Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Frau Staatssekretärin, ist es richtig, dass die Ernährungsberatung für Kindergärten nicht mehr finanziert wird und es den Ernährungsberaterinnen der Ämter für Landwirtschaft und Ernährung nicht mehr gestattet ist, aktive Ernährungsberatung in Kindergärten zu betreiben?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Frau Präsidentin, Frau Abgeordnete Hecht, Kolleginnen und Kollegen! Ernährungserziehung war und ist Schwerpunkt der staatlichen Ernährungsberatung. Richtig ist, dass auch in der Vergangenheit die Ernährungsberatung für bzw. an Kindergärten nicht gesondert finanziert wurde. Bisher haben unsere Berater direkt in den Kindergärten Maßnahmen durchgeführt.

Mit der bisherigen Methode „Arbeit mit den Kindern in den einzelnen Gruppen“ konnten in Bayern durchschnittlich etwa 30% der Kinder erreicht werden. Um die Effizienz unserer Beratung deutlich zu steigern, haben wir die Neuorganisation der staatlichen Ernährungsberatung in Angriff genommen.

Das Kabinett hat am 16.11.1999 ein neues Konzept beschlossen. Dieses Konzept wurde am 08.12.1999 auch dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgestellt. In diesem Konzept ist unter anderem für den Bereich „Maßnahmen der Ernährungserziehung in Kindergärten und Schulen“ festgelegt, dass die Ernährungserziehung in Kindergärten und Schulen schwerpunktmäßig über die Fortbildung von Erzieherinnen, Lehrkräften und Eltern gefördert wird.

Dazu haben wir ein Maßnahmenpaket geschnürt, das den Erzieherinnen zur Verfügung gestellt wird. Wir veranstalten Fortbildungen für Erzieherinnen auf regionaler

und überregionaler Ebene zu Themen der kindgerechten Ernährung. Wir führen im Rahmen unserer Arbeitskapazitäten Projekte mit Kindern durch, die beispielgebend von den Erzieherinnen multipliziert werden können. Unsere Beratungskräfte bieten den Eltern Seminare an, übernehmen Elternabende, Hausmeisterschulungen und vieles mehr. Derzeit werden Infotheken an unseren Ämtern neu eingerichtet, an denen wir unser fachliches Wissen für die Multiplikatoren, also auch für die Erzieher, Lehrer und Verbände bereithalten. Dort unterstützt auch eine Beratungskraft die Erzieherinnen bei der Lösung von Problemen. Wir bieten Medienpakete zum Verleih an mit einer Anleitung zum Einsatz und mit Anschauungsmitteln wie zum Beispiel der „Kleinen Lok“. Diese Pakete können in den Gruppen eingesetzt werden, wenn es nach den Vorgaben des Rahmenplans optimal erscheint.

Unser Ziel ist es, durch die Schulung von Multiplikatoren nicht nur 30%, sondern 100% der Kinder zu erreichen.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfragen? – Frau Hecht, bitte.

Frau Staatssekretärin, ich frage Sie, sind Sie mit mir der Meinung, dass die vorbeugende Arbeit mit den Kindern, beispielsweise die Zurverfügungstellung dieser Informationen, die preiswerteste Arbeit für unsere Gesellschaft ist?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Ja, ich stimme Ihnen zu. Ich kann deshalb nur wiederholen, was ich vorhin bereits gesagt habe: Die Ernährungserziehung war und ist Schwerpunkt der staatlichen Ernährungsberatung. Allerdings muss die Effizienz noch erhöht werden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Zusatzfragen? – Frau Hecht, bitte.

Frau Staatssekretärin, wie können die Ernährungsberaterinnen die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen, obwohl sie weniger geworden sind? Reicht ihre Zahl noch aus, wenn eine der Frauen erkrankt oder in Urlaub geht? Haben wir überhaupt noch genügend Ernährungsberaterinnen in Bayern?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Wir haben an unseren Ämtern ein flächendeckendes Netz von Beratungsstellen mit hoch motiviertem Personal. Wir müssen aber weitere Planstellen abbauen, wie das im Haushaltsgesetz vorgesehen ist.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatzfrage: Frau Lück.

