Protokoll der Sitzung vom 04.04.2003

Im folgenden Punkt stimme ich mit allen Kollegen im Landesdenkmalrat überein. Wir stehen vor der schwierigen Situation, dass wir seit einer Reihe von Jahren einen deutlichen Rückgang der operativen Mittel zu verzeichnen haben. Hier ist Nachbesserung notwendig – das sage ich ganz deutlich.

(Beifall der Abgeordneten Odenbach (SPD) und Dr. Schuhmann (SPD))

Ich sehe es auch als meine Verpflichtung an, zu diesem Thema hier Stellung zu nehmen. Ich würde es mit meinem Amtsverständnis nicht vereinbaren können, dem Rat des Kollegen Odenbach zu folgen und zur Denkmalschutzpflege in diesem Hause nichts zu sagen.

Ich weiß mich da in Übereinstimmung mit einer Vielzahl von Kollegen. Sie wissen aber um die Haushaltszwänge. Auch dazu stehe ich ganz eindeutig. Ich habe überhaupt keine Probleme, diesbezüglich meine Verantwortung als Mitglied dieses Hauses, auch als Mitglied der Regierungsfraktion, mit meiner Verantwortung als Vorsitzender des Landesdenkmalrates in Übereinstimmung zu bringen. Es ist Aufgabe all derer, die sich für Denkmalpflege engagieren, gerade derer, die dies im institutionellen Rahmen machen, alles zu tun, um eine Verbesserung der Finanzsituation für die Denkmalpflege in Bayern herbeizuführen.

Ich glaube, dass wir mit einer Reihe von Einzelmaßnahmen, die wir mit diesem Gesetzentwurf vorliegen haben, notwendige Reformen der praktischen Denkmalpflege erreichen. Ich könnte mich natürlich in ähnlich polemischer Weise zu den Einlassungen des Kollegen Odenbach äußern. Ich meine aber, dass wir mit diesem Gesetzentwurf und den darin enthaltenen Einzelmaßnahmen einen Schritt voran tun.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Gote.

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (von der Red- nerin nicht autorisiert): Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich fürchte, ich werde an diesem Punkt heute meiner Rolle als Oppositionspolitikerin nicht in vollem Umfang gerecht. Ich bin nahezu versucht, mich Ihren Ausführungen anzuschließen, Herr Minister, auch wenn es mir schwer fällt.

(Zuruf von der CSU: Sehr gut!)

Natürlich ist das, was hier vorgelegt wird, kein großer Wurf für den Denkmalschutz. Das nimmt der Entwurf aber auch nicht für sich in Anspruch – Sie selbst haben dies am Anfang gesagt.

Ich teile tatsächlich die Kritik, dass wir bei der Bodendenkmalpflege nicht vorangekommen sind. Ich meine, es wäre schon möglich gewesen, heute einen Schritt weiter zu sein, als wir gekommen sind.

Über die Zielrichtung sind wir uns im Landtag einig. Herr Minister, mein Respekt vor den Straßenbauern hält sich in diesem Zusammenhang in Grenzen; das können Sie sich denken. Wenn man weniger Straßen bauen würde, könnte man sofort mehr Bodendenkmäler schützen. In dieser Frage besteht zwischen uns tatsächlich ein Dissens.

(Dr. Spaenle (CSU): Oder Römerstraßen!)

Herr Kollege Spaenle, über diese Straßen fahren wir dann aber auch mit dem Pferdefuhrwerk. Hinsichtlich der finanziellen Regelung bin ich der Meinung, dass das nicht an den Kommunen hängen bleiben darf. Hier ist der Staat in der Pflicht. Wir werden entsprechende Regelungen finden müssen. Ich hoffe, dass wir am Ende der nächsten Legislaturperiode in dieser Frage weiter als jetzt sein werden.

