Abschließend möchte ich feststellen, dass der Klimaschutz ein zentrales Thema ist. Wir lassen uns jedoch von Ihnen weder im Ausschuss noch im Plenum oder anderswo einreden, dass wir hier Aufholbedarf hätten. Der bayerische Weg ist schlüssig, konsequent und in die Zukunft gerichtet. Machen Sie konkrete Vorschläge; dann können wir darüber reden. In dieser Form müssen wir den Antrag ablehnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Landesentwicklung und Umweltfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Pressefreiheit ist in unserer Demokratie, insbesondere nach den üblen Erfahrungen des sogenannten Tausendjährigen Reiches, ein ganz besonders wichtiges Gut geworden. Ich denke, darüber besteht in diesem Haus Einigkeit. Ich zitiere gerne einen Absatz aus einem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Er ist erst ein paar Monate alt und steht auf der Drucksache 14/10523. Dort wird Folgendes gesagt:
Die Rundfunkfreiheit und dabei insbesondere die Einhaltung der Grundsätze des Rundfunkrechts in Bezug auf parteienferne und parteipolitische Neutralität sind für Bestand und Weiterentwicklung unserer Parlamentarischen Demokratie unerlässlich. Auch dem stimmen wohl alle in diesem Hohen Haus zu.
Hinzu kommt, dass sich die Medienlandschaft, genau wie unsere Gesellschaft, in Veränderung befindet. Wir leben, so sagen wir, in einer Mediendemokratie. Der letzte Bundestagswahlkampf hat deutlicher als bislang gezeigt, dass dieser Begriff Mediendemokratie offenbar in immer stärkerem Maß nicht nur Politik über Medien meint, sondern Politik durch die Medien. Wir reden von der Macht der Medien und stellen fest, dass sich der Journalismus als solcher gewandelt hat. Ähnlich wie die Gesellschaft hat er sich im Verlauf der letzten fünfzig Jahre gewandelt. Die Rede von der Journalistenehre hat an Gewicht verloren, wie viele andere ethische Werthaltungen in unserer Gesellschaft. Wir erleben zweifellos auch immer mehr Meinungs- und Tendenzjournalismus. Auch Medien und Journalismus verändern sich mit der Gesellschaft, bleiben von Änderungen nicht unverschont. Deshalb brauchen auch sie gelegentlich Regelungstätigkeit.
Wir haben nun zwei Anträge eingebracht, weil es sich um die zwei völlig verschiedenen Rechtsbereiche Rundfunk und Printmedien handelt. Die Anträge beschäftigen sich, auch in Übereinstimmung der übrigen Rundfunkpolitik, nicht mit Fragen von wirtschaftlicher Macht und Eigentumsrechten. Es geht vielmehr um die Meinung und um das Gewicht in der Gesellschaft, um die Sicherung der Meinungsvielfalt. Auch der letzte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist davon abgegangen, das wirtschaftliche Gewicht von Anbietern auf dem Markt zu bewerten. Es wurde vielmehr darauf abgestellt, wie viele Zuschaueranteile jemand mit seinen Medien zu gewinnen versteht.
Die Medien als vierte Gewalt im Staat sind bewußt wenig reguliert und unkontrolliert. Trotzdem muss man bestimmte Ansprüche an sie stellen, auch um ihre Unabhängigkeit zu bewahren. Hinzu kommt: Wenn die Medien auf die Meinungsbildung in der Bevölkerung einen solchen Einfluss haben, so muss man bedenken, dass auch die Parteien den Auftrag haben, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Deshalb meine ich: Diesem Thema gehört besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In einer Mediendemokratie werden sich alle relevanten Gruppierungen, auch die Parteien, bemühen, mit ihren Themen und Vorstellungen in die Medien zu kommen, um die Menschen zu erreichen.