Frau Staatssekretärin, nachdem Sie die Aufgaben dargestellt haben und dabei eine gewaltige Änderung erkennbar wurde, frage ich Sie: Ist es richtig, dass an den Ämtern nur eine bis eineinhalb Personen für die Ernährungsberatung zuständig sind und dass diese ganze Regionen abdecken müssen? Sind die Konzepte, die die Ernährungsberaterinnen umsetzen sollen, bereits entwickelt, oder müssen die Ernährungsberaterinnen, von denen es jetzt ein Viertel weniger gibt, diese Konzepte erst entwickeln? Reicht die personelle Ausstattung für all diese Aufgaben aus?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Die Konzepte sind entwickelt. Sie werden derzeit umgesetzt. Das Konzept kann von den Ernährungsberaterinnen in Zusammenarbeit mit den Multiplikatoren aus den Kindergärten und Schulen wirkungsvoll umgesetzt werden. Wir bemühen uns, auch mit den Verbänden und den Verbraucherorganisationen noch stärker zusammenzuarbeiten.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Der nächste Fragesteller ist Herr Abgeordneter Schammann. Bitte.

Frau Staatssekretärin: Ich frage die Bayerische Staatsregierung, nach welchen Kriterien erfolgt die Auswahl von Wirtschafts-, Sozialpartnern und Verbänden an den Entscheidungsgremien des LEADER+-Programms gemäß der EU-Leitlinie, werden daran auch Umwelt- und Verbraucherverbände sowie Agenda-21-Gruppen beteiligt, und wie wird das von der EU geforderte Dialog-Verfahren bei der Programmplanung durchgeführt?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter Schammann, Kolleginnen und Kollegen! Bereits im Rahmen der Umsetzung des 5-b-II-Programms und der Gemeinschaftsinitiative LEADER II wurden die Wirtschafts- und Sozialpartner und die kommunalen Spitzenverbände durch Konsultations- und Informationsgespräche an der Programmumsetzung beteiligt. Der Kreis der Wirtschafts- und Sozialpartner ist im Laufe der Umsetzung der genannten Programme mehrmals erweitert worden. An der Programmplanung für die Gemeinschaftsinitiative LEADER+ wurden bzw. werden in Kontinuität der genannten Kreise die Wirtschafts- und Sozialpartner und die kommunalen Spitzenverbände beteiligt.

Am 29. und 30.03.2000 fand in Triesdorf ein Kongress über die „Innovative Entwicklung des ländlichen Raums“ statt, zu dem unter anderem die Wirtschafts- und Sozial

partner und die kommunalen Spitzenverbände eingeladen worden waren. Im Anschluß daran wurde ein Informations- und Konsultationsgespräch mit diesen beiden Gruppen durchgeführt. Dabei wurde eingehend über die Programmplanung LEADER+ informiert, es wurde über die weitere Beteiligung der Partner an der Umsetzung gesprochen und diese in Aussicht gestellt. Das Ergebnisprotokoll dieses Informations- und Konsultationsgesprächs wurde allen Wirtschafts- und Sozialpartnern und den kommunalen Spitzenverbänden übermittelt.

Zur Beteiligung von Agenda-21-Gruppen an der Programmplanung für LEADER+ ist anzumerken, dass die Programmplanung auf Landesebene erfolgt und den Rahmen für die Umsetzung von LEADER+ vorgibt. Aus diesem Grunde scheint es uns nicht sinnvoll, räumlich begrenzt tätige Agenda-21-Gruppen an der Programmplanung zu beteiligen. An der Programmumsetzung sind selbstverständlich auch die Agenda-21-Gruppen zu beteiligen. Die Unterstützung von Agenda-21-Prozessen wird ausdrücklich im Programm genannt werden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Schammann.

Schammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) : Frau Staatssekretärin, beabsichtigen Sie, in dieses Dialogverfahren bzw. in die Programmplanung den Landtag einzubeziehen?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Wenn der Landtag einen Bericht zu diesem Thema haben will, dann wird diesem Wunsch selbstverständlich entsprochen. Derzeit ist vorgesehen, mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Verbänden der Wirtschaft und den Sozialpartnern zu diskutieren und ihre Anregungen in die Programmplanung aufzunehmen. Nach Fertigstellung des Programmentwurfs für LEADER+ und Abstimmung mit den beteiligten Ressorts wird mit den kommunalen Spitzenverbänden, und den Wirtschafts- und Sozialpartnern ein weiteres Abstimmungsgespräch stattfinden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine weitere Zusatzfrage: Herr Schammann, bitte.

Bis wann soll das Dialogverfahren abschlossen werden bzw. bis wann muss das Programm in Brüssel zur Genehmigung vorgelegt werden?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Frau Staatssekretärin Deml (Landwirtschaftsministe- rium): Nach Fertigstellung des Programmentwurfs wird dieser der EU-Kommission voraussichtlich im September dieses Jahres zur Genehmigung vorgelegt werden.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Damit sind die Fragen von Ihrem Ministerium beantwortet.

Ich rufe nun die Vertreterin des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen, Frau Staatssekretärin Stewens, auf. Erster Fragesteller: Herr Kollege Kobler.

