Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf in der Fassung des endberatenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind die Fraktion der CSU und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen bitte ich, auf die gleiche Weise anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist das Gesetz angenommen. Es hat den Titel: „Gesetz zur Änderung des Bayerischen Hochschullehrergesetzes und des Bayerischen Hochschulgesetzes“.

Nun kommen wir noch zur Abstimmung über die mitberatenen Anträge, Tagesordnungspunkte 9 bis 12, auf den Drucksachen 14/2505 mit 2507 und 2509. Alle vier Anträge werden vom federführenden Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur auf den Drucksachen 14/3318 mit 3320 und 3322 zur Ablehnung empfohlen. Ich schlage vor, über diese Anträge eine Gesamtabstimmung durchzuführen. Entsprechend unserer Geschäftsordnung sind dieser Abstimmung die Voten des federführenden Ausschusses für Hochschule, Forschung und Kultur zugrunde zu legen. – Widerspruch dagegen erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstimmen. Wer hinsichtlich der Tagesordnungspunkte 9 bis 12, Drucksachen 14/2505 mit 2507 und 2509, seinem Abstimmungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion im federführenden Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur beitreten will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Herr Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 16

Mündliche Anfragen

Die Fragestunde dauert heute 90 Minuten. Gegen 14.25 Uhr werden die Dringlichkeitsanträge aufgerufen. Zur Beantwortung der ersten Fragen bitte ich den Herrn Staatsminister der Finanzen. Erster Fragesteller ist Herr Kollege Unterländer.

Herr Staatsminister, wie beurteilt die Staatsregierung die durch den Bund geplante Auflösung von 8 der 14 Hauptzollämter in Bayern, insbesondere auch im Hinblick auf die weitere Belastung für die Mitarbeiter am Behördenstandort München?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Herr Kollege Unterländer, Sie stellen eine wichtige Frage, die Betroffene, Bürger und Mandatsträger in ganz Bayern und Deutschland interessiert. Im Bundesfinanzministerium werden derzeit Konzepte zur strukturellen Neugliederung der Bundesfinanzverwaltung geprüft. Anlass hierfür ist zum einen die Konsolidierung des Bundeshaushalts. Durch Strukturveränderungen bei der Bundesfinanzverwaltung soll ein Beitrag zur Haushaltsentlastung von 700 Millionen DM bis zum Jahr 2000 geleistet werden. Das ist eine Menge Geld. Zum anderen sind nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums Strukturanpassungen im Hinblick auf die künftige EU-Osterweiterung erforderlich. Das ist nicht von der Hand zu weisen.

Derzeit sind noch keine endgültigen Entscheidungen über die Auflösung von Hauptzollämtern und Zollämtern getroffen. Nach einem vom Bundesfinanzminister gebilligten Eckpunktepapier soll jedoch die Anzahl der Hauptzollämter in etwa halbiert werden; die Zahl der Zollämter soll um etwa ein Drittel reduziert werden. Nach den bisher bekannt gewordenen Vorschlägen sollen sich gravierende Auswirkungen für Bayern ergeben.

Hier die wichtigen Zahlen, die ich auch den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition gerne zur Kenntnis geben möchte; denn sie haben mit der gegenwärtigen Bundesregierung bessere Gesprächsmöglichkeiten.

Von den in Bayern bestehenden 14 Hauptzollämtern sollen sechs übrig bleiben. Von den hiesigen 41 Zollämtern sollen nur noch zirka 26 weiterbestehen. Herr Kollege Unterländer, das bedeutet: Wir haben es beim Zoll mit einem weitestgehenden Rückzug des Bundes aus der Fläche zu tun. Das stelle ich fest.

Die dargestellten Reduzierungspläne des Bundes haben bereits zu einer erheblichen Verunsicherung der Öffentlichkeit geführt. Ich bekomme täglich Briefe zu diesem Thema, und zwar aufgrund eines Irrtums. Die Menschen meinen, der bayerische Finanzminister sei hierfür zuständig. Doch ist ausschließlich der Bundesfinanzminister zuständig. Briefe in dieser Angelegenheit erhalte ich genauso von SPD-Mitgliedern wie von Mitgliedern

der CSU. Zahlreiche Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker sowie Vertreter von Bediensteten der Zollbehörden haben sich an mich bzw. an die Bayerische Staatsregierung gewandt und darum gebeten, sie aufzuklären und zu verhindern, dass regionale Zollbehörden aufgegeben werden.

