Denn jetzt ist klar, dass sich allein die Schulbauvorhaben im Zusammenhang mit der Einführung der R 6 auf 261
Millionen Euro belaufen. Ich wiederhole: Erst versprach man, kostenneutral zu sein, dann versprach man 43 Millionen Euro, nun sind wir bei 261 Millionen Euro. Dazu passt folgender Spruch sehr gut: Versprochen – gebrochen.
Allein die Bauvorhaben kosten das Sechsfache der damals von der Staatsregierung im Gesetzentwurf vorgesehenen Summe; die Lehr- und Lernmittelfreiheit, die Schülerbeförderung und die ebenfalls steigenden Gastschulbeiträge sind darin noch nicht enthalten.
Entweder ist dies eine gigantische Fehleinschätzung. Dann ist an der Kompetenz der Fachleute im Kultusministerium zu zweifeln. Aber daran kann ich eigentlich nicht recht glauben. Oder man war an der Einführung der sechsstufigen Realschule so sehr interessiert, dass man die Fakten bewusst schönfärbte, und dessen bin ich mir sicher. Hier hat man von Anfang an mit falschen Karten gespielt, die Tatsachen bewusst verschleiert und die Kommunen hinters Licht geführt, um deren Protest niedrig zu halten; denn es war klar, dass es für das Volksbegehren sehr eng geworden wäre, wenn im Vorfeld der Diskussionen über die sechsstufige Realschule die Kommunen die Wahrheit gewusst hätten und mit all ihren Bürgermeistern vor Ort in das Volksbegehren hineingegangen wären. Ich bin sicher, dass wir dann das Volksbegehren gewonnen hätten.
Die Einführung der sechsstufige Realschule und der Umgang mit den Kosten ist für mich ein Paradebeispiel für den Umgang der Staatsregierung mit den Kommunen. Konzepte werden hier im Landtag mit Ihrer Mehrheit beschlossen. Die Kommunen werden mit Finanzen belastet, die eigentlich das Land übernehmen müsste. Dann werden die Hände in Unschuld gewaschen. Das ist die Masche der Staatsregierung.
Beispielsweise werden folgende Kosten auf die Kommunen abgewälzt: für die Schulsozialarbeit – eigentlich eine Aufgabe des Landes –, für die Ganztagsbetreuung, für die Computerausstattung und für die Systembetreuung. Es gibt eine Reihe weiterer Beispiele im schulischen Bereich dafür, dass das Land Dinge beschließt und die Kommunen letztlich zusehen müssen, wie sie sie finanzieren.
Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, überfordern in Bayern die Kommunen seit Jahren. Herr Kollege Winter, der leider nicht da ist, hat heute Früh mit Blick auf Berlin folgenden schönen Satz gesagt: Unsozial ist, wer die Gemeinschaft überfordert. Diesen Satz nehme ich gerne auf; denn Sie überfordern die Kommunen schon seit Jahren mit all den Dingen, die ich genannt habe.
Sie wälzen die Kosten ungerührt auf die Kommunen ab. Sie sind nach Ihrer eigenen Definition eine unsoziale Partei. Jetzt könnte aber Hoffnung bestehen. Die Staatsregierung hat offensichtlich die Kommunen entdeckt und setzt sich, allerdings mit dem Volksbegehren zum Konnexitätsprinzip im Genick, für das Konnexitätsprinzip ein. Wer Kosten verursacht, muss sie auch übernehmen. Das soll wohl jetzt Leitlinie der Staatsregierung werden. Das kann ich zwar noch nicht so ganz glauben, wenn ich die Presse der letzten Tage verfolge. Jetzt könnte die Staatsregierung aber beweisen, ob sie es wirklich ernst meint mit ihrer Idee der Entlastung der Kommunen. Sie hat durch ihre Schulreform bei den Kommunen enorme Kosten verursacht. Diese Kosten hat sie den Kommunen vorher so auch nicht genannt. Diese Kosten soll die Staatsregierung jetzt auch tragen. Das wäre konsequent und den Kommunen gegenüber ehrlich.
Lassen Sie mich abschließend noch eine bildungspolitische Bemerkung machen. Das Schlimme an der Sache ist für uns, dass mit dem vielen Geld die falsche Reform gemacht worden ist. Es wurde genau die falsche Richtung eingeschlagen.
