Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 14/12346, das ist der Antrag der Fraktionen der CSU und der SPD, seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch keine. Dann ist dieser Antrag angenommen.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Christine Stahl, Dr. Dürr, Kellner und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben unseren Dringlichkeitsantrag gestellt, weil die Situation der Kommunen dringlich und drängend ist. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns einig. Die Kommunen müssen in diesem Jahr mit einer Finanzierungslücke von 10 Milliarden e rechnen. Wir alle wissen, dass bei vielen Kommunen die Genehmigung des Haushalts auf der Kippe steht.
Wir haben einen massiven Einbruch bei der Gewerbesteuer, der nicht zuletzt durch die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage verursacht worden ist. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben in Berlin eine missglückte Körperschaftssteuerreform gemacht, Stichwort Körperschaftssteuertöpfe. Das sehen die Kommunen so, und Sie sollten das auch so sehen. Die Kommunen hängen vom Wachstum und von den Erträgen ab. Für sie ist die Frage wichtig, ob Gewinne vorhanden sind, die besteuert werden können. Durch Ihre Wirtschafts-, Finanz– und Steuerpolitik befinden wir uns in Deutschland in dieser Hinsicht in einer verheerenden Situation. Die Bekanntgabe der Arbeitslosenzahl am heutigen Tag hat dies bestätigt. Das Wachstum wird immer geringer. Ohne Wachstum können wir die Situation nicht grundlegend verbessern.
Wir verzeichnen einen permanenten Anstieg der Sozialausgaben, weil Sie über Jahre hinweg nicht bereit waren, über die Standards bei der Sozialhilfe oder der Jugendhilfe nachzudenken. Die Kosten laufen permanent aus dem Ruder. Wenn wir die Ausgaben nicht in den Griff bekommen, werden die Kommunen weiterhin vor riesigen Problemen stehen. Bayern möchte die Belastungen von außen über die Einführung des Konnexitätsprinzips regeln. Ich fordere Sie auf, sich im Bund dafür einzusetzen, dass auch dort das Konnexitätsprinzip eingeführt wird.
Alle, insbesondere die kommunalen Spitzenverbände, sind sich einig, dass die Belastungen der Kommunen in allererster Linie durch den Bund verursacht worden sind. Ich nenne nur die Grundsicherung, die originäre Arbeitslosenhilfe, die UMTS-Erlöse usw.
Sie kennen die Themen. Hier muss dringend etwas geschehen. Sie müssen in Berlin tätig werden und mit Ihren Anträgen nicht nur Forderungen an den Freistaat Bayern stellen. Sie sollten dort handeln, wo Sie regieren. Das wäre ganz wichtig.
Was haben Sie in Berlin gemacht in Bezug auf die Gemeindefinanzreform? – Sie haben sie vier Jahre und länger verschleppt und nichts getan. Sie haben geredet, geredet
und spielen sich jetzt als Retter der Kommunen auf. Sie haben die Verantwortung dafür, dass nichts passiert ist.
Ich räume ein, dass die Debatte schwierig ist. Es stellt sich die Frage, was wir tun wollen. Es gibt drei grundsätzliche Wege: Revitalisierung der Gewerbesteuer, BDI-Modell zum Zuschlag der Einkommensteuer oder der Umsatzsteuer. Alle Modelle haben meiner Meinung nach Vorzüge und Nachteile. Herr Kollege Maget, wir werden in Kürze sagen, wofür wir sind und womit den Gemeinden am besten geholfen werden kann.
Wir sind aber auch – das ist der Grund unseres Dringlichkeitsantrags – zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht mehr möglich sein wird, dieses Problem bis zum 01. 01. 2004 zu lösen. Wir müssen den Gemeinden nächstes Jahr zwar helfen, aber es wird keine grundsätzliche Regelung mehr möglich sein, unter anderem deshalb, weil – wie ich höre – für die Gemeindefinanzreform immer noch keine Zahlen vorliegen, wie sich die einzelnen Modelle auswirken werden. Ohne eine solche Grundlage ist es sehr schwierig zu entscheiden. Sie haben das Problem verschleppt und deshalb müssen Übergangsregelungen in Betracht gezogen werden. Die Kommunen brauchen eine Soforthilfe.
Wir haben schon öfter vorgeschlagen und tun dies auch wieder, die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage rückgängig zu machen, nicht jedoch in der Form, wie Sie das wollen, dass der Freistaat Bayern „irgendwie“ das Geld an die Kommunen weiterleiten soll.
