Protokoll der Sitzung vom 03.04.2003

Ich möchte eines ganz klar sagen: Für uns Grüne ist die Beteiligung politischer Parteien – mittelbar oder unmittelbar – am Rundfunk oder an den Medien allgemein ein Dorn im Auge. Ich bin eine ganz klare Gegnerin von solchen Beteiligungen. Es ist aber ein allzu durchsichtiges Manöver, heute dieses Feld mit diesem Gesetzentwurf aufzurollen. Angesichts des Schwarzfunks, den Sie seit

40 Jahren in Form des Bayerischen Rundfunks sehr erfolgreich verfilzt haben, ist es allzu leicht verständlich, dass Sie keine Medienbeteiligung brauchen. Ihnen gehört praktisch der Bayerische Rundfunk.

(Prof. Dr. Stockinger (CSU): Hören Sie doch damit auf!)

Dann kann man natürlich mit dem Finger auf die anderen zeigen und mit reinem Herzen dastehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Verhalten ist scheinheilig, wobei scheinheilig eigentlich noch zu schwach ist; ich empfinde es als dreist und unverschämt. Wäre es Ihnen mit der Staatsferne und der Unabhängigkeit der Medien ernst und wäre Ihnen die Vielfalt der Medien ein Anliegen, dann hätten Sie den Anträgen, die wir zu diesem Thema schon gestellt haben, zugestimmt. Ich möchte nur daran erinnern, dass Kollege Runge für eine andere Zusammensetzung des Rundfunkrates gekämpft hatte, die auch zum Ziel hatte, einer größeren Staatsferne und gesellschaftlichen Realität gerecht zu werden.

Sie missbrauchen – ich muss das so sagen; das Wort ist richtig gewählt – den Jugendmedienschutz für Ihre parteipolitischen Wahlkampfzwecke und wollen sich auch für die Zukunft die alleinige Kontrolle der bayerischen Medienlandschaft sichern. Ich muss Sie warnen, denn mit dieser Strategie – die Geschichte lehrt uns das häufig, auch unsere eigene – sind schon ganz andere gescheitert. Ich frage Sie wirklich: Wollen Sie sich in diese Gesellschaft begeben? Das ist keine besonders gute Gesellschaft. Ich ziehe aus dieser Art des Vorgehens wirklich nur einen Schluss: Macht macht blind und maßlos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Staatsminister Huber.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich das Hohe Haus um Verständnis dafür bitten, dass ich etwas später zu dieser Ersten Lesung gekommen bin.

Eine Sitzung, die ich leiten musste, hat etwas länger gedauert. Ich bitte um Ihr Verständnis.

Der vorliegende Gesetzentwurf fasst drei Punkte zusammen. Ich sehe aber überhaupt keinen Anlass, deswegen Kritik zu üben. Es ist kein klammheimliches Verfahren, sondern die Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem drei unterschiedliche Zielsetzungen in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Zu sagen, es würde der Jugendschutz missbraucht, um eine andere Regelung herbeizuführen, ist Unfug.

(Beifall bei der CSU)

Wir könnten natürlich auch drei getrennte Gesetzentwürfe zum gleichen Gesetz vorlegen und dann die Beratung zusammenfassen. Deshalb muss ich sagen: Mir entzieht sich der Sinn eines solchen Vorwurfs in diesem Zusammenhang. Aber, da Sie noch nicht einmal zuhören, Frau Kollegin Gote, nehme ich an, dass Sie das selbst gar nicht so ernst gemeint haben.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Der erste Bereich ist in der Tat der Wichtigste: der Jugendmedienschutz. Wir haben den Staatsvertrag in diesem Hohen Haus beraten und verabschiedet. Erfreulicherweise haben alle Landtage in Deutschland diesem Staatsvertrag zugestimmt, sodass er fristgerecht zum 1. April 2003 in Kraft treten konnte. Es hat sich bereits gestern in Erfurt die KJM konstituiert, sodass – wie man sieht – unverzüglich nach dem In-Kraft-Treten dieses Jugendmedienschutzstaatsvertrages die entsprechenden Gremien handlungsfähig gemacht werden.

Aus bayerischer Sicht ist es durchaus erfreulich – ich nehme an, Herr Kollege Hufe, dass Sie dem zustimmen –, dass der Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Neue Medien, Prof. Ring, zum Vorsitzenden der KJM gewählt worden ist. Wir wünschen ihm in diesem Amt viel Erfolg. Wir wissen aber auch, dass Herr Prof. Ring in den letzten Jahren mit großer Kompetenz und großem Engagement für den Jugendschutz eingetreten ist. Ich bin der Auffassung, die KJM ist bei Prof. Ring in den besten Händen.

