Herr Kollege Grabner hat zu Recht von einem Taschenspielertrick gesprochen. Das, was hier passiert, ist nichts anderes als ein Ausspielen der Pendler gegen die Bauern und der Bauern gegen die Pendler. Rein rechtlich gesehen stehen wir vor zwei völlig unterschiedlichen Dingen. Sie wollen, dass die Bauern mit dem spitzen Finger auf uns zeigen, weil wir nicht zugestimmt haben, als es um die Absenkung der Steuer für Agrardiesel ging. Um Ihre Ehrlichkeit herauszufordern, beantrage ich, dass wir über die beabsichtigte Absenkung der Mineralölsteuer in Ihrem Dringlichkeitsantrag separat abstimmen.
Es ist meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, dass der agrarpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Herr Starzmann, diese Debatte schnellstens verlassen hat, weil er
Ich halte es fast für eine Unsittlichkeit, diese zwei verschiedenen Dinge in einem Paket zusammenzuschnüren. Selbst dann, wenn die Verringerung der Agrardieselsteuer bald kommt, bleibt für die deutsche Landwirtschaft eine Belastung zwischen 900 Millionen DM und 1 Milliarde DM.
Im Bundesrat ist im Agrarausschuss beantragt worden, dass man die Besteuerung des Agrardiesels auf eine Höhe reduziert, die den Bauern in Frankreich abgenommen wird, wo der Liter bekanntlich mit 11 Pfennigen besteuert wird. Das heißt auf Deutsch, dass der durchschnittliche Bauernhof dort 2300 DM weniger an Steuern bezahlt, als es ein durchschnittlicher Bauerhof in Bayern tut. Ich weiß, dass Sie sich mit dem Cashflow und den Berechnungen eines Bauerhofs nicht auskennen, aber ich möchte Ihnen trotzdem vorrechnen, was das für den durchschnittlichen bayerischen Bauernhof bedeutet. Der durchschnittliche bayerische Bauerhof ist 20 Hektar groß und hat ausweislich des Berichts der Staatsregierung inklusive der Veredelung eine Wertschöpfung von 48000 DM. Wenn der Gewinn eines Bauernhofes bei 48000 DM im Jahr liegt, dann ist dies de facto kein Gewinn, sondern nichts anderes als eine schlechte Bezahlung der Bäuerinnen und Bauern.
Auf einem Bauernhof arbeitet bekanntlich nicht nur ein Mensch, sondern dort arbeiten mehrere Menschen. Wenn am Ende 48000 DM übrig bleiben, heißt das, dass eine Verzinsung des Eigenkapitals nicht stattfindet und die Abschreibungen kaum bezahlt werden können. In dieser Situation nehmen Sie dem durchschnittlichen Bauernhof weitere 2000 DM ab. Sie können sagen, was Sie wollen, aber diese Tatsache bleibt so stehen.
Meine Damen und Herren, selbstverständlich lehnen wir Ihren Antrag ab. Ich wiederhole noch einmal meinen Antrag, dass wir getrennt abstimmen. Das wäre auch aus Ihrer Sicht sehr viel ehrlicher.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktuelle Stunde ist beendet. Ich lasse über den mitberatenen Dringlichkeitsantrag abstimmen. Wie Sie bereits wissen, soll die Abstimmung auf Wunsch der SPD-Fraktion in namentlicher Form erfolgen. Herr Kollege von Rotenhan hat die getrennte Abstimmung des ersten Teils mit den Spiegelstrichen und des zweiten Teils zum Agrardiesel verlangt. Ich frage die SPD-Fraktion, ob sie damit einverstanden ist. – Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir über den Antrag im Ganzen ab.
Für die Stimmabgabe sind entsprechend gekennzeichnete Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne befindet sich auf der Oppositionsseite. Die Nein-Urne ist auf der Seite der CSU-Fraktion aufgestellt. Die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Stenographentisch. Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Hierfür steht ausreichend Zeit zur Verfügung.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte, Platz zu nehmen. Die Abstimmung ist geschlossen. Ich werde das Ergebnis der Abstimmung nachher bekannt geben.
