Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

Es geht nicht darum, dass hier nicht klar wäre, dass ein Staatssekretär oder Minister nicht an rechtsaufsichtlichen Entscheidungen zu Vorgängen mitwirken kann, ja, mitwirken darf, an denen er selbst als Stadtrat beteiligt ist. Hierüber besteht überhaupt kein Dissens. Die CSUFraktion sieht es so, die Oppositionsfraktionen sehen es so, die Mitglieder der Staatsregierung sehen es so: Es geht nicht, dass jemand rechtsaufsichtlich Beschlüsse überprüft, an denen er selbst mitgewirkt hat.

Genauso klar müsste es sein, dass dieses Ziel mit möglichst geringen Eingriffen an Rechten Dritter erreicht werden soll und kann. Wir haben dies doch oft diskutiert. Jetzt kommt heute wieder dieser völlig falsche Hinweis – ich möchte nicht mehr sagen – auf die Gewaltenteilung. Das in Rede sehende Problem hat mit der Gewaltenteilung überhaupt nichts zu tun, da es hier schließlich um die Exekutive geht. Lieber Herr Kollege Boutter, ich habe das im Innenausschuss gesagt. Sie haben es gehört, aber offensichtlich nicht begriffen. Deshalb sage ich es nochmals: Wenn wir über Gewaltenteilung sprechen, müssten Sie beispielsweise darüber nachdenken, ob Mitglieder des Landtags künftig noch Stadt- oder Kreisräte sein dürfen. Hier geht es um unterschiedliche Gewalten. Aber im vorliegenden Falle ist das Argument mit der Gewaltenteilung völlig verfehlt. Ich bitte darum, dies endlich zur Kenntnis zu nehmen. Wenn Sie es nicht glauben, kann ich Ihnen nur raten: Erkundigen Sie sich einmal. Hier handelt es sich um ein Rechtsproblem, das ganz klar geregelt ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Wir müssen also erreichen, dass das Ziel, das ich eingangs erläutert habe, mit einem möglichst geringem Eingriff erreicht wird. Dies ist durch eine sehr einfache Regelung in der Geschäftsordnung der Staatsregierung zu bewerkstelligen, indem man nämlich das betreffende Kabinettsmitglied von der Rechtsaufsicht über die Entscheidungen ausschließt, die seine Stadt oder seinen Landkreis betreffen. Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, genau dies ist bereits in der Geschäftsordnung geregelt, so dass Ihrem Anliegen, dass beispielsweise – dies gilt entsprechend für jedes Kabinettsmitglied – Herr Regensburger nicht an rechtsaufsichtlichen Entscheidungen zu Ingolstadt mitwirken kann, in vollem Umfang Rechnung getragen ist.

Aber eines geht nicht, meine Damen und Herren von der SPD: Wenn etwas derart einfach durch Änderung einer Geschäftsordnung erledigt werden kann, ist es wirklich nicht angebracht, jemandem demokratische Rechte abzusprechen, nämlich das Recht, einem Stadtrat oder einem Kreistag anzugehören. Derlei hätte keinen Sinn. Es entspräche nicht dem Verhältnismäßigkeitsprinzip,

da der Fall, der Ausgangspunkt für diese Bestimmung ist, schon geregelt ist. Ich bitte darum, endlich zu begreifen, dass man nicht möglichst viel verbieten sollte, um ein Ziel zu erreichen, sondern dass man mit dem geringstmöglichen Eingriff erreichen muss, dass etwas nicht geschieht, was insgesamt abgelehnt wird. Dies ist im vorliegenden Falle gegeben.