Auf meine Veranlassung hin hat sich der Ministerrat kürzlich mit dieser Problematik befasst. Die Haltung der Bayerischen Staatsregierung ist klar: Sie hält die bisher bekannt gewordenen Vorschläge für nicht akzeptabel. Die Zolldienststellen sind nicht nur unentbehrliche staatliche Serviceeinrichtungen für unsere mittelständischen Unternehmen, sondern haben vor allem im ländlichen Raum abseits der Ballungsräume als wichtiger Arbeitgeber erhebliche strukturpolitische Bedeutung.

(Beifall des Abgeordneten Willi Müller (CSU))

Die am grünen Tisch entwickelte Einsparvorgabe des Bundesfinanzministers darf nicht dazu führen, dass auf diese wichtigen regionalen und örtlichen Belange keine Rücksicht genommen wird. Ich habe den Eindruck, dass einige in Berlin von der Basis abgehoben haben und sich nicht mehr darum kümmern. Dies sage ich in Kenntnis dieser Verwaltung. Ich war schließlich einmal als Parlamentarischer Staatssekretär gewissermaßen oberster Zöllner.

Ich betone es noch einmal: Aus Sicht der bayerischen Staatsregierung sind Entscheidungen über Standorte für Hauptzollämter und Zollämter, die allein einer Einsparvorgabe folgen, nicht hinnehmbar. Bei Standortentscheidungen für staatliche Behörden müssen struktur- und regionalspezifische Aspekte angemessen berücksichtigt werden. Wir tun dies in vielen Fällen, in denen wir entsprechend reformieren müssen. Wir berücksichtigen auch die regionalen Gesichtspunkte.

Gerade Bayern als großes Flächenland ist auf eine gleichmäßige Versorgung aller Landesteile durch eine ausreichende Infrastruktur an Zollbehörden angewiesen. Zoll ist auch Dienstleistung vor Ort – bei den Bürgern, bei den Unternehmen. Man braucht Ansprechpartner vor Ort. Gerade in einer Zeit, in der sich die Kommunikationstechniken dramatisch entwickeln, braucht man nicht alles zu zentralisieren. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die bayerische Wirtschaft insgesamt im Zuge der EU-Osterweiterung durch die lange Grenze und die gravierenden Lohnunterschiede zu Tschechien ohnehin erheblichen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt ist.

Der vom Bundesfinanzminister angestrebte Rückzug der Hauptzollämter und der angeschlossenen Zolldienststellen vor allem aus der Fläche stellt ein falsches Signal dar. Damit würde die langjährige erfolgreiche Politik des Freistaats Bayern konterkariert, den ländlichen Raum und strukturschwächere Gebiete durch Verlagerung von Landesbehörden aus den Ballungsräumen gezielt zu stärken. Es kann nicht angehen, dass der Bund, nachdem Bayern konsequent und belegbar permanent dezentralisiert, die seiner Zuständigkeit unterstehenden Verwaltungsbehörden aus der Fläche abzieht, insbesondere aus den ehemaligen Zonenrandgebieten.

Die bisher bekannt gewordenen Vorschläge dürfen nicht umgesetzt werden. Nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung müssen bei der endgültigen Entscheidung des Bundesfinanzministeriums über die Standorte der Hauptzollämter und der angeschlossenen Zollämter neben zollfachlichen Belangen die struktur-, regionalund sozialpolitischen Aspekte ein besonderes Gewicht erhalten. Mit einem Kahlschlag in der Fläche wird sich die Bayerische Staatsregierung jedenfalls nicht abfinden.

