Protokoll der Sitzung vom 25.10.2002

Mit einem Bonusprogramm honorieren wir die Auftragsforschung im anwendungsbezogenen Bereich. Seit 1995 haben wir dafür Mittel in Höhe von über 5 Millionen e einsetzen können, was anerkannten Forschungs- und Ent

wicklungsaufträgen im Wert von 38 Millionen e entspricht. Neu ist die sogenannte Internetplattform BayDat-Online. Dieses bundesweit einzigartige Informationssystem ermöglicht es jedermann und jeder Frau, der bzw. die das Internet nutzen kann, sich kostenlos, schnell und umfassend über die bayerischen Hochschulen zu informieren. Unter anderem wird eine Kooperationsbörse angeboten. Hier sind auch die Forschungsprofile von Lehrstühlen beschrieben, wodurch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft wesentlich erleichtert wird.

Sie kennen die Abkürzungen „Hochsprung“ und „Flügge“. Es handelt sich dabei um Hilfsprogramme für Unternehmensgründungen, die wir im Gründernetzwerk Bayern verankert haben und für die wir im Rahmen der Hightech-Offensive in den letzten zwei Jahren 2,5 Millionen e zur Verfügung stellen konnten. Sie kennen das Bayerische Förderprogramm zum Übergang in eine Gründerexistenz, kurz „Flügge“. Für die Leute bedeutet das: Halber Job an der Uni, und mit der anderen Hälfte der Arbeitskraft geht man das Risiko ein, einen Betrieb aufzubauen. Geht es gut, wechselt man in die Wirtschaft; geht es nicht gut, fällt man nicht ins Leere. Das ist ein Sozialplan, der für die Unternehmenskultur förderlich ist und dazu geführt hat, dass wir immerhin 76 Neugründungen von Unternehmen unterstützen konnten, die 380 Arbeitsplätze geschaffen haben.

Ähnliches gilt für „Bayern Patent“. Dabei handelt es sich um eine Unterstützungsbörse für Erfinderberatung, Patentbewertung und Patentverwertung. 2001 gingen insgesamt 162 Erfindungsmeldungen ein; bis Ende August dieses Jahres waren es bereits 153 Erfindungsmeldungen, sodass wir sicher einen neuen Rekord aufstellen können.

Nur auf den ersten Blick in den Haushalt mag man es als betrüblich empfinden, dass die Mittel für Lehre und Forschung von 171 Millionen e auf 167 Millionen e reduziert wurden. Schaut man genau hin, so findet man vier neue Haushaltsansätze. So kann die Virtuelle Hochschule Bayern nach Auslauf der Anschubfinanzierung aus der Hightech-Offensive mit knapp 4 Millionen e ihre Dauerexistenz sicherstellen. Zu nennen ist weiter die neue Max-Planck-Forschungsgruppe Optik, Informatik und Photonik mit einem jährlichen Haushaltsansatz von 3 Millionen e. Wir gehen davon aus, dass die MaxPlanck-Gesellschaft ebenfalls 3 Millionen e zur Verfügung stellt. Das Problem der Baumaßnahme muss zwar noch gelöst werden, aber das operative Geschäft ist sichergestellt. Für die Kollegen aus dem Raum Nürnberg-Erlangen – einer sitzt direkt vor mir – sage ich: Damit ist die „Max-Planck-freie-Zone Nordbayern“ nicht mehr existent.

(Herrmann (CSU): Höchste Zeit! – Zuruf von der SPD: Das ist nicht Ihr Verdienst!)

Doch, das ist schon mein Verdienst.

(Zuruf von der SPD: Unser Verdienst!)

Einverstanden, unser Verdienst. Der Erfolg hat viele Väter. Hauptsache, wir haben das Ziel erreicht; das ist das Entscheidende.

(Beifall bei der CSU)

Für das Bayerische Genomforschungsnetzwerk haben wir ab 2004 3,87 Millionen e eingeplant. Für den Forschungsverbund Prionforschung sind ab 2004 1,6 Millionen e vorgesehen.

Rechnet man die Mittel dafür dazu, so steigen die Gelder – Herr Kollege Dr. Wilhelm – auf 174 Millionen e in 2003 und auf 179,5 Millionen e in 2004, sodass wir einen Zuwachs von 3 Millionen e in 2003 und von weiteren 5,5 Millionen e in 2004 haben werden.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Ich rede ja ohnehin so schnell, damit ich die Zeit einhalte. Jetzt müssen Sie wenigstens so viel Geduld haben, meine Damen und Herren. Was wollen Sie denn als Glanz für Bayern haben, wenn Sie nicht den Haushalt für Wissenschaft, Forschung und Kunst als solchen betrachten wollen? Ich sage das mit Stolz, wenn ich bedenke, was wir im deutschlandweiten und internationalen Vergleich bei den Uniklinika bieten können.

