Protokoll der Sitzung vom 14.04.2000

und fordern sachgerechte Planungen ein. Wir glauben noch immer, dass politische Entscheidungen gelegentlich auf Vernunft beruhen,

(Hölzl (CSU):...die bei den GRÜNEN ausgeschlossen ist!)

was sich bei der CSU allerdings nicht feststellen lässt. Von den drei von uns eingebrachten Änderungsanträgen stehen heute zwei zur Abstimmung – einen hat das Plenum bereits abgelehnt. Im Änderungsantrag auf Drucksache 14/2320 fordern wir, dass § 2 Nummer 6 – Ziel B XI 7 – wie folgt geändert wird: Der Satzteil „dass auf die Sicherung neuer Standorte für Kernkraftwerke verzichtet wird.“ wird ersetzt durch: „dass sowohl auf den Ersatz, Aus- und Neubau von Kernkraftwerken an den bereits bestehenden Standorten als auch auf die Sicherung neuer Kernkraftwerksstandorte verzichtet sowie ein schnellstmöglicher Ausstieg aus der Atomenergie angestrebt wird.“ Ihre Formulierung, meine Damen und Herren von CSU und Staatsregierung, ist nur Augenauswischerei. Zwar streichen Sie vier Standorte, die ständig im Gespräch waren, sind aber nicht bereit zu erklären, dass Sie an den bestehenden Kraftwerksstandorten ebenfalls keinen Ausbau vornehmen wollen. Ihre Formulierung haben Sie für den Landtagswahlkampf gebraucht, um kritische Bürgerinnen und Bürger ruhig zu stellen. Ich verstehe nicht, warum Ihnen die SPD heute so großzügig Lob gespendet hat.

(Hofmann (CSU): Ich schon!)

Denn im Grunde genommen bleiben Ausbau und Fortschreibung von Kraftwerksstandorten gesichert und erhalten. Wenn Ihre Aussage, dass Sie keine neuen Atomkraftwerke in Bayern wollen, glaubwürdig sein soll, müssen Sie unserem Änderungsantrag auf Drucksache 14/2320 zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kaul (CSU): Bei den Argumenten, die Sie vorgetragen haben, werden wir das nicht tun, sondern den Antrag ablehnen, Frau Kollegin!)

Von Ihnen, Herr Kaul, habe ich nichts anderes erwartet. Bei manchen Menschen wachsen gewisse Einsichten nie.

Die Vorschriften der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie – beide faktisch Gesetz – werden nicht beachtet. Mit Ihrer Teilfortschreibung handeln Sie rechtswidrig. Denn Die EU-Richtlinien werden nicht in die von Ihnen eingebrachten Projekte aufgenommen. Die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms ohne Berücksichtigung der FFH-Gebiete verstößt nicht nur gegen die derzeit unmittelbar wirksamen EU-Richtlinien, sondern auch gegen § 7 des Bau- und Raumordnungsgesetzes, gegen § 19 c des Bundesnaturschutzgesetzes und gegen Artikel 13 c des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Rechtswidriger als Sie, Herr Staatsminister Dr. Schnappauf, und Sie, Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber, kann man sich gar nicht verhalten.

(Kaul (CSU): Dann ziehen Sie doch endlich vor Gericht, wenn das so ist!)

Ich zitiere aus den Gesetzen. § 7 des Bau- und Raumordnungsgesetzes lautet – es geht um die Aufstellung der Raumordnungspläne –:

In der Abwägung sind auch die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes zu berücksichtigen.

§ 19 c des Bundesnaturschutzgesetzes lautet:

Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines europäischen Vogelschutzgebiets zu überprüfen.

Artikel 13 c Absatz 3 des Bayerischen Naturschutzgesetzes lautet:

Pläne, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder europäische Vogelschutzgebiete nachteilig beeinflussen können, haben Schutzzweck und Erhaltungsziele dieser Gebiete zu berücksichtigen.

Wie können Sie die Projektfortschreibung einzelner Trassen und Gebiete mit diesen Landes- und Bundesgesetzen vereinbaren?

(Hofmann (CSU): Das wird alles gemacht!)

Das nenne ich eine rechtswidrige Landesentwicklungsprogrammfortschreibung.

(Hofmann (CSU): Nein, das lässt sich alles in Einklang bringen, der Donauausbau hat es bewiesen!)

Sie stellen ständig Ihre eigenen Gesetze auf den Kopf. Über die gestrige Debatte zur Lex Strauß brauchen Sie sich nicht zu wundern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hof- mann (CSU): Was hat das damit zu tun?)

Es werden Sondergesetze erlassen, wie sie der CSU ins politische Kalkül oder ins Programm passen.

