Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Wir haben uns das jetzt bei einem Besuch angesehen; Sie haben leider durch Abwesenheit geglänzt, Herr Dr. Dürr; da hätten Sie vielleicht auch etwas dazugelernt. Die österreichische und die italienische Regierung wollen in dieser Richtung kontinuierlich weiterarbeiten, statt wie Sie mit so sprunghaften Ideen anzutreten.

Die Staatsregierung hat in den vergangenen fünf Jahren die Förderung des ökologischen Landbaus deutlich verbessert. Die Prämien im Rahmen des KULAP-A-Programms wurde von 230 e pro Hektar auf 255 e pro Hektar bei Grünland und Ackernutzung angehoben. Bei alten Kultursorten wurde die Prämie von 280 e pro Hektar auf 305 e angehoben. Bei gärtnerisch genutzten Flächen und landwirtschaftlichen Dauerkulturen wurde die Prämie von 511 e auf 560 e erhöht. Wir haben ein ganzes Maßnahmenbündel in Angriff genommen, zum Beispiel die verbesserte Personalausstattung bei den Erzeugerberatungen und bei der staatlichen Beratung.

Wir haben das Umstellungsprogramm für artgerechte Tierhaltung eingeführt und das Lehr-, Versuchs– und Fachzentrum für ökologischen Landbau und Tierhaltung in Kringell errichtet. Außerdem haben wir die Versuchs– und Lehrwirtschaft für Gartenbau in Bamberg zu einem Gemüseversuchszentrum mit dem Schwerpunkt „ökologischer Landbau“ umgewandelt. Die Einrichtung einer Fachschule für Agrarwirtschaft, Fachrichtung „ökologischer Landbau“, in Landshut wurde ebenso wie die Gründung eines Instituts für Agrarökologie, ökologischen Landbau und Bodenschutz an der Landesanstalt für Landwirtschaft in Angriff genommen. Der Ausbau der angewandten Forschung beim ökologischen Landbau und die Intensivierung der Absatzfördermaßnahmen durch die Einführung der Richtlinie zur Förderung der Vermarktung ökologisch bzw. regional erzeugter landwirtschaftlicher Produkte sind erfolgt.

Die Teilnahme an speziellen Regionalausstellungen und Messen ist ebenso selbstverständlich wie die Weiterent

wicklung des Ökozeichens „Ökoqualität garantiert aus Bayern“. Wir konnten den an der TU in Weihenstephan bereitgestellten Lehrstuhl noch nicht besetzen, weil sich der Lehrstuhlinhaber zurückgezogen hat.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Vier Jahre! – Freiherr von Rotenhan (CSU): Sie wollten sich doch bewerben!)

Wir wollen mit unseren vielfältigen Marketingoffensiven die regionale Kreislaufwirtschaft gezielt fördern. Herr Kollege Dr. Dürr und liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, ich hoffe, dass Ihnen nicht entgangen ist, welch großartige und beispielhafte Arbeit oftmals in den Landkreisen in Ergänzung des Agenda-21-Prozesses abläuft. Auch ohne Ihre ideologischen Anträge konnten bereits hervorragende Erfolge erzielt werden.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, wer unterläuft denn das bayerische Öko-Siegel? – Das ist doch Frau Bundesministerin Künast.

(Beifall bei der CSU)

Frau Künast hat die weniger anspruchsvolle europäische Ökoverordnung zum Standard gemacht. Das ist für unsere bayerischen Ökobauern kontraproduktiv.

(Beifall bei der CSU)

Warum wenden Sie sich mit Ihren Forderungen nicht an Ihre grüne Bundesministerin? – Sie hat doch die Steigerung der Ökobetriebe auf 20% versprochen. Warum hat die Ministerin bei der Eröffnung der Grünen Woche in Berlin kein einziges Wort zum Ökolandbau gesagt? – Meine Damen und Herren, wir wollen keine unrealistischen Prozentzahlen mit Dirigismus künstlich herbeiführen.

(Beifall bei der CSU)

Das Verbraucherverhalten muss sich im selben Umfang wie das Angebot entwickeln, andernfalls würden wir einen katastrophalen Preisverfall riskieren. 73% der Verbraucher haben bei der jüngsten Umfrage erklärt, dass sie preisgünstige Lebensmittelangebote in den Discountläden nicht unbedingt mit einer Qualitätsverschlechterung gleichsetzen. Wir müssen mit diesen Realitäten zurechtkommen. Die Menschen orientieren sich immer mehr am Preis, auch wegen Ihrer verfehlten Wirtschafts– und Steuerpolitik in Berlin. Sie müssen mehr auf den Geldbeutel schauen und sparen, was auch beim Kauf von Lebensmitteln gilt.