Nach der Veröffentlichung der Pisa-Studie sind doch auch Vertreter Ihrer Fraktion in die skandinavischen Länder gefahren. Herr Schneider war in Kanada. Auch Ihnen von der CSU-Fraktion ist doch klar, dass diejenigen Länder bessere Ergebnisse haben, die ihre Kinder länger gemeinsam unterrichten. Unter anderem ist das auch so, weil dort mit der Unterschiedlichkeit der Kinder besser umgegangen wird. Es ist so, und das wissen Sie auch ganz genau, dass es für die Kinder und die Leistung der Kinder sehr viel besser wäre, wenn sie nicht so früh auseinander dividiert würden, sondern länger gemeinsam in die Schule gehen könnten. Das wissen Sie, aber das darf die CSU aus ideologischen Gründen nicht offen zugeben.
Die Bayerische Staatsregierung steckt also enorm viel Geld in eine Reform, die genau das Gegenteil von dem tut, was für unseren Bildungsstandort eigentlich gut wäre. Sie schadet mit der sinnlosen Ausgabe dieses vielen Geldes nicht nur den Kommunen, sie schadet auch dem Bildungsstandort. Sie tut das ohne Not, denn die vierstufige Realschule war eine erfolgreiche Schulart.
Bis 2006 soll die Reform den Freistaat, ohne die Kommunen, 1,2 Milliarden e kosten. Das muss man sich einmal vorstellen. Was hätte man mit diesem Geld alles machen können? Man hätte Lehrkräfte, Schulpsychologen und Schulpsychologinnen, Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen sowie Förderlehrer und Förderlehrerinnen einstellen können. Man hätte die Situation vorantreiben und Ganztagsschulen errichten können. Man hätte kleinere Klassen bilden können usw. und so fort. Viel Geld wurde und wird verschleudert – viel Geld des Landes und viel Geld der Kommunen –, das man
viel besser hätte verwenden können. Entlasten Sie jetzt die Kommunen, erstatten Sie die Kosten zu 100%.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf gleich zu Beginn meiner Ausführungen feststellen, dass die CSU-Fraktion diesen Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN ablehnt.
Der Antrag unterstellt zu Unrecht, dass sowohl bei dem Grundsatzbeschluss über die Einführung der R6 im Jahr 1999 als auch beim Beschluss über die beschleunigte Einführung im Jahr 2000 Kostenneutralität versprochen worden wäre. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde in beiden Jahren mehr als deutlich gemacht, welche zusätzlichen Personalkosten zu schultern sind und dass auch bauliche Maßnahmen notwendig werden. Bei allen Kostenberechnungen war dem Landtag bekannt, dass sich sowohl der Staat als auch die Kommunen und die privaten Träger zu beteiligen haben. Unter dem Motto „Versprochen – gebrochen“ – diese Formel hören wir heute schon zum zweiten Mal –, scheint die neue Antragslinie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zu stehen. „Versprochen – gebrochen“ ist meines Erachtens deshalb eine bösartige Unterstellung.
Meine Damen und Herren, erlauben Sie mir zur Gesamtproblematik einige Anmerkungen. Wenn Sie das Erfolgsmodell R6 verfolgen, wissen Sie, dass zu Beginn des Schuljahres 2002/2003 insgesamt bereits 279 der 335 Realschulen in die Sechsstufigkeit übergeleitet wurden. Das Problem, das wir derzeit beobachten, besteht vor allem darin, dass viele dieser Schulen parallel die R4 führen. Das war auch so gewollt. Sie wissen ganz genau, wir wollten keine radikalen Brüche in der Bildungslandschaft unserer bayerischen Schulen entstehen lassen. Wir haben im Schuljahr 2002/2003 insgesamt 198.700 Schüler in diesen Realschulen. Wenn die restlichen 59 Schulen übergeleitet worden sind, werden wir die magische Grenze von 200.000 Schülern erreicht haben. Sie wissen, dass drei neue Realschulgründungen anstehen. Wachstum ist nicht zum Nulltarif zu haben, das wissen wir alle. Wenn wir heute in die bayerische Bildungslandschaft sehen, können wir feststellen, dass sich die sechsstufige Realschule schon heute als wichtiges Gelenkstück im dreistufigen Schulsystem etabliert hat. Dort, wo sie bereits eingeführt wurde, hat sie sich auch bestens bewährt.
