Sie sollten die großen Chancen nutzen, die die ökologische Landwirtschaft für die Verbraucherinnen und Verbraucher, aber gerade auch für unsere bäuerlichen Betriebe bietet, für die Umwelt, für die Tiere und als Wirtschaftsfaktor. Wir fordern die Staatsregierung auf, ein Aktionsprogramm „Öko-Offensive Bayern“ vorzulegen. Sie muss einen konkreten Stufenplan vorgeben, wie sie ihr selbst gestecktes Ziel, 10% Öko-Anbau in den nächsten 10 Jahren, erreichen will. Das geht am besten mit einer festen Quote von 10%.
Zur Lage des Öko-Anbaus in Bayern: Laut Eurostat 2000 haben Öko-Betriebe in Europa durchschnittlich 3% Anteil an der landwirtschaftlichen Nutzfläche. Es führen mit 8% Österreich und Italien. Deutschland war im Jahr 2000 mit 3% nur Durchschnitt. Ein Jahr später, unter Renate Künast, war die Öko-Fläche im deutschen Durchschnitt laut Angaben von Landwirtschaftsminister Miller auf 3,7% gewachsen. Wiederum ein Jahr später lag die Fläche in Bayern – wieder laut Aussagen von Staatsminister Miller – erst bei 3,5%. Wir haben noch nicht einmal den Durchschnitt der Bundesrepublik erreicht; wir sind noch schlechter geworden. Selbst bei der Zahl der ökologischen Betriebe liegt Bayern im Jahr 2002 unter dem deutschen Durchschnitt des Vorjahres: Bayern fällt zurück.
Herr Minister Miller, trotzdem erzählen Sie uns immer noch, wie großartig Sie sind. Das Rezept ist ganz einfach: Sie blenden alle entscheidenden Fakten einfach aus. Zur „Biofach“ haben Sie die absoluten Zahlen der bayerischen Öko-Betriebe genannt und wohlweislich darauf verzichtet, den europäischen oder deutschen Vergleichsmaßstab anzugeben. Als Sie angegeben haben, wie stark sich die Verbandsbetriebe in Bayern gesteigert hätten, haben Sie besonders schäbig getrickst, indem Sie für Bayern das Boom-Jahr 2001 und für Deutschland das Krisenjahr 2002 genannt haben. Sie
haben damals Äpfel mit Birnen verglichen – absichtlich, behaupte ich. So deuten Sie Misserfolge in Erfolge um.
Sie haben für Bayern bei den Verbänden eine Steigerung im Jahr 2001 von 6,8% genannt und behauptet, im Bund habe die Steigerung nur bei 3,8% gelegen. Das stimmt, aber das war im Jahr 2002. In dem Jahr, in dem Sie den Vergleich für Bayern angestellt haben, im Jahr 2001, lag die Steigerung in Deutschland im deutschen Durchschnitt bei 15,14%. Zwischen 15,14%, die man im Bundesdurchschnitt hatte, und 6,8%, die wir in Bayern haben, besteht ein deutlicher Unterschied. Diese Bilanz ist für Sie beschämend. Es ist noch schäbiger, dass das von Ihnen so versteckt wird.
Sie wollen damit die Leute für dumm verkaufen und glauben, dass man mit Tricksen vom Letzten zum Ersten wird. Aber das funktioniert so nicht.
An großspurigen Erklärungen hat es der Staatsregierung noch nie gefehlt. Was ausbleibt sind die Taten. Im Juni 2001 hat Minister Miller erklärt, Bayern soll ein Kompetenzzentrum für Ökolandbau werden. Er und Ministerpräsident Stoiber haben ein eigenes Forschungsinstitut für Öko-Landbau angekündigt. Man wolle den Anteil des Bio-Landbaus an der gesamten Landwirtschaft von derzeit 2,5% auf später 10% steigern. Damit sind der Herr Minister und auch der Herr Ministerpräsident hausieren gegangen. Bayern strebe beim Öko-Landbau eine Vorreiterrolle an.
Ja, von hinten. Die Letzten sind wir. Wir waren einmal vorne. Wir waren über Jahrzehnte die Ersten. Zu uns sind die Leute gekommen, um zu lernen. Jetzt stehen wir mit leeren Händen da. Das ist ein Resultat Ihrer Politik.
Das von Ministerpräsident Stoiber und Minister Miller ausgegebene Ziel, 10% Öko-Anbau in den nächsten Jahren, ist ohne verbindliche Schritte und einen konkreten Stufenplan nicht zu erreichen. Prof. Hamm und andere haben den europäischen Öko-Markt analysiert und haben ein Erfolgsrezept gefunden. Staatliche Politik müsse funktionierende Märkte stützen, also beide Seiten, die Nachfrage und die Angebotsseite gleichzeitig fördern. Ganz wichtig, wenn man wirklich eine Ausweitung des Marktes will, seien Forschung, Beratung, Erziehung und Verbraucherinformation. Vorbildlich war für Hamm und andere der staatliche Aktionsplan in Dänemark. Aus diesen Erfahrungen heraus, die man in Europa inzwischen gemacht hat und mit denen man sehr viele Erfolge erzielt hat, von denen wir in Bayern noch weit entfernt sind, fordern wir ein Aktionsprogramm „Öko-Offensive Bayern“ mit folgenden sechs Schritten:
Erstens. Es muss ein Stufenplan festgelegt werden. Die Staatsregierung muss konkrete Maßnahmen benennen, wie sie diese 10% Öko-Anbau, die sie angeblich anstrebt, stufenweise und in welchen Schritten bis zum Jahr 2006 erreichen will.
