Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Volkmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Haedke?
Herr Volkmann, ist Ihnen bekannt, dass dieser vermeintliche Geldsegen möglicherweise nicht eintritt, weil beispielsweise in Berlin aufgrund falscher Zahlen und hoher Verwaltungskosten danach kein Geld herauskam und der Staatssäckel eben nichts verdient hat?
In diesem Punkt habe ich es erwartet, weil wir dies schon im Kommunalausschuss so besprochen hatten. Damals haben Sie genau das, was Sie hier fälschlicherweise als Frage wiedergaben, auch schon gesagt. Ich komme am Ende auf diese Frage nochmals zurück, um sie zu beantworten. Ich weiche Ihrer Frage bestimmt nicht aus.
Herr Ettengruber sagte, jetzt sei deshalb der falsche Zeitpunkt, weil im ganzen Land die Stimmung ganz schlecht sei, man müsse die Reform der Gemeindefinanzen abwarten. Nachdem Sie über den Bundesrat an der Reform mitarbeiten, bin ich davon überzeugt, dass da nur etwas Positives, jedenfalls etwas, das Sie verteidigen, herauskommen kann. Danach sagen Sie, jetzt brauche man keine Zweitwohnungssteuer, weil eine gute
Reform der Gemeindefinanzen herbeigeführt werde. Das heißt, es ist aus Ihrer Sicht in jedem Fall nur eine Frage des Zeitpunkts. In Wirklichkeit definiert sich der Zeitpunkt nach Ihrer Auffassung immer danach, wer gerade den Antrag stellt. Kommt der Antrag von der SPD-Fraktion, ist er möglicherweise zwar richtig formuliert, aber vom Zeitpunkt her falsch gestellt. Wenn Sie den Antrag selbst stellen, ist der Zeitpunkt natürlich richtig. Dies sollte nicht gemacht werden.
Herr Ettengruber, es ist nicht wahr, dass die Studenten unter der Zweitwohnungssteuer leiden; denn – Frau Tausendfreund hat bereits darauf hingewiesen – ein Student, der an einen Studienort zieht, hat dort seinen Lebensmittelpunkt, und muss deshalb dort seinen Erstwohnsitz anmelden. Daher betrifft ihn die Zweitwohnungssteuer überhaupt nicht.
Ich darf abschließend vor allen Dingen auf die großen Städte Bezug nehmen. Es ist allgemein bekannt, dass es in München zu tausenden Zweitwohnungen von Leuten gibt, die sich eine Zweitwohnung wirklich leisten können. Es ist für eine bestimmte Schicht der Bevölkerung chic, in München eine Zweitwohnung zu haben und etwa nach einem Opernbesuch nicht in das Hotel, sondern in eine Zweitwohnung zu gehen. Das mag so sein. Aber wenn in einer Stadt wie München eine solche Knappheit an Wohnungen herrscht, ist es doch nur gerecht zu sagen, dass diejenigen, die sich einen solchen Luxus erlauben können, auch zu einem erhöhten Beitrag herangezogen werden. Warum das nicht der Fall sein soll, ist nicht nachvollziehbar.
Herr Haedke, reden Sie keinen solchen Schmarren. Wenn Sie nicht mehr weiterwissen, was in der Regel der Fall ist, sprechen Sie von einer Neid-Debatte. Früher sagten Sie immer, es sei sozialistisches Gedankengut; auch das haben Sie heute schon gesagt. Sie operieren heute nur mit Ausdrücken, die Ihre Hilflosigkeit in der Sache wiedergeben.
Herr Ettengruber, erstens bitte ich Sie, nochmals zu bedenken, es ist in einer Stadt wie München eindeutig so: Viele der Leute sind so wohlhabend, dass sie sich eine Zweitwohnungssteuer locker leisten können, und diese sollen eine Zweitwohnungssteuer entrichten. Damit hat Berlin im vergangenen Jahr immerhin 4 Millionen e eingenommen. Sie können sagen, das sei nicht viel. Bei einem Gesamthaushalt der Stadt München in der Größenordnung von etwa 4 Milliarden e ist das zwar richtig, aber 4 Millionen e ist ein Betrag, mit dem eine ganze Reihe von Wohnungen im sozialen Bereich oder im Rahmen von Eigentumsförderungsmaßnahmen errichtet werden könnte. Warum kann man dann in diesem Bereich nicht wieder eine Zweitwohnungssteuer einführen?