Es war eine großartige Leistung der bayerischen Bildungspolitik in den vergangenen Jahren, für all unsere Kinder gleiche Bildungschancen zu schaffen. Mit der Einführung der sechsstufigen Realschule – mit Beginn
des nächsten Schuljahres ist sie vollendet – haben wir diese großartige Leistung vollbracht. Diese Entwicklung ist nicht verordnet, meine Damen und Herren, sondern sie entspricht dem Elternwillen. Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, dass diese Einrichtung durch eine Entscheidung der Bürger, über ein Volksbegehren und über einen Volksentscheid, abgesegnet wurde. Es hat keinen Sinn, Frau Kollegin Münzel, wenn Sie permanent von einer unsinnigen Reform sprechen. Damit sprechen Sie eindeutig gegen die Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger, die sich ganz klar für diese Bildungseinrichtung in Bayern ausgesprochen hat.
Wir stellen fest, dass Eltern generell mehr Bildung nachfragen. Wir sollten das auch nicht kritisieren, vor allem Sie von der Opposition sollten das nicht tun, die sie gefordert haben, dass in unserem Land Bildungsreserven rekrutiert werden. Sie sollten über diese Einrichtung froh sein, weil sie unseren Kindern ermöglicht, über diesen Schulzweig in die Fachoberschulen und in die Berufsoberschulen zu kommen und dort die allgemeine und die fachgebundene Hochschulreife zu erwerben.
Die CSU-Landtagsfraktion steht jedenfalls voll und ganz hinter dieser Entwicklung. Wir räumen ein, dass die Umstellung Probleme macht. Nach endgültiger Einführung der R6 und nach Auslaufen der R4 wird auch an diesem Schultyp Entspannung einsetzen. Sie fordern in Ihrem Dringlichkeitsantrag, dass der Freistaat alle Kosten der Einführung zu 100% übernimmt. Ich weiß nicht, wo dieser Gedanke geboren wurde, überlegt ist diese Forderung aber nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich war sehr viel in Bayern unterwegs und habe mir diesen neuen Schultypus angesehen. Dabei habe ich beobachtet, dass viele Sachaufwandsträger mit dieser Umstellung über Jahre hinweg bekannte Raumprobleme und andere Unzulänglichkeiten gelöst haben, die nicht allein mit der Einführung der R6 zu tun haben. Im Übrigen darf ich bei dieser Gelegenheit auch feststellen, dass gerade in dieser Einführungsphase Landräte und Oberbürgermeister aus unseren bayerischen Landen massiv intervenierten, damit ihre Schulen möglichst schnell umgewandelt werden. Die Umstellung sollte anderen Schulen vorgezogen werden. Wir mussten deshalb den Beschluss fassen, dass die endgültige Einführung nicht erst 2008 abgeschlossen ist – wie ursprünglich geplant –, sondern bereits mit dem Schuljahr 2003/2004.
Dort sind auch – ich war auch bei mehreren Gesprächen bei den Regierungen dabei –, die Raumprobleme andiskutiert worden. Die Antragsteller, die kommunalen Vertreter von den Regierungen haben klare Auskünfte darüber bekommen, welche Kosten sie selbst zu tragen haben. Ich muss sagen, ich habe nirgendwo gehört, dass ein Landrat oder ein Oberbürgermeister gesagt hätte, er spreche sich nur dann für die sechsstufige Realschule aus, wenn der Freistaat Bayern die Kosten zu 100% übernimmt, ganz zu schweigen davon, dass der Staat die Kosten für Lehr- und Lernmittel oder für die Schülerbeförderung übernimmt. Ich meine, solche Fragen sind irgendwo in Ihrem Kopf geboren, Kollegin Münzel, aber das sind keine realistischen Überlegungen. Ich muss ehrlich sagen, ich habe unsere Kommunalpolitiker
als sehr realistisch denkende Menschen kennen gelernt. Unsere Oberbürgermeister und Landräte sind keine Phantasten, sie kennen und schätzen den Freistaat Bayern als einen verlässlichen Partner auch in Finanzierungsfragen.
Ich kann mich auch nicht erinnern, Kollege Odenbach, Kollege Pfaffmann und auch Kollegin Münzel, dass in den vergangenen Wochen, in denen wir zweimal über die Änderung des EUG gesprochen haben, von Ihnen in irgendeiner Form diesbezügliche Anträge gestellt worden sind.