Einzelplan 15 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Otto von Bismarck hat einmal gesagt, dass jeder Superlativ zum Widerspruch reize. Gleichwohl will ich gleich am Anfang meiner Haushaltsrede mit großer Genugtuung feststellen: Der Freistaat Bayern ist neben der Region des Großraums London der mit Abstand führende Standort von Wissenschaft, Forschung und moderner Hochtechnologie in ganz Europa.
Ziel unseres Haushalts ist es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dies auch so bleibt. Ich freue mich über den Entwurf des Einzelplans 15, den wir heute im Plenum des Bayerischen Landtags beraten. Denn trotz allgemeiner Spartendenz, die dem bayerischen Gesamthaushalt mit dem Ziel der Konsolidierung der Staatsfinanzen zugrunde liegt, macht der Entwurf des Einzelplans 15 klar, welch herausragenden Stellenwert die Staatsregierung auch weiterhin der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Kultur für die Zukunft unseres Landes beimisst.
Ich will das belegen: Der Haushalt für Wissenschaft, Forschung und Kunst steigt einschließlich der umfinanzierten Mittel, welche im Einzelplan 13 veranschlagt sind, von 7,3 Milliarden DM im Jahre 2000 auf 7,84 Milliarden DM im Jahre 2002. Das ist ein Zuwachs von einer halben Milliarde DM oder von sieben Prozent. Daraus errechnet sich eine jährliche durchschnittliche Steigerungsrate von 3,5%, und das wiederum heißt: Wir liegen über der Steigerungsrate des bayerischen Gesamthaushalts von 2% im Jahresdurchschnitt.
Diese Zahlen sind ein sicheres Fundament für die Herausforderungen, die Bayern im internationalen Wettbewerb von Wissenschaft, Forschung und Technologie zu bewältigen hat. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir zirka 40% des Wissenschaftsetats für die Forschung ausgeben. Wie wichtig und wie notwendig dies ist, zeigt die aktuelle Situation und die Diskussion über neuartige Formen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die uns alle unter dem Schlagwort BSE auf dem hochsensiblen Feld unserer Nahrungsmittel tief beunruhigt.
Auch hier möchte ich ein Wort der Genugtuung bayerischer Politik aussprechen. Wir habe im Jahre 1997 Herrn Prof. Dr. Hans Kretzschmar an die Universität München berufen. Er ist der herausragende deutsche Neuropathologe mit einer internationalen Ausstrahlung auf dem Gebiet der neurodegenerativen Erkrankungen. Er nimmt sich damit insbesondere der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit an. Sein wissenschaftliches Arbeitsfeld steht heute im Blickfeld von Wissenschaft und Politik, und ich bin froh, dass die Medizinische Fakultät der Universität München seinerzeit einen eindeutigen Vorschlag für diese Berufung gemacht hat, der ich dann auch gefolgt bin. Übrigens habe ich heute die Summe von zwei Millionen DM als Sondermittel für die BSE-Forschung an das Institut von Herrn Kretzschmar freigegeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, „verkümmert der forschende Geist, dann stirbt auch die Gesellschaft“, das hat – wenn ich das zitiere, können Sie sich schon denken, dass es ein Römer gesagt haben könnte – der alte Cato treffend gesagt. Wir wissen in Bayern sehr genau, dass die Zukunft unseres Landes in den Köpfen unserer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler liegt. Wissenschaftliche Forschung auf höchstem Niveau ist geradezu lebensnotwendig. Das gilt insbesondere für die Naturwissenschaften, die Medizin und die Technik. Ich nenne als weitere Beispiele die Genomforschung, die Gentechnik, die Medizintechnik, die Protonentherapie, die Mechatronik, die Nanotechnologie oder die Materialforschung, die ebenfalls vorrangig im Interesse der Öffentlichkeit steht.
