Für Bayern ist die wehrhafte Demokratie keine Floskel, sondern Verpflichtung. Wir kämpfen für die wehrhafte Demokratie mit großer Glaubwürdigkeit, weil wir auch gegen die Republikaner, die DVU und nicht zuletzt gegen die PDS eine klare Abgrenzungspolitik betrieben haben. Wenn aber die Bundes-SPD mit der PDS zusammenarbeitet und auf Länderebene zum Teil mit ihr koaliert, hat man selbstverständlich ein Problem mit der Glaubwürdigkeit im Kampf gegen den Extremismus schlechthin.
Zum Abschluss will ich mich den eindringlichen Worten von Prof. Dr. Bracher anschließen und wiederholen: Der 9. November 1938 mit der Pogromnacht gegen die Juden in Deutschland bleibt Mahnung und Auftrag für Toleranz und Humanität. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich der Debatte vielleicht nicht bis zum Schluss werde beiwohnen können; ich habe es mit den Vertreterinnen und Vertretern der Oppositionsfraktionen kurz erörtert. Ich glaube, Sie alle haben Verständnis dafür, dass auch der Bayerische Ministerpräsident an der heutigen großen Demonstration in Berlin teilnehmen wird.
Der 9. November 1989 bleibt der Tag der Freiheit für das ganze deutsche Volk. Für diese Werte arbeiten wir. Bayern steht für Heimatverbundenheit und zugleich für Offenheit gegenüber einer immer mehr zusammenwachsenden Welt. Bayern steht für soziale Balance und Innovation. Bayern steht für Humanität und Modernität. Zukunft braucht die Kraft aus der Tradition. Zukunft braucht den Mut zum Aufbruch. Deswegen ist das Leitmotiv des nächsten Haushalts: Bayern – zuverlässig und dynamisch. Dafür wollen wir arbeiten, auch in den beiden kommenden Jahren. So bitte ich Sie um Zustimmung zu dem Entwurf für den aufgerufenen Haushalt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Alle Demokraten wollen am 9. November, der ein Schicksalstag der Deutschen ist, ein Zeichen setzen für Toleranz, Friedfertigkeit und Mitmenschlichkeit, gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Deshalb finden in vielen Städten Deutschlands Mitbürgerinnen und Mitbürger zu Veranstaltungen zusammen. Sie wollen zeigen, dass wir Lehren aus unserer Geschichte gezogen haben und ein menschliches, weltoffenes und tolerantes Deutschland wollen, ein Deutschland, in dem die Menschen ungeachtet ihrer Weltanschauung, ihrer Religion, Kultur oder Hautfarbe friedlich zusammenleben.
Entsprechend lautet auch der Aufruf zu der zentralen Veranstaltung, die heute Abend in Berlin stattfinden wird und von allen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien getragen wird. Schade, dass die CSU als einzige Partei nicht zu den Erstunterzeichnern dieses Aufrufs gehört und es erst eines längeren Diskussionsprozesses bei Ihnen bedurfte, bis Sie sich angeschlossen haben, meine Damen und Herren von der CSU.
Doch begrüße ich es ausdrücklich, dass neben Renate Schmidt, die die SPD-Landtagsfraktion vertritt, auch der Bayerische Ministerpräsident an der Kundgebung in Berlin teilnehmen wird. Dass beide die Plenarsitzung heute früher verlassen müssen, findet unser vollstes Verständnis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Bayern ist ein wichtiges und wirtschaftlich erfolgreiches Land. Wir sind froh, hier leben zu dürfen, und freuen uns darüber, wenn es den Menschen gut geht. Bayern steht gut da. Vieles hat dazu beigetragen: der Fleiß und das Können der Menschen, die Tüchtigkeit und der Mut der Unternehmer, günstige Rahmenbedingungen in Politik, Wirtschaft und Kultur in München, Bayern und Berlin. Dort, wo die Landesregierung ihren positiven Beitrag geleistet hat, gebührt ihr und auch dem Ministerpräsidenten unsere Anerkennung. Zu einer kritischen Bilanz gehört auch das, nämlich die neidlose Anerkennung von Erfolgen, wenn sie uns allen zugute kommen. Vieles von dem, was in Bayern gut läuft, würden wir nicht anders machen, wenn wir selbst in Regierungsverantwortung stünden.
Entscheidende Beiträge zur guten wirtschaftlichen Lage Bayerns und insbesondere zur Verbesserung der Situation auf dem Arbeitsmarkt kommen aber nicht von der Regierungsbank, sondern von anderer Stelle. Die Landeshauptstadt München gilt vielen in Europa als Vorbild.
Die hiesige Wirtschaft boomt. Die Arbeitslosigkeit ist so niedrig wie in keiner anderen deutschen Großstadt. Investoren stehen Schlange. Die Sicherheitslage ist hervorragend.