Der Gesetzentwurf enthält viele vernünftige Regelungen, zum Beispiel zur Vereinfachung von Verfahren und zum Ensembleschutz. Auch die Regelungen zur Anpassung von Zuständigkeiten halte ich für nachvollziehbar. Was die finanzielle Ausstattung angeht, möchte ich mich den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Spaenle anschließen. Ich freue mich auf die Detaildiskussionen, die wir sicherlich im Ausschuss führen werden. Besonders freue ich mich auf die Beschäftigung mit den Stellungnahmen des Landesdenkmalrats und der Fachleute. Ich hoffe, wir werden in der nächsten Legislaturperiode etwas für die Bodendenkmalpflege in Bayern erreichen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. – Damit besteht Einverständnis. Es ist so beschlossen.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 10

Antrag der Abgeordneten Odenbach, Irlinger, Dr. Baumann und anderer (SPD)

Verstärkung der politischen Bildung (Drucksache 14/9400)

Ich eröffne die Aussprache. Pro Fraktion ist eine Redezeit von 15 Minuten vorgesehen. Das Wort hat Herr Kollege Odenbach.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! In unserem Lande äußert sich leider immer wieder Unmut an der Politik. Der Grund ist meistens, dass die Leute sehr wenig über Politik und politische Abläufe sowie über die Arbeit, die wir in diesem Hause leisten, wissen.

(Beifall bei der SPD)

Die Wissensmängel unserer Schülerinnen und Schüler beim Thema „Politik“ sind vielfach belegt und werden immer wieder beklagt. In unserem Lande darf es beim Thema „Schulen“ nicht nur um die Pisa-Studie gehen. Wichtig ist, dass unsere Schülerinnen und Schüler möglichst viel politische Bildung erfahren und im Rahmen des Bildungsprozesses an der Schule politisches Handeln erleben können.

(Beifall bei der SPD)

Die negativen Folgen werden allseits beklagt. Demokratie lebt jedoch vom Mitmachen. Wir brauchen dafür mehr Möglichkeiten an der Schule.

(Beifall bei der SPD)

Für unsere demokratische Zukunft ist das Mitmachen unserer jungen Menschen erforderlich. Für mich ist deshalb das Engagement unserer schulischen Jugend gegen den anglo-amerikanischen Krieg im Irak ein Glücksfall, den wohl niemand erwartet hat. Wir haben deshalb einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, in dem wir dieses Engagement ausdrücklich unterstützen und es als Zeichen positiven gesellschaftlichen Einsatzes würdigen. Wir fordern Sie dazu auf, diese Zivilcourage zu unterstützen.

Statt unsere Schülerinnen und Schüler für ihr Engagement gegen den Krieg im Irak zu loben und sich darüber zu freuen, bestrafen übereifrige Schulleiter die Schüler an einzelnen Orten disziplinarisch. Was für ein Verbrechen haben diese Schüler begangen, die sich nur für den Frieden auf der Welt eingesetzt haben? –

(Beifall bei der SPD)

Das ist demokratisches Handeln im besten Sinne. Diese Schülerinnen und Schüler tun das Gleiche wie der Papst. Wahrscheinlich hätte der Papst in Bayern auch mit einem Verweis zu rechnen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bedaure außerordentlich, dass einzelne Schulleiter mit formaljuristischer Amtsautorität reagierten, weil sie offenbar nicht anders zu reagieren wussten. Ich danke ausdrücklich denjenigen Schulleiterinnen und Schulleitern, die in dieser Frage mehr Offenheit und eine demokratische Haltung gezeigt haben. Das war und ist gelebte Demokratie. – Eine Zwischenbemerkung: Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir beantragen zu diesem Antrag namentliche Abstimmung.

Mir tun die Schulleiter leid, die als ultima ratio ihrer Pädagogik nicht anders als mit Sanktionen zu reagieren wussten. Sie haben der gelebten Demokratie in unseren Schulen und in unserem Land einen Bärendienst erwiesen. Der zuständige Staatssekretär hat zu diesem Thema immer nur die Schulordnung zitiert.

(Hofmann (CSU): Das ist doch nicht wahr! Das ist eine Lüge! Haben Sie nicht gehört, was er gestern gesagt hat? – Frau Radermacher (SPD): Herr Hofmann, seien Sie vorsichtig!)

Er redet zwar von Pädagogik, tatsächlich klammert er sich aber an die Paragraphen der Schulordnung und an die Amtsautorität.

Herr Kollege Hofmann, wir benützen diese Ausdrücke in diesem Hause nicht. Jedem Abgeordneten steht das Mikrofon für eine

Gegendarstellung zur Verfügung. Wir sollten beim parlamentarischen Stil bleiben.

