Protokoll der Sitzung vom 13.04.2000

Sie haben erwähnt, dass Sie die Förderung degressiv gestalten. Das ist der einzige Lichtblick. Sie fördern jedoch Bereiche, die von der Wirtschaftlichkeit noch weit entfernt sind. Deswegen werden Sie auch Ihr CO2-Reduzierungsziel nicht erreichen.

(Abgeordneter Gartzke (SPD) meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Herr Kollege Gartzke, bei einer Aktuellen Stunde gibt es keine Zwischenfragen.

Bei der Biomasse wollen wir eine breite dezentrale Anwendung erreichen. Ich möchte noch einen Gedanken zur Biomasse einführen. Wir reden immer über Verbrennung. Die Verbrennung von Naturprodukten ist das unintelligenteste, was wir tun können. Bei der Biomasse hingegen gibt es eine ideale Kaskade: Zunächst kann die Biomasse zur Herstellung energiesparender Baustoffe genutzt werden. Ich denke hier an den Baustoff Holz, der wesentlich energiesparender als Beton, Stahl oder Glas ist. Wenn diese Baustoffe, die CO2-reduzierend wirken, entsorgt werden müssen, kann durch diese

Entsorgung noch einmal Energie erzeugt werden. Dies ist der Vorteil der Kreislaufwirtschaft bei der Biomasse.

Abschließend möchte ich feststellen, das Chlorophyll der grünen Pflanze ist die intelligenteste Solarenergienutzung, die es bereits seit mehreren Millionen Jahren gibt. Wir setzen in Bayern auf diese intelligente Nutzung. Dabei werden die Begriffe „Ökologie“ und „Ökonomie“ am besten in Einklang gebracht. In diesem Bereich ist Bayern vorn. Diesen Platz werden wir halten.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Herr Kollege Nentwig.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Energiedebatte ist immer emotionsgeladen. Die Debatte zeigte mir aber ganz deutlich, dass die CSU bei der Energie die Zukunftschancen wieder einmal nicht erkennt. Dies ist sowohl bei unseren Diskussionen im Wirtschaftsausschuss als auch in dieser Aktuellen Stunde festzustellen. Sie lassen sich die Vorreiterrolle wieder einmal von anderen Ländern wegnehmen. Sie erkennen nicht die großen Zukunftschancen. Wenn es nach Ihnen geht, wird es uns beim Thema Energie ebenso gehen, wie es uns bei der Elektronik, im Fernmeldebereich und bei der Elektrotechnik gegangen ist. Dort haben uns die Asiaten das Geschäft weggenommen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als Wirtschaftspolitiker denke ich dabei natürlich an die Arbeitsplätze. Ich denke an den Export, an die Zukunft, an Ausbildungsplätze und an die Wirtschaftskraft. Ich denke daran, dass Energie nicht x-beliebig vermehrbar ist. Wir müssen uns überlegen, wie wir in Zukunft mit geringer werdenden Energiemitteln gut auskommen können. Herr Kollege Sinner, während Sie vom „Morgengrauen“ sprachen, habe ich in Ihrer Rede das Abendrot erkannt. Sie haben sich behäbig, müde und verschlafen zurückgelehnt. Fast wäre das Sandmännchen gekommen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie verschlafen die Zukunft. Politik muss doch vorausschauen und vorausdenken. Die Sonne, mit der wir in den Häusern bereits Warmwasser erzeugen, schickt uns keine Rechnung. Es gibt bereits gute Sonnenkollektoren. Ausserdem gibt es Fördervereine, die versuchen, die Solarenergie voranzubringen. Dies gilt auch für die Windenergie und die Biomasse, wie das meine Kollegen bereits ausgeführt haben. Gerade in Bayern müssen wir jedoch insbesondere auf die Wasserkraft eingehen. Bei der Wasserkraft ist Bayern mit 85% dabei. Dies liegt nicht daran, dass in Bayern die CSU regiert, sondern weil wir die Berge und eine natürliche Topografie haben, die uns dieses Naturgeschenk zukommen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Die Förderung durch den Bund in Höhe von 200 Millionen DM kommt Bayern in besonderer Weise zugute, da Wasserkraftwerke bis 500 Kilowatt bei einer Neuerrichtung pro Kilowatt 1500 DM erhalten und bei einer Erweiterung noch einmal 600 DM. Ich bitte Sie herzlich, sich mehr um die kleineren Wasserkraftwerke in Bayern zu kümmern. Es kann nicht sein, dass sich die Förderung bei einem Ausbau oder einer Reparatur immer nur an die großen Wasserkraftwerke richtet. Auch die kleinen Kraftwerke müssen Fördergelder bekommen. Gerade die vielen kleineren Wasserkraftwerke tragen zu einem guten Einspeisemix bei.

