Er verweist darauf, dass Laufzeiten auf modernere Anlagen übertragen werden. Außerdem – so sagt er – sei bei den Unternehmen jene klare Botschaft angekommen, die vom Programm zur Markteinführung erneuerbarer Energien ausgehe. Dessen Wirkung werde sich auch auf die Kohle erstrecken. Die Versorger würden weiter Überkapazitäten im konventionellen Bereich Kohle und Kernenergie abbauen und gleichzeitig das Angebot prüfen, im Bereich erneuerbarer Energien neue Kapazitäten zu Garantiepreisen aufzubauen. – Das ist das Ziel. – Damit realisiere sich das eigentliche Signal der eingeleiteten Energiewende, die er veranstalten will und die er betreibt.
Es ist Tatsache, meine Damen und Herren, dass man Kernenergie abbauen will, dass man dann an unserem Standort Mischpreise nicht mehr anbieten kann, dass Kohle am Standort nicht wettbewerbsfähig ist, dass es deswegen einen Kahlschlag bei den Produktionsanlagen gibt.
Das hat man doch jetzt gesehen. Die Kohleanlagen werden stillgelegt, die Kernenergieanlagen werden weiter betrieben. Man muss sehen, wie lange das machbar ist, und hoffen, dass es auf Dauer machbar ist. Auf alle Fälle haben wir in der Energieversorgung immer drei klassische Ziele gehabt: Versorgungssicherheit, Preiswürdigkeit, Umweltverträglichkeit.
Zweitens. Rot-Grün schädigt speziell Bayern, weil, wie gesagt, die Kohleverstromung wegen der hohen Transportkosten auf Dauer wirtschaftlich schwierig ist. Wir kennen die Diskussion aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren. Sie hat sich durch die Einführung der Kernenergie relativiert. Sie kommt nun neu. Ich weiß nicht, ob manche derer, die diese Anti-Kern-Energiepolitik betreiben, diese standortpolitischen Konsequenzen nicht auch mit Absicht verfolgen.
Der dritte Punkt, meine Damen und Herren: Man kann über erneuerbare Energien sehr viel reden. Ich komme nachher noch dazu, was meines Erachtens bestimmte Konstruktionsfehler sind. Aber eine Rechnung sollte man sich auch vor Augen halten: Wir haben mit der Liberalisierung beim Strom Einsparungen, Verbilligungen von 15 Milliarden DM bekommen. Wir haben mit den Kosten des Energieeinspeisungsgesetzes, der KraftWärme-Kopplung und der Ökosteuer bisher Mehrausgaben von 12 Milliarden DM. Wenn die neue Kraft-WärmeKopplungs-Regelung, die Quotenregelung, kommt, bedeutet das weitere Ausgaben bis zu 8 Milliarden DM. Das bedeutet, die Preissenkungen durch die Liberalisierung werden überkompensiert durch die Subventionspolitik, die hier aufgelegt wird, und der Strom wird nachher teurer sein als vor der Liberalisierung. Das ist das Ergebnis rot-grüner Politik.
Jetzt kann man fragen, ob das im Einzelnen gerechtfertigt ist oder nicht. Es ist beabsichtigt, neue Kraft-WärmeKopplungs-Anlagen aufzubauen. Das Ziel ist, das Volumen zu verdoppeln. So steht das im Gesetzentwurf. Das bedeutet den Zubau von 15000 Megawatt Kraftwerksleistung und das bedeutet – da werden für die Kilowattstunde 9 Pfennig bezahlt –, dass in dieser Größenordnung durch subventionierten Strom wirtschaftlicher Strom aus dem Markt gedrängt wird. So ist es. Und wenn man 15000 Megawatt nimmt und einen Schnitt der Kraftwerke von 500 Megawatt – bei den Kohlekraftwerken sind 500 bis 700 Megawatt jetzt die Regel –, dann haben wir 30 Kraftwerke weniger. Wenn diese Politik umgesetzt wird, ist das die logische Konsequenz, meine Damen und Herren.
Das bedeutet, dass mit subventioniertem Strom der Strom aus Kraftwerken, die zum größten Teil nachgerüstet sind, die umweltfreundlich sind, beispielsweise Arzberg, auch wenn Braunkohle eingesetzt wird, aus dem Markt geworfen wird. Mit subventioniertem Strom werden rentable, wirtschaftlich laufende Kraftwerke vernichtet. Das ist ein Kraftwerksvernichtungsprogramm, das Herr Trittin hier auflegt.
Dazu sagt dann Trittin: „Der Atomkonsens entfaltet die erhoffte Wirkung und die von der Bundesregierung eingeleitete Energiewende tut ein Übriges.“
Jawohl, vernichtete Standorte, vernichtete Kraftwerke, vernichtete Arbeitsplätze – das ist das, was wir heute festzustellen haben.
