Protokoll der Sitzung vom 11.12.2002

(Beifall bei der CSU – Zuruf der Frau Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Ich zeige Ihnen ein paar Daten dazu auf. Es gibt eine Studie von Professor Klemm von der Universität Essen vom Mai 2002. Es handelt sich also um eine recht neue Studie. Professor Klemm ist sicher nicht verdächtig, CSU-Mitglied zu sein oder immer der CSU nach dem Wort zu reden. Er stellte fest, Frau Kollegin, dass Bayern die höchsten Ausgaben je Schüler hat, und zwar in Höhe von 4500 e.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Zum Vergleich: Nordrhein-Westfalen gibt pro Schüler 4100 e aus, Niedersachsen 4200 e. Er hat auch festgestellt, dass Bayern das größte Unterrichtsangebot mit knapp 10000 Stunden bis zur neunten Jahrgangsstufe zur Verfügung stellt. In Nordrhein-Westfalen sind es knapp 8800 Stunden, in Niedersachsen knapp 9000 Stunden. Es zeigt sich auch deutlich die Wertigkeit der Grundschule: In Bayern sind in den ersten vier Jahrgängen 104 Stunden ausgewiesen. Es gibt Länder, in denen Sie die Verantwortung tragen, in denen unter 90 Stunden angeboten werden, und das bedeutet, es gibt bereits in der ersten vier Jahrgängen fast ein halbes Jahr weniger Unterricht.

Ein weiteres Beispiel: Bayern hat die jüngsten Lehrer. 39% der Lehrer in Bayern sind unter 45 Jahre alt. In Niedersachsen sind es nur 29%. Auch das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, anstatt von Mangelverwaltung an den bayerischen Schulen und vom schlechten Zustand in der bayerischen Bildungspolitik zu sprechen.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Sie tragen die Verantwortung in Bayern und nicht in Niedersachsen! Hier geht es um den bayerischen Haushalt!)

Wir kennen das SPD-Spiel: Dort, wo man in der Opposition ist werden große Forderungen gestellt – da, wo man in der Verantwortung steht, wird nichts getan. Dieses Spiel kennen wir, Frau Schieder.

(Beifall bei der CSU)

An dieser Stelle darf ich mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion bedanken. Priorität für den Bildungshaushalt zu setzen heißt nicht, nur zusätzlich Geld zur Verfügung zu stellen, sondern auch Verzicht in anderen wichtigen Politikfeldern zu üben. Wichtige Aufgaben in anderen Bereichen müssen deswegen zurückstehen. Ich darf deshalb den CSU-Mitgliedern im Haushaltsausschuss, allen voran Herrn Vorsitzenden Ach und dem Berichterstatter Markus Sackmann, ganz herzlich danken, denn sie haben stets ein offenes Ohr für die Belange der Bildungspolitik und ein gerütteltes Maß an Geduld und Bereitschaft gezeigt, sich intensiv bis hin zu Detailfragen mit unseren Anliegen zu befassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Stellenwert der Bildung zeigt sich gerade in der Qualität von Schule. Lange vor Pisa haben die CSU-Fraktion und die Bayerische Staatsregierung eine Qualitätsoffensive eingeleitet, die mit diesem Haushalt konsequent weitergeführt werden kann. Ich erinnere

an die Entschließung meiner Fraktion in Kreuth im Jahr 1998 zur inneren und äußeren Schulreform.

Zur R 6 wurde heute im Übrigen eines noch nicht gesagt, was für uns ganz entscheidend ist: Die Quote des Versagens ging durch die Einführung der R 6 an den Realschulen massiv zurück. Was die Weiterentwicklung der Hauptschule anbelangt, so malen Sie, Frau Schieder, hier ein Bild der Hauptschule, das der Wirklichkeit nicht entspricht, und das ist fahrlässig.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Dann leiden Sie an Realitätsverlust, Herr Kollege, dann leiden Sie sogar zutiefst an Realitätsverlust!)

Die bayerische Hauptschule, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat einen anderen Stellenwert und sieht anders aus als die Hauptschulen in den Ländern, in denen Sie die Verantwortung tragen.

(Beifall bei der CSU)

Wer jetzt davon spricht, dass die Praxisklasse keine Lösung ist, der verkennt die Situation völlig. Gehen Sie doch einmal hinaus, sprechen Sie mit den Lehrkräften, mit den Eltern und den Schülern. Sie alle sind wirklich dankbar, dass dieses Angebot geschaffen wurde. In Bayern sind noch immer knapp 40% der Schüler an der Hauptschule. Auf der einen Seite beklagen Sie, dass so wenige Schülerinnen und Schüler am Gymnasium sind, und auf der anderen Seite, dass die Hauptschule ausblutet.

(Frau Marianne Schieder (SPD): Das sind doch zwei paar Stiefel, Herr Kollege!)

Ich weiß nicht, wo die Schüler hingekommen sind.

Lassen Sie mich noch ein Wort zur Durchlässigkeit sagen. Die bayerischen Angebote für die Hauptschüler sind nicht so gestrickt, dass es eine Sackgasse gäbe. Es besteht vielmehr nach Abschluss der Hauptschule die Möglichkeit, weiterzumachen, sei es über die Fachoberschulen oder über die Berufsoberschulen. Auch so kann man zum Abitur kommen. Die Abiturquote allein ist im europäischen Vergleich verfänglich. Die Abiturquote bzw. der Gymnasialbesuch in anderen Ländern bedeutet dort oft auch, dass die berufliche Bildung am Gymnasium absolviert wird. Eine Krankenschwester oder Erzieherin ist in den skandinavischen Ländern oder in Kanada auch am Gymnasium eingeschrieben. Wenn man aber die Quote derer ansieht, die nach unserem Verständnis zum Studium an den Hochschulen zugelassen werden, dann ist die Zahl in Skandinavien genauso hoch wie in Deutschland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, von den Hochschulen wird uns vor allem ein Problem gemeldet. Die Zahl der Studienabbrecher nimmt von Jahr zu Jahr zu. Diesem Problem müssen wir uns genauso stellen. Nicht die Quantität allein, entscheidend ist die Qualität der Bildungsabschlüsse.

