Meine Damen und Herren, ich möchte noch zu einem anderen Thema kommen, das mir sehr am Herzen liegt.
Wir müssen mit der Energiepolitik auch die Technologie voranbringen. Sie haben aus dem Verkauf des Viag-Pakets mit 3,1 Milliarden DM einen guten Preis erzielt.
Sie haben dieses Geld sicherlich für gute Zwecke ausgegeben. Die Energietechnik spielt jedoch bei der Hightech-Offensive nur eine stiefmütterliche Rolle.
Sie haben es versäumt, diese Mittel in die Energietechnik zu investieren. Wir wissen, dass die Ölrechnung explosionsartig steigt. Das Statistische Bundesamt hat bekannt gegeben, für das erste Halbjahr 2000 steige die Ölrechnung um 140% auf 20,3 Milliarden DM. Das ist Kaufkraft, die aus Deutschland in die Ölförderländer abfließt. Momentan liegt der Preis pro Tonne immer noch bei 397 DM. Dieser Preis lag schon einmal höher. Im Jahre 1984/85 lag er bereits bei 622 DM. Wir können uns ausmalen, was uns noch erwartet, zumal die ausgekundschafteten Ölvorräte nicht mehr steigen, sondern zurückgehen. Wir müssen also unsere Technologie einsetzen, um das Erdölzeitalter durch das Wasserstoffzeitalter zu ersetzen.
Wir haben jedoch ein großes Problem. Wir müssen die Wasserstofftechnik wirtschaftlich einsetzen. Die Erzeugung von Wasserstoff auf solarer Basis ist noch nicht möglich. Es wird noch fünf, zehn oder sogar zwanzig bis dreißig Jahre dauern, bis dies möglich ist. Diese Zeit müssen wir überbrücken. Gerade für den Antrieb im Bereich des Verkehrs bietet sich eine hervorragende Technik an, um das Erdöl, das Benzin und den Diesel zu ersetzen, nämlich das Erdgas. Der Kraftstoff Erdgas hat hervorragende Eigenschaften. Er hat eine hohe Klopffestigkeit und Verdichtung, eine weichere Verbrennung und verursacht damit eine geringere Lärmbelästigung sowie einen hohen Wirkungsgrad.
Leider ist die Verbreitung von Erdgasautos bei uns noch nicht sehr weit fortgeschritten. In Italien gibt es 320000 Erdgasautos, während es in Deutschland ganze 7000 Autos gibt. Das liegt nicht an den Autos. Diese sind hinsichtlich der Beschleunigung und ihrer Wirkungseigenschaften genauso gut oder besser als unsere Benziner oder Diesel. Es liegt an der Infrastruktur.
Bei uns gibt es zu wenig Tankstellen, an denen Erdgas getankt werden kann. Die Erdgaswirtschaft bemüht sich zwar, im eigenen Bereich Erdgasautos einzusetzen. Auch BMW hat ein Erdgasauto entwickelt. Wenn man jedoch danach fragt, wie viele Erdgasautos im Fuhrpark des Freistaates Bayern stehen, stößt man auf Fehlanzeige. Sie müssen einmal auf die Erdgaswirtschaft zugehen und Erdgasautos einsetzen. In München gibt es eine
Erdgastankstelle. Wenn Sie diese Autos in einem Umkreis von 200 bis 300 Kilometer um München einsetzen würden, könnten Sie das bereits praktizieren.
Natürlich brauchen wir auch die entsprechenden Tankstellen. Es gibt Leute, die sich fragen, ob es sinnvoll war, am Flughafen für 34 Millionen DM eine Wasserstofftankstelle einzurichten. Der Wasserstoff sollte vor Ort produziert werden, was nicht funktioniert. Für dieses Geld hätten in Bayern 70 Erdgastankstellen eingerichtet werden können. Ich möchte nicht abwägen, was notwendiger gewesen wäre. Sie sollten jedoch versuchen, das Erdgas als Brückentechnologie zwischen dem Erdölzeitalter und dem Erdöl/Wasserstoffzeitalter voranzubringen.