Sie halten sich nicht an Ihre eigenen Gesetze. Von Bürgerinnen und Bürgern erwarten Sie aber, dass sie diese Gesetze achten und Vertrauen in den Rechtstaat Bayern haben. Mit solchen Geschichten ist das nicht mehr möglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So viel zu unserem Änderungsantrag auf Drucksache 14/2321 und zur Missachtung der europäischen Richtlinien, die in Bayern Gesetzeskraft haben. Dies betrifft natürlich auch die A 94, deren Planung Sie in einem eklatanten Fehlgriff ins LEP geschrieben haben. Im Fall der A 94 wird das Instrument der Landesplanung eklatant missbraucht. Die Trasse über Dorfen wird als Ziel festgeschrieben. Die Staatsregierung will damit durch die Hintertür eine völlig ungeeignete Autobahntrasse durchsetzen, die all den genannten Gesetzen widerspricht. Bürgerinitiativen kämpfen mit einem beispiellosen Einsatz seit über 23 Jahren dafür, dass auf korrektem Weg über das Raumordnungsverfahren eine umweltverträgliche Verkehrsplanung erfolgt. Der Ausbau der B 12 hätte längst verwirklicht werden können. Sie halten dagegen an fragwürdigen und rechtswidrigen Autobahnprojekten fest. Natürlich bleibt es Ihnen mit Ihrer Mehrheit unbenommen, Verkehrsprojekte ins LEP aufzunehmen.

(Kaul (CSU): Wenn die so weitermachen, sind sie das nächste Mal nicht mehr im Landtag!)

Die Festlegung einer bestimmten Trasse ist jedoch nicht möglich. Beispielsweise schreiben Sie ins LEP, die A 94 soll auf der Trassenführung Simbach – Pocking über Dorfen umgesetzt werden. Eine mögliche Trasse über Haag taucht überhaupt nicht mehr auf. Eine Abwägung der beiden Varianten im Raumordnungsverfahren ist damit nicht mehr möglich.

Das Landesamt für Umweltschutz hat in der Stellungnahme vom 27. April 1997 die Trasse über Haag als wesentlich günstiger beurteilt als die Isen-Trasse. Im großräumigen Trassenvergleich der Regierung von Oberbayern wurde festgestellt, dass die Trasse über Dorfen nicht nur in puncto Umwelt schlechter abschneidet, sondern dass mit dieser Trasse auch doppelt so viele Menschen von Lärm betroffen werden. Die Durchschneidung landwirtschaftlicher Flächen ist bei der Trasse über Dorfen drei Mal so hoch. 1400 Hektar wertvoller Natur-, Kultur– und Landwirtschaftsflächen werden zerstört.

Meine Kolleginnen und Kollegen der CSU, Sie wollen damit eine der letzten altbayerischen Kulturlandschaften zerstören, anstatt die einzige sachgerechte Lösung zu wählen, nämlich den Ausbau der B 12 über Haag. Da Sie von vornherein wussten, dass die Isental-Trasse das Abwägungsverfahren nicht überstanden und vor Gericht keine Chance gehabt hätte, versuchen Sie mit diesem Taschenspielertrick „LEP“ die ungeliebte Haager Trasse loszuwerden. Sie greifen dem Raumordnungsverfahren vor und berauben die betroffenen Menschen im Isental ihrer Rechtspositionen. Eine Abwägung mit der Alternative ist nicht mehr möglich. Diese Verfahrenstechnik ist in höchstem Maße unanständig, hat mit sachlichen Argumenten nichts mehr zu tun und wird von uns aufs Schärfste zurückgewiesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese LEP-Änderung ist rein politisch motiviert, missachtet geltendes Recht und hat mit verantwortungsvoller Planung nichts, aber auch gar nichts zu tun. Wenn wir uns Ihre jüngsten Äußerungen zum Bundesverkehrswegeplan aus der Kabinettsitzung ansehen, stellen wir hierzu fest:

Erstens. Diese Äußerungen stimmen nicht in allen Punkten mit Ihren Planungen zum LEP überein.

Zweitens. Damit haben Sie wieder einmal Ihre ökologische und ökonomische Verantwortungslosigkeit bewiesen.

Sie haben 360 Fernstraßenprojekte für den Bundesverkehrswegeplan, darunter 71 neue Projekte, vorgesehen. Demgegenüber haben Sie gerade einmal 14 Schienenprojekte vorgesehen. Allein die 71 neuen Projekte veranschlagen Sie mit 4,7 Milliarden DM. Wir wissen um die Finanzmittelsteigerungen. Insgesamt melden Sie zig Milliarden DM für Fernverkehrsprojekte an. Sie sind immer noch nicht in der Lage, ökonomische oder finanzielle geschweige denn ökologische Prioritäten zu setzen, wie wir dies seit langem einfordern. Selbst mit einer schwarzen Regierung wäre der Katalog, den Sie angemeldet haben, nicht umsetzbar. Sie müssten sich noch weiter verschulden, als dies unter dem ehemaligen Bundesfinanzminister Dr. Waigel der Fall gewesen ist.

