Protokoll der Sitzung vom 10.07.2003

Nach § 19 Absatz 2 Geschäftsordnung richtet sich die Zusammensetzung des Zwischenausschusses nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen, und zwar nach dem Verfahren nach d’Hondt. Danach entfallen auf die Fraktion der CSU 31 Mitglieder, auf die SPD-Fraktion 17 Mitglieder und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 3 Mitglieder. Außerdem haben die Fraktionen das Recht, für jedes Mitglied einen Stellvertreter vorzuschlagen.

Die Vorschläge der Fraktionen wurden in Form einer Liste aufgelegt. Wer damit einverstanden ist, dass die benannten Abgeordneten zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Zwischenausschusses bestellt werden, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Dr. Gröber. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Die von den Fraktionen benannten Kolleginnen und Kollegen sind damit zu Mitgliedern bzw. stellvertretenden Mitgliedern des Zwischenausschusses bestellt worden.

(siehe Anlage 3)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die letzte Sitzung in der 14. Wahlperiode geht zu Ende. Wie für die beiden Vizepräsidenten, Herrn Kollegen Dr. Ritzer und Frau Kollegin Riess, sowie für den Alterspräsidenten, Herrn Kollegen Dr. Kempfler, und eine ganze Reihe anderer Kolleginnen und Kollegen im Hause ist das auch für mich eine Stunde des Abschieds aus der bayerischen Landespolitik und vor allem von diesem Parlament.

Wenn ich auf diese fast drei Jahrzehnte als Abgeordneter und auf die beiden Wahlperioden als Landtagspräsident zurückblicke, stelle ich fest, dass sich seit meiner Anfangszeit vieles verändert hat. Dabei muss man mit Bewertungen vorsichtig sein, weil man sich auch selbst verändert. Man reift und sieht die Dinge anders als früher. Ich glaube aber trotzdem: Im Landtag ist vieles professioneller geworden. Seit Mitte der Neunzigerjahre ist es uns gelungen, die Parlamentsarbeit deutlich zu straffen und zu beschleunigen. Eine Reform der Geschäftsordnung in mehreren Etappen – mit dem Abschluss in dieser Woche – hat dazu geführt, dass diese „Magna Charta des Parlaments“ jetzt in übersichtlicher, systematisch gegliederter Form vorliegt. In diesem Zusammenhang gebührt vor allem Herrn Kollegen Dr. Ritzer ein

besonderer Dank, der die verschiedenen Interessen in der letzten Woche zusammengeführt hat.

(Allgemeiner Beifall)

Nach und nach wurden unnötige Reibungsverluste und eine gewisse Redundanz in den Beratungen ausgemerzt – etwa durch die Einführung des „federführenden Ausschusses“, durch den weitgehenden Verzicht auf Berichterstattungen im Plenum, durch einen neuen Modus, um die Aktuelle Stunde attraktiver zu gestalten sowie durch pauschale Redezeitbegrenzungen – um nur einige Beispiele zu nennen.

Zudem hat sich der Landtag neuartige Instrumente an die Hand gegeben, um den Anforderungen an ein modernes Parlament besser zu entsprechen und die Informationsgewinnung zu optimieren. Dazu gehören unter anderem die Einführung von Enquete-Kommissionen, die Anhörung der kommunalen Spitzenverbände, die Stärkung der Minderheitenrechte der Opposition und das am 1. September in Kraft tretende Parlamentsinformationsgesetz.

Zu erwähnen sind auch interne Neuerungen, die die Serviceleistungen für Abgeordnete, Fraktionen, Ministerien und die Landtagspresse verbessert haben. All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass unsere Tätigkeit nach außen transparenter und für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer geworden ist, wobei ich nicht verhehle, dass wir auf diesem Weg immer nur in kleinen Schritten vorankommen. Die Parlamentsreform wird eine dauerhafte Aufgabe für unsere Nachfolger bleiben.

Eine zweite wesentliche Verbesserung, die wir in den beiden vergangenen Legislaturperioden vollzogen haben, hängt damit unmittelbar zusammen: Das Maximilianeum ist zu einem offenen Haus geworden – nicht nur an den „Tagen der offenen Tür“, die von Mal zu Mal größeren Zuspruch finden. Auch die Zahl der regulären Besuchergruppen und der Schulklassen, die den Landtag vor Ort besichtigen und sich über ihn informieren, konnte auf inzwischen rund 45000 Gäste pro Jahr gesteigert werden. Das Landtagsgebäude ist darüber hinaus ein begehrter Veranstaltungsort für Vortragsreihen und für Ausstellungen. Manches davon wird zwar von den Abgeordneten aufgrund der Fülle ihrer Verpflichtungen weniger wahrgenommen. Dafür ist das Echo aus dem Kreis der Besucherinnen und Besucher sehr positiv.