Sie haben ideologische Scheuklappen. Die emotionsgeladene Debatte hat deutlich gezeigt, dass Sie bei den erneuerbaren Energien nur halbherzig vorangehen. Sie benützen alle Modelle zum Vorzeigen nach dem Motto: Wir machen auch etwas. Das geschieht aber nur halbherzig. Entweder ist die Anlage unterdimensioniert oder – wie bei der Windenergie – überdimensioniert, weil diese Modelle nur beweisen sollen, dass sie letztendlich doch nicht funktionieren. Rechnen muss sich das bei der Energiepolitik das nicht immer, Herr Kollege Beck, wie Sie angefügt haben. Man muss in die Zukunft schauen und wie ein guter Kaufmann etwas einsetzen, etwas riskieren und Geld in die Hand nehmen, um einer neuen Energiepolitik zum Durchbruch zu verhelfen. Sie führen eine rückwärts gewandte Debatte. Sie werden hier genau so wie in Wackersdorf Ihr Waterloo erleben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dort sagte die Energiewirtschaft, dass sie nicht mehr mitmache. Sie war klüger als Sie, die Sie an einer Konzeption fest gehalten haben, die Sie letztendlich politisch doch nicht durchhalten konnten.

Wir müssen aus der Kernenergie – sicherlich nicht sofort – aussteigen, aber wir müssen jetzt umsteigen. Wir müssen in die Zukunft denken. Energiepolitik muss nach vorne und nicht nach rückwärts schauen. Ich wünsche mir, dass diese Debatte bei Ihnen etwas bewirkt hat. Dann wäre etwas gewonnen.

(Beifall bei der SPD)

Herrn Kollegen Dr. Söder sehe ich nicht. Das Wort hat Herr Staatssekretär Spitzner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mit meiner Wortmeldung ganz bewusst bis zum Schluss gewartet, weil die Aktuellen Stunden nicht so sehr für die Staatsregierung, sondern für das Parlament sind.

(Frau Radermacher (SPD): Das haben Sie gut erkannt!)

Interessant ist, dass in der Aussprache all diejenigen, die andere heftig kritisieren, sie würden bei dem Thema unsachlich, polemisch und emotional diskutieren, dieje

nigen waren, die emotional und polemisch diskutiert haben.

Fakt ist, dass Bayern die mit den Fördermaßnahmen des Bundes bezweckte Reduzierung des Kohlendioxidausstosses und die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien mittlerweile erreicht hat. Fakt ist auch, dass die Energie- und Umweltbilanz in Bayern unter allen Ländern an der Spitze steht. Fakt ist auch, meine Damen und Herren, dass es kein Land gibt, das in den letzten Jahren so erfolgreich für rationelle Energieverwendung, für Energieeinsparung und auch für Aufklärung bei diesen Themen gearbeitet hat. Es ist erfreulich, dass im Bund bei den Solarkollektoren 32% der Anträge aus Bayern kommen. Aus Nordrhein-Westfalen kommen nur 17 und aus Niedersachsen 9%. Bei der Photovoltaik kommen 42% der Anträge aus Bayern, aus Niedersachsen – –

(Zuruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Nein, die Aufklärungs- und Informationspolitik der Bayerischen Staatsregierung zeigt Früchte.

(Zuruf des Abgeordneten Gartzke (SPD))

Warum erfolgt dies nicht im gleichen Maße von den anderen Ländern?

Erste Bemerkung zum Gesetz: Ich finde es merkwürdig, Frau Kollegin Paulig, dass das Gesetz am Mittwoch vom Bundestag in Erster Lesung, am Donnerstag im Schnelldurchgang in den Ausschüssen, auch noch am Donnerstag in Zweiter und Dritter Lesung und sofort am Freitag im Bundesrat beraten wurde,

(Frau Radermacher (SPD): So etwas hatten wir auch schon! – Zuruf der Frau Abgeordneten Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

nur weil am Sonntag die Landtagswahlen in SchleswigHolstein stattfanden.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: In 16 Monaten so viele Gesetze! – Zurufe der Frau Abge- ordneten Biedefeld (SPD) und des Abgeordneten Gartzke (SPD))

Herr Kollege Gartzke, würden wir uns so etwas erlauben, würden Sie uns zu Recht kritisieren. Wir nehmen das Parlament ernst.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Zweite Bemerkung: Sie sprechen von der Energiewende. Der Leitartikler im Wirtschaftsteil der „Süddeutschen Zeitung“ hat vor wenigen Tagen zu Recht geschrieben, die Energiewende dieser Bundesregierung bestehe nur darin, dass wir künftig den Kernkraftstrom nicht mehr aus Deutschland, sondern aus der Ukraine beziehen.