Wie Sie wissen, meine Damen und Herren, fasst dieser Bereich heute das Internet und den Rundfunk zusammen. Damit – das war auch ein Verhandlungsergebnis, das Bayern mit dem Bund erreicht hat – haben wir zum ersten Mal auch für das Internet eine Einrichtung, um die üppigen und oftmals sehr problematischen Angebote einer Kontrolle zu unterwerfen. Ich sehe im Übrigen auch in der Tatsache, dass wir die Selbstkontrolle ausbauen, eine echte praktische Verbesserung des Jugendschutzes.

In der Vergangenheit konnte letztlich die staatliche Einrichtung einen Sender oder Anbieter nur im Nachhinein sanktionieren. Die Selbstkontrolle durch unabhängige Fachleute eröffnet erstmals die Möglichkeit, dass vor Ausstrahlung einer Sendung Einfluss genommen wird, dass man den Sendern Ratschläge gibt, zu welcher Tages- oder Nachtzeit eine Sendung ausgestrahlt werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass bestimmte Filmsequenzen aufgrund eines solchen Rates herausgenommen werden. Ich erwarte mir in der Tat von dieser Form des Jugendschutzes, des Medienschutzes, eine Verbesserung. Wir regeln mit diesem Gesetzentwurf, dass bei den lokalen, regionalen und landesweiten Rundfunkanbietern in Bayern unter der Leitung der BLM so verfahren werden kann. Das ist der erste und wichtigste Teil dieses Gesetzentwurfes.

Der zweite Teil bezieht sich darauf – ich glaube, es ist von Kollegen Prof. Dr. Stockinger gesagt worden –, dass wir den Bayerischen Rundfunk verpflichten, in seinen Hörfunkprogrammen bayerische und neuere deutsch

sprachige Musikproduktionen angemessen zu berücksichtigen. Wir sind der Meinung, dass der Hörfunk auch ein Kulturangebot ist, und dass es auch eine Aufgabe ist, neuere bayerische und deutschsprachige Produktionen aufzunehmen. Die Vertreter des Rundfunks haben uns gesagt, dass es durchaus Ihrer Zielrichtung entspricht. Sie meinten nur, das müsse nicht gesetzlich geregelt werden. Ich meine, so eine gesetzliche Vorgabe ist gerade auch zum Schutz von Produktionen und des geistigen Eigentums vorteilhaft.

Das Dritte, was SPD und GRÜNEN offenbar nicht so gefällt, ist die Frage des Zugangs von Parteien zum Rundfunk in Bayern. Frau Kollegin Gote, Sie sagen, die CSU strebt hiermit nach mehr Macht. Ich möchte wissen, wie Sie zu dieser Aussage kommen. Die Regelung, die im Entwurf steht, sieht vor, dass für alle Parteien die unmittelbare und mittelbare Beteiligung am Rundfunk in Bayern ausgeschlossen ist. Das heißt, wenn Sie das kritisieren, dann wollen Sie andererseits, dass die SPD ihre mittelbaren oder unmittelbaren Beteiligungen weiter hält. Das heißt, Ihre Darstellung, Sie sind zwar auch gegen Parteien im Rundfunk, aber der SPD sollte man das weiter erlauben, ist unredlich und ungleichgewichtig.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf hier feststellen, dass es bisher die Regelung gibt, dass sich Parteien nicht am Rundfunk in Bayern beteiligen können. Es ist uns eigentlich erst im Nachhinein und anhand anderer Quellen deutlich geworden, dass es mittelbare Beteiligungen der SPD gibt, auch an privaten Rundfunksendern in Bayern. Wir sind der Meinung, wenn es Klarheit gibt, dass es wegen der Staatsferne und der Überparteilichkeit keine Beteiligung von Parteien am Rundfunk geben soll, dann muss das auch für nennenswerte mittelbare Beteiligungen gelten. Deshalb haben wir auch eine entsprechende Vorschrift im Gesetzentwurf eingefügt. Es wurden im Übrigen auch gleichlautende Anträge im Bayerischen Landtag gestellt.

Wir berücksichtigen selbstverständlich die Verfassungslage. Das heißt, die jetzige Beteiligung kann bis zum Auslauf der Genehmigung oder mindestens für ein Jahr gehalten werden. Bagatellbeteiligungen, die keine Einflussmöglichkeiten mit sich bringen, werden ausgenommen, sodass wir eine verhältnismäßige und vernünftige Regelung dafür haben. Das gilt für alle Parteien.

Ich meine, wir sollten uns gemeinsam zu der Klarheit durchringen, zu sagen: Parteien sollen sich aus dem Rundfunk heraushalten, sollten keine Beteiligungen erwerben und sollten gerade auch über mittelbare Beteiligungen nicht ohne dass es für den Zuhörer erkennbar ist, Einfluss auf Hörfunkprogramme bekommen.

(Hufe (SPD): Einfluss nehmen wir nicht!)

Herr Hufe, Sie sagen, Einfluss nimmt die SPD nicht. Ich darf Ihnen entgegenhalten, dass die Schatzmeisterin der SPD schon mehrfach gesagt hat: Glauben Sie, dass wir das nur haben, um Finanzbeteiligungen zu halten?

