Abschließend möchte ich sagen, abgesehen von der letzten Forderung, die an sich richtig ist, handelt es sich bei dem vorliegenden Antrag um einen Schaufensterantrag, der untauglich ist, eine ganze Reihe von Widersprüchen in sich birgt – ich habe versucht, einige zu verdeutlichen – und im Wesentlichen überholt ist. Ich würde die verehrten Kolleginnen und Kollegen bitten, dem Antrag nicht zuzustimmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Schluss mit der Förderung der agrarindustriellen Planwirtschaft“, so heißt dieser Antrag. So gut wie der Kanzler können das die GRÜNEN aber nicht.
Der Kanzler hat gesagt: „Weg mit der Agrarindustrie. Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Das ist populär. Der Kanzler und die GRÜNEN haben sich damit aber ein kleines, doch schwer zu lösendes Problem geschaffen: Wer definiert, was Agrarindustrie ist?
Meine Damen und Herren, es heißt aber auch: Schluss mit der Planwirtschaft. Über die Agrarindustrie reden wir nachher. Über die Planwirtschaft muss ich den GRÜNEN zunächst einmal Recht geben. In diesem Punkt können
auch Sie nicht widersprechen, Herr Ranner. Die europäische Agrarpolitik ist eindeutig eine Planwirtschaft. Ich habe vorher den Zwischenruf gemacht, dass Kuba und die europäische Agrarwirtschaft die letzten Schlupfwinkel des Weltkommunismus sind.
Wie sonst nennt man es, meine Damen und Herren, wenn das Erzeugen von Milch unter ähnlichen gesetzlichen Reglementarien abläuft wie das Schnapsbrennen? Wenn Sie Schnaps brennen, brauchen Sie eine Genehmigung. Selbst wenn Sie Schnaps brennen und ihn herschenken, werden Sie gestraft, wenn Sie keine Genehmigung haben. Wer weiß, dass das bei Milch genauso ist? Wer Milch herstellt und sie verschenkt, wird bestraft. Das ist doch Planwirtschaft. Es gibt eine klare Festlegung für jeden Bauern, wieviel Milch er produzieren darf, und zwar in Litern. Ist das keine Planwirtschaft? – Selbstverständlich ist das Planwirtschaft. Die Europäische Union hat auch festgeschrieben, wie viele Zuckerrüben jeder Bauer anbauen darf. In den Vorgaben steht: Sie dürfen soundso viele Zuckerrüben anbauen. Das erinnert mich doch total an Kommunismus.
Meine Damen und Herren, wie Kollege Schammann gesagt hat, gibt es auch eine Rinderprämie. Wer Rinder mästet, bekommt pro Rind eine Prämie vom Steuerzahler. Anschließend zahlt der Steuerzahler dann dafür, dass dieses Rind aufgekauft und in irgendwelchen Lagerhallen aufbewahrt wird. Wenn das nicht Kommunismus ist! In der Sowjetunion wurde es doch genauso gemacht.
Darüber hinaus gibt es festgelegte Preise. Preise sollten sich aber aus Angebot und Nachfrage entwickeln. Angesichts der Bedeutung des Wortes „Preis“ ist die staatliche Festlegung eines Preises hirnrissig. Das ist dann kein Preis mehr, sondern eine Quote, eine staatliche Festlegung, aber ganz gewiss kein Preis.
Am Ende ist es auch ein Almosen, weil der Preis relativ niedrig sein muss. Dann gibt es noch eine Ölsaatenbegrenzung. Nicht jeder darf so viele Ölsaaten anbauen, wie er will. Wenn wir mehr Ölsaaten brauchen, wie das jetzt der Fall ist, weil wir kein Tiermehl mehr verfüttern, dann dürfen wir sie aber nicht anbauen.
Herr Schammann, ich sage Ihnen aber eines: Ihrem Wunsch, die Planwirtschaft zu beenden, entspricht der Antrag nicht. Es gibt nämlich noch eine weitere Form der Planwirtschaft. Wir haben den Zwang der Bauern, Flä
chen stillzulegen. Das ist noch etwas Verrückteres. Herr Huber, Sie haben den Kopf geschüttelt und sagen, das sei kein Kommunismus. Das ist aber schon Kommunismus, wenn den Bauern vorgegeben wird, dass sie von hundert Hektar 20 Hektar unbebaut brachliegen lassen. Das hat es selbst im Kommunismus nicht gegeben. Dort hat man gesagt: Bau an! Bau an! – Bei uns hingegen sagt man den Landwirten: Bau nicht an! – Sie haben Recht, Herr Kollege Schammann: Das ist Planwirtschaft.
Herr Hofmann, von Käse verstehen Sie nichts. Sie bauen Kirschen an, für die gibt es noch keine Planwirtschaft.
Wenn Sie aber Käse produzieren würden, dann würden Sie erstens nicht so schlecht über Käse reden und zweitens – –
Sie meinen, Agrarpolitik ist Käse? Da haben Sie Recht. Die Agrarpolitik ist ähnlich wie Käse: Sieht man stärker hin, läuft sie weg.
Nun aber noch einmal zurück zum Wunsch von Herrn Schammann, die Planwirtschaft abzuschaffen. Es gibt die berühmten Stilllegungsflächen. Herr Schammann meint, man kann sie abschaffen, indem er in seinem Antrag verlangt, dass man auf Stilllegungsflächen wieder anbauen darf. Das ist doch völlig verrückt. Sie können doch nicht erst eine Fläche zur Stilllegungsfläche erklären und dann fordern, ein Förderprogramm aufzustellen, damit Stilllegungsflächen nicht mehr stillgelegt werden. Das verstehe ich nun wirklich nicht.