Herr Kollege Hofmann, ich könnte jetzt auf einige Aussagen eingehen, die Herr Staatsminister Dr. Beckstein vorhin abgelassen hat. Diese Aussagen waren ebenfalls hart an der Grenze. Ich möchte „dpa“ zitieren: „Die Strafen für Schüler, die während der Unterrichtszeit an Demonstrationen gegen den Irak-Krieg teilgenommen haben, werden nicht zurückgenommen, so Kultusstaatssekretär Karl Freller.“ Ich begrüße ausdrücklich, dass das Kultusministerium die Schulen gebeten hat, auf die Fragen und Ängste der Schülerinnen und Schüler im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg einzugehen. Gäbe es an den Schulen mehr Möglichkeiten, Demokratie nicht nur als politische Bildung zu erfahren, sondern sie zu leben, wäre es gar nicht denkbar, dass Schülerinnen und Schüler für eine aktive Friedenshaltung mit Sanktionen aus der Schulordnung bedroht würden.

(Beifall bei der SPD)

Mein Kollege Dr. Manfred Scholz hat in der Fragestunde zu diesem Thema hervorragende Formulierungen gefunden. Er hat gesagt, es war ein wunderbares Erlebnis für alle Menschen in unserem Land, die es mit der Demokratie und der Erziehung ernst nehmen, zu sehen, wie diese unsere Jugend in ihrem Engagement für eine friedliche Welt von selbst aktiv geworden ist. Dieses engagierte Handeln unserer Schuljugend zeigt, dass junge Leute sehr wohl für Politik zu haben sind, wenn die Demokratie in der Gesellschaft und vor allem in der Schule Handlungsräume erhält. Sie müssen etwas zu sagen haben und Handlungsfelder erhalten. Dafür wollen wir an unseren Schulen sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Die nach wie vor bestehende Zensur von Schülerzeitungen in Bayern ist ein negativer Mosaikstein des Schullebens. Sie ist eine Belastung und eine Bedrohung für die geistige Freiheit heranwachsender Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.

Ich freue mich ausdrücklich über die politische Bildung, die an unseren Schulen derzeit betrieben wird. Allerdings ist das noch viel zu wenig, sowohl für das Fach als auch die Demokratie. In der Hauptschule wurde die politische Bildung in einem Kombifach untergebracht und damit praktisch verringert. In der Realschule sind für die politische Bildung nur in der 10. Jahrgangsstufe zwei Wochenstunden vorgesehen. Im Gymnasium wird dieses Fach in der 11. Jahrgangsstufe in zwei Wochenstunden erteilt. Eine weitergehende Auseinandersetzung mit diesem Fach in der Kollegstufe ist freiwillig.

Deshalb fordern wir mit diesem Antrag die Staatsregierung auf, in allen Schularten die politische Bildung zu verstärken. Dies soll insbesondere durch eine Erhöhung des Anteils in den Lehrplänen, durch eine stärkere Verankerung in den Stundentafeln und durch eine Überprüfung der bestehenden Lehrpläne im Hinblick auf ihre Stimmigkeit erfolgen. Wichtig ist vor allem, dass das

Wissen um den demokratischen Rechtsstaat, um seine Einrichtungen und um politische Abläufe sichergestellt wird.

Die internationalen politischen Aspekte müssen beleuchtet werden. Hier besteht eine große Aktualität. Die politische Bildung muss in allen Jahrgangsstufen der Sekundarstufe 1 sichergestellt werden. Wir wollen eine Verstärkung der Möglichkeiten des Erprobens und Erlebens der demokratischen Vollzüge in unseren Schulen für alle, die dort leben und arbeiten. Das sind die Eltern, die Gemeinden, die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schülerinnen und Schüler.

Wir wollen eine Verstärkung und Ergänzung auch in der Lehrerbildung und – das halte ich auch für sehr wichtig – eine aktuelle Verstärkung und Unterstützung von Forschungen in diesem Bereich.

Meine Damen und Herren, leider haben Sie sich in den Ausschussberatungen gegen diesen Antrag ausgesprochen. Jetzt haben Sie Gelegenheit, diese Sünde wieder gutzumachen. Eine abschließende Bemerkung noch: Das Androhen von Sanktionen in Schulen gegenüber sich demokratisch verhaltenden Schülerinnen und Schülern in Bayern haben eines deutlich gezeigt: Es fehlt in diesem Lande teilweise auch bei der politischen Führung an politischer Bildung.