(Frau Radermacher (SPD): Das ist doch Schmarrn! – Weitere Zurufe von der SPD – Zuruf des Abgeordneten Kaul (CSU))

Drittens. Wir sagen, dass die Vergütung, die der Bund geben will, in vielen Bereichen überzogen ist, weil sie vielfach zu einem Mitnahmeeffekt führt, da der wettbewerbliche Anreiz nicht gegeben ist. Wir sind der Meinung, dass man viel stärker, effizienter und fokussierter mehr Geld in Forschung und Entwicklung hätte geben müssen, um Erfolg zu haben.

(Frau Biedefeld (SPD): Wir haben die Mittel verzehnfacht!)

Ihre Breitenförderung wird keinen großen technologischen Quantensprung bringen.

(Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Mittel im Forschungsbereich wurden verzehnfacht!)

Nein, diese Mittel provozieren den Mitnahmeeffekt. Ein positiver Effekt kommt nicht heraus.

Viertens. Es ist völlig ungeklärt, ob die jetzt getroffene Regelung EU-konform ist. Gegen diese Regelung gibt es eine Reihe von Bedenken. Deshalb kann es durchaus sein, dass die EU ähnlich wie beim Stromeinspeisungsgesetz und beim Kohlepfennig das Gesetz einkassieren wird.. Das schafft unter den Investoren Unsicherheit, die wir nicht brauchen können. Ordnungspolitisch und verfassungsrechtlich sauber wäre es gewesen, dies aus dem Haushalt zu finanzieren. Das kann man leicht machen, denn das zahlt nicht der Finanzminister – der Verbraucher zahlt es schon. Ich glaube, das ist keine saubere Regelung.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Eine weitere Bemerkung: Meine Damen und Herren, bei all dem soll man auch die Größenordnung sehen. Die SPD hat 1994 im Wahlkampf das Programm gefordert: Ein Quadratmeter Sonnenkollektoren und 1 Quadratmeter Solarzellen für jeden bayerischen Bürger. Das ist ein wunderschönes Programm und würde Investitionskosten von 53 Milliarden DM mit einem Zuschussbedarf von 20 Milliarden DM verursachen. Das ist alles schön und gut. Man muss aber Input und Output gegenüberstellen. Was hätte es gebracht? – Würden wir für jeden bayerischen Bürger einen Quadratmeter Sonnenkollektoren und einen Quadratmeter Solarzellen fördern, hätten wir, Kollege Kaul hat das bereits ausgeführt, nur 2,5% des Wärmebedarfs gedeckt und beim Strombedarf nur 1,6%. Ich sage das, weil man dieses Relationen sehen muss.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Herr Staatsminister Miller.

Staatsminister Miller (Landwirtschaftsministerium) : Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Nir

gendwo klaffen bei der Opposition Anspruch und Wirklichkeit weiter auseinander als bei den nachwachsenden Rohstoffen. Der Ländervergleich zeigt das. Es gehört schon einige Dreistigkeit dazu zu sagen, in Bayern habe man sich nicht getraut. Ich hätte mir gewünscht – das wäre redlich gewesen –, wenn Sie die Zahlen genannt hätten, die Sie kennen, und über die wir heute Morgen noch gesprochen haben. Bayern hat im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe 295 Millionen DM und davon 230 Millionen DM aus Landesmitteln aufgewendet. Sie schlagen ein bundesweites Tankstellennetz vor. Wir haben 200 Tankstellen für Raps-Methylester oder Rapsöl. Wir haben 250 Deponiegasanlagen, 20 Pflanzenöl-Blockheizkraftwerke und 330 landwirtschaftliche Biogasanlagen – die Hälfte dessen, was es in der Bundesrepublik gibt. Wir haben 3200 Kleinheizanlagen, gefördert mit einem eigenen Programm.

(Zuruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)