(Hofman (CSU): Das wird auch nicht von heute auf morgen finanziert!)

Vielleicht wollen Sie diese Projekte auf 300 oder 400 Jahre finanzieren.

(Hofmann (CSU): Sie haben auch schon einmal mehr Humor gehabt!)

Welchen Zeitrahmen stellen Sie sich vor? Herr Kollege Hofmann, ich schätze Ihren Humor und habe Ihnen auch dazu anlässlich Ihres 60. Geburtstages gratuliert. Ich würde mich aber auch freuen, wenn Sie in der Politik einmal verantwortlich vorgehen würden. Sie sollten hier keine Weihnachtsmänner-Wunschkataloge vorbringen, die Sie nicht umsetzen können.

(Kaul (CSU): Das ist wieder die typische Überheblichkeit!)

Sagen Sie endlich, was für Sie Priorität hat.

(Hofmann (CSU): Ich werde Sie das nächste Mal im Ausschuss schon daran erinnern!)

Herr Kollege Hofmann, Sie können gerne nach mir sprechen. Es wäre nicht schlecht, wenn Sie jetzt mit Ihren Zwischenrufen aufhören würden. Entscheiden Sie sich endlich für eine verantwortliche Politik und haben Sie den Mut, an den Stammtischen zu sagen, dass eine Trasse in den nächsten 50 Jahren nicht umgesetzt werden kann. Sagen Sie endlich, dass Sie die bayerische Kulturlandschaft schützen wollen und deshalb keine Autobahnen oder Bundesfernstraßen durchsetzen werden. Es gibt andere Möglichkeiten, nämlich Schienenprojekte oder den Ausbau bestehender Straßen. Sagen Sie den Bürgern, dass Sie dieses bayerische Land erhalten wollen und nicht täglich zirka 25 Hektar dieser Fläche weiter versiegeln und zerstören. Der Bodenverbrauch in Bayern ist ein gravierendes Problem, das uns noch große Sorgen bereiten wird. Die CSU verhält sich doch wie die drei Affen: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will es nicht übertreiben und behaupten, dass es hier 123 von dieser Tiergattung gibt. Es gibt noch ein paar, die leise verantwortlich denken, aber in der Fraktion nichts sagen dürfen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich noch einmal auf diese Verkehrsprojekte zurückkommen. Sie haben im LEP über 18 Projekte angemeldet. Wir haben uns die Mühe gemacht, das Ziel B 10 neu zu fassen, neu zu formulieren und neue Dringlichkeiten einzubringen. Wir wollen den Personennahverkehr sachgerecht ausbauen. Ich darf Ihnen unsere Prioritäten nennen: Sie liegen beim S-Bahn-Konzept in Augsburg, bei der Stadt– und Umlandbahn im Raum Erlangen-Höchstadt, beim Ro-Regio-Konzept im Raum Rosenheim, bei der S-Bahn Nürnberg – Bamberg, beim viergleisigen Ausbau des Engpasses Nürnberg – Fürth und bei dem Ausbau und der Planung des S-Bahn-Südrings in München. Diese Prioritäten müssten gesetzt werden, um tatsächliche Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger in Bayerns Ballungsräumen zu schaffen.

Wir fordern zur Verbesserung des Nahverkehrsangebots in ländlichen Regionen die Reaktivierung bzw. Modernisierung verschiedener Fahrstrecken ein: Dinkelsbühl – Dombühl, Ebermannstadt – Forchheim – Hemhofen, Passau – Freyung, Gessertshausen – Markt Wald, Landshut – Mühldorf, Neumarkt St. Veit – Passau, Würzburg – Seligenstadt – Volkach (Mainschleifenbahn). Hier ist handeln angezeigt. Wir haben den Antrag eingebracht. Sie können diesem Antrag zustimmen. Hier haben Sie die Chance, konkreten Nahverkehrsplanungen zuzustimmen. Selbstverständlich lehnen wir Ihre

gigantischen Autobahnprojekte, die Sie wieder im Bundesverkehrswegeplan anmelden wollen, ab.

Frau Kollegin Biedefeld, wir sehen hier in der Tat nicht mehr den Bedarf. Wir fordern allerdings den Anbau von Standspuren, Kriechspuren in Steigungsbereichen, Tempobeschränkungen, Lkw-Überholverbote, einen verstärkten Einsatz von Verkehrstelematik und Verkehrsleitsystemen, eine Verlagerung von Pkw- und Lkw-Verkehr auf öffentliche Verkehrsmittel und eine Erhöhung der Verkehrskapazität auf modernen Bahnstrecken. Dieses Ziel muss im LEP formuliert werden.

(Hofmann (CSU): Sie bekämpfen doch den Ausbau von Bundesstraßen!)

Herr Kollege Hofmann, manchmal ist es wirklich nicht so einfach mit Ihnen.