Herr Ministerpräsident Kretschmann hat sich höchstpersön lich bereits am 4. März in einem Interview mit dem „Südku rier“ zur Rüstungsindustrie in unserem Land bekannt – es wur de erwähnt. Sie, Herr Ministerpräsident, haben darin gleich mal mit dem Irrglauben aufgeräumt, dass Sie als Grüner au tomatisch Pazifist wären.
Da möchte man doch mal Mäuschen sein in einer grünen Run de, wo sich bis heute der eine oder andere durchaus noch ganz offen zu den pazifistischen Wurzeln der Grünen bekennt. Herr Minister Hermann soll ja zu dieser Riege gehören, wie im September 2024 in der „Süddeutschen Zeitung“ zu lesen war.
Ich denke da auch zurück an die Entrüstung grüner Pazifisten, die sich vor wenigen Jahren gegen die von Ihnen, Frau Minis terin Hoffmeister-Kraut, unterstützte Militärtechnik- und Rüs tungsmesse ITEC erhoben haben. Damals hat Herr Minister präsident Kretschmann sich noch etwas stärker zurückgehal ten und wird in diesem Zusammenhang mit den Worten zi tiert, er könne sich nicht um alle Entscheidungen in BadenWürttemberg persönlich kümmern.
Umso mehr freut mich, Herr Kollege Schwarz, das Loblied auf unsere Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie. Dieses Be kenntnis brauchen wir, und da brauchen wir auch wirklich ei ne Stringenz. Das würde ich an dieser Stelle tatsächlich auch gern fortgesetzt sehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Sie haben in Ih rer heutigen Aktuellen Debatte die Aspekte Stabilität, Inno vation und Verteidigungswirtschaft miteinander verknüpft – zu Recht. Ich danke Ihnen für diese Debatte und möchte auf diese Aspekte kurz eingehen.
Herr Ministerpräsident, Sie weisen der Verteidigungswirt schaft in dem von mir bereits erwähnten Interview mit dem „Südkurier“ eine große Bedeutung für unseren Wirtschafts standort zu. Ich möchte Ihnen ausdrücklich zustimmen. Um diesen Wirtschaftsstandort in den nächsten Jahren weiterzu entwickeln, liebe Kolleginnen und Kollegen, braucht es aller dings mehr als die Lippenbekenntnisse des Ministerpräsiden ten.
Denn was geschieht andernorts, während unser Ministerprä sident bisher nur vollmundig Interviews dazu gibt, die Wirt schaftsministerin einmal mehr durch Untätigkeit glänzt oder den zuständigen Ausschuss schlichtweg nicht informiert, falls sie doch bereits handelt? Unsere bayerischen Nachbarn sind uns mal wieder nicht nur einen Schritt voraus. Bereits 2023 haben die bayerischen Nachbarn einen TechHUB für die Si cherheits- und Verteidigungsindustrie eingerichtet. Anfang Fe bruar dieses Jahres hat die Bayerische Staatskanzlei zusätz lich einen runden Tisch mit Bayerns Sicherheits- und Vertei digungsindustrie durchgeführt und umgehend einen ZehnPunkte-Aktionsplan verabschiedet.
Frau Ministerin Hoffmeister-Kraut, ich fordere Sie hier drin gend zum Handeln auf. Andernfalls, so fürchte ich, wird die nächste Hochtechnologie im Bereich der Verteidigungswirt schaft, die sich der Herr Ministerpräsident hierzulande wünscht, aus Bayern kommen statt aus Baden-Württemberg.
Frau Ministerin, ich gebe Ihnen ein paar ganz konkrete Hand lungsempfehlungen. Sie dürfen uns gern kopieren zum Woh le unserer Wirtschaft hier in Baden-Württemberg.
Erstens: Sorgen Sie jetzt für eine branchenübergreifende Ver netzung. Sie können eine wichtige vermittelnde Rolle über nehmen beim Wissens- und Technologietransfer und bei der Stärkung unseres Forschungsstandorts im Bereich der Vertei digungswirtschaft.
Der Bereich der Zivilklausel wurde bereits angesprochen. Aber auch die aktuelle Transparenzklausel im Landeshoch schulgesetz steht diesem Anspruch entgegen. Wir, die FDP/ DVP-Fraktion, haben bereits bei der letzten Novellierung des Landeshochschulgesetzes eine Abschaffung dieser Regelung gefordert. Das würde nicht nur die Geheimhaltung in sensib len Bereichen stärken, sondern auch unnötige bürokratische Hürden für die Wissenschaft abbauen. Sie, die Landesregie rung, sollten Ihre bisherige ablehnende Haltung dazu noch mals überdenken und endlich die Handbremse lösen – zumin dest, wenn Sie es mit der Stärkung unserer Verteidigungsfor schung wirklich ernst meinen.
Liebe Kolleginnen und Kol legen, es ist wirklich sehr laut hier im Plenarsaal. Ich darf um etwas mehr Ruhe bitten.
Zweitens: Fördern Sie Inno vationen in diesem Bereich und stärken Sie so das wirtschaft liche Rückgrat unserer Verteidigungs- und Sicherheitsindus trie. Jetzt wäre es an der Zeit, eine Förderlinie aus dem Pro gramm Invest BW auf den Sektor der Verteidigungswirtschaft zu fokussieren. So setzen Sie die richtigen Anreize und för dern ganz gezielt Investitionen aus diesem Sektor hier bei uns in Baden-Württemberg.