Deswegen halte ich nichts davon, irgendwelche ideologischen Prozentzahlen festzuschreiben. Das muss sich am Markt entwickeln. Die CSU hat in den letzten Jahren immer wieder glaubwürdig unterstrichen, dass sie den Ökolandbau fördern will. Dadurch kann vielleicht auch der konventionelle Landbau unterstützt werden. Wir sehen zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben keine Konkurrenz. Im Gegensatz zu Ihnen verteufeln wir keine Gruppe. Wir glauben, wenn

sich beide Gruppen am Markt orientieren, haben sie realistische Chancen. Manchmal habe ich allerdings den Eindruck, die bayerischen GRÜNEN seien noch realitätsferner als die grüne Bundesministerin. Die CSUFraktion wird Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Lück.

Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Herr Kollege Brunner, weder der Antrag noch Ihre Seitenhiebe werden den Ökolandbau in Bayern entscheidend voranbringen.

(Beifall bei der SPD)

Vor nicht langer Zeit haben wir gemeinsam mit dem Landwirtschaftsausschuss Ökobetriebe besucht. Dabei waren wir alle der Meinung, dass der Biolandbau bei uns auf einem sehr guten Weg ist.

(Freiherr von Rotenhan (CSU): Keiner hat etwas Gegenteiliges gesagt!)

Richtig, aber diese Seitenhiebe nach Berlin könnten wir uns sparen. Ich halte es für wichtiger, dass wir vor unserer Türe kehren.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich wäre der ökologische Landbau ausbaufähig. Das naturnahe Wirtschaften in der Landwirtschaft ist heute sehr viel stärker in den Köpfen als früher. Hier hat sich etwas bewegt. Wir haben bereits eine Bewusstseinsänderung, zumindest verbal. Herr Kollege Brunner, ich gebe Ihnen recht: Die Menschen wollen ökologisch angebaute Produkte. Wenn sie aber im Laden sind, fehlt ihnen schlicht die Bereitschaft, diese Produkte zu kaufen. Dagegen hilft keine Verordnung. Wir müssen dafür werben, dass Reden und Handeln beim Verbraucher übereinstimmen.

(Beifall bei der SPD – Freiherr von Rotenhan (CSU): Richtig!)

Die Ausweitung der Produktion im Ökolandbau durch übergestülpte Verordnungen nützt nichts, wenn die Produkte nicht abgesetzt werden können. Herr Kollege Dr. Dürr, in Ihrem Antrag steht vieles, was wir nicht nachvollziehen können. Wir brauchen ein qualitatives Wachstum. Wir brauchen aber kein quantitatives Wachstum, sofern es uns nicht gelingt, die Nachfrage zu steigern.

Dieser Antrag ist oberflächlich, enthält viele Schwachstellen und zum Teil uralte Forderungen der SPD. Wir sind der Meinung, dass die Spreizung im KULAP für den Ökoanbau vergrößert werden sollte. Wir sollten gemeinsam daran arbeiten. Wir sind aber auch der Meinung, dass umweltgerechtes Verhalten in der Landwirtschaft nicht unterschiedlich honoriert werden darf. Umweltge

rechtes Handeln in der Landwirtschaft muss gleich honoriert werden.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was hat das mit meinem Antrag zu tun?)

Das hat mit dem Antrag zu tun, weil ihr nur Ökolandbau fördern wollt. Das steht sogar explizit drin. Ihr wollt, dass nur Bauern, die in Umweltverbänden sind, gefördert werden.

In Nummer 2 Ihres Dringlichkeitsantrags steht: „... zwischen anerkannter ökologischer Bewirtschaftung und anderen addierbaren Einzelfördertatbeständen vorzusehen“. Wenn also Einzeltatbestände dasselbe Ergebnis haben, dann müssen sie auch honoriert werden.