Mit dem Antrag auf Drucksache 14/10342 wenden wir uns dem Rundfunk zu. Der Rundfunk ist in den Bundesländern eigenständig geregelt. Hier können wir also selbstständig tätig werden, im Gegensatz zu den Printmedien. In Bayern, das ist dem Haus bekannt, ist nach Artikel 111 a der Bayerischen Verfassung der Rundfunk klar geregelt. Es wird darin ausgesagt, dass der Rundfunk in öffentlich-rechtlicher Verantwortung stattfindet. Die Rechtslage schließt dabei nicht aus, dass sich Parteien an den Medien beteiligen.
Die Länder haben den Rundfunk unterschiedlich geregelt. In manchen Bundesländern, wie in Hessen oder auch in Schleswig-Holstein, etwas anders Niedersachsen, ist klar festgestellt, dass Parteien weder direkt noch indirekt an lokalen und regionalen Rundfunksendern als Anbieter auftreten dürfen. Sie werden weder mittelbar noch unmittelbar zugelassen. Wir halten das für eine richtige Lösung, und zwar nicht, weil wir in Bayern einen aktuellen Anlass hätten. Die SPD war an Medien in Bayern indirekt beteiligt. Es handelte sich um zwei Fernsehsender. Sie ist das meines Wissens heute nicht mehr. Sie ist heute immerhin am Sender Bayreuth mit 33%, am Sender Coburg mit 25% – und an einem weiterem Sender hält sie 7% – beteiligt. Ich meine, hier ist es notwendig, eine saubere Lösung zu finden.
Wenn Sie unseren Antrag richtig durchlesen, werden Sie sehen, dass wir den Antrag durchaus entgegenkommend formulieren und Spielräume offen lassen, um sinnvolle Übergangslösungen zu schaffen. Es macht keinen Sinn, so etwas von heute auf morgen zu verbieten. Das würde auch nicht unbedingt der Rechtslage entsprechen, denn es liegen Lizenzierungen für mehrere Jahre vor. Auch wirtschaftlich wäre es nicht gut, wenn Anteile in größeren Mengen auf einmal auf den Markt gebracht würden.
Der Antrag beauftragt deshalb die Staatsregierung, dafür zu sorgen, dass die Beteiligung von Parteien am Rundfunk in Bayern künftig weder direkt noch indirekt zugelassen wird. Wir hören immer wieder den Widerspruch der SPD – im Moment kommt hier nichts, wahrscheinlich weil man es inzwischen nicht mehr braucht –, dass die SPD nirgendwo an Medien beteiligt ist. Das stimmt, sie ist es nicht. Die SPD hat ihre wirtschaftlichen Interessen alle in der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft – DDVG – gebündelt. Dieses von manchen karikierend als Genossenkonzern bezeichnete Unternehmen wird seriös auf eine dreistellige Millionenzahl gewertet. Im Jahr 2001 hat das Unternehmen immerhin den ordentlichen Überschuß von über 33 Millionen e erwirtschaftet, wie die „FAZ“ im Dezember 2002 berichtet hat. Hier ist auch Wirtschaftsmacht vorhanden, die nicht missbraucht werden darf.
Ich komme deshalb zu unseren zweiten Antrag, denn diese Beteiligungen bestehen insbesondere bei den Printmedien. Ich will vorweg klarstellen: Jeder, der sich mit der Geschichte der SPD beschäftigt hat, weiß, dass in ihrer Entstehungszeit im neunzehnten Jahrhundert die Beteiligung und das Eigentum an Druckereien, die Beteiligung an der Presse, ein unerlässlicher Teil ihrer Tätigkeit gewesen ist. Anfangs hat man das sogar sehr kämpferisch vorgebracht, zum Beispiel auf dem Parteitag von
1890. Kürzlich habe ich gelesen, dass man dort sagte: „Die Presse ist das beste Agitations- und Kampfmittel der Partei.“ Das ist aus der damaligen Zeit durchaus zu verstehen und niemandem vorzuwerfen. Auf der anderen Seite ist das aber ein Signal. Man wusste, über die Presse beeinflusst man Menschen. Das ist das Grundgeheimnis. Deshalb muss man sich schon überlegen, wie dies in Zukunft weiter gehandhabt werden soll.