Die Universitätsklinika und die medizinischen Fakultäten sind der zentrale Ort der klinischen und medizinischen Forschung und der Lehre des medizinischen Fortschritts. Im bundesdeutschen Vergleich zählen die bayerischen Einrichtungen zur Spitze und haben auf einer Vielzahl von Forschungsfeldern international ihre Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis gestellt. Die Mittel werden von 422 Millionen e in 2002 auf jeweils 434 Millionen e in 2003 und 2004 erhöht.

Dennoch erfüllt mich die Entwicklung bei den Universitätsklinika vor dem Hintergrund der rot-grünen Gesundheitsgesetzgebung mit größter Sorge. Die Entscheidung der Bundesregierung und des Bundesgesetzgebers, in kürzester Zeit das gesamte Finanzierungssystem der Krankenhäuser komplett auf ein neues Fallpauschalensystem, das so genannte DRG-System, umzustellen, verwandelt diesen wichtigen Bereich der Gesundheitsversorgung in ein gigantisches Experimentierfeld, bei dem vor allem die Patientinnen und Patienten die Verlierer sein werden. Die mangelnde Bereitschaft des Bundesgesetzgebers, der Sondersituation der Universitätsklinika als Einrichtungen der Supramaximalversorgung Rechnung zu tragen, geht ebenso zulasten des medizinischen Fortschritts wie der multimorbiden und chronisch kranken Menschen. Überhastet und überstürzt sowie ohne grundlegende Anpassung wird in Deutschland ein australisches Entgeltsystem komplett übernommen, obwohl eine grundlegende Anpassung an die deutschen Verhältnisse und eine sorgfältige Erprobung unverzichtbar wären. Eine Politik des Bundes, die auf eine Entlastung der Krankenkassen auf Kosten der Länder und Kommunen abzielt, können und wollen wir nicht unterstützen.

(Beifall bei der CSU)

Zum Stellenhaushalt: Die ungünstigen finanziellen Rahmenbedingungen erfordern in diesem Doppelhaushalt den Verzicht auf neue kostenwirksame Stellen. Ich bin daher dem Herrn Finanzminister dankbar – ich hoffe, ich

kann es dem Hohen Hause so weitergeben –, dass er zugestimmt hat, neben den 110 Stellen aus dem Hochschul- und Wissenschaftsprogramm – HWP –, die für die Fachhochschulen bestimmt sind, 92 Stellen bei den Universitäten und 48 Stellen bei den Fachhochschulen, die im Rahmen der Hightech-Offensive geschaffen wurden, auf Dauer zu etatisieren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Scholz (SPD))

Zulasten von gar nichts. Das sind ganz klar Stellen, die wir auf diese Weise haben werden. Jeder, der auf einer solchen Stelle sitzt und bisher nicht wusste, wann es zu Ende geht – für viele lief die Finanzierung Ende 2003, für manche bereits Ende 2002 aus – weiß jetzt, dass der Arbeitsplatz sicher ist. Das ist entscheidend, weil wir dann wieder mit Zuverlässigkeit lehren und forschen können.

(Beifall bei der CSU)

Das ist Planungssicherheit. Dass Sie in einem Haushalt – auch zu Hause – einmal die Situation haben, mit weniger auskommen zu müssen, ist zu verkraften. Es muss aber planbar sein. Schwierig wird es, wenn die Situation ad hoc auftritt. Wenn man beispielsweise einen schmalen Haushalt für die Hochschule für Politik hat und dann plötzlich durch eine zusätzliche Sperre die Existenzfrage gestellt ist, dann ist das bitter und muss so weit wie möglich verhindert werden.

Wenn Sie zustimmen, geben Sie mit dieser Vorgabe der Staatsregierung die Möglichkeit, 110 plus 92 Stellen und weitere 48 Stellen für den Ausbau der Fachhochschulen sicherzustellen, dazu in der Klinik Regensburg zwei Lehrstühle C 4 und vier Stellen für wissenschaftliches Personal. Dafür bedanke ich mich im Voraus. Es ist wichtig, in schwieriger Zeit Sicherheit zu haben. Auch 92 Stellenhebungen, vor allem im akademischen Mittelbau, will ich dankbar erwähnen.