Dass wir unsere Tore im Parlamentsgebäude weit öffnen, ist selbstverständlich. Ich zögere aber immer bei der Forderung, das Parlament, also die Versammlung der Abgeordneten, müsste sich mehr dem Volk öffnen; denn dabei wird leicht übersehen, dass die Parlamentarier nicht in einem Elfenbeinturm leben, sondern als Volksvertreter selbst ein Teil des Volkes sind und zu ihm gehören. Die Trennung zwischen dem Volk auf der einen und dem Parlament auf der anderen Seite suggeriert, dass sich die Volksvertretung von der Basis entfernt hätte.

Deshalb ist es wichtig, dass wir auch außerhalb des Maximilianeums, in unseren Stimm– und Wahlkreisen,

häufig präsent und ansprechbar sind. Wenn gelegentlich – auch in den Medien – behauptet und angemahnt wird, das hauptsächliche Tätigkeitsfeld der Abgeordneten sei doch hier im Landtag, dann ist dem zu entgegnen: Wir sind nicht nur Gesetzgeber und Kontrolleure, sondern auch und immer mehr Ombudsleute und Anwälte der Bürgerinnen und Bürger in ihren ureigensten Angelegenheiten.

Meine Erfahrung ist: Als Politiker muss man mit den Menschen reden. Sie wissen sehr wohl zu beurteilen, wer sich für sie und ihre Anliegen zu Hause aktiv einsetzt. Wer im Parlament als „Hinterbänkler“ gilt, kann trotzdem in seiner Heimat zu Recht einen hervorragenden Ruf als Abgeordneter haben.

Wie sehr es die Menschen begrüßen, wenn die Politik zu ihnen kommt, erleben wir auch immer wieder bei den Regionalbesuchen in allen Teilen Bayerns und auf den Regionalmessen, an denen sich der Landtag seit einigen Jahren mit einem eigenen Informationsstand erfolgreich beteiligt. Wenn die Politik in Bayern immer noch relativ volksnah erscheint, hat das meines Erachtens viel mit dem Bayerischen Landtag und seinen Abgeordneten zu tun.

Viele von uns sind auch in der Kommunalpolitik stark engagiert. Wir wissen, was unten passiert, was die Bürger sagen und denken. Wir können Probleme nach oben transportieren und in die Landespolitik einfließen lassen. Gleichzeitig können wir den Sinn politischer Entscheidungen nach unten vermitteln. Diese „Scharnier-Funktion“ ist eine unserer Stärken, die wir uns nach meiner Überzeugung bewahren müssen. Ich sage das auch im Hinblick auf die künftige Reduzierung der Abgeordnetenzahl sowie auf die größer werdende Europäische Union.

Wir erinnern uns noch gut an die lange und auch kontrovers geführte Debatte um die Reform der Stimmkreise bzw. die Verkleinerung des Landtags. Sämtliche Argumente, Für und Wider, wurden damals ausführlich erörtert. Fest steht jetzt: Der 14. Bayerische Landtag ist der letzte mit 204 Mitgliedern. Künftig werden es 24 weniger sein. Umso mehr wächst dadurch die Verantwortung der einzelnen Abgeordneten für die Menschen in ihren Stimm– und Wahlkreisen.

Allen künftigen Abgeordneten muss bewusst sein, dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Ansprüche an sie keinesfalls reduzieren werden – eher im Gegenteil.

Dazu ist es notwendig, dass auch die äußeren Arbeitsbedingungen im Parlament weiter verbessert werden. Das Präsidium hat vor kurzem endgültig beschlossen, in welcher Weise der Plenarsaal saniert, umgebaut und technisch aufgerüstet werden soll. Wir haben uns dabei für eine Lösung entschieden, die den zeitgemäßen Mindestanforderungen entspricht.

Wir wollen den Abgeordneten die Arbeit im Plenarsaal erleichtern, dessen technische Ausstattung deutlich erhöhen und auch den Besuchern bequemere Zugangsmöglichkeiten bieten. Ich bin froh, dass diese verantwortbare Lösung nun unter Dach und Fach ist, auch wenn die Realisierung bedeutet, dass das Plenum ab

Herbst 2004 für ein Jahr behelfsmäßig in den heutigen Senatssaal verlegt werden muss.