Zu drittens, Forschung und Lehre. Seitdem wir in den Neunzigerjahren die ersten Anträge dazu gestellt haben, hat sich zwar ein bisschen etwas bewegt, aber für unsere Begriffe bei weitem nicht genug. Dass der Lehrstuhl immer noch unbesetzt ist, das ist natürlich schon ein Armutszeugnis. Da müssen wir wirklich dringend nachbessern.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD))

Wir sind der Meinung, gerade die Forschung in diesem Bereich ist wichtig, und zwar nicht nur für den Öko-Landbau, sondern für die Landwirtschaft insgesamt, weil das nämlich die Grundlagen sind, auf denen wir arbeiten wollen. Wir wollen in diesem Sinn auch keine Spaltung, sondern wir wollen, dass es eine gegenseitige Befruchtung gibt, was in der Vergangenheit auch in Ansätzen da war. Eine gegenseitige Befruchtung zwischen ökologischem und konventionellem Anbau, damit wirklich gesehen wird, was für Vorteile es für alle bringt, wenn mehr umweltgerecht produziert wird.

Vor der Forderung, die Ernährungsberatung neu zu organisieren, Herr Dr. Dürr, muss ich Sie warnen. Denn in diesem Bereich kann eine Neuorganisation leicht zum Abbau führen.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Inhaltlich!)

Zum Inhaltlichen muss ich Ihnen etwas sagen. Obwohl es in diesem Bereich personell sehr eng ist, leisten die Ernährungsberaterinnen wirklich hervorragende Arbeit.

(Beifall der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- fer (SPD) und des Abgeordneten Christ (CSU))

Das sind ausgebildete Ökotrophologinnen. Wer sich einmal angesehen hat, was sie auf diesem Gebiet leisten, der kann eigentlich nicht sagen: Da fehlt es – höchstens personell. Sie leisten die Arbeit schon im Kindergarten, dort wo es wirklich hingehört, und in den Schulen. Dort kann man noch beeinflussen und aufklären, was gesund ist, wie etwas Gesundes produziert werden muss und dass das dann natürlich auch seinen Preis hat. Sie klären also über gesunde Ernährung auf. Das wirkt natürlich nicht kurzfristig, aber langfristig schon. Ganz wichtig ist auch die Zusammenarbeit zwischen Schule und Bau

ernhof. Hier wird eine Menge getan, und wir könnten auch zustimmen, dass noch mehr getan wird, der Bauernhof als Schule auch in der Ernährung und darüber hinaus die verschiedenen Darstellungen. Die Bäuerinnen im BBV machen zum Teil Aufklärung über regionale Vermarktung und dergleichen. Das könnte intensiviert werden. Dahinter stehen wir.

Fünftens: Natürlich kann man immer sagen, wir brauchen Imagekampagnen. Aber ich denke, zwei Hochglanzbroschüren bringen es nicht. Man sollte das Geld lieber in die praktische Erziehung stecken, wie Ernährungsberatung Kindergarten/Schule, Schule auch auf dem Bauernhof, um eine Strategie zu entwickeln, die wirklich bereit macht, diese Waren auch zu kaufen. Denn hier ist unser Problem und auch in der Vermarktungsstrategie, wo wir immer wieder sagen: Es nützt nichts, die Produktion aufzubauen und die Vermarktung zu vernachlässigen.

Als Letztes Punkt 6. Da sagen Sie, Sie brauchen Richtlinien für Großküchen. Ich meine, dass wir hier wirklich einen anderen Weg gehen müssen. Wir müssen Anreize schaffen, damit Ökoprodukte gekauft werden, die natürlich etwas teurer sind. Dann muss man sagen, der bekommt einen bestimmten Etat zur Verfügung. Dann, glaube ich, läuft es, aber nicht mit Richtlinien und noch mehr Bürokratie.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Steht doch drin! Lesen Sie den nächsten Satz!)

Sie haben geschrieben, Sie werden Richtlinien für Großküchen zum Einkauf regionaler oder ökologischer Produkte erarbeiten. Wir wollen nicht Richtlinien, sondern wenn, dann muss Geld her.

In diesem Sinn denke ich, dass der Antrag sehr viele Punkte hat, mit denen wir übereinstimmen, aber doch auch einige, in denen er sehr oberflächlich gehalten ist. Da wir uns von der Zielrichtung her, die Ökoproduktion auszuweiten, einig sind, enthalten wir uns in diesem Fall der Stimme.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Um das Wort hat Herr Minister Miller gebeten.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird das Geheimnis der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bleiben, wieso sie heute so einen Dringlichkeitsantrag stellt. Dieser Antrag geht völlig ins Leere.

Herr Kollege Dr. Dürr, Sie sollten einmal die offiziellen Zahlen verwenden.