In diesem Zusammenhang sollten wir dringend auch mit den Sparkassen in einen Dialog treten; die Landesbanken sind ja schon angesprochen worden. Auch die Sparkassen haben sich selbst Ethikvorschriften auferlegt, die Kreditvergaben in die Verteidigungswirtschaft weitgehend einschränken. Aber ge nau diese Gelder brauchen wir. Das müssen wir deshalb drin gend auf seine Zeitgemäßheit hin überprüfen.
Im Übrigen: Das wäre für Sie, liebe Kolleginnen und Kolle gen der CDU, auch ein echter Prüfstein für Ihren grünen Ko alitionspartner, wie ernst es die Grünen mit der Stärkung die ses Wirtschaftssektors wirklich meinen.
Drittens: Wir müssen dringend die Beschaffungsprozesse be schleunigen. Auch das wurde schon oberflächlich angespro chen. Da müssen wir mehr tun. Ja, Frau Ministerin Dr. Hoff meister-Kraut, das ist ein bundespolitisches Thema. Aber zum einen schickt sich einer Ihrer Parteifreunde an, der nächste Kanzler dieses Landes zu werden, und zum anderen haben Sie ganz direkt im Bundesrat Einfluss auf bundespolitische Pro zesse. Und ganz unmittelbar können Sie, Frau Ministerin, ein Qualifizierungsprogramm für den Sektor initiieren und durch persönliche Gespräche mit Unternehmen aus der Verteidi gungswirtschaft einen Beitrag zu einem besseren Image die ser wichtigen Branche leisten.
Dazu gehört auch – Kollege Mack, Sie haben es vorher kurz im Zwiegespräch angesprochen – eine Werbung an unseren Schulen. Wir brauchen natürlich auch Menschen, wir brau chen Fachkräfte auch im Bereich der Bundeswehr, die das letztlich umsetzen. Auch bei der Bundeswehr haben wir den demografischen Wandel. Dort fallen in den nächsten Jahren sehr viele Fachkräfte weg. Wir brauchen auch hier mehr Per sonal.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist fünf vor zwölf in mehrfacher Hinsicht. Die Verteidi gungsfähigkeit von Deutschland und Europa muss eher heu te als morgen gestärkt werden. Die Geschwindigkeit und die Volatilität der Entwicklungen in der Ukraine, in China und in zwischen auch in den USA lassen da leider keinen Zweifel zu.
Unsere Verteidigungs- und Sicherheitsindustrie als Schlüssel wirtschaft in Deutschland wird jetzt schnell an Bedeutung ge
winnen. Welche Rolle die Unternehmen in Baden-Württem berg dabei spielen, entscheidet die Landesregierung von Ba den-Württemberg maßgeblich mit, indem sie die richtigen Rahmenbedingungen setzt.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. – Machen Sie etwas daraus, dann haben Sie auch die Unterstützung der FDP/DVP-Fraktion hier im Landtag von Baden-Württemberg.
Vielen Dank, Herr Abgeord neter. – Nächster Redner in der Debatte ist für die AfD-Frak tion Herr Abg. Bernd Gögel.
Er kommt ja aus dem Sauerland; wenn ich es richtig weiß, aus Brilon. Ich dachte eher, er sei aus Münchhausen, als ich die Nachrichten der letzten Tage verfolgt habe. Ich habe noch nie einen Politiker so schnell umfallen sehen wie Ihren designier ten Kanzler, Herrn Merz, der ja im Wahlkampf noch betont hat, es werde keine Aufweichung der Schuldenbremse mit ihm geben und es werde vom ersten Tag seiner Regentschaft an eine 180-Grad-Wende in der Migrationspolitik geben.
Berechtigte Lacher auf der AfD-Seite; Ihnen anderen ist wahrscheinlich im Moment Ihr Kommentar im Hals stecken geblieben.
Es wird natürlich nichts von alledem passieren. Es wird ein „Weiter so!“ der sozialistischen Einheitsfront Deutschlands gegen die Bevölkerung dieses Landes geben, meine Damen und Herren. Eine Schande. Eine Schande!
Das müssen Sie im Protokoll nachlesen. Das haben Sie von sich gegeben. – Diesen Satz haben wir vor knapp 100 Jahren einmal im Reichstag gehört. Das wollen wir doch nie mehr von einem deutschen Politiker hören.
Die AfD hat klipp und klar in ihrem Programm und auch in ihren Aussagen die Forderung: Wir müssen die Bundeswehr
stärken, wir müssen sie wehrfähig machen, wir müssen sie in die Lage versetzen, unser Land zu verteidigen. Allerdings wer den Sie gar nicht mehr definieren können, wo unser Land ist. Wir haben doch gar keine Grenzen mehr. Der Grenzschutz und alles wurde von Ihnen aufgelöst. Sie müssen dann der Bundeswehr, den Offizieren, die zu Besuch sind, erst einmal klarmachen, wo denn eigentlich unser Grenzverlauf ist, den sie zu schützen haben.