Ganz zufrieden bin ich mit den Mitteln für den staatlichen Hochbau: Ich sage das, wie bekannt, selten. 2003 stehen 311 Millionen e und 2004316 Millionen e zur Verfügung. Davon stellen wir 122 bzw. 133 Millionen e bereit, um unsere Klinika zu sanieren und zu modernisieren. In dem Entwurf der Anlage S des Einzelplans 15 konnten 48 Baumaßnahmen mit geschätzten Kosten von 609 Millionen e neu aufgenommen werden; das sind 1,25 Milliarden DM. In diesem Jahr habe ich Freigaben für die Ausführungsplanung in Höhe von 519 Millionen e, also weit über 1 Milliarde DM, erteilt. Besonders hervorheben möchte ich die Zahnklinik in München mit 40 Millionen e, die Einrichtung eines Bettenhauses für das Klinikum rechts der Isar mit 50,9 Millionen e, den zweiten Bauabschnitt des Nichtoperativen Zentrums in Erlangen mit 91,9 Millionen e sowie den Neubau für Innere Medizin in Würzburg mit insgesamt 153 Millionen e. Baufreigaben habe ich bisher in Höhe von 356 Millionen e erteilt.

Der Einzelplan 15 trägt damit – ich darf sagen: wie kein zweiter im Staatshaushalt – zu einer hohen Investitionsquote bei und leistet damit einen herausragenden Beitrag zur Stützung der Baukonjunktur und des Arbeitsmarktes in schwieriger Zeit.

(Beifall bei der CSU)

Ich will nicht verhehlen, dass ich mich über die Existenz eines Titels – auch wenn er schlank ist – besonders freue. Es ist der im Kapitel 15 05 ausgebrachte Planungstitel 710 25, der es uns ermöglicht, das so genannte Süd-Ost-Gelände an der Gabelsbergerstraße, das einst von der Technischen Universität genutzt wurde, zu planen. Die Neukonzeption sieht vor, die Hochschule für Fernsehen und Film und den Neubau für das Staatliche Museum für Ägyptische Kunst dort unterzubringen. Sie verstehen, dass ich im Zusammenhang mit dem jüngsten glänzenden Ereignis, über das wir uns alle zu Recht freuen konnten – die Eröffnung der Pinakothek der Moderne – die Vision habe, dieses Museumsviertel vis à vis der Alten Pinakothek an der Gabelsbergerstraße mit einem renommierten Bau einer zukunftsträchtigen Hochschule – das ist die Hochschule für Fernsehen und Film im Internetzeitalter ohne Zweifel – sowie mit der ägyptischen Kunst, die bei hervorragenden Exponaten und einer bescheidenen Unterbringung so lange schon auf Besserung wartet, aufzuwerten.

Das ist eine Perspektive, über die ich mich ebenso freue wie darüber, dass wir Ende November endgültig den Architekturwettbewerb für das Bauwerk der Sammlung Anette und Udo Brandhorst werden ausschreiben können. Gerade diese Sammlung hat in den letzten Monaten spektakuläre Ankäufe getätigt. Das alles geschah aus dem privaten Fonds des Witwers Brandhorst. Ich sage das, weil manche fragen: „Was gibt er dem denn alles?“ Wir haben 300 Millionen in der Schatulle der Stiftung. Die Zinsen daraus sind weit höher als die Mittel, die Sie mir derzeit für den Ankauf in allen staatlichen Museen genehmigen können. Diese Mittel stehen uns zur Verfügung, und das ist neben der Sammlung das Interessante, wenn ich das augenzwinkernd sagen darf.

(Beifall bei der CSU)

Mit der personalpolitischen Weichenstellung im Haus der Kunst – mit dem Belgier Chris Dercon haben wir eine Kapazität von europäischem Rang nach Ausscheiden des zehn Jahre wirkenden Direktors Christoph Vitali gefunden – geht eine Anhebung des staatlichen Zuschusses auf 3,345 Millionen e gegenüber bisher 2,04 Millionen e einher. Dafür danke ich Ihnen besonders, weil auf diese Weise die Mitgesellschafter im Schiff bleiben und wir das Glanzlicht weiter garantieren können.

Es soll aber nicht der Eindruck entstehen, alles werde in München zentriert. Ich darf erwähnen: 2000: Eröffnung des Staatlichen Museums für Kunst und Design in Nürnberg und Eröffnung des Museums Schäfer in Schweinfurt 2001: Eröffnung des Museums der Phantasie in Bernried. Daneben gab es die Eröffnung zweier kommunaler Museen, an denen wir kräftig beteiligt sind: AlfLechner-Museum in Ingolstadt in 2000 und Kulturspeicher in Würzburg in diesem Jahr.