Zweitens. Es gibt in München Genossenschaften, die sich darüber beschweren, dass manche Mieter die billige Genossenschaftswohnung als Zweitwohnung nutzen und sich draußen irgendwo ein Haus bauten und dort wohnen. Wer eine so billige Wohnung in Anspruch nimmt, soll entweder eine Zweitwohnungssteuer zahlen oder die Wohnung kündigen.
Herr Huber, von einem Mitglied der Bayerischen Staatsregierung erwarten die Leute normalerweise, dass es die Zusammenhänge wenigstens in den Grundzügen erkennt.
Sehr geehrter Herr Huber, ich erkläre es Ihnen, vielleicht können Sie es in der Ministerratssitzung einmal verwerten. Die Fehlbelegungsabgabe ist eine Abgabe, die derjenige bezahlt, der eine Sozialwohnung innehat. Der Bewohner einer Genossenschaftswohnung hat in der Regel keine Sozial-, sondern eine Genossenschaftswohnung. Eine Sozialwohnung hat er nur dann, wenn die Genossenschaft die Wohnung mit öffentlichen Mitteln errichtet hat, zum Beispiel nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz oder jetzt nach dem Wohnraumförderungsgesetz. Sie sehen, die Vollversammlung im Bayerischen Landtag ist – selbst für Mitglieder der Bayerischen Staatsregierung – eine echte Bildungsveranstaltung. Eigentlich sollten Sie uns dafür schon ein bisserl dankbarer sein, davon habe ich noch nichts gemerkt.
Wir können uns in München von einer Zweitwohnungssteuer mit gutem Recht erwarten, dass eine ganze Reihe dieser Wohnungen freigegeben würde und damit in München auf dem Wohnungsmarkt eine echte Entspannung einträte.
Sie sollten diese Gelegenheit wirklich beim Schopfe ergreifen; denn sie kostet den Freistaat nicht einen Cent. Sicher nicht allen, aber vielen Gemeinden in Bayern würden Sie damit helfen. Da gilt der alte Grundsatz: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Deshalb sage ich: Tun Sie das, damit tun Sie vielen Gemeinden einen Gefallen und schaffen Sie eine größere Gerechtigkeit. Damit trügen Sie in diesem Bereich zu einer gewissen Entspannung bei. Ich bedanke mich für Ihre ungewöhnliche Aufmerksamkeit.
Staatssekretär Regensburger (Innenministerium) : Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Als einer der Dienstältesten in diesem Hause weiß ich, dass Sie bei den Oppositionsparteien dieses Thema seit Jahrzehnten immer wieder auf Wiedervorlage legen und meist kurz vor dem Landtagswahltermin aus der Schublade ziehen.
Die Ausschüsse haben die Gesetzentwürfe derzeit – ich betone: derzeit – abgelehnt. Ich darf die Diskussion um die kleinen Gemeindesteuern ins Gedächtnis rufen, die derzeit zurückgestellt werden und bei Bedarf wieder aufgenommen werden sollte, wenn die umfassenden und für die Kommunalfinanzen sicherlich wesentlich bedeutsameren Ergebnisse der derzeitigen Reformbestrebungen auf Landes- und Bundesebene, vor allem der Kommission des Bundes zur Reform der Gemeindefinanzen, vorlegen. Eine derzeit isolierte Behandlung empfiehlt sich nicht, da sie einerseits zu Belastungen der Bürger führen, andererseits die Finanzprobleme der Kommunen allein sicher nicht lösen kann. Meine Damen und Herren von der Opposition, hiermit waren auch die kommunalen Spitzenverbände einverstanden. Sie haben also im Moment nicht einmal die Kommunen – jedenfalls nicht deren Vertreter – auf Ihrer Seite.
Im Gegensatz zu Ihnen war ich bei den Gesprächen dabei, daher müssen Sie mir glauben, dass mit dieser Verfahrensweise Einverständnis bestand.