Sie sind erst morgen dran, aber wir haben heuer bereits das zweite Mal den Sack beim EUG aufgemacht. Ich meine, wenn diese Weisheiten schon früher geboren worden wären, dann hätten sie ohne weiteres bereits jetzt in die Beratungen einbezogen werden können. Ich persönlich bezeichne diesen Antrag als populistisch, als realitätsfern und als einen unüberlegten Schnellschuss.
Im Übrigen, Frau Kollegin Münzel, müsste man sich angesichts Ihres Antrages auch die Frage stellen, warum die Gymnasien, die in den letzten Jahren massiv erweitert worden sind, nicht zu 100% vom Staat finanziert werden. Man müsste auch fragen, warum die Grundschulen, die Hauptschulen sowie die gesamte Schülerbeförderung nicht zu 100% vom Freistaat Bayern finanziert werden sollten. Ich meine, das sind alles durchaus berechtigte Anliegen und die Kommunen wären sicherlich gern bereit, diese Gelder von uns zu nehmen, aber das ist doch nicht realistisch. Machen wir uns doch in dieser Angelegenheit nichts vor!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf auch für die CSU-Landtagsfraktion allen Schulsachaufwandsträgern, allen Stadt-, Gemeinde- und Kreisräten sehr herzlich dafür danken, dass sie in den vergangenen Jahren zukunftsorientiert für unsere Kinder, für unsere Schulen im Land entschieden haben. Sie haben sicherlich auch sehr viel an Leistungen erbringen müssen. Unsere Oberbürgermeister und Landräte sind sehr stolz auf diese Einrichtungen. Aber da viele von uns in Kreisräten und Stadträten arbeiten, wissen wir auch, dass das auch mit entsprechenden Verschuldungen unserer Landkreise erfolgt ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich verstehe es selbstverständlich, wenn momentan aus aktuellen Gründen aus bestimmten Kreisen – wir haben ja den Fall Freising auf dem Tisch liegen – aufgrund des derzeitigen Zustandes der Kommunalfinanzen ein Teil der Kommunalpolitiker heute solche Forderungen erhebt. Das halte ich durchaus für legitim und wir müssen uns sicherlich damit beschäftigen. Aber für glaubwürdig halte ich per
Am allerwenigsten sind Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von den GRÜNEN, berechtigt, hier den Finger in die Wunde zu legen. Ich brauche nicht zu sagen, wer letztlich die Verantwortung für den Zustand unserer kommunalen Finanzen trägt.
Herr Kollege Dr. Dürr, Sie haben das Wort „Pisa“ eingeworfen: Sie werden sich wundern, wenn in den nächsten Tagen die Pisaergebnisse speziell über die bayerischen Realschulen bekannt werden, mit welchen Ergebnissen hier aufgewartet wird. Deswegen wäre ich an Ihrer Stelle mit der Verwendung des Wortes „Pisa“ sehr vorsichtig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stellen fest, dass Schüler, Eltern und Lehrer dieses Reformpaket glänzend angenommen haben. Das freut uns, die wir es auf den Weg gebracht haben, natürlich besonders. Ich glaube auch, dass das Geld, das jetzt hier beklagt wird, in diesen Einrichtungen bestens angelegt ist.
Ich darf Ihnen auch sagen, dass wir durch die bisherigen Erkenntnisse aus diesem Reformpaket, soweit sie uns vorliegen, in der Richtigkeit unserer Entscheidung voll bestätigt werden. Wir haben eine Steigerung der Leistungsqualität. Kollege Sibler hat vorhin zu Recht eingeworfen, dass wir bereits jetzt 70% weniger Schulversager in der Realschule haben. Letztlich ist ein Schulprofil entwickelt worden, das allgemein anerkannt wird, vor allem natürlich auch von den künftigen Abnehmern der Absolventen dieses Schulzweiges.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf also abschließend noch einmal feststellen, dass wir den Antrag der GRÜNEN ablehnen. Ich darf Ihnen, Frau Münzel – wir arbeiten ja ansonsten sehr gut zusammen –, auch öffentlich hier einmal den Rat geben, Ihr gestörtes Verhältnis zur R 6 aufzugeben.
(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und der Abgeordneten Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Wir haben diese Einrichtung in Bayern. Sorgen Sie mit dafür, dass diese Einrichtung in Bayern gut arbeiten kann, und begleiten Sie das Ganze positiv. Belassen Sie bitte das, was die Bürger in Bayern mit ihrer Entscheidung letztlich gewollt haben. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.