Aus einer ganz anderen Warte kommen auf den Bayerischen Landtag ebenso wie auf die 15 anderen deutschen Landesparlamente Herausforderungen zu, wenn nämlich die Europäische Union ab 2004 sukzessive nach Osten erweitert wird. Uns ist bewusst: Die bisherigen und die neuen Mitgliedstaaten sind und bleiben Nationalstaaten. Sie werden auch künftig in Europa das Sagen haben.

Da in der EU neben der Bundesrepublik Deutschland nur Österreich und Belgien eine bundesstaatliche Ordnung haben, können die deutschen Länder und ihre Parlamente im Konzert der Großen und Lauten leicht überhört werden.

Zusätzlich schränkt den Spielraum der Landesparlamente der so genannte Exekutivföderalismus ein. Die Länder wirken ja nur über ihre Regierungen an der politischen Entwicklung auf Bundesebene im Bundesrat mit. Die Landesparlamente als die durch die Wähler unmittelbar legitimierten Organe stehen im föderalen Schatten.

Deshalb liegt es in ihrem Interesse, auch künftig wachsam zu bleiben und ihre Stimme rechtzeitig zu erheben. Der erste Föderalismuskonvent der deutschen Landesparlamente vor kurzem in Lübeck mit der dabei einmütig verabschiedeten Lübecker Erklärung war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Er hat übrigens gezeigt, dass die anderen Bundesländer jetzt endlich das Defizit an Bundesstaatlichkeit erkannt haben, das der Bayerische Landtag bereits 1949 bei der Abstimmung über das Grundgesetz zum Ausdruck gebracht hatte.

Überhaupt sollten sich die Landesparlamente – und damit auch der Bayerische Landtag – wieder mehr auf die Themen konzentrieren, für die sie tatsächlich zuständig sind. Es mag durchaus verführerisch sein, sich mit aktuellen bundespolitischen Fragen auseinander zu setzen und dabei ein wenig vor der Tür der anderen zu kehren. Allerdings sollten wir der Versuchung widerstehen, als eine Art „Ersatzbundestag“ zu fungieren. Das schwächt nämlich auf Dauer unser Ansehen als Landtag,

(Lebhafter Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der CSU)

weil wir dadurch den Eindruck erwecken könnten, als hätten wir kaum eigene Befugnisse und Zuständigkeiten.

Einem Landtag steht es gut an, gemäß der römischen Maxime „multum, non multa“ zu handeln, also nicht vielerlei Dingen nachzugehen, sondern sich mit seinen Angelegenheiten intensiv und genau auseinander zu setzen.

Das Feld, das wir als Bayerischer Landtag zu beackern haben, ist dafür groß genug. Ein Blick auf einige der wichtigsten Themen aus den vergangenen fünf Jahren belegt das. Ich greife aus der Fülle nur einige Stichworte heraus: Festlegung der Haushalte ohne Erhöhung der

Neuverschuldung, Umsetzung und Weiterführung der Hochschulreform, BSE-Forschung, Einführung von Qualitätszeichen für bayerische Agrarprodukte, Strukturreformen im Schulbereich, Kulturfinanzierung, Einführung integrierter Leitstellen, die aktuelle Personalsituation in den Alten- und Pflegeheimen, kommunale Daseinsvorsorge, Verbesserung des Hochwasserschutzes nach dem Pfingsthochwasser 1999 und den Überschwemmungen 2001 und 2003 und – erst vor kurzem – die Aufnahme des Konnexitätsprinzips in die Verfassung. Ganz zu schweigen von den fast 13000 Petitionen, die in dieser Wahlperiode behandelt und erledigt wurden.

Jedes der genannten Themen ließe sich noch durch eine Vielzahl anderer ergänzen. Aber schon diese Auswahl zeigt, dass die Entscheidungen des Bayerischen Landtags die gesamte Palette seiner Zuständigkeit umfassen und auf fast alle Lebensbereiche ausstrahlen.

Der Vorwurf, wir befassten uns nur mit den x-ten Novellierungen längst bestehender Gesetze, ist damit nachweislich unberechtigt. Auch wenn wir uns um ein breites Spektrum von Einzelheiten kümmern müssen, dürfen wir eines nicht aus den Augen verlieren: Nicht die Vertretung von Einzelinteressen ist unser Amt, sondern die Vertretung des gesamten Volkes.