Im Übrigen weise ich auf Folgendes hin: Ich halte es für gut und nützlich, dass sowohl Mitglieder des Landtags – diese haben ein Problem mit der Gewaltenteilung – als auch Mitglieder der Staatsregierung Kommunalparlamenten angehören können. Denn auf diese Weise erfolgt ein Erfahrungsaustausch von oben nach unten und von unten nach oben. Es ist wichtig für ein Kommunalparlament, die Erfahrungen von Abgeordneten mitzubekommen, und umgekehrt für ein Mitglied des Parlaments oder der Staatsregierung nützlich, mit den alltäglichen Problemen eines Kommunalparlaments befasst zu sein.

Meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, Ihr Vorschlag ist nicht verhältnismäßig, deshalb rechtswidrig und vor allem unnötig. Dies hätten Sie in den bisherigen Gesetzesberatungen erkennen müssen. Vor dem dargestellten Hintergrund werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin Stahl, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Herren und Damen! Herr Kollege Kreuzer, hauen Sie doch nicht so auf den Putz, vor allem nicht um diese Zeit. Dies ist doch dem Vortrag des Kollegen von der SPD-Fraktion nicht angemessen,

denn er hat sehr sachlich darauf hingewiesen, worum es geht. Mir zum Beispiel ist es schleierhaft, wie jemand, der Staatssekretär oder Staatsminister ist, zusätzlich im Gemeinderat ein Ehrenamt ausfüllen kann.

(Brosch (CSU): Das ist der Bezug zur Basis! – weitere Zurufe von der CSU)

Es geht um mehrere Möglichkeiten der ehrenamtlichen Beteiligung. In diesem Fall ist es eine Stadtratsposition. Wir haben stets betont, dass es nicht um den Einzelfall gehe. Wie gesagt: Ich frage mich schon, wie Staatssekretäre oder Minister – Herr Weiß ist meines Wissens noch im Stadtrat von Roth tätig – das mit ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit in Einklang bringen.

(Brosch (CSU): Was spricht dagegen?)

Mich würde schon interessieren, wie viele Hubschrauberflüge es dazu braucht.

(Lachen bei der CSU – Zurufe von der CSU)

Darüber gibt man uns keine Auskunft. Wir haben gefragt. Man hat uns nur sehr eingeschränkt bzw. gar keine Aus

kunft gegeben. Deswegen haben wir wieder klagen müssen.

Es geht nicht darum, ob die Herren nicht ausgelastet sind. Ich bin der Meinung, wenn sie ihre Aufgabe hier ernst nähmen, hätten sie für so etwas keine Zeit.

(Regensburger (CSU): Das ist in Ingolstadt anders!)

Es geht um die Inkompatibilitätregelungen, die für Beamte und Angestellte gelten. Sie sind nun einmal in der Gemeindeordnung geregelt und nicht nur in einer Geschäftsordnung. Ich bin der Auffassung, dass man eine Gleichwertigkeit herstellen muss. Deswegen ist ein Gesetz nötig und nicht nur die Regelung in der Geschäftsordnung. Ich bin auch der Auffassung, dass Regelungen, die für Beamte und Angestellte gelten, selbstverständlich auch für diejenigen gelten, die in höheren Positionen zugange sind.

Sehr possierlich finde ich die Argumentation des Herrn Kollegen Schreck, das klang auch bei Herrn Kreuzer wieder an. Sie meinen, dass man tätig sein solle, damit Erfahrungen gesammelt werden könnten, wie Gesetze auf den unteren Ebenen der Verwaltung vollzogen werden. Ich bitte Sie, meine Herren und Damen! Wollen Sie sagen, dass diese Herren das noch nicht wissen? Wenn das der Fall ist, bedauere ich es, dass so wichtige Positionen an Leute vergeben werden, die keine Ahnung haben, wie das vollzogen wird. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass das sogar zutrifft. Dabei denke ich an das Modellprojekt in Nürnberg, nämlich die Einführung der Chipkarte. Dr. Beckstein musste im Nachhinein feststellen, dass das gar nicht geht, weil die bundesgesetzliche Regelung nicht ausreicht. Es wäre also toll, wenn Herr Dr. Beckstein im Stadtrat von Nürnberg wäre, denn dann würde er vermutlich noch lernen, wie man solche Geschichten vollzieht.