Zweitens. Umstellung der Förderpolitik: Das Aktionsprogramm muss einen eigenen Titel im Agrarhaushalt bekommen.
Er soll 10% der bayerischen Agrarfördermittel umfassen. Das ist ja logisch: Wenn man 10% will, muss man dafür auch 10% ausgeben. Die Agrarförderpolitik muss umgestellt werden. Je mehr ökologische, tiergerechte und arbeitsmarktrelevante Leistungen erbracht werden, desto stärker muss in Zukunft auch in Bayern gefördert werden. Deshalb müssen die Abstände in der Förderhöhe zwischen anerkannter ökologischer Bewirtschaftung und den addierbaren Einzelfördertatbeständen der konventionellen Betriebe spürbar erhöht werden.
Drittens: Forschung und Lehre ökologisieren. Forschung, Lehre, Ausbildung und Beratung sollen 10% ihrer Mittel und ihres Personals zur Förderung des ökologischen Anbaus einsetzen. Bei der neuen Landesanstalt wären das zum Beispiel 100 Leute; sie dürften künftig für den Öko-Anbau arbeiten. Die EU-Kommission hat vor kurzem gefordert, Forschung, Ausbildung und Beratung in den Ländern besser auf die Erfordernisse der Öko-Landwirtschaft auszurichten. Da gäbe es einen hohen Bedarf.
Einen ziemlich hohen Bedarf gibt es bei uns in Bayern, Herr Minister Miller. Ein erster Schritt wäre ein eigenes Institut für ökologischen Anbau, das Sie und der Ministerpräsident versprochen haben. Außerdem muss der seit vier Jahren leerstehende, nur auf dem Papier existierende Lehrstuhl in Weihenstephan für ökologischen Landbau endlich besetzt werden.
Viertens: Ernährungsberatung neu organisieren. Die staatliche und schulische Ernährungsberatung muss herausstellen, wie wichtig die Ernährung mit ökologischen Lebensmitteln für Gesundheit und Lebensqualität ist. Es ist absurd, wenn Minister Sinner bunte Prospekte zu gesund Essen und Trinken auflegt, aber kein einziges Wort über Bioprodukte verliert.
Die sind gesünder. Auch wenn darüber in Bayern nicht geforscht wird – anderswo hat man die bessere Qualität von Öko-Lebensmitteln bereits nachgewiesen. Beispielsweise hat eine Studie der University of Washington gezeigt, dass Kinder, die mit Bio-Lebensmitteln ernährt werden, in einem sechs- bis neunmal geringerem Umfang giftigen Pestiziden ausgesetzt sind als Kinder mit konventioneller Nahrung. Das ist ein drastischer Unterschied. Dazu erwarten die Menschen auch in Bayern ein Wort von Minister Sinner. Herr Sinner, dazu dürfen Sie ruhig einmal etwas sagen. Statt zu jubeln, dass 70% des bayerischen Obstes und Gemüses nicht mit Pestiziden belastet sind, sollten Sie sich einmal Gedanken über das restliche Drittel machen. Was ist denn mit diesen 30%, die permanent mit Pestiziden belastet sind? Herr Minister, bei Milch, bei Fleisch und bei Käse sieht es noch düsterer aus. Nur 10% sind frei von Pestiziden. Das ist die Bilanz Ihrer Politik. Finden Sie sie toll?
Finden Sie Pestizide gesund? Finden Sie es gut, wenn diese in Lebensmitteln sind? Ist das das Ziel Ihrer Politik?
Obwohl das so ist, behaupten Minister Sinner, Minister Miller und die gesamte CSU immer wieder, es gebe keinen Unterschied zwischen Öko und konventionell. Wenn ich Sie so anschaue: Die Affen in Kopenhagen sind schlauer; sie wählen immer zuerst die Bio-Bananen; erst wenn nichts anderes mehr da ist, nehmen sie die konventionellen. So machen die das. Die konventionellen Bananen schälen sie; die ökologischen essen sie mit Schale. Das müssen Sie nicht nachmachen, aber sonst sind sie ein Vorbild für Sie.
Fünftens: Imagekampagne durchführen. Die Staatsregierung muss Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast endlich darin unterstützen, die Verbraucherinnen und Verbraucher über die Vorzüge regionaler Herkunft, artgerechter Tierhaltung und ökologischer Produktion aufzuklären. Bayerische Marken mit definierten ökologischen und sozialen Standards müssen besser beworben und gefördert werden.