Wir haben andere Zeiten, wir haben einen anderen Journalismus, und wir haben eine andere Einstellung zum Journalismus. Hier haben wir gleichzeitig eine Macht, die in der Demokratie aufmerksam beobachtet werden muss. Wir meinen deshalb, wegen des Zusammenwirkens der Meinungsbildung der Medien und dem Meinungsbildungsauftrag der Parteien muss ein Zeitungsleser bzw. Zeitschriftenleser die Möglichkeit haben zu wissen, ob hinter einem Medium eine politische Partei steckt. Wir wollen die Erkennbarkeit für den Konsumenten, und wir wollen Klarheit und Transparenz für den Zeitungsleser. Das ist das erste Anliegen. Das können wir in Bayern nicht lösen. Deshalb stellen wir einen Antrag, in dem wir die Staatsregierung bitten, über den Bundesrat Lösungswege zu suchen.
Ich verstehe, wenn sich die SPD im Rahmen der Diskussionen gelegentlich durch diese Anträge angegriffen gefühlt hat; denn sie besitzt über die DDVG erhebliche Macht. Sie hält bei einigen Zeitschriften nicht nur das Kapital in Höhe von 70, 80, 90 oder gar 100%, beispielsweise bei der „Frankenpost“.
Es fällt auf, dass die SPD größere und kleinere Anteile konzentriert in bestimmten Gebieten hält. Man kann sich fragen, warum. Ich denke an Westfalen, die Gegend um Dresden, das südliche Thüringen und Franken. In Sachsen kommen 55% der Zeitungen aus Häusern, an denen die SPD beteiligt ist. 55% der Medienmacht in Sachsen wird von der SPD beeinflusst.
Eine schlechte politische Leistung wird vom Wähler natürlich nicht nur nach dem, was in der Zeitung steht, beurteilt. Wir können hier gern ins Detail gehen; es gibt inzwischen sehr interessante Untersuchungen über die Tätigkeit der Medien im letzten Bundestagswahlkampf.
Von der SPD und anderen Zeitungsinhabern hören wir immer wieder, man würde auf die journalistische Tätigkeit gewiss keinen Einfluss nehmen. Manche sagen auch, die SPD halte diese Beteiligungen – ich habe vorhin die Wirtschaftszahlen genannt – nur aus wirtschaftlichen Interessen, also als Kapitalanlage. Da kommen mir Bedenken; denn es drängt sich der Verdacht auf, dass hier etwas gezielt im politischen Meinungskampf eingesetzt wird. Es ist zwar schwer messbar, welcher Einfluss genommen wird, aber es liegt im Hinblick auf die Äußerungen der Schatzmeisterin der SPD nahe, dass man Einfluss nimmt. Sie sagt, auch dort, wo wir mit einem geringeren Anteil als 50% beteiligt sind, „kann in der Regel nichts ohne uns passieren“.
Das ist keine einzelne Äußerung von ihr. Am 15. März 2000 hat sie der „Welt“ ein Interview gegeben, bei dem sie gesagt hat – immerhin die Schatzmeisterin der SPD –: „Die SPD nimmt in Gesellschaften, an denen die Partei beteiligt ist, selbstverständlich Einfluss auf den Wirtschaftsplan und die Besetzung der Geschäftsführung.“ Das heißt auf gut Deutsch, die Spitze der Hierarchie eines Verlags kann dort nur mit Zustimmung der SPD erreicht werden.
In der Tat: Eine zu starke Beteiligung von Parteien an Medien kann auch gefährlich werden für die Freiheit des Journalismus.
Wer hier lacht, war wohl noch nie in einer Redaktion tätig. Es kann kein Mensch leugnen, dass es das Phänomen des vorauseilenden Gehorsams gibt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Welnhofer?