Frau Staatssekretärin, sieht die Staatsregierung das Vorgehen der Regierung Tschechiens bezüglich der in nächster Zeit geplanten vorgezogenen Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Temelin und der damit in Frage gestellten vertieften sicherheitstechnischen Überprüfung als Gefährdung der bisherigen vertrauensvollen deutsch-tschechischen Zusammenarbeit an?

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Kollege Kobler! Für die Bayerische Staatsregierung kam es sehr überraschend, dass die tschechische Regierung so plötzlich vom bisherigen Terminplan für die Beladung und nukleare Inbetriebnahme des ersten Blockes des Kernkraftwerkes Temelin abweicht. Das für internationale Angelegenheiten der kerntechnischen Sicherheit zuständige Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit hat am 04.07.2000 das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen darüber unterrichtet, dass das tschechische Staatliche Amt für Reaktorsicherheit am 05. oder 06.07.2000 die Zustimmung zum Beladen des Kernkraftwerkes Temelin mit Kernbrennstoffen erteilen werde.

Gemäß dem von der tschechischen Seite im Rahmen der deutsch-tschechischen Kommission zu Fragen des Strahlenschutzes und der Reaktorsicherheit zuletzt am 31.05.2000 mitgeteilten Terminplan war die Beladung des Kernkraftwerkes Temelin mit Kernbrennstoff ab Mitte August 2000 vorgesehen. Mit dem Beginn der nuklearen Inbetriebnahme, also mit der ersten Kritikalität der Anlage, wäre entsprechend in der Zeitspanne zwischen Ende September bis Ende Oktober 2000 zu rechnen gewesen. Die erste Kritikalität der Anlage wird jetzt um einen Monat vorgezogen sein, nämlich für Ende August/ Anfang September erwartet.

Vor dem Hintergrund des ursprünglichen Terminrahmens wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit unter finanzieller Beteiligung des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit – GRS –, mit der vertieften Untersuchung ausgewählter, wichtiger Sicherheitsfragen für dieses Kernkraftwerk beauftragt; es war vereinbart, dass diese in der zweiten Augusthälfte 2000 einen wertenden Bericht mit den wesentlichen Ergebnissen vorlegt.

Das tschechische staatliche Amt für Reaktorsicherheit hat nach den vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zur Verfügung gestellten Informationen die Freigabe zur Beladung erteilt, da die hierzu erforderlichen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien. Das tschechische Staatliche Amt für Reaktorsicherheit sei im Übrigen – so teilte das BMU mit –, an einer weiteren Kooperation und insbesondere an dem rechtzeitigen Abschluss der schon genannten vertieften Untersuchung noch vor Beginn der ersten Kritikalität Ende August/Anfang September 2000 des Kernkraftwerkes Temelin sehr interessiert. Aus Sicht der Bayerischen Staatsregierung ist Bundesumweltminister Trittin aufgefordert, nun alles zu unternehmen, dass die vertiefte Untersuchung der GRS noch rechtzeitig abgeschlossen werden kann.

In diesem Sinne hat sich Staatsminister Dr. Werner Schnappauf in einem Schreiben an Bundesumweltminister Trittin gewandt. Insbesondere hat er diesen gebeten, „gegenüber der tschechischen Seite dafür Sorge zu tragen, dass diese die für die Arbeiten der GRS notwendige Unterstützung so zügig wie irgend möglich gewährt“. Weiterhin wurde in diesem Schreiben Bundesumweltminister Trittin gebeten, „rechtzeitig vor der ersten Kritikalität des Kernkraftwerkes Temelin seine vorläufige, auf der Grundlage der GRS-Untersuchungen sowie der weiteren ihm vorliegenden internationalen Sicherheitsexpertisen gebildete Bewertung der Sicherheit dieser Anlage zu übermitteln.“

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage: Herr Kollege Kobler.

Frau Staatssekretärin, ich finde es interessant, dass die Bayerische Staatsregierung den Bundesumweltminister zum Tätigwerden auffordern musste. Ist Ihnen bekannt, dass die Bundesregierung ähnlich wie die Staatsregierung von Bayern in den letzten Monaten bei der Regierung von Tschechien entsprechende Bedenken eingebracht hat? Gibt es seitens der Bundesregierung Initiativen?

(Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es gibt viele Briefe!)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekretärin, bitte.

Meinen Informationen aus der Presse zufolge hat, nachdem die tschechische Regierung überraschend angekündigt hatte, dass sie vom bisherigen Terminplan für die Beladung abweichen werde, Bundesumweltminister Trittin protestiert.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zweite Zusatzfrage: Herr Kollege Kobler.

Die Grenzbewohner Bayerns hatten in den letzten Wochen die Möglichkeit, sich in Listen einzutragen und die Bedenken gegen den möglicherweise