Dass uns andere Länder um die Eröffnung von sechs neuen Museen in drei Jahren – einzigartig im europäischen Vergleich – beneiden, ist daher nicht verwunderlich. In einer Ära der Globalisierung bildet Kultur die Grundlage der Identität. Die Museen sind hierin ein

beständiger Pfeiler. Sie sind auch ein Musterbeispiel für öffentliche Verantwortung und privates Engagement. Die Bereitschaft von Bürgerinnen und Bürgern, Kunst und Kultur zu fördern, wird nur dann vorhanden sein, wenn sich der Staat in diesem Bereich ebenfalls finanziell engagiert.

Im Einzelplan 15 geben wir rund 370 Millionen e jährlich aus, das sind fast 10% der Ausgaben für Kunst und Kulturpflege. Hinzu kommen noch circa 11 Millionen e aus dem Kulturfonds. Dass trotz der Sondermittel dort die Ansätze für die Kultur nicht gekürzt wurden, sondern erhöht werden konnten, zeigt den Stellenwert, den Bayern hier dem verfassungsrechtlichen Auftrag gibt.

(Beifall bei der CSU)

Die Erhöhung der Zuschüsse für nichtstaatliche Theater um immerhin 0,7 Millionen e und die Anhebung der Fördermittel für die Musikpflege um 2 Millionen e legen Zeugnis ab, dass wir unsere international renommierten Stätten der Hochkultur wie Oper und Theater pflegen, aber ebenfalls die kulturellen Einrichtungen der Fläche des Landes und deren Aktivitäten, die den Kulturstaat Bayern so reich und vielgestaltig machen. Was wäre Bayern ohne seine nichtstaatlichen Orchester, Theater und Museen, die sicher noch mehr Förderung verdienten, wenn das dafür notwendige Geld vorhanden wäre.

(Beifall der Frau Abgeordneten Lochner-Fischer (SPD))

Gleiches gilt auch für die Sing- und Musikschulen. Durch Umschichtung aufgestockt wurden die ursprünglich veranschlagten Mittel für Denkmalpflege. In beiden Jahren gibt es insgesamt 3,4 Millionen e zur Erhaltung der Baudenkmäler und 600000 e für die Bodendenkmalpflege.

Für das Haus der Bayerischen Geschichte sage ich danke schön. All die staatlichen Leistungen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen – das sage ich mit Blick auf Berlin, das immer so laut tönt –, dass die Hauptleistungen in den Kommunen und privat vor Ort erfolgen.

(Beifall des Abgeordneten Kränzle (CSU))

Kultur begegnet man in erster Linie auf der örtlichen Ebene. Diese unterstützen wir.

Kultur macht die Gemeinschaft lebensfähig. Die Einzigartigkeit und der Reichtum der Kulturlandschaft Bayerns müssen auch für die künftigen Generationen erhalten bleiben. Dafür übernehmen wir mit dem Ihnen vorliegenden Haushaltsentwurf auch in finanzpolitisch schwieriger Zeit Verantwortung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich danke allen, die mitgewirkt haben, dem Berichterstatter und der Berichterstatterin im Haushaltsausschuss, ich danke dem Haushaltsausschuss im Ganzen und dem Vorsitzenden Manfred Ach. Ich bitte Sie, dem Entwurf des Einzelplans 15 zuzustimmen, damit wir – ich sage das ganz bewusst – den erfolgreichen Weg, den wir in Wissenschaft, Forschung und Kunst eingeschlagen haben, fortsetzen können.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, wenn Sie mit dem Haushalt genauso sorgsam wirtschaften wie mit Ihrer Redezeit, dann ist das perfekt.

(Beifall bei der CSU)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Redezeit von 1 Stunde und 30 Minuten festgesetzt. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 42 Minuten, auf die SPDFraktion 30 Minuten und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 18 Minuten.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Rednerin erteile ich Frau Kollegin Dr. Baumann das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich gehöre zu der Generation, die einen einigermaßen guten Sozialkundeunterricht genießen konnte. In der Schule hatte ich gelernt, dass das Haushaltsrecht das höchste Recht des Parlaments ist. In den letzten vier Wochen habe ich aber erlebt, dass das offensichtlich nicht mehr gilt. Der Haushaltsentwurf und damit auch der Einzelplan 15 ist mir etwa am 25. September ins Zimmer gelegt worden, als wir auf einer Klausurtagung waren. Das gilt für Sie von der CSU genauso. Beraten wurde der Haushaltsentwurf nach drei Wochen am vergangenen Dienstag im Haushaltsausschuss, und heute ist er schon im Plenum. Solch einen Zeitdruck habe ich in den 12 Jahren, die ich dem Parlament angehöre, noch nie erlebt. Ich finde das unglaublich.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)