Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir schon heute früh mit den vorgezogenen Haushaltsberatungen angefangen haben, ist es nur recht und billig, wenn wir uns auch heute Nachmittag bei den Dringlichkeitsanträgen mit dem kommenden Doppelhaushalt befassen.
Das Budgetrecht ist das Königsrecht des Parlaments, und so ist es an der Zeit, dass wir hier im Parlament unsere Schwerpunkte vorstellen, bevor sich das Kabinett in der Sommerpause mit dem Doppelhaushalt befasst. Es könnte doch ausnahmsweise sein – nachdem wir die Schwerpunkte hier nicht aus Jux und Tollerei vortragen, sondern wohl begründet –, dass diese Schwerpunkte, deren Wirkung für Bayern greifbar ist, im Haushaltsentwurf Aufnahme finden. Denn, Herr Finanzminister, der Doppelhaushalt 2001/2002 muss eine Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft geben.
Die Probleme sind uns bekannt. Sie weigern sich aber, den richtigen Lösungsweg zu gehen, weil Sie viel zu häufig veralteten Technologien nachhängen oder veralteten Ideologien hinterherlaufen.
Unsere Schwerpunkte können in zwei Bereichen zusammengefasst werden: Zum einen ist das die ökologische Modernisierung und zum anderen die Förderung einer zukunftsfähigen Gesellschaftspolitik für Bayern.
Wir haben heute Vormittag über den gewünschten Schuldenabbau gesprochen. Ich habe Ihnen dazu heute wie bereits in der Vergangenheit gesagt, die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist für eine solide Haushaltspolitik. Wir wollen nicht auf Pump und nicht zu Lasten kommender Generationen leben. Vor diesem Hintergrund, Herr Finanzminister Faltlhauser, muss auch Ihr Steuerreformmodell betrachtet werden. Ich habe bereits vor etwa einem halben Jahr einen Antrag gestellt und Sie darin aufgefordert, dass Sie darüber berichten, welche Auswirkungen Ihr Steuerreformmodell nicht nur auf den Landeshaushalt hat – das wissen wir inzwischen, das ist hoch dramatisch; es geht um mehr als eine Milliarde DM –, sondern auch, welche Folgen es für die Kommunen mit sich bringt.
Auch diese Auswirkungen müssen Sie darstellen, denn bei den Kommunen ist es in der Tat so: Die letzten beißen die Hunde. Wir erleben bereits heute, wo überall gespart wird: bei den sozialen Aufgaben, bei der Kinderund der Jugendhilfe.
Herr Dinglreiter, wir werden sicherlich eine Aktuelle Stunde zur Rentenreform erleben. Dort können Sie das Thema vertiefen. Jetzt geht es um den kommenden Doppelhaushalt 2001/2002.
Wegen der kommunalen Zuschüsse nehmen Sie manchmal den Mund zu voll. Sie geben mehr vorzeitige Baubewilligungen aus, als der Haushalt hergibt. Deswegen müssen die Kommunen zu lange zwischenfinanzieren. Meines Erachtens wäre es ehrlicher, entweder die Einzelbeträge sachgerecht zu erhöhen und dafür anderenorts Einsparungen vorzunehmen, oder aber sehr restriktiv mit den vorzeitigen Baugenehmigungen umzugehen, weil sonst das Zwischenfinanzierungsproblem auftritt.
Nach den Rahmenbedingungen will ich zu den inhaltlichen Schwerpunkten kommen: In der Tat haben wir seit Jahren bei der ökologischen Modernisierung einen großen Nachholbedarf. Im Freistaat Bayern gibt es über 17000 staatliche Gebäude, von denen viele in einem bedauernswerten Zustand sind. Wir konnten uns erst kürzlich im Universitätsklinikum Würzburg davon überzeugen, in welchem bedauernswerten, geradezu beschämenden Zustand die alten bayerischen Universitätskliniken sind. Hier muss gehandelt werden. Hier kann man die notwendigen Sanierungsmaßnahmen nicht mehr hinauszögern. Hinzu kommt, dass viele Heizungen in einem Zustand sind, der etwa dem technischen Standard von 1950 entspricht. Sie sind gefordert. Der Oberste Rechnungshof hat dankenswerterweise errechnet, dass bei entsprechenden Maßnahmen von 200 Millionen DM Energiekosten 31 Millionen DM einzusparen wären.