Wenn die Abgeordneten der SPD zur Begründung auf die finanziellen Lasten durch Zweitwohnungen insbesondere in Kur- und Heilbädern sowie in Ballungsräumen, insbesondere in München, verweisen, so ist dem im Übrigen die Möglichkeit der Erhebung von Kur- und Fremdenverkehrsbeiträgen sowie die Berücksichtigung von Zweitwohnungen bei der Berechnung der Schlüsselzuweisungen entgegenzuhalten.
Zudem würden nach Ihrem Gesetzesvorschlag nur bestimmte Gemeinden diese Gestaltungsmöglichkeit bekommen.
Da Kollege Boutter von einer Gerechtigkeitslücke und vom Gerechtigkeitsprinzip gesprochen hat, darf ich aus eigener Erfahrung berichten. Ich oute mich als Zweitwohnungsinhaber, allerdings ist die Wohnung nicht in Bayern, sondern in Österreich. Ich werde also nicht erfasst, bin daher nicht betroffen und nicht befangen. Wissen Sie, was ich dort für diese Zweitwohnung alles zahle, die ich ganz selten nutze? – Natürlich Grundsteuer, natürlich Müllabfuhrgebühren, und zwar für das ganze Jahr, obwohl ich nur 14 Tage oder drei Wochen dort bin. Ich zahle Kurabgabe und Grundbeträge für Wasser und Kanal. Das heißt, in Relation zu denen, die
ständig dort wohnen, zahle ich wesentlich mehr, als es meiner Inanspruchnahme dieser kommunalen Leistungen entspricht. Ich bitte, zur Kenntnis zu nehmen, dass Zweitwohnungsinhaber erhebliche Leistungen erbringen müssen. Das ist ein Beispiel aus der Praxis, und deswegen ein gutes Beispiel.
(Frau Radermacher (SPD): Was will uns das sagen?- Abg. Herbert Müller (SPD) hält Staatssekretär Regensburger ein Geldstück entgegen – Zuruf von der SPD: Wir gehen nachher noch sammeln!)
Die Kommunen haben es auch mit in der Hand, ob Zweitwohnungsgebiete entstehen werden oder nicht, und können deshalb nicht nachträglich über Riesenbelastungen jammern. Sie können das selbst gestalten. Die Gemeinden haben die Möglichkeit, in bestimmten Gebieten eine Zweitwohnungsnutzung einzudämmen; das ist mit Hilfe des Baurechts durchaus möglich.
Herr Kollege Volkmann, Sie haben auch noch das Thema „Polizei“ in die Zweitwohnungsdebatte eingeführt.
Gut, Sie haben das auch angesprochen. Ich kann das ohnehin nicht nachvollziehen. Selbstverständlich haben wir Probleme mit Polizeibeamten, die gegen ihren Willen für eine gewisse Zeit Dienst in München verrichten müssen. Wir haben versucht, diese Probleme zu lösen, und das ist auch weitgehend gelungen. Dank des Sonderprogramms München und dem Altbewerberprogramm München haben wir zwischenzeitlich mehr Bewerber aus dem Großraum München, als wir im Großraum München tatsächlich brauchen. Das Problem wird sich also in Kürze entschärfen, wenn nicht sogar lösen. Ich darf Ihnen auch sagen, dass wir mehr Staatsbedienstetenwohnungen für die Polizeibeamten, die in München Dienst tun, anbieten können, als tatsächlich in Anspruch genommen werden. Mit dem Problem der Polizeibeamten hat das Ganze also wirklich nichts zu tun. Deshalb bitte ich noch einmal darum, dass Sie diese Gesetzentwürfe ablehnen.
Herr Staatssekretär, ich mache von dem Recht der Zwischenintervention Gebrauch und interpretiere Ihre letzten Ausführungen so, dass das, was Herr Haedke zu den Polizeibeamten gesagt hat, im Hinblick auf die Zweitwohnungssteuer völlig fehlgeht.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Ich lasse
zunächst über den Tagesordnungspunkt 9 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der Abgeordneten Peters, Lück, Volkmann und anderer (SPD) , Drucksache 14/10710 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Kollege Hartenstein und drei Kollegen der CSU.
Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.