Ich möchte noch ein letztes und wesentliches Argument anführen, vor allem vor dem Hintergrund der hohen Benzinpreise. Das Erdgasauto ist auch wirtschaftlich sehr attraktiv. Im Rahmen der ersten Stufe der ökologischen Steuerreform wurde die Mineralölsteuerreduzierung für Erdgas als Kraftstoff bis zum Jahr 2010 verlängert. Auf dieser Grundlage lässt sich gerade in Zeiten hoher Benzinpreise ein attraktiver Kraftstoffpreis realisieren. Derzeit wird Erdgas als Kraftstoff für durchschnittlich 75 Pfennig pro Liter Benzinäquivalent und 85 Pfennig Dieseläquivalent verkauft. Das ist ein sehr attraktiver Preis. Natürlich ist das Auto etwas teuer, da es noch nicht in großen Serien produziert wird. Das Erdgasauto muss noch als Dual-use-Fahrzeug hergestellt werden. Es verbraucht also Benzin und Erdgas. In diesem Bereich könnte man den hohen Benzinpreisen entgegenwirken. Damit würden wir ein ökologiefreundliches Verkehrsmittel einsetzen und eine Brücke in das SolarWasserstoff-Zeitalter bauen.
Wir sollten die Chancen des Preisschocks im Energiemarkt nutzen, um mit neuen Technologien energiesparende, effiziente und umweltschonende Technologien voranzubringen. Das ist unsere Aufgabe als Landespolitiker. Ich wäre sehr dankbar, wenn die Bayerische Staatsregierung diesem Thema mehr Aufmerksamkeit als bisher widmen würde. Herr Kollege Dr. Wiesheu und Herr Kollege Huber, es reicht nicht aus, gegen die Bundesregierung zu polemisieren und diese in Grund und Boden zu verdammen, wenn man seine eigenen Hausaufgaben nicht macht. Machen Sie diese Hausaufgaben. Machen wir es gemeinsam im Interesse unserer gemeinsamen Zukunft.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Opposition hätte heute die Chance gehabt, zu zeigen, dass sie es mit der Energiepolitik in Bayern ernst meint. Statt sich aber mit den Arbeitsplätzen zu beschäftigen, die möglicherweise davon betroffen sind, philosophiert Herr Dr. Kaiser über Erdgasautos und andere Dinge.
Anstatt sich mit den Schicksalen der Menschen zu beschäftigen, führen Sie hier energiepolitische Scheindebatten.
Nachdem Sie in Bayern nichts zu sagen haben, nachdem hier niemand mit Ihnen redet, weil Sie kein ernst zu nehmender Gesprächspartner sind und weil Sie ein schlechtes Gewissen wegen Ihrer Energiepolitik in Berlin haben, versuchen Sie abzulenken und Schuldige zu suchen. Das ist menschlich verständlich, wir lassen es Ihnen aber politisch nicht durchgehen.
Die Staatsregierung kämpft um Arbeitsplätze, anstatt langwierige Debatten zu führen und Kapitalismuskritik auszuüben, wie es Herr Schläger gemacht hat. So etwas gehört vielleicht in irgendwelche Seminare, hat aber nichts mit praktischer Politik zu tun. Die Staatsregierung kämpft um jeden einzelnen Arbeitsplatz in Bayern.
Was tun Sie? In Bayern jammern, motzen und maulen Sie, in Berlin betreiben Sie dagegen eine Politik gegen die Standortinteressen dieses Landes. Die Liberalisierung ist eine der Folgen davon. Sie haben sie damals mit akzeptiert.
Der Fusion von Veba und Viag haben Sie zugestimmt. Da war das Gemotze und Gemaule relativ gering. Ein Jahr später versuchen Sie, die Fehler, die Sie in Berlin begangen haben, – –
Hören Sie doch einmal zu. Ich weiß, es ist schwer, aber es muss sein. Damals haben Sie die Fusion akzeptiert, heute versuchen Sie eine Gespensterdebatte zu führen. Aus der Fusion, die eine logische und notwendige Konsequenz aus der internationalen Entwicklung des Strommarktes war, versuchen Sie den Schluss zu ziehen, man hätte anders verfahren müssen, denn es hätte andere Möglichkeiten gegeben. Das stimmt aber gar nicht. Herr Staatsminister Huber hat nachgewiesen, dass Sie damals zugestimmt haben und dass Sie auch die Hightech-Projekte im Wesentlichen akzeptiert haben. Gerade diese Projekte schaffen in der Energietechnik viele Arbeitsplätze. Tun Sie doch nicht so, als hätten wir damit nicht Möglichkeiten für neue Generationen von Menschen geschaffen und Bayern nicht wettbewerbsfähig gemacht.