Die neue Forschungs-Neutronenquelle FRM II in Garching ist technisch fertig. Sie wird der am vielseitigsten verwendbare Forschungsreaktor der Welt in Wissenschaft, Technik und Medizin sein. An Widerständen gegen dieses Projekt hat es in der Vergangenheit wahrlich nicht gefehlt. Aber ich bin sicher, wenn er in Betrieb geht und das hoffentlich bald, wird es kaum mehr jemanden geben, der jemals seine Bedeutung und seinen Nutzen in Frage gestellt hat.
Meine Damen und Herren, dieses Projekt war nur in Bayern realisierbar, und ich bekunde allen Beteiligten, die sich in dieses Projekt mit Spitzentechnologie eingebracht haben, meinen großen Respekt.
Heute stellen wir fest, dass an mehreren bayerischen Universitätsstandorten das Thema Protonentherapiezentrum ganz aktuell erörtert wird, und zwar in Erlangen, Nürnberg, Regensburg und München. Sollte es gelin
gen, dass wir auch diese Einrichtung nach Bayern holen können, dann ist der Freistaat bei der Strahlenforschung nicht nur die absolute Nummer 1 in Deutschland, sondern in ganz Europa. Im gleichen Atemzug will ich aber sagen, dass wir dabei die Geisteswissenschaften keinesfalls vergessen oder geringer schätzen dürfen.
Denn Sie sind es, die entscheidend dazu beitragen, die Zielvorgaben allen Forschens grundlegend zu überdenken. Sie sind es, die uns dazu bringen, die Zielfrage „cui bono“ immer wieder neu zu stellen.
Es gibt an den bayerischen Universitäten derzeit 51 Sonderforschungsbereiche, so viele, wie in keinem anderen Land der Bundesrepublik. Sie sind mit ihren strengen Begutachtungsverfahren deutlich messbare Indikatoren für die Qualität einer Forschungslandschaft. Erst jüngst hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft vier neue Sonderforschungsbereiche in Bayern genehmigt.
Darüber hinaus haben wir siebzehn Forschungsverbünde, in denen Hochschulen und Wirtschaft eng zusammenarbeiten mit dem Ziel, neue Arbeitsgebiete zu erkunden und neue zukunftsträchtige hochqualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Auch dies ist in der Bundesrepublik einmalig und beweist eindrucksvoll die Attraktivität des Forschungsstandortes Bayern.
An unseren Universitätskliniken, die eine internationale Reputation genießen, finden jeden Tag hochkomplizierte lebensrettende Operationen statt. Die medizinische Forschung und die Krankenversorgung an den bayerischen Universitätskliniken haben höchstes Niveau. Deshalb tun wir alles, um für die bedeutsame Arbeit der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler optimale Voraussetzungen zu schaffen.
Herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kommen gerne nach Bayern, weil sie hier stabile politische Verhältnisse und verlässliche Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Diese wollen wir ihnen auch weiterhin bieten. So wird es uns auch künftig gelingen, die qualifiziertesten Hochschullehrkräfte zu gewinnen. Es gilt, den derzeit stattfindenden Generationenwechsel zu nutzen und durch richtige Weichenstellungen sowohl auf eine zukunftsorientierte Neuausrichtung der Lehrstühle zu achten, als auch die besten Kandidatinnen und Kandidaten nach Bayern zu berufen. In den letzten beiden Studienjahren wurden alleine an den bayerischen Universitäten 154 Lehrstühle und 106 C3-Professuren neu besetzt.
Ich habe sie nicht durchgezählt, weil ich nicht so sehr nach Geschlechtern als nach der Qualifikation gehe. Alle waren hochqualifiziert, darunter waren natürlich auch Frauen.