Das gleiche Problem stellt sich bei den Kommunen. Dort gibt es viele Schulgebäude aus den sechziger Jahren, als noch kaum Wert auf den energiesparenden Zustand gelegt wurde. Weder die Heizungen noch die Wärmedämmung entspricht den Anforderungen. Herr Staatsminister, Sie wären gut beraten, wenn Sie zinsverbilligte Darlehensprogramme ausgeben würden.
Punkt 3 – das betrifft Sie, Herr Kollege Dinglreiter – ist die Schieneninfrastruktur. Niemandem nützt es, den Schwarzen Peter hin- und herzuschieben: der Bund soll, die Bahn AG soll, die Kommunen sollen, und jeder soll. Die Leute interessiert das nicht mehr. Sie wollen, dass der Zug pünktlich kommt, pünktlich abfährt und dass er sich in einem zumutbaren Zustand befindet.
In anderen Bundesländern wurde viel auf den Weg gebracht. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz aber auch in Nordrhein-Westfalen gibt es die Länder-Eisenbahnen. Bayern ist das Schlusslicht. Sie haben die rote Laterne.
Herr Kollege Ach, Sie haben mir das Stichwort gegeben. Bayern steckt das Geld mit Vorliebe in den Staatsstraßenbau. Das ist Ihr primäres Anliegen
anstatt dafür zu sorgen, dass wir endlich einen Schienennahverkehr bekommen, der einem Hochtechnologieland, wie Bayern es sein will, angemessen wäre.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Willi Müller (CSU): Sind Sie dafür, dass weniger für den Staatsstraßenbau ausgegeben wird?)
Ja, ich bin dafür, dass weniger für den Staatsstraßenbau ausgegeben wird, weil ich darin keinerlei Innovation erkennen kann. Ich empfand es als krassen Fehlgriff, dass Sie unter der Offensive Zukunft Bayern den Staatsstraßenbau gemeint haben.
Nun zur Gesellschaftspolitik: Jeder, der betrachtet, was an den Schulen vor sich geht, sagt für sich, dass wir mehr Schulsozialarbeit bräuchten und dass wir mehr für die Integration der ausländischen Schülerinnen und Schüler tun müssten. Sehen wir uns an, was tatsächlich passiert. Sie haben mit Mühe und Not für 16 Projekte Schularbeit besorgt. In einem Flächenstaat wie Bayern können Sie damit keinen Staat machen. Wenn Sie die Integration wollen, müssen Sie dafür sorgen, dass etwas getan wird. Das fängt mit Deutschkursen für Mütter mit Kindern im Kindergartenalter an und hört bei Zusatzstunden an den Berufsschulen auf.
Schauen wir uns an, was an den Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen und Berufsschulen los ist. Wir reden hier von der Globalisierung der Wirtschaft, von neuen Herausforderungen und und und. Von den Praktikern hören wir allerorts Klagen, weil das Ausländerrecht nicht modernisiert wird, nicht genügend Tutorien für ausländische Studierende da sind und und und. Wir sind mit der Zahl der ausländischen Studierenden zurückgefallen. Das wird noch einmal zum Schaden des Wirtschaftsstandortes Bayern sein.
Ich sage Ihnen noch eines: Es hängt nicht nur am Geld, sondern es hängt auch an der schlechten Zusammenarbeit verschiedener Ministerien. Ich betrachte die Staatskanzlei, den Finanzminister aber auch den Wissenschaftsminister und den Wirtschaftsminister. Solange jeder sein Schrebergärtchen hütet, wird es nichts werden. So bleibt die interdisziplinäre Zusammenarbeit nur ein Schlagwort.
Ähnliches gilt für den Jugendaustausch. Wir müssen ihn mit Osteuropa forcieren. Es gibt nichts Besseres zum Abbau von Vorurteilen, als die jungen Menschen zueinander zu führen und den Austausch zu pflegen.
Zum Schluss einer der wichtigsten Punkte: Ich weiß nicht mehr, wie viele Debatten wir im Landtag wegen des Pflegenotstands in den Altenheimen geführt haben. Jeder meint, dass etwas getan gehöre – aber kosten solle es möglichst nichts. Am liebsten war es Ihnen stets, die Ursache für die Misere – jetzt, seitdem es eine rotgrüne Bundesregierung gibt – nach Berlin zu verschieben. Aber die alten und hilflosen Menschen bedürfen unserer besonderen Unterstützung und Fürsorge.