(Breitschwert (CSU): Sind Sie im Stadtrat?)

Nicht mehr. Ich habe das aufgegeben, weil ich hier genügend beschäftigt bin.

Herrn Kreuzer will ich sagen, dass es mich eigenartig anmutet, wenn er als „Kreuzritter“ für das Ehrenamt auftritt. Sie halten die Freiheit des Ehrenamts sehr hoch. Aus dem Mund eines CSU-Mitglieds, wo in der Vergangenheit die Berufsverbote eine große Rolle gespielt haben, klingt das unglaubwürdig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Regens- burger (CSU): Wieder Thema verfehlt!)

Sie hatten in der Vergangenheit keine Skrupel, Berufsverbote auszusprechen und Leute ihrer Existenz zu berauben. Trotzdem halten Sie hier das Ehrenamt hoch.

(Regensburger (CSU): Sie müssen Äpfel und Birnen auseinanderhalten! – Zurufe von der CSU)

Wir können die Diskussion um sieben Uhr in privater Runde weiter fortführen. Ich bin gerne dazu bereit. Ich möchte mich mit Ihnen nicht mehr weiter herumstreiten.

Wir werden dem Gesetzentwurf der SPD zustimmen, weil wir ihn für notwendig halten. Dabei beIasse ich es.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/3059 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Abgeordneter Hartenstein (frakti- onslos). Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Stimmenthaltungen? – Keine. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 13

Bestätigung eines Mitglieds für den Landessportbeirat

Die Frau Staatsministerin für Unterricht und Kultus hat mit Schreiben vom 20. September 2000 mitgeteilt, dass der Bayerische Landessportverband e.V. anstelle des bisher von ihm nominierten Herrn Karl Hemberger Herrn Bernd Kränzle als neuen Vertreter im Bayerischen Landessportbeirat benannt hat. Frau Staatsministerin Hohlmeier hat gebeten, die Bestätigung des vorgeschlagenen Mitglieds durch den Landtag herbeizuführen. Gibt es dazu Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer mit der Entsendung des Herrn Abgeordneten Bernd Kränzle in den Landessportbeirat einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Abgeordneter Hartenstein (fraktionslos). Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung des Betroffenen so beschlossen.

Der Landtag bestätigt damit Herrn Bernd Kränzle als Mitglied des Landessportbeirats.

Ich rufe auf:

Tagesordnungspunkt 14

Antrag der Abgeordneten Paulig, Schopper und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bürgerschaftliches Engagement braucht neue Rahmenbedingungen Genug der Fehlstarts! Das Modell Bürgerarbeit muss endlich laufen und braucht deshalb effektive und transparente Rahmenbedingungen! (Drucksache 14/2424)

Mir wurde gesagt, dass auf eine Aussprache verzichtet wird. Wir kommen deswegen gleich zur Abstimmung. Während der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik vorschlägt, dem Antrag

mit der Maßgabe verschiedener Änderungen zuzustimmen, empfiehlt der mitberatende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen die Ablehnung. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen dem Antrag in der Fassung des federführenden Ausschusses für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie Herr Abgeordneter Hartenstein (fraktionslos). Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Stimmenthaltungen? – 3 Stimmenthaltungen aus den Reihen der CSU-Fraktion. Dem Antrag ist in der geänderten Fassung zugestimmt worden.

Außerhalb der Tagesordnung gebe ich gemäß § 15 Absatz 3 der Geschäftsordnung bekannt, dass die SPDFraktion anstelle von Frau Renate Schmidt Frau Kollegin Karin Radermacher als Mitglied für den Ältestenrat benannt hat. Deren bisherige Funktion als Erste Stellvertreterin nimmt ab sofort Frau Kollegin Dr. Dorle Baumann ein. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis.

Ich schließe die Sitzung.