Ich habe mich bereits an den Bundesfinanzminister gewandt und ihm die Haltung der Bayerischen Staatsregierung deutlich gemacht. Ich hoffe, dass sich noch viele in diesem Hause in diesem Sinne äußern werden. Darüber hinaus habe ich den Vorsitzenden der Finanzministerkonferenz gebeten, die Angelegenheit auf die Tagesordnung einer der nächsten Sitzungen des Gremiums zu setzen und den Bundesfinanzminister dazu aufzufordern, seine Vorstellungen zur Strukturentwicklung bei der Bundesfinanzverwaltung gegenüber den Ländern offen zu legen und zu erläutern. Mir ist eine Reihe von Zuschriften von Kollegen zugegangen, die sagen: Richtig so! Das wollen wir auch wissen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Nach Artikel 108 Absatz 1 des Grundgesetzes unterliegt die Zollverwaltung im Übrigen ausschließlich – ausschließlich! – dem Bundesministerium der Finanzen und seinen nachgeordneten Behörden. Damit zusammenhängende organisatorische Fragen, etwa die personelle Ausstattung der Zollbehörden und die Anzahl der Behörden selbst, fallen allein in die Verantwortung des Bundes. Auf Entscheidungen, die der Bund diesbezüglich trifft, kann die Bayerische Staatsregierung daher keinen unmittelbaren Einfluss nehmen. Es bleibt uns der Appell, den ich hier in diesem Hause gerne ausspreche.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die erste Zusatzfrage steht dem Fragesteller zu. Stellen Sie sie?

Ja. – Herr Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser, nachdem Sie uns mitgeteilt haben, dass der Bund noch keine abschließende Entscheidung getroffen hat, frage ich Sie: Können Sie sich vorstellen, dass die aus meiner Sicht wichtigsten Argumente gegen diese Pläne, nämlich regionalpolitische Überlegungen und das Fürsorgeprinzip gegenüber den betroffenen Mitarbeitern – dieses würde nämlich verletzt; die geplanten Veränderungen hätten nachhaltige Konsequenzen für diesen Personenkreis –, in der abschließenden Entscheidung vom Bund noch gewürdigt werden werden?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsminister.

Herr Kollege Unterländer, Sie können davon ausgehen, dass wir die bisherigen Ausführungen gegenüber dem Bundesfinanzminister, die ich Ihnen im Wesentli

chen eben vorgetragen habe, wiederholen und gleichsam verfeinern werden. Was diese Angelegenheit angeht, werde ich dem Bundesfinanzminister in der Finanzministerkonferenz keinen vergnüglichen Mittag bescheren. Ich hoffe, dass sich viele Länderkollegen meiner Position anschließen werden. Dies gilt insbesondere für die Vertreter der Länder Bayern und Niedersachsen und sicherlich auch für einige der neuen Bundesländer, für die das Thema besonders relevant ist.

Es ist schon eine wichtige Frage, wie sorgsam man bei einer derartigen Reform umgeht. Ich erinnere an die Reform der bayerischen Steuerverwaltung. Damals hätte ich auch vorgehen können wie der Bundesfinanzminister jetzt und sagen können, dass nur noch große Finanzämter bleiben sollen, solche mit mindestens 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Doch habe ich auch kleinere Finanzämter belassen, Außenstellen, damit die Bürger einen Ansprechpartner vor Ort haben. Dies ist organisatorisch möglich und rechnet sich auch. Wir setzen damit Akzente, zeigen, wie man derlei in der Fläche regeln kann. Das Bundesfinanzministerium kann sich das einmal ansehen.

Aber Folgendes sage ich auch: Ich denke nicht daran, mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt in irgendwelche Standortdiskussionen einzumischen. Ich hoffe, dass die Bundesregierung ihre Standortentscheidungen jetzt einmal begründet, nach Möglichkeit vor Ort. Dazu ist sie verpflichtet.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatzfrage: Frau Kollegin Peters.

Herr Staatsminister, wie erklären Sie das Ansinnen der OFD – ich beziehe mich auf eine Information der OFD vom 19. Juni 2000 –, dass das kleine Hauptzollamt Rosenheim vom Hauptzollamt Landshut die zentrale Vollstreckungsstelle erhalten soll, um die vom BMF geforderte Mindestgröße von 350 bis 400 Beschäftigten zu erhalten, während das Hauptzollamt Passau die dafür notwendige Betriebsgröße hätte? Stimmen Sie meiner Einschätzung zu, dass es heutzutage, im Zeitalter moderner Kommunikationstechniken, unerheblich ist, wo eine zentrale Behörde ihren Sitz hat?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Bitte, Herr Staatsminister.