Diesen Neubesetzungen galt mein besonderes Augenmerk. Ich kann feststellen, dass wir in der strukturellen Fortentwicklung der Fächer und in der personellen
Erneuerung unserer Hochschulen höchst erfolgreich waren und es auch noch sind. Neben dem hohen Ansehen, das unsere Hochschulen international genießen, haben insbesondere das Vertrauen in die Einhaltung von Berufungszusagen sowie die Möglichkeit, berechtigte Ausstattungswünsche zu erfüllen, zu diesem Erfolg beigetragen. Das Lehrstuhlerneuerungsprogramm mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einer Summe von jährlich 30 Millionen DM, welches meine Fraktion genehmigt hat und welches jetzt zu Ende geht, hat wahrhaftig Wunder gewirkt.
Vor allem konnte damit die apparative Ausstattung der Lehrstühle verbessert werden. Die Professorin und der Professor, denen immer nachgesagt wird, dass es ihnen nur ums Geld ginge, achten in erster Linie darauf, dass sie für die wissenschaftliche Arbeit eine bestmögliche Ausstattung vorfinden. Darauf legt auch Bayern größten Wert. Das gilt auch für Bereiche wie die Gentechnik und die Molekularbiologie.
Wir stehen nunmehr fast in der Mitte der laufenden Legislaturperiode. Deren erste Hälfte war geprägt von der Umsetzung des zum 1. August 1998 in Kraft getretenen Hochschulreformgesetzes. Die Verbesserung des Hochschulmanagements und damit die Stärkung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Hochschulen ist eines der wesentlichen Ziele der Hochschulreform. Mit besonderem Interesse haben wir alle die Bestellung der Hochschulräte verfolgt. Sie sind ein wesentliches Element der neuen Hochschulorganisationsstruktur. Nicht nur die Opposition begegnete diesem Gremium mit Skepsis, auch Hochschulmitglieder selbst hatten Bedenken und fürchteten um die wissenschaftliche Autonomie. Heute kann ich feststellen, dass alle Befürchtungen unbegründet waren.
Die Erfahrungen an den Hochschulen mit der sehr konstruktiven Mitarbeit ihrer Hochschulräte sind durchwegs positiv. Bemerkenswert ist auch, dass wir aus den Fachhochschulen nie Klagen hörten. An den Universitäten führen gewisse heterogene Strukturen und auch gewisse Profilierungswünsche dazu, dass die Pegel manchmal besonders stark ausschlagen, aber das ist im menschlichen Leben ganz normal. Insgesamt arbeiten die Hochschulräte so erfolgreich, dass alle anderen Länder in Deutschland in ihren Hochschulgesetzen – wenn auch mit kleinen Modifikationen – Hochschulräte einführen.
Daneben galt es, an den Universitätskliniken, denen das Hochschulreformgesetz eine weitgehend wirtschaftliche Selbständigkeit gebracht hat, Aufsichtsräte zu installieren. Auch diese Organe sind zwischenzeitlich bestellt. Zum Erfolg unserer Hochschulreform hat ganz entscheidend beigetragen, dass wir jeden Planungsschritt immer wieder mit allen Hochschulen eingehend besprochen haben. Man muss das nicht unbedingt machen. BadenWürttemberg hat es anders gemacht. Wir haben dafür an unseren Hochschulen ein hohes Maß an konstruktiver Begleitung. Auch wenn es viel Zeit und Mühe kostet, ist es mir wichtig, dass möglichst viele aus Überzeugung einen gemeinsam festgelegten Weg gehen. Wir können
noch so schöne Gesetze und noch so schöne Verordnungen erlassen und auch noch so schöne Haushalte aufstellen; wir werden keinen optimalen Zustand erreichen, wenn nicht die Persönlichkeiten an den Universitäten und Fachhochschulen bis hin zum Verwaltungspersonal bereit sind, einen gemeinsam gefundenen Weg mitzugehen. Wir sind momentan auf einem guten Weg. Der konstruktive Dialog hat sich gelohnt, und wir kommen weiter.