Die Liberalisierung, die Schwierigkeiten und Überkapazitäten mit sich bringt, hat aber nicht wirklich und allein Kraftwerksstilllegungen ausgelöst. Es war vielmehr die energiepolitische Horrorliste, die Sie in Berlin präsentieren, seit Sie dort an der Regierung sind. Es ist kein Wunder, dass Kohlekraftwerke abgebaut werden, wenn die Ökosteuer den Transport so teuer macht, dass revierferne Standorte benachteiligt werden. Es ist kein Wunder, dass Kohlekraftwerke stillgelegt werden, wenn man versucht, neue Kraftwerke zu subventionieren, die statt wirtschaftlichen Stroms unwirtschaftlichen liefern. Alles das tun Sie.
Der Effekt Ihrer Politik wird noch durch Ihre völlig verblendete Atompolitik verstärkt. Frau Paulig – sie ist jetzt nicht mehr hier – hat vorhin gesagt, Herr Trittin würde in Tschechien hochgeschätzt. Das glaube ich auch, denn er ist einer der größten Arbeitsplatzbeschaffer, die es dort drüben gibt, weil er aus unserem Land die Kernkraft vertreibt, während er sie anderswo ansiedelt.
Frau Paulig – ich sage es noch einmal, leider ist sie nicht mehr da – hat in der Enquete-Kommission Energiepolitik auch hören müssen, dass es nicht nur ein Gutachten irgendeines Ökoinstitutes gibt, das sie gerne zitiert. Sie hat hören müssen, dass es viele seriösere Gutachten gibt, die auch aussagen, dass wir bald eine Green Card für Atomforscher brauchen, wenn wir so weitermachen wie bisher. Kein deutscher Student studiert mehr Kernenergie, weil Sie mit Ihrer Politik das Know-how aus dem Land vertreiben.
Herr Kaiser meinte, man müsste den Ölpreisschock als große Chance verstehen. Wir müssen uns vielmehr fragen, ob die Politik überhaupt noch handeln kann. Für die Ökosteuer sind Sie, meine Damen und Herren, verantwortlich. Die Verantwortung auf irgendjemand in der Welt abzuschieben, wird nicht funktionieren. Sie können die Kernkraft nicht abschaffen, ohne ein ernsthaftes realistisches Alternativszenario zu entwickeln. Wer Kernkraft abschafft, sorgt für die Erhöhung des CO2-Ausstoßes. Das ist ökologisch fatal.
Letzter Punkt. Sie sprechen von regenerativen Energien. In den Ausschusssitzungen – nicht im Plenum – gestehen Sie ein, dass Bayern mit regenerativen Energien wirklich gut ausgestattet ist. Da beißt die Maus nun wirklich keinen Faden ab, Sie werden kein Bundesland finden, das so viel für regenerative Energien tut, egal ob diese vom Wirtschaftsministerium oder vom Umweltministerium gefördert werden.
(Hoderlein (SPD): 80 Prozent von dem bestand doch schon, bevor Sie geboren wurden! Die Wasserkraft gab es schon, bevor Sie geboren wurden!)
Herr Hoderlein, da waren Sie auch noch nicht Parteivorsitzender. Sie werden es auch nicht mehr sein, wenn es diese Energien immer noch gibt.
Alle diese Bereiche werden von uns unterstützt und gefördert. Die Bundesregierung dagegen tut vergleichsweise wenig dazu. Das Motto der Bundesregierung lautet meistens „Große Dinge ankündigen, die Länder sollen aber immer alles bezahlen.“ Setzen Sie sich lieber dafür ein, dass in Bayern eine zukunftsträchtige Energiepolitik möglich ist. Versuchen Sie Ihren zugegebenermaßen bescheidenen Einfluss auf die Bundespartei zu nutzen und sich für Bayern stärker zu präsentieren, und versuchen Sie eine verantwortungsvolle Energiepolitik statt organisierter Verantwortungslosigkeit zu betreiben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nun Herr Staatsminister Dr. Wiesheu das Wort.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich will, um Missverständnisse zu vermeiden, auf ein paar Punkte, die vorhin angesprochen wurden, eingehen und sie klarstellen. Frau Biedefeld hat gesagt, der Ministerpräsident habe geäußert, es gebe Geld gegen Arbeitsplätze. Das ist Unsinn. Der Ministerpräsident wollte, dass es auch von e.on Geld für neue Arbeitsplätze gibt. Es reicht nicht aus, einen Sozialplan aufzustellen, sondern es müssen auch zukunftsträchtige Investitionen getätigt werden. Ich verstehe es, wenn Sie Polemik machen wollen, aber dann müssen Sie auch das richtige Thema wählen.