Und ich sage Ihnen eines: Reden Sie doch einmal mit den Betriebsräten und mit den Verantwortlichen dort. Sie
sagen: Wir liefern sauberen Strom, haben saubere Anlagen; wenn wir 9 Pfennig bekommen würden, wären wir ein blühendes Kraftwerk mit einer ungeheuren Rendite; wir gehen jetzt mit 4,5, 5 oder 6 Pfennigen Produktionskosten aus dem Markt. – Ist das eine logische Energiepolitik?
Sie könnten erstens sagen, durch Kraft-Wärme-Kopplung würde ökologisch ein höherer Effekt erzielt. Vergleicht man die Kraftwerke, muss ich das verneinen.
Zweitens, meine Damen und Herren, das Problem bei der jetzigen Regelung der Kraft-Wärme-Kopplung, für die man durchaus sein kann, liegt darin, dass von Ihnen keine Wirkungsgrade vorgegeben werden. Wenn heute bei einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage 5000 Stunden Strom erzeugt wird, aber nur 1500 Stunden Wärme, ist der Wirkungsgrad relativ gering und das Ganze ökologisch wertlos. Wenn heute bei einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage viel Strom und viel Wärme erzeugt wird und diese Wärme als Prozesswärme eingesetzt werden kann, hat das einen Sinn. Wenn dies aber gelingt, braucht man keine Subventionen. Dann tragen sich die Betriebe. Wenn aber ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit die Kraft-Wärme-Kopplung mit einer vollen Summe gefördert wird und die Ausnutzung der Energieeffizienz keine Rolle spielt, dann bewirkt man ökologisch wenig bis nichts, vernichtet aber mit subventioniertem Strom bestehende leistungsfähige, ökologisch sinnvoll arbeitende Kraftwerke. Ist denn das gewollt?
In diesem Zusammenhang müssen Sie auch fragen: Was nimmt denn der Wärmemarkt auf? Über das Jahr können Sie Wärme bei der Prozesswärme in Industrieund Gewerbebetrieben aufnehmen. In den Wohnbereichen können Sie übers ganze Jahr keine Wärme aufnehmen. Deshalb wird die Wärmeversorgung in der Regel besser über das Gas gelöst. Das haben viele Städte gemacht. Das haben wir über Jahre gefördert, das haben wir alle gewollt. Die Städte werden die Wärmeversorgung über das Gas nicht ablösen. Ich frage: Was ist dann der Sinn dieser Angelegenheit, wenn es wirtschaftlich unsinnig ist, zur Verteuerung beiträgt und wegen der mangelnden Zielvorgabe für die Energienutzungsgrade ökologisch fragwürdig ist? Das passt doch nicht zusammen. Eine solche Politik wird jetzt von Ihnen verfolgt. Dazu kann ich nur sagen: Diese Politik ist in sich ökonomisch und ökologisch – ich drücke es vornehm aus – widersprüchlich, genau gesagt ist sie auch unsinnig.
Dann sagt Trittin: Das ist doch ganz gut, was da gemacht wird. Die 3000 Megawatt, die jetzt stillgelegt werden, entsprechen dem, was in diesem und im nächsten Jahr an Windenergie hinzugebaut wird. – Dazu kann ich nur sagen: Das, was aus Kraftwerken an Strom vorhanden ist, ist permanent verfügbar. Was an Windenergie vorhanden ist, ist leider nicht permanent verfügbar. Über die Kraftwerke ist also Versorgungssicherheit gegeben.
Man mag sagen: Das gilt auch für die Kraft-WärmeKopplung. Aber bei der Windenergie und der Solarenergie gilt das noch nicht. Außerdem sind diese Energien
relativ teuer, und sie werden mit fixen Subventionen unterstützt: die Windenergie mit 17 Pfennig pro Kilowattstunde, auch wenn ein leichter Abbau im Laufe der Jahre erfolgen soll, bei der Kraft-Wärme-Kopplung mit 9 Pfennig pro Kilowattstunde, bei der Photovoltaik mit 99 Pfennig pro Kilowattstunde. Meine Damen und Herren, ist das alles sinnvoll?
Kürzlich hat einer zu mir gesagt: Die Förderung der Windenergie auf diese Weise ist ein neues Subventionsprogramm für Abschreibegesellschaften – und diese sind bereits gebildet –, weil der Strom an günstigen Standorten für 10, 12, 13 Pfennig hergestellt wird und für 17 Pfennig garantiert verkauft werden kann. Da kann jeder schön investieren, wenn er den geeigneten Standort hat. Aber zu wessen Lasten geht das? Die werden vom Wettbewerb völlig freigestellt, und das ist doch eigentlich nicht das, was angestrebt war. Das Ganze, meine Damen und Herren, führt zur Verteuerung, zur stärkeren Abhängigkeit von anderen Standorten, auch zur stärkeren Abhängigkeit vom Ausland.