Ich möchte zuerst meinen Gedanken zu Ende führen. Ich meine, dass ein Redakteur bei aller Bemühung um Neutralität, die man ihm abnimmt, doch weiß, wes Geistes Kind sein Chef ist. Er will schließlich auch vorankommen in seinem Unternehmen.
Herr Kollege von Redwitz, in Bezug auf eine Reihe von Zwischenrufen: Würden Sie die Kolleginnen und Kollegen der SPD darüber aufklären, dass wir überhaupt nichts dagegen einzuwenden hätten – –
Ich habe bisher angenommen, dass Ihr intellektuelles Vermögen ausreicht, um eine Frage zu erkennen. Aber vielleicht muss ich meine Auffassung revidieren.
Herr Kollege von Redwitz, würden Sie also die Kolleginnen und Kollegen der SPD darüber aufklären, dass wir überhaupt nichts dagegen hätten und sehr dafür wären, dass das, was wir hier fordern, auch für uns von der CSU gilt und dass wir außerdem nur eine einzige Zeitung besitzen, nämlich den „Bayernkurier“?
Herr Kollege Welnhofer, ich danke Ihnen für diesen Hinweis. Sie wollen sicher die CSU nicht als arm hinstellen, weil sie nur eine Zeitung besitzt; denn diese ist besser als viele andere.
Sie passt zumindest mit dem Pressegesetz zusammen. Das Pressegesetz verlangt auch die Offenheit. Die Offenheit ist bei Parteizeitungen eindeutig gegeben. Das, was zum Problem wird, ist die Frage der Transparenz, die sich bei indirekten Beteiligungen an Medien stellt.
Die Frage der Treuhandverhältnisse ist im Pressegesetz von 1950 nicht vorgesehen. Heute geht es darum, dass die indirekte Beteiligung über Treuhandverhältnisse aufgedeckt und offenkundig gemacht wird. Treuhandverhältnisse dienen nicht nur bei Medien, sondern generell dazu, Besitzverhältnisse zu verdecken bzw. zu verschleiern. Sie sind ein bewusst gewähltes, legales Mittel, um dies zu tun. Wenn das Ihr Ziel ist, sagen Sie es bitte nachher hier. Wir wollen, dass solche Dinge transparent werden, nicht mehr als das.
Derzeit müssen in der Tagespresse nur zweimal im Jahr die Besitzverhältnisse aufgedeckt werden, nämlich am jeweils ersten Herausgabetag eines Halbjahres. Im Impressum könnten solche Parteienbeteiligungen aber in Zukunft durchaus deutlich aufgeführt werden, damit der Leser weiß, woran er ist. Wir verkennen nicht die Problematik, die dahinter steht, dass man überlegen muss, bis in welche Tiefe der Beteiligung man bei der Aufdeckung der Treuhandverhältnisse geht. Dazu wird man eine Lösung finden müssen.
Ich habe mich darüber gefreut, dass bei der Einbringung der Anträge und bei der Diskussion im Hochschulausschuss die GRÜNEN spontan die Zielrichtung wörtlich als „durchaus ehrenwert“ bezeichnet haben und Herr Prof. Dr. Gantzer die Initiative – nach der „Süddeutschen Zeitung“ – „grundsätzlich zustimmungsfähig“ fand.
Im Übrigen habe ich den Eindruck gehabt, dass die Opposition Schwierigkeiten mit dem Thema hat; denn in der Diskussion in zwei Ausschüssen hat nur Herr Kollege Vogel ein interessantes Thema angeschnitten, nämlich die Frage der Besitzverhältnisse. Die Eigentumsverhältnisse muss man respektieren. Man muss mit ihnen sachkundig umgehen. Aber das ist nicht Inhalt der Anträge. Im Übrigen hat sich die Opposition während der Diskussion nur zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk geäußert, der überhaupt nichts mit den Anträgen zu tun hat.