Wir entlassen Sie nicht aus der Verantwortung. Wir werden zu Ihrer Forderung in Bezug auf Bayern Ja sagen, wenn Sie das Gleiche in Berlin tun und durchsetzen. Wir
Ich gehe davon aus, dass wir in der Union eine einheitliche Meinung finden werden, wie wir das immer getan haben, wenn es im Bundesrat um solche Fragen ging. Sie haben das schmerzlich erfahren.
Wir fordern drittens, dass entweder das Grundsicherungsgesetz aufgehoben wird oder aber dass der Bund endlich den Kommunen den vollen Ausgleich leistet. Hier haben Sie die Kommunen hemmungslos belastet.
Wir fordern die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe und die Absenkung des Leistungsniveaus, was immerhin die öffentlichen Hände insgesamt um 1 bis 1,5 Milliarden e entlasten wird. Die Absenkung der Sozialhilfe auf 70% kennen Sie aus dem gemeinsamen Programm von CDU und CSU. Ich habe es eingangs schon erwähnt, dass wir endlich bei der Sozial- und der Jugendhilfe etwas tun müssen. Es kann nicht mehr finanziert werden, was sich – vielleicht damals gut gemeint – aufgebaut hat. Es muss etwas geschehen. Die Ausgaben müssen zurückgeführt werden, um den Kommunen zu helfen. Wir machen das Konnexitätsprinzip in Bayern. Wir fordern es in gleicher Weise vom Bund. Hier können Sie wirklich etwas tun.
Wir halten es nicht für richtig, was Sie als Opposition tun, nur zu sagen, dass da und dort der Anteil der Kommunen erhöht werden und der Freistaat Bayern zahlen soll. Zu sagen, der Anteil der Kommunen am Steuerverbund muss schrittweise auf 15% erhöht werden, aber bei der Gegenfinanzierung ein Fragezeichen zu setzen, ist keine gute Oppositionspolitik. Wo soll das Geld denn herkommen?
Das, was sich im Steuerverbund abspielt, spiegelt das wider, was Sie mit Ihrer miserablen Steuer- und Wirtschaftspolitik machen. Der Begriff „Steuerverbund“ besagt, dass das Land dies tragen muss, wobei die Kommunen auch betroffen sind. Gleiches gilt für die Erhöhung der Schlüsselzuweisungen. Das simple Rezept funktioniert nicht, wenn Sie nicht sagen, wo das Geld herkommen soll. Meine Damen und Herren, wir
können das nicht leisten, das ist unseriös. Es ist Oppositionspolitik der schlechten Art und Weise. Deshalb werden wir die Dringlichkeitsanträge der Opposition ablehnen und das beschließen, was ich hier vorgetragen habe.
Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zu Beginn meiner Ausführungen will ich für die SPD-Fraktion namentliche Abstimmung über unseren Dringlichkeitsantrag beantragen.
Nun kurz zu Ihnen, Herr Kollege Dr. Bernhard. Unabhängig davon, dass Sie hier eine sehr müde Rede gehalten haben, scheint es für Sie eine Pflichterfüllung zu sein, die Sie seit acht Monaten wahrnehmen, indem Sie in regelmäßigen Abständen Dringlichkeitsanträge zur Verbesserung der Finanzsituation der Kommunen stellen. Zum vierten Mal bereits beraten wir solche Dringlichkeitsanträge. Wir beklagen zum vierten Mal übereinstimmend die prekäre Haushaltslage, die fehlenden Einnahmen, die hohen Ausgaben und die daraus resultierende Handlungsunfähigkeit unserer Kommunen. Man muss feststellen, dass sich in diesen acht Monaten nicht viel getan hat. Auf Bundesebene hat die Reformkommission ihre Arbeit begonnen – was in 16 Jahren Unionsregierung nicht möglich war. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen.
Die Bundesregierung hat bereits Sofortmaßnahmen beschlossen. Das war’s. Sie tun so, Kolleginnen und Kollegen der CSU, als ob Sie, obwohl Sie über eine absolute Mehrheit im Bayerischen Landtag verfügen, mit dem kommunalen Finanzausgleich und der kommunalen Finanzsituation nichts, aber auch gar nichts zu tun haben. Und Sie tun so, als ob jegliche Verbesserung der kommunalen Finanzsituation einzig und alleine in Verantwortung der Bundesregierung zu bewerkstelligen wäre. Das ist heuchlerisch und unehrlich.