Außerdem sagen Sie, Planwirtschaft komme zustande, weil zuviel gefördert wird. Das hat mir in Ihrer Rede gar nicht gefallen. Im ersten Punkt des Antrags wollen Sie die Agrarförderprogramme umstellen. Im zweiten Punkt des Antrags wollen Sie, dass die Mittel umgestellt werden. Im dritten Punkt fordern Sie mehr Mittel. Eine größere Förderung wollen Sie auch im vierten Punkt. Im fünften Punkt schließlich wollen Sie eine gute fachliche Praxis. Da ist ausnahmsweise nicht von Förderung die Rede. Im sechsten, siebten und achten Punkt verlangen Sie wiederum Förderung. Sie verlangen damit nichts anderes als eine Intensivierung der Planwirtschaft.
Wenn Sie aber die Planwirtschaft abschaffen wollen, gibt es nur zwei Wege: erstens den utopischen Weg. Den stellen Sie sich offensichtlich vor. Dieser utopische Weg würde bedeuten, dass Sie Europa abschotten, damit es sich vom Weltmarkt zurückzieht, und Sie würden versuchen, über die WTO zu erreichen, dass wir nichts hereinlassen müssen, weil wir nichts nach außen verkaufen. Eine theoretisch gute Idee, über die man hochwissenschaftliche Universitätsseminare abhalten könnte. Das wird aber nie kommen. Der andere, der realistische
Weg, der aber wird kommen. Die WTO wird uns zwingen, die Preise noch weiter zu senken. Die Preise werden weiter gesenkt werden. Und wenn Sie jetzt so tun, als wäre ein niedriger Preis und der Zwang zur Wirtschaftlichkeit die Ursache für BSE gewesen, dann irren Sie auch. Was die Ursache für BSE war – das sage ich jetzt auch für alle verzagten Rindfleischesser –, weiß man gar nicht.
Man weiß gar nicht, ob Tiermehl wirklich die Ursache für BSE ist. Man hat die Verfütterung von Tiermehl aber als Vorsichtsmaßnahme verboten. Unserem Antrag ist inzwischen auch die CSU nachgekommen. Das hat zwar etwa sechs Jahre gedauert, aber immerhin.
Es ist also eine gemeinsame Maßnahme, obgleich wir nicht wissen, wo die Ursache wirklich liegt. Wenn Tiermehl aber die Ursache wäre, dann gibt es BSE, weil das Verbot der Tiermehlverfütterung an Wiederkäuer übertreten worden ist, aber nicht, wie die Ökobauern sagen, der niedrigen Preise wegen. Dieses Verbot wurde durch eine schlampige, bösartige, nahezu verbrecherische Produktionsmethode übertreten.
Meine Damen und Herren, wenn ich mir diesen Antrag ansehe, soll das bayerische Agrarförderprogramm umgestellt werden, damit kleinere, bäuerliche Betriebe und die Ökolandwirtschaft stärker profitieren. Der Antrag bringt aber alles durcheinander. Auch aus bayerischer Sicht wollen wir selbstverständlich eine Degression in der Förderung. Je größer der Betrieb ist, desto geringer soll der Hektarzuschuss sein. Das wäre uns recht. Eine Deckelung hat die ach so böse EU im übrigen bereits vorgeschlagen, und zwar in ihrer Agenda 2000. Das ist aber nicht durchgekommen. Ich mache deshalb aber über alle Parteien hinweg niemandem einen Vorwurf. Die Vertreter der großen Betriebe in der CDU, aber auch in der CSU, ja auch in der SPD, wollen das ebenso wenig wie manche Vertreter der GRÜNEN. Alle wollen diese Deckelung nicht, weil sie auch für die Großen etwas tun wollen; Herr Sonnleitner vorn dran.
Es ist auch fachlich falsch, Ökolandbau mit kleinen Betrieben gleichzusetzen. Meine Damen und Herren, ich habe mir die Zahlen angesehen. In Bayern gibt es knapp 3000 Ökobauern, die gemeinsam etwa 81000 Hektar bewirtschaften. In Mecklenburg-Vorpommern werden etwas mehr als diese 81000 Hektar in ökologischer Landwirtschaft von etwas mehr als 400 Bauern betrieben. Daraus lernen wir, dass Ökobauern nicht mit kleinen Betrieben gleichzusetzen sind. Wenn die Ökoprodukte einen guten Preis erzielen, dann wird bei den Ökobauern der gleiche Mechanismus wie bei allen anderen Bereichen in der Agrarwirtschaft einsetzen. Jeder wird versuchen, seine Kosten zu senken, auch über die Größe seines Betriebes. Die Ökobauern haben bereits heute im Durchschnitt einen größeren Betrieb als die herkömmlichen Landwirte.
Der durchschnittliche landwirtschaftliche Betrieb in Bayern liegt bei etwa 20 Hektar, der durchschnittliche Ökobetrieb bei 27 Hektar.
Bei der Forderung, kleine Betriebe und Öko-Landwirte zur fördern, ist etwas miteinander vermischt worden, was nicht der Praxis entspricht.
Ich lese es so, dass die bayerischen Agrarförderprogramme so umzustellen sind, dass kleinere bäuerliche Betrieb und die Öko-Landwirtschaft davon stärker profitieren. Vielleicht stellen Sie zwei getrennte Forderungen auf und wollen einmal die kleineren und darüber hinaus auch noch die großen Öko-Bauern fördern. Das wäre die logische Folgerung.
Habe ich den Antrag gestellt? Herr Hofmann, falls Sie es nicht gemerkt haben sollten, den Antrag, zu dem ich jetzt rede, haben die GRÜNEN gestellt.