Unsere bayerische Verfassung bringt es auf den ebenso knappen wie aussagekräftigen Nenner: „Die Abgeordneten sind Vertreter des Volkes, nicht nur einer Partei.“

Was ich tun konnte, um Interessen zu bündeln und einen Konsens herbeizuführen, habe ich zu tun versucht. Ich weiß aber auch, dass man den Anspruch, den man dabei an sich selber hat, nie ganz erfüllen kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erlauben Sie mir abschließend noch eine persönliche Bemerkung. Ich habe meine politischen Ämter in Legislative und Exekutive stets als Ämter auf Zeit betrachtet. Wenn ich in diesen Tagen häufig gefragt werde, ob mir der Abschied als Landtagspräsident schwer fällt, kann ich deshalb guten Gewissens sagen: Der Abschied vom Parlament liegt früher oder später in der Natur der Sache. Er fällt mir nicht schwer. Die Begegnungen mit so manchen Parlamentariern werde ich allerdings vermissen. Davon abgesehen, habe ich die Erfahrung gemacht, dass man als Amtsinhaber gelegentlich zu selbstverständlich auf die Wahrheit des Sprichwortes vertraut: „Wem Gott gibt ein Amt, dem gibt er auch Verstand.“ Wir vergessen dabei leider, dass nur die wenigsten Ämter direkt von Gott vergeben werden.

(Heiterkeit und allgemeiner Beifall)

Noch eines möchte ich sagen. Ich zitiere Abraham Lincoln: „Sucht nicht nach Schuldigen, sucht nach Lösungen!“ Ich habe mich an diesem Motto orientiert. Damit bin ich nicht schlecht gefahren.

Meine Damen, meine Herren, in der Hektik des alltäglichen Arbeitsablaufs bleibt oft zu wenig Raum für anerkennende Worte. Deshalb möchte ich heute die Gelegenheit wahrnehmen, denen persönlich zu danken, ohne deren Unterstützung ich meine Aufgaben als Land

tagspräsident und Abgeordneter nicht hätte erfüllen können.

Mein herzlicher Dank gilt zunächst Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für Ihr verantwortungsvolles Engagement hier im Hause sowie in Ihren Stimm- und Wahlkreisen.

Meiner Fraktion danke ich für die Verbundenheit und den freundschaftlichen Beistand unter Gleichgesinnten.

Zu danken habe ich auch den Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Fraktionen, mit denen ich vertrauensvoll zusammenarbeiten konnte.

Mein besonderer Dank gilt all denen unter Ihnen, die sich heute aus dem Bayerischen Landtag verabschieden. Hinter vielen liegt eine oft jahrzehntelange engagierte Arbeit in diesem Hause.

Ich nenne die scheidenden Mitglieder des Präsidiums, den Kollegen Dr. Helmut Ritzer, die Kollegin Roswitha Riess, die Kolleginnen Annemarie Hecker und Petra Münzel; aus dem Ältestenrat die Kollegin Elisabeth Köhler und den Kollegen Franz Brosch. Auch mehrere Ausschussvorsitzende und stellvertretende Ausschussvorsitzende kandidieren nicht wieder: der Kollege Dr. Herbert Kempfler, dem ich zugleich für seine sorgfältige und wohlbedachte Amtsführung als Alterspräsident in der konstituierenden Sitzung danke; sowie die Kollegen Adolf Dinglreiter, Dr. Klaus Hahnzog, Friedrich LoscherFrühwald, Dr. Paul Wilhelm, Ludwig Ritter und Gustav Starzmann.

In meinen Dank schließe ich ebenso diejenigen Kolleginnen und Kollegen ein, die im Laufe der Legislaturperiode aus unterschiedlichen Gründen ihr Mandat niedergelegt haben, sowie jene, die heute wegen Krankheit nicht anwesend sein können und denen wir baldige Genesung wünschen.

Zwei Kollegen haben uns in den vergangenen Monaten für immer verlassen.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 26. Dezember 2002 verstarb nach langer Krankheit Herr Kollege Horst Heinrich. Vor wenigen Wochen, am 5. Juni, erlag Herr Kollege Manfred Hölzl ebenfalls einer schweren Krankheit. Beide wurden mitten aus der Arbeit gerissen. Der Bayerische Landtag wird die beiden Verstorbenen in ehrender Erinnerung bewahren. – Sie haben sich zum Zeichen des Gedenkens erhoben. Ich danke Ihnen dafür.

Im Namen des Hohen Hauses und persönlich danke ich dem Herrn Ministerpräsidenten und allen Mitgliedern der Staatsregierung für die gute Zusammenarbeit mit dem Parlament zum Wohle des Freistaates Bayern. Die Verfassung weist der Legislative und der Exekutive unterschiedliche Aufgaben zu. Beide sind sich jedoch einig in dem Ziel, für unser Land und seine Menschen das Beste erreichen zu wollen.