquirieren.