Liebe Frau Hirschmann, erlauben Sie, dass ich noch ein Wort zu Ihrem Begriff der Rassenideologie sage; das hat vorhin auch schon mein Kollege Spaenle getan. Frau Hirschmann, wir haben uns gestern zu Beginn der Sitzung von unseren Plätzen erhoben, um klar zu machen, in welcher Verantwortung Deutschland und damit auch der Freistaat Bayern stehen für die unsäglichen Verbrechen, die unter der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland begangen worden sind. Wir haben uns
erhoben, und der Präsident hat die entsprechenden Worte gefunden. Wir haben dem gedacht, was unter einer Rassenideologie passiert ist. Frau Hirschmann, ich kenne Sie aufgrund unserer segensreichen Zusammenarbeit im sozialpolitischen Ausschuss lange genug und weiß, dass es Ihrer eigentlich nicht würdig ist, diesen Begriff bei der Diskussion über die Integration von Ausländern zu verwenden. Es wäre gut, wenn Sie sich von dieser Bemerkung in der gehörigen Form distanzieren würden.
Nun komme ich zum Beitrag der Kollegin Gote zum Thema des islamischen Unterrichts. Sie haben Friedrich II. zitiert, der nicht eben zu den geistigen Vätern einer bayerischen Leitkultur gehört; denn er war bekanntlich Preuße.
Ich habe jede Menge preußischer Vorfahren. Das ließ sich als bekennender evangelischer Christ in Bayern nicht verhindern; da wurden früher eheliche Verbindungen mit Preußen geschlossen. Ich bin froh, dass ich hier mein landsmannschaftliches Frankentum vertreten kann und nicht unter der Knute der Preußen leben muss. Da gab es das berühmte Lied: „Auf Ansbach Dragoner, auf Ansbach, Bayreuth“. Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. Wir leben in einer friedlichen Kultur und sind dem bayerischen Liberalismus wieder näher gekommen.
Meine Damen und Herren, haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was die Konsequenzen einer islamischen Religion und einer islamischen Ideologie sind? Frau Gote weiß das wahrscheinlich gar nicht. Als Allererstes hätte die islamische Religion zur Folge, dass Frau Gote als Frau diesem Parlament nicht mehr angehören würde.
Genau das wollen wir aber nicht. Frau Gote, bei aller Unterschiedlichkeit in unserer Auffassung, ich bin doch froh, dass Sie da sind. Ich erfreue mich an den Damen, die im Parlament vertreten sind.
Genau aber das will der Islam verhindern. Gehen Sie einmal in islamische Länder und reißen Sie den Mund dort so auf, wie Sie es hier gemacht haben; Sie werden sich wundern, wo Sie sich wieder finden.
Deshalb wundert es mich ganz besonders, dass sich ausgerechnet die Vertreterin der GRÜNEN für den isla
mischen Unterricht einsetzt. Haben Sie von den GRÜNEN schon mal Forderungen nach einer Verlängerung des katholischen Religionsunterrichtes gehört? Haben Sie schon gleichartige Forderungen für den evangelischen Religionsunterricht gehört? Haben Sie schon einmal große Teile der GRÜNEN-Fraktion bei der Fronleichnamsprozession in München gesehen?
Haben Sie die GRÜNEN schon einmal auf dem Hesselberg, dem heiligen Berg der evangelischen Kirche gesehen? Nirgendwo habe ich sie gesehen. Statt dass Sie sich dafür einsetzen, dass der christliche Religionsunterricht in den deutschen Ländern, in denen er abgeschafft wurde, wieder eingeführt wird, – gehen Sie doch nach Brandenburg oder nach Mecklenburg-Vorpommern –, werfen Sie uns hier vor, dass wir kein Geld für den islamischen Religionsunterricht hätten. Nehmen Sie es mir nicht übel, bei aller Liebe zu Ihrem etwas sonderbaren Verhältnis zu einer Leitkultur, hierüber ist mit uns nicht zu reden.
Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass ich diese Bemerkungen noch machen konnte. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CSU – Frau Steiger (SPD): Schade! – Hans Joachim Werner: Sollen wir das auch noch lesen?)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute war viel von Toleranz die Rede. Herr von Rotenhan, Sie haben aber unsere Toleranz in manchen Punkten arg strapaziert.
Besonders abenteuerlich war aber, dass sich zwei Redner der CSU über eine Bemerkung der Frau Kollegin Hirschmann aufgeregt haben. Wer weiß, wie sich viele Menschen, die in diesem Land Rassismus erleben müssen, Hilfe suchend an Frau Hirschmann wenden, und wer weiß, wie wenig Hilfe sie ihrerseits aus Ihren Reihen dafür bekommt, der kann Ihr diese Äußerung wahrlich nicht zum Vorwurf machen.
Sie haben sich wahrscheinlich überhaupt nur getraut, diesen Begriff zu problematisieren, weil Herr Ministerpräsident Stoiber selbst nicht hier ist. Er hat doch damals auf ganz schlimme und üble Art das Wort von der „durchrassten Gesellschaft“ gebraucht. Vergessen Sie das nicht. Restbestandteile davon sind bei Ihnen leider übrig geblieben.
Ich habe mich darüber gefreut, wie Herr von Rotenhan Frau Stamm in Schutz genommen hat. Wir haben jedoch heute nur ein wenig mit dem Florett herumgespielt. Die Angriffe waren gar nicht so schlimm, aber Ihre Pflichtübung nehmen wir entgegen.
Wichtig sind mir zwei Gesichtspunkte. Sie reden immer von der Globalisierung in unserer Welt. Globalisierung betrifft aber nicht nur Waren und Finanzmittel, sie betrifft auch Menschen. Diesem Problem muss unsere Gesellschaft Rechnung tragen. Sie kann sich nicht abschotten, sondern sie muss offen sein. Es ist ganz klar, dass wir nicht jeden, der zu uns kommen will, aufnehmen können. Mit denen, die zu uns kommen, müssen wir aber fair und human umgehen, und dabei müssen wir auch familiäre Gesichtspunkte berücksichtigen. Hier aber haben wir besonders in Bayern einen großen Nachholbedarf.
Die zweite Pflichtübung von Ihnen, Herr von Rotenhan, galt dem Innenministerium. Dieses hat aber heute konsequent geschwiegen, und das spricht für sich. Die Retourkutsche wird nicht in der heutigen Sitzung kommen, sondern sie wird in Form von Petitionen kommen, die im Petitionsausschuss und bei uns im Verfassungsausschuss auf der Tagesordnung stehen. Frau Guttenberger, ich rate Ihnen, einmal die Behandlung von Einbürgerungspetitionen bei uns im Verfassungsausschuss mit zu verfolgen. Es würde Sie dann nicht mehr verwundern, dass in Bayern nur halb so viele Einbürgerungsanträge gestellt werden wie in anderen Ländern. Die Ablehnungspraxis in Bayern ist so aberwitzig, dass sogar Ihre Kollegen, die mit diesem Thema befasst sind, sehr häufig mit der Linie der Staatsregierung nicht einverstanden sind.
Noch ein Wort zur „Leitkultur“. Wir haben es immer als selbstverständlich betrachtet – das haben wir auch in unserem Antrag zum Ausdruck gebracht –, dass die Wertordnung unseres Grundgesetzes – die Achtung des Anderen, die Grundrechte, Toleranz, Demokratie und Rechtsstaat – eine gemeinschaftliche Basis bildet. Diese Rechte verwirklichen sich nicht von selbst, sie müssen auch von den Deutschen immer wieder erkämpft und erstritten werden. Die Ausländerinnen und die Ausländer, also die Menschen ohne deutschen Pass, sind bereit, diese Rechte anzuerkennen. Sie wären aber auch dankbar, wenn ihnen alle diese Rechte zustehen würden.
Ich warne davor, die Debatte über die Leitkultur zu sehr auf die christlich-abendländische Leitkultur zu reduzieren. Unsere Werte im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung sind auch aus der Philosophie der Antike, aus der Aufklärung und aus der Arbeiterbewegung entstanden. Es gibt verschiedene Quellen für die Werte unserer Verfassung, man kann hier nicht nur immer eine Quelle in Anspruch nehmen. Wozu eine solche Haltung führen kann, haben wir in den von Ihnen erwähnten neuen Bundesländern gesehen. Sie sollten
dort nicht nur für die 20%, die der christlichen Religion angehören, kämpfen, während Sie die anderen im Regen stehen lassen. In den neuen Bundesländern finden Sie viele Ansatzpunkte, wo Sie politisch und weltanschaulich wirken können.
Wir hoffen, dass die Nachdenklichkeit, die heute in einigen Beiträgen zum Ausdruck kam, in Zukunft nicht nur in parlamentarischen Debatten, sondern auch in der Lebenswirklichkeit der 1,1 Millionen ausländischen Menschen, die bei uns leben, zum Ausdruck kommt. Diese Menschen werden zum größten Teil auch bei uns bleiben, daher müssen wir schon in unserem eigenen Interesse zusammen mit ihnen zu Recht kommen. Ich hoffe, dass uns dies in Zukunft vielleicht ein bisschen besser gelingt.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Im Ältestenrat wurde vereinbart, über das Antragspaket im Rahmen einer Gesamtabstimmung Beschluss zu fassen. Abweichend von der grundsätzlichen Regelung, nach der der Abstimmung die Beschlussempfehlung der jeweils federführenden Ausschüsse bzw. die abweichenden Vorschläge des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen zugrunde zu legen sind, soll auf Antrag der Fraktion der CSU bei verschiedenen Anträgen über folgende abweichende Voten anderer Ausschüsse abgestimmt werden:
Tagesordnungspunkt 22 – Antrag betreffend „Schutz vor ausländerfeindlich motivierter Gewalt“ (Drucksache 14/1595): Das Votum des mitberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen.
Tagesordnungspunkt 25 – Antrag betreffend „Sprachkenntnisse (2) – Deutschkurse für Mütter“ (Drucksache 14/1598): Das Votum des mitberatenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport.
Tagesordnungspunkt 26 – Antrag betreffend „Sprachkenntnisse (3) – Deutschkurse für erwachsene Ausländerinnen und Ausländer, Aussiedlerinnen und Aussiedler und andere“ (Drucksache 14/1599): Das Votum des mitberatenden Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport.
Tagesordnungspunkt 44 – Antrag betreffend „Kulturelle und soziale Integration (3) – Nutzung der Möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Integration“ (Drucksache 14/1618) : Das Votum des mitberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen.
Tagesordnungspunkt 49 – Antrag betreffend „Lehrstuhl für islamische Religionspädagogik“ (Drucksache 14/255) : Das Votum des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur.
Die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen liegen Ihnen vor. Besteht damit Einverständnis, dass ich bei den Tagesordnungspunkten 22, 25, 26, 44 und 49 die Empfehlungen der genannten Ausschüsse, im Übrigen die Ausschussfassungen entsprechend § 132 Absätze 3 und 4 der Geschäftsordnung der Abstimmung zugrunde lege? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann lasse ich so abstimmen:
Wer hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 22, 25, 26, 44 und 49 seinem Abstimmungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion in den vorher genannten Ausschüssen und in den übrigen Fällen dem entsprechenden Abstimmungsverhalten in den jeweils federführenden Ausschüssen bzw. im mitberatenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen beitreten will, den bitte ich um das Handzeichen. – Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Wir kommen jetzt noch zur Abstimmung über die mitberatenen zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge.
Zunächst lasse ich über den Antrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 14/2614 abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der CSU. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Dringlichkeitsantrag ist angenommen.
Jetzt lasse ich über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 14/2650 abstimmen. Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Dringlichkeitsantrag ist abgelehnt. Damit ist die Beratung der Tagesordnungspunkte 12 bis 50 abgeschlossen.