Im Übrigen kann man sich nicht beschweren, dass der Strom von anderen Ländern kommt. Der Energiemarkt ist nicht mehr national geregelt, sondern er ist längst europäisch geregelt, und mit den Beitrittsländern gibt es seit Jahren Vereinbarungen über die Lieferung von Waren und Dienstleistungen. Dagegen können Sie und ich nicht an. Der Strommarkt ist europäisch geregelt, und der Stromhandel ist heute gang und gäbe, auch bei den Energieversorgern, die zum Teil bei anderen einkaufen. Das wird sich auch noch verstärken. Die Frage wird nur sein: Wenn der Strom bei uns knapper wird, wie schaut es dann mit der Preiswürdigkeit aus? Dass andere Länder gern an uns liefern, wenn sie entsprechend kassieren können, ist bekannt, und dass wir beim Öl importabhängig sind, das merken wir ganz bitter und schmerzlich an den jetzigen Preisen.
Ja, warum? Weil Öl knapp gehalten ist und wir es im eigenen Land nicht haben. Das ist doch logisch. Beim Gas ist es dasselbe – vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt –: Im eigenen Land haben wir es nicht, sondern müssen es von anderen Ländern beziehen.
Dort aber, wo wir relativ unabhängig sind, wird die Energieversorgung eingestellt, siehe Kernenergie.
Ich zitiere Herrn Michael Stürmer, bekannt als Leiter des Forschungsinstituts in Ebenhausen, aus einem Artikel in der „Welt“:
In Deutschland ist eine merkwürdige, autistisch anmutende Gedankenspaltung zu beobachten. Alle reden vom Dreiliterauto und erkennen damit an, dass Öl knapp und kostbar wird. Zugleich wird der Atomenergie die Zukunft abgeschnitten. Andere Reserveenergien gibt es nicht in praktikablem Umfang.
Die Politik setzt auf Technologien, die es noch gar nicht gibt, und auf Gesetze der Physik, die erst noch geschaffen werden müssen. Das Land lebt vom Industrieexport und vom Energieimport. Nichts ist so global wie der Energiemarkt, und nichts ist so provinziell wie die neue deutsche Energiepolitik.
Ich habe zwei- und dreitägige Konferenzen bei Herrn Stürmer mitgemacht mit Energieversorgern aus Osteuropa, aus Russland, die gesagt haben, dass sie in diesen Markt liefern wollen, die dafür ein Kraftwerk in Königsberg bauen, und die auch ein Kraftwerk in St. Petersburg bauen, weil sie den skandinavischen Mark beliefern wollen. Aufgrund der Preise am Markt versprechen sie sich Renditen, um ihre Kraftwerke zu rehabilitieren. Das wird in absehbarer Zeit kommen, und Sie werden es nicht aufhalten können. Lieferungen aus Tschechien, aus der Slowakei, aus Polen und aus anderen Ländern werden kommen, und Sie werden sie nicht aufhalten können. Ich frage Sie: Wollen Sie den Beitritt dieser Länder zur EU an dieser Frage scheitern lassen?
Diese Frage wurde bezüglich Temelin an Herrn Trittin gerichtet. Er hat gesagt: Die EU soll einschreiten. – Will man jetzt ernsthaft vorgehen oder nicht? Führt man hier nur ein Theater auf? Bisher ist das nur ein Theaterspiel.
Ich habe Herrn Trittin im Bundestag gefragt, was er denn tun will, wenn demnächst bei uns die Kernkraftwerke abgeschaltet werden und Temelin liefert. Antwort: Wenn die den europäischen Sicherheitsstandard einhalten, kann ich nichts dagegen haben.
Meine Damen und Herren, wir stellen die sichersten Kernkraftwerke der Welt ein und beziehen dann Strom aus Kernkraftwerken, die diese hohen Maßstäbe nicht erfüllen. Das ist rot-grüne Energiepolitik.
Sie sollten zur Kenntnis nehmen: Auch wenn wir unsere 19 Kernkraftwerke abschalten, so gibt es weltweit 440, und 43 sind im Bau. Die USA sind zur Zeit dabei, die
Laufzeit ihrer Kernkraftwerke von 40 auf 60 Jahre zu verlängern. Für das erste ist es genehmigt, 19 weitere Anträge liegen vor. Frankreich hat Ähnliches vor.
Wir diskutieren mit dem Osten über die Sicherheit der Kernkraftwerke. In Temelin werden Sie schon deswegen keine Chance haben, weil Westinghouse die Sicherheitstechnik gemacht hat. Westinghouse wird sich von Ihnen nicht erklären lassen, dass ihre Kernkraftwerke unsicher sind.
Deswegen lässt die Bundesregierung Rot-Grün in Bayern tönen, in Berlin sind sie relativ ruhig. In Richtung Brüssel machen sie nichts und in Richtung Amerika schon gleich gar nichts. Das ist das ganze Maß an Scheinheiligkeit, das in dieser Diskussion praktiziert wird.