Das ist ein Witz. Das ist ja das Problem. Deswegen wollten wir ja das österreichische Modell. Leider kenne ich es. Das, was ich kenne, ist verheerend. Die EU-Kommission hat die Mitgliedstaaten kürzlich aufgefordert, zugunsten des ökologischen Anbaus aktiv zu werden. Haben Sie schon gehandelt, Herr Minister Sinner? Insbesondere Großküchen von Schulen, Unternehmen und Krankenhäusern müssten gewonnen und unterstützt werden. Deshalb fordern wir, dass beim Ausbau der Mittags- und Ganztagsbetreuung Küchen eingeplant werden und dass darin auch 10% ökologische Erzeugnisse aus Bayern eingesetzt werden. Wir brauchen Richtlinien für Großküchen der staatlichen Behörden und der öffentlichen Einrichtungen. Das und anderes kann die Staatsregierung in Österreich lernen. Man kann lernen, wie man Kostensätze anpasst, wenn es sein muss, und eventuelle Mehrkosten ersetzt. Zum Beispiel hat allein das Bundesland Oberösterreich im letzten Jahr über 360000 e dafür bereitgestellt. Wer Hemmungen hat, von Österreich zu lernen, kann sich, Herr Minister Sinner, immer noch die dänischen Affen zum Vorbild nehmen. Der Kopenhagener Zoo bietet seinen Tieren schon seit zwei Jahren 10% Bio-Futter an und will diesen Anteil bis 2005 auf 33% erhöhen. Das wäre doch auch ein Vorbild für Sie.
Kolleginnen und Kollegen, Ministerpräsident Stoiber hat erklärt, er wolle den Anteil des Öko-Landbaus in Bayern auf 10% steigern. Davon sind wir kilometerweit entfernt. Bayern ist vom Vorbild zum Nachzügler geworden. Unsere Nachbarländer Italien und Österreich haben bewiesen, dass durch gezielte Programme ein Markt für Ökoprodukte geschaffen werden kann. Diesen muss man schaffen; dafür muss man etwas tun. Man kann das nicht einfach dem Markt überlassen. Dass so etwas geht, kann man in diesen Ländern lernen.
Genauso wie Ihre Politik und wie Sie reden, sehen auch Ihre Resultate aus. Bayern ist zurückgefallen. Das ist Ihr Resultat. Das kann sich Bayern aber nicht leisten.
Wir können es uns nicht leisten, national und international den Anschluss zu verpassen. Gerade für unsere bäuerlichen Betriebe bietet die ökologische Landwirtschaft eine zukunftsfähige Perspektive. Deswegen sollten Sie unserem Antrag zustimmen, auch wenn es Ihnen schwer fällt.
Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dr. Dürr, Ihr Dringlichkeitsantrag „Aktionsprogramm Öko-Offensive Bayern“ ist wieder ein typisch grüner Antrag: blauäugig, realitätsfern und teilweise überholt.
Was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist nämlich zumindest in Teilen bereits umgesetzt bzw. in die Wege geleitet.
Im vergangenen Jahr wurde der Öko-Landbau in Bayern mit 33 Millionen e gefördert. Bayern hat den Anteil an Öko-Betrieben von 2001 mit 2,76% auf 3,14% im Jahre 2002 gesteigert. Bei der Fläche erhöht sich der Anteil von 3,27% auf 3,58%.
Selbst die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau lobt die Entwicklung in Bayern. Ich zitiere aus einer Pressemitteilung des Öko-Verbandes vom 24. März dieses Jahres: Der ökologische Landbau in Bayern ist auch im vergangenen Jahr deutlich ange
wachsen, im Vergleich zum Vorjahr um über 6% auf 36000 Betriebe. Die ökologisch bewirtschaftete Fläche stieg auf weit über 100000 Hektar an. – Ende des Zitats.
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ein Vergleich mit Brandenburg muss hinken. Bayern hat nämlich über 140000 landwirtschaftliche Betriebe mit einer Durchschnittsgröße von 23,3 Hektar pro Betrieb, Brandenburg hat aber nur 6554 Betriebe – also nicht einmal 5% unserer Betriebe –, aber die Betriebsgröße beträgt 208 Hektar. Wenn sich da nur ein paar Betriebe umstellen, wirkt sich das prozentual verständlicherweise ganz erheblich aus. Sie dürfen, wie Sie vorhin gesagt haben, wirklich nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.
Auch ein Vergleich mit Österreich oder Italien ist nicht zielführend. Gerade die Bergbauern finden ganz andere Voraussetzungen vor, als wir sie haben.
Wir haben uns das jetzt bei einem Besuch angesehen; Sie haben leider durch Abwesenheit geglänzt, Herr Dr. Dürr; da hätten Sie vielleicht auch etwas dazugelernt. Die österreichische und die italienische Regierung wollen in dieser Richtung kontinuierlich weiterarbeiten, statt wie Sie mit so sprunghaften Ideen anzutreten.