Eigentlich habe ich die Antwort auf Ihre Frage schon gegeben. Als Vertreter der Bayerischen Staatsregierung werde ich mich nicht zu einzelnen Standorten äußern. Ich habe mich dazu nur generell geäußert. Ich fordere Sie auf, Ihre kritische Frage, die ich sehr gut verstehe, an den Bundesfinanzminister zu richten.

(Frau Peters (SPD): Das habe ich getan!)

Ich hoffe, dass er Ihnen eine gute Antwort gegeben hat. Ich werde nicht das Verwaltungshandeln des Bundes ersetzen. Dafür bin ich nicht zuständig.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Lück.

Herr Staatsminister, wir haben heute Vormittag Ihren Vortrag über ausgeglichene Haushalte und Einsparungen gehört. Deshalb werden Sie mir sicherlich zustimmen, dass auch in diesem Bereich Einsparungen nötig sind. Sie haben auf das Eckpunktepapier verwiesen, wonach die Oberfinanzdirektionen ihre Vorschläge machen müssen. Ich frage Sie: Wissen Sie, unter welchen Einwirkungen der Vorschlag der Oberfinanzdirektion Regensburg zu Stande gekommen ist? An der Besprechung in der Oberfinanzdirektion, bei der dieser Vorschlag formuliert wurde, haben ein Vertreter der Staatsregierung, der ehemalige Finanzminister Dr. Waigel und der Augsburger Oberbürgermeister Dr. Peter Menacher teilgenommen.

Frau Kollegin Peters hat bereits angesprochen, dass Rosenheim personell von Augsburg und Passau verstärkt wird. Andere Zollämter sollen geschlossen werden, obwohl Vorschläge von den Beschäftigten, den Betriebsräten und den Gewerkschaften erarbeitet worden sind, bei denen das Eckpunktepapier berücksichtigt worden ist. Diese Vorschläge enthalten auch Synergieeffekte.

(Dr. Eykmann (CSU): Frau Präsidentin, was ist das für eine Frage?)

Das ist eine Frage. Ich glaube, Sie sollten einmal zuhören. Herr Staatsminister, Sie sagten, Sie hätten keinen unmittelbaren Einfluss. Wie nützen Sie Ihren mittelbaren Einfluss über die Oberfinanzdirektion?

(Dr. Eykmann (CSU): Das ist die vierte Frage in einem Satz!)

Wir müssen sehen, dass wir in Bayern die Struktur bekommen, die wir in Bayern und Schwaben brauchen. Dies gilt vor allem im Hinblick auf ein Dienstleistungszentrum für die Industrie.

(Dr. Eykmann (CSU): Man muss doch fähig sein, einen deutschen Fragesatz in wenige Worte zu fassen!)

Wenn Sie sich immer an diese Regel halten würden, wären wir sehr froh.

(Dr. Eykmann (CSU): Ich rede weniger als Sie!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin Lück, Sie haben soeben ein sehr langes Statement abgegeben. Ich war gerade sehr großzügig. Ich bitte alle Fragesteller, sich künftig kürzer zu fassen. Das gebietet die Kollegialität gegenüber den anderen Kollegen; denn diese kommen sonst nicht mehr dran. Ich bitte Herrn Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser, diese Frage zu beantworten.

Frau Kollegin Lück, ich stelle noch einmal in aller

Deutlichkeit fest, dass alle Fragen des Zolls in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes fallen. Die OFD ist eine klassische Doppelbehörde, in der Bundes– und Landeszuständigkeiten organisatorisch zusammengefasst werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Land über die OFD Zugriffs– oder Einflussrechte auf diejenigen Teile der Verwaltung hätte, die zur Bundesverwaltung gehören. Das bedeutet, der bayerische Finanzminister hat gegenüber der OFD in Nürnberg bei Zollfragen keinerlei Einfluss auf irgendwelche Gestaltungen.