Bayerns Ruf als Medienstandort Nummer eins und als Hightech-Metropole ist weitgehend auch in den Erfolgen der Münchener Stadtpolitik begründet.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lachen bei der CSU – Dr. Bernhard (CSU): Da müssen Sie doch selbst lachen, oder?)
Meine Damen und Herren von der CSU, denken Sie einmal über Folgendes nach: An der Spitze aller vier Universitätsstandorte dieser Region – das sind neben München noch Freising, Neubiberg und Garching – stehen sozialdemokratische Bürgermeister.
Die gute Zusammenarbeit zwischen Staat und Kommunen und der Beitrag des Freistaats aus Privatisierungs
erlösen sowie Investitionen in hervorragende kulturelle Institutionen tragen hier ihre Früchte. Ude stahlt, München leuchtet, und Stoiber sonnt sich im Glanz dieser Region.
Dabei – und das kritisieren wir – vernachlässigt der Ministerpräsident die strukturschwachen Regionen Bayerns. Die im Freistaat bestehenden Disparitäten auf dem Arbeitsmarkt, bei der Einkommensentwicklung und den Wachstumschancen bleiben und werden nicht kleiner. Ich sage als Münchner: Es ist gut, wenn es eine Konjunkturlokomotive wie meine Heimatstadt gibt. Doch müssen wir auch dafür sorgen, dass sich dahinter alle Anhänger im „Bayern-Express“ mit gleicher Geschwindigkeit in Richtung Zukunft bewegen.
Bayern wird insgesamt nicht vorankommen, wenn wir in München ein ICE-Tempo vorgeben und in anderen Regierungsbezirken nur Bummelzüge fahren lassen.
Die bayerische Politik ist aufgrund der Bayerischen Verfassung dem Ziel verpflichtet, einheitliche Lebensverhältnisse im ganzen Land zu schaffen. Diesem Ziel wird die bayerische Landespolitik unter Ministerpräsident Dr. Stoiber aber leider nicht gerecht.
Entscheidendes hat die Politik der Bundesregierung bewirkt. Das Jahr 1998 markiert den Wendepunkt zu einer positiven Entwicklung. Deutschland hatte 1998 einen Höchststand an Arbeitslosigkeit zu verzeichnen, einen Höchststand bei der Steuer- und Abgabenlast zu beklagen und eine noch nie da gewesene Staatsverschuldung. So sah das Erbe der Regierung Kohl/Waigel aus. Nach nur zwei Jahren sozialdemokratisch geführter Bundesregierung freuen wir uns über den Rückgang der Arbeitslosigkeit auch in Bayern. Wir brauchen eine Wiederbelebung der sozialen Marktwirtschaft.
Meine Damen und Herren von der CSU, es gab zu Ihrer Zeit, zur Zeit der vorherigen Bundesregierung, die Philosophie, dass man wirtschaftlichen Fortschritt nur erreichen könne, wenn man die sozialen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einschränke.
Deshalb haben Sie den Kündigungsschutz und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall eingeschränkt. Dieses haben wir sofort rückgängig gemacht. Außerdem haben wir Mindestlöhne bei der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte und eine neue Schlechtwettergeldregelung für Bauarbeiter durchgesetzt, die gerade in Bayern eine segensreiche Wirkung entfaltet.
Heute stellt sich die CSU als das soziale Gewissen und der Anwalt der kleinen Leute dar. In Wahrheit haben Sie
in Ihrer Regierungszeit gemeinsam mit der CDU und der FDP die kleinen Leute wie Weihnachtsgänse ausgenommen und ihre sozialen Rechte eingeschränkt.
Wir freuen uns auch über die endlich erreichte Stabilisierung der Lohnnebenkosten, die 1998 am höchsten waren. Seither ist zum Beispiel der Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bereits auf 19,3% gesunken, und er wird weiter sinken. Alle sind sich darin einig, dass durch diese Maßnahmen in Deutschland Hunderttausende von Arbeitsplätzen erhalten und neu geschaffen werden konnten.
Herr Kollege Ach, Sie haben Recht: Die Gegenfinanzierung erfolgte durch die Ökosteuer. Weil sich aber gescheite Menschen genau an diesen Zusammenhang erinnern, ist die Kampagne der CSU gegen die Ökosteuer gescheitert.
Herr Dr. Stoiber, die Vertreter der deutschen Automobilindustrie, die Sie zum „Auto-Gipfel“ eingeladen haben und vor Ihren politischen Karren spannen wollten, haben Ihnen einen Korb gegeben.
Da stellt jetzt Herr Schrempp schon lieber mit Gerhard Schröder das Null-Liter-Auto mit Brennstoffzellen der Öffentlichkeit vor.