Der zweite Bereich, mit dem sich die Fraktion und die Staatregierung seit Jahren befassen, war die Reform der

Lehrerbildung und war vor allem die Bereitstellung von zusätzlichen Lehrerplanstellen. Kollege Sackmann hat hier ausführlich darauf verwiesen, dass nicht nur jede Lehrerstelle nach dem Ausscheiden des bisherigen Inhabers wiederbesetzt worden ist, sondern dass in den vergangenen Jahren sukzessive zusätzliche Lehrerplanstellen zur Verfügung gestellt werden konnten.

Zu den beiden letztgenannten Punkten zitiere ich gerne – Kollege Kaul hat das heute schon hochgehalten – folgende Aussage des Präsidenten des BLLV, Herrn Dannhäuser, in der „Mittelbayerischen Zeitung“ vom 5. Dezember:

Bayern hat bereits vor Pisa entschieden, dass die Lehrerausbildung sehr berufsnah stattfinden wird. Das ist notwendig und richtig.

Als Zweites hat er auch gesagt:

Wir müssen schon anerkennen, dass Bayern nie Lehrerplanstellen gestrichen hat.

Ich füge hinzu: sondern im Gegenteil permanent zusätzliche bereitgestellt hat.

(Zuruf des Abgeordneten Egleder (SPD))

Angeführt seien auch noch das Angebot und der Ausbau der Ganztagsbetreuungsangebote. Für uns ist die Ganztagsschule nicht, wie die SPD oder Frau Bulmahn uns glauben machen wollen, ein Allheilmittel oder die Konsequenz aus der Pisa-Studie. Sie werfen uns vor, dass Bayern bei den Ganztagsangeboten das Schlusslicht wäre. Nach Ihrer Theorie müsste dann ja Bayern das Schlusslicht bei der Pisa-Studie gewesen sein.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Marianne Schieder (SPD))

Das passt einfach nicht zusammen. Wir werden die Ganztagsangebote ausbauen. Sie sind aber für uns nicht das Allheilmittel, um in der Bildungspolitik nach vorne zu kommen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Schuhmann (SPD))

Wir werden sie bedarfsgerecht ausbauen und damit die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen, sei es mit den Vereinen, sei es auch mit Eltern und anderen Personen, fördern.

In Bayern gab und gibt es keinen Aktionismus in der Bildungspolitik, sondern konsequente Weiterentwicklung. Dies ist konservative Politik im besten Sinne. Wir können auch sagen: Wir ernten heute die Früchte der Arbeit der Ministerpräsidenten und Kultusminister der zurückliegenden Legislaturperioden. Sie haben nicht nur auf den gerade herrschenden Zeitgeist gesetzt, sondern immer auf Qualität. In dieser Richtung gehen auch der Herr Ministerpräsident und die Frau Kultusministerin weiter. Hier unterscheiden wir uns sehr deutlich von Ministerpräsidenten wie Schröder, Clement oder Eichel; denn die Pisa-Studie hat gezeigt, dass sie in ihrer Verantwor

tung in ihren Ländern die Bildungspolitik an die Wand gefahren haben.

(Marianne Schieder (SPD): Woher wissen Sie das eigentlich so genau?)

Jetzt sind sie in Berlin drauf und dran, Deutschland quasi an die Wand zu fahren. Wir spüren die Auswirkungen davon.

(Beifall bei der CSU – Gabsteiger (CSU): Die müssen weg!)

Bayern steht mit seinen Ergebnissen in der Pisa-Studie an der Spitze in Deutschland und kann sich auch international messen.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Pranghofer (SPD))

Ich war selbst in Schweden; wir haben an den Pisa-E-Ergebnissen festgestellt, dass sich Bayern auf dem Niveau dieses skandinavischen Landes bewegt. Ihre Vorstellungen, die Sie uns wieder schmackhaft gemacht haben, dienen nicht dazu, die Ergebnisse zu verbessern. Die Gründe für das gute Ergebnis Bayerns sind sicher unser Qualitäts- und unser Leistungsanspruch, auch das Bereitstellen von zusätzlichen Lehrerplanstellen. Bei uns liegt die Betonung auf der Bedeutung der Arbeits- und Sozialtugenden. Zwei entscheidende Punkte sind auch die Unterstützung durch das Elternhaus sowie die Arbeit und das Engagement der Lehrkräfte. Ich darf hier meinen Dank und den Dank der Fraktion an die Eltern und an die Lehrkräfte ausdrücken.

(Beifall bei der CSU)

Es ist für uns auch bezeichnend, dass in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 3. Dezember berichtet wird, dass sich Brandenburg in Bayern über die Fragen der zentralen Prüfungen informiert. Die Schlagzeile lautet:

Von Bayern lernen. Brandenburg legt die Scheuklappen ab.

(Marianne Schieder (SPD): Die sollten Sie auch ablegen!)

Der Leiter des Pädagogischen Landesinstituts Brandenburgs sagt wörtlich:

Wir wollen vom deutschen Pisa-Sieger lernen.

Interessant ist dabei vor allem der letzte Satz dieses Presseberichts:

Nach der Wende hat sich das Land stark an Nordrhein-Westfalen orientiert.

Nach Pisa wird sich dieses Land stärker an Bayern orientieren. Das ist auch ein Ausweis für die Qualität der bayerischen Bildungspolitik.

(Beifall bei der CSU)