Man muss sich Gedanken machen, wie man im Haushalt die Prioritäten setzt. Bei uns steht die Fürsorge für alte Menschen, die sich selbst nicht mehr helfen können, ganz vorne. In diesem Sinne, Kolleginnen und Kollegen von der CSU-Fraktion aber auch von der SPD-Fraktion, würden wir gerne mit Ihnen diskutieren, auch wenn es einige Unterschiede bei der Schwerpunktsetzung gibt.
Im Herbst sollten wir das Budgetrecht des Parlaments in beide Hände nehmen und nicht der Staatsregierung überlassen. Wir tanzen nicht nach der Pfeife der Staatskanzlei und des Ministerpräsidenten, bei Ihnen habe ich aber den Eindruck – dies ist nicht zu leugnen. Ich möchte Sie, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, ermuntern, im Herbst der Staatskanzlei und dem Ministerpräsidenten zu zeigen, wer das Budgetrecht hat. Das haben wir.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Was wir jetzt diskutieren, ist auf fränkisch gesagt „ein alter Hut“. In Pressekonferenzen der SPD wurde darüber bereits mehrmals geredet. Wir haben Erklärungen dazu abgegeben. Wir haben am vergangenen Donnerstag bereits im Haushaltsausschuss darüber diskutiert, und heute ist es so dringlich, dass das Thema als Dringlichkeitsantrag der SPD noch einmal auf die Tagesordnung genommen werden musste.
Lediglich eines hat sich geändert: die Personen. Diese Dinge haben bisher immer die Kollegin Lochner-Fischer und der Kollege Straßer vorgetragen. Jetzt trägt sie Herr Maget vor, um zu zeigen, wer das in Zukunft macht.
Ja, sehr allgemein. Da ist vielleicht ein bisschen auch die Nichtmitgliedschaft im Haushaltsausschuss von besonderer Bedeutung.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, als ich den heute zur Abstimmung anstehenden Dringlichkeitsantrag der SPD las, dachte ich mir wie bei allen anderen Anträgen: Da braucht offensichtlich doch noch jemand ein bisschen Nachhilfeunterricht in Sachen Haushaltsgesetzgebung. Sie alle und wir alle wissen, dass das Haushaltsbewilligungsrecht, Frau Kollegin Schmidt, traditionell das wichtigste und vornehmste Recht des Parlaments ist. Das ist unstreitig und wird auch von niemandem streitig gemacht. Wir, Herr Kollege Maget, haben das Budgetrecht nie aus unseren Händen gegeben. Deshalb bauchen wir es auch nicht zurückzufordern.
Die Haushaltsaufstellung – das steht in der BayHO – ist, wie es seit 50 Jahren in Bonn und in allen Bundesländern gehandhabt wird, die notwendige Vorstufe für die Haushaltsgesetzgebung. Die Staatsregierung tut nichts anderes, als den Vollzug der BayHO – früher war es die RHO – wahrzunehmen und uns die Vorlagen für die Beratung im Haushalt zu geben. Diese Aufgabe kann das Parlament nicht wahrnehmen, sondern muss bei der Exekutive bleiben. Daran sind sämtliche Behörden beteiligt. Diese Aufgabe gehört zu den Staatsaufgaben. Der von dort kommende Entwurf wird letztlich von uns beraten, gegebenenfalls geändert und dann beschlossen.
Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und auch von den GRÜNEN konkrete ausgabewirksame Schwerpunkte berücksichtigt wissen wollen, dann ist dazu nicht hier und heute der Zeitpunkt, sondern entsprechend der gesetzlichen Regelung im Herbst bei den parlamentarischen Beratungen des Doppelhaushalts im Haushaltsausschuss.
Auf Ihrer vorgestrigen Pressekonferenz – der letzten von mehreren – haben Sie Ihre Ziele deutlich gemacht. Sie wollen Gelder verbraten, ohne zu wissen, wie viel konkret überhaupt zur Verfügung steht.
Ihre Mutmaßungen sollen – das betone ich und wir bedauern es – solide ermittelte Planzahlen ersetzen. Sie wollen mit der heutigen Diskussion und den Initiativen Gelder verbraten ohne zu wissen, wie die Bedarfslage insgesamt aussieht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und auch von den GRÜNEN, planloses Agieren und endlose Ausgabewünsche ohne Grundlage sind das Motto der Bayern-SPD insbesondere. Seit Jahren – ich habe es bereits heute früh aufgrund von Zahlen genannt – überziehen Sie uns mit kostenwirksamen Anträgen. Aber seit Jahren bleiben Sie uns die Finanzierung der Vorschläge schuldig.