Ich darf feststellen: Wenn die SPD durch ihre Beteiligungen an Verlagen beteiligt ist mit einer täglichen Auflage

im Print-Bereich von 2 Millionen Tageszeitungen, dann halte ich das in der Tat für eine Beeinflussung der Meinung, die der Leser in diesem Fall nicht erkennen kann.

(Beifall bei der CSU)

Deshalb sollten Sie im eigenen Interesse diesem Antrag zustimmen und einen Beitrag dafür leisten, dass wir vor die Bürgerinnen und Bürger in Bayern treten können mit der klaren Aussage: Wir wollen, dass sich im Rundfunk keine Parteien tummeln und keinen Einfluss nehmen und dass sie daran weder mittelbar noch unmittelbar beteiligt sein können.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Hufe.

Herr Staatsminister, wie ich heute erfahren habe, hat das Landgericht Berlin Ihnen verboten, zu behaupten, dass die Beteiligungen der SPD in der Größenordnung von 2 Millionen liegen. Die Auflage beträgt 435000. Das entspricht 1,9%.

Ich möchte gleich die Frage anhängen, ob Sie behaupten wollen, dass wir über die mittelbaren Beteiligungen Einfluss auf die bayerischen Rundfunksender nehmen.

Staatsminister Huber (Staatskanzlei) : Zunächst möchte ich klarstellen, die Einstweilige Verfügung hat die SPD gegen mich beantragt, weil ich die SPD als Verleger bezeichnet habe. Sie SPD ist natürlich im rechtlichen Sinn kein Verleger. Aber es ist aufgrund zahlreicher Veröffentlichungen völlig unbestreitbar, dass die Summe der Beteiligungen, die die SPD hält – ich bin dankbar, dass ich das in aller Öffentlichkeit noch einmal in Erinnerung rufen darf –, bei den Verlagen eine tägliche Auflage von 2 Millionen Exemplaren ausmacht. Das sind Beteiligungen unterschiedlicher Größenordnung. Selbst wenn Sie nur Beteiligungen von 25% oder 30% oder 40% haben, also möglicherweise keine Mehrheitsbeteiligung, dann man muss schon sehr blauäugig sein, anzunehmen, dass die SPD zwar Beteiligungen hält, aber dann auf die personelle Zusammensetzung einer Redaktion keinen Einfluss nimmt.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Frau Kollegin, Sie brauchen uns nicht für so dumm zu halten, dass wir glaubten, dass die SPD nur eine Kapitalanlage sucht.

(Beifall bei der CSU)

Wenn es Ihnen also um Hygiene geht, sollten Sie diesem Gesetzentwurf zustimmen; denn sonst muss ich fragen: Wozu hält man denn eigentlich diese Beteiligungen? Vielleicht gilt es auch nur, dem bösen Schein entgegenzuwirken. Deshalb sind Sie herzlich eingeladen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat

schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 4 e

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes und des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung des Abwasserabgabengesetzes (Drucksache 14/12034)

Erste Lesung –

Der Gesetzentwurf wird von der Staatsregierung nicht begründet. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Wörner.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Heute Vormittag, als es um das Trinkwasser ging, hat das Parlament keine Sternstunde erlebt. Die Regierungserklärung des Ministers Schnappauf war in dieser Frage mehr als dünn – ja im Gegenteil: Er bewies mit seiner Rede, dass es eine Sonntagsrede war, der die Montagstaten fehlen. Ich darf aus seiner Rede zitieren: Wasserversorgung muss Pflichtaufgabe der Kommunen bleiben. Weiter sprach er dann: Wasser ist keine Ware wie jede andere. Ich habe daraufhin den Gesetzentwurf gelesen und verzweifelt gesucht, wo er denn das im Gesetz verankert hat. Wieder einmal ist deutlich geworden, dass entweder den Gesetzentwurf offensichtlich das Wirtschaftsministerium geschrieben hat – in ihm steht nämlich etwas von Wirtschaftsgut, nicht von einem schützenswertem Gut und von keiner Ware –, oder die Rede ist von jemandem geschrieben worden, der das Gesetz nicht gekannt hat. Es passt einfach nicht zusammen, meine Damen und Herren.

Das können Sie wie einen roten Faden weiter durch die Rede verfolgen. Da heißt es dann plötzlich wieder – das ist die alte Nebelwurf-Masche –: Keine Liberalisierung. Über Privatisierung spricht man nicht, weil man diese ja will. Hören Sie damit auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Wer Liberalisierung verweigert, kann deswegen noch lange privatisieren. In diesem Gesetzentwurf wird nicht festgeschrieben, dass keine Privatisierung stattfinden darf. Der Minister sagt allerdings: Wasserversorgung muss Pflichtaufgabe bleiben. Dann soll er sagen: Wir wollen es nicht privatisieren. Da kann er sich aber offensichtlich wie so oft nicht gegen den Wirtschaftsminister durchsetzen.