Protokoll der Sitzung vom 14.12.2000

(Beifall bei der CSU)

Als die Schwierigkeiten des Deutschen Ordens erkennbar wurden, hat Frau Kollegin Stamm in Sorge um die Einrichtungen und die pflegebedürftigen Menschen sehr schnell und zielstrebig gehandelt.

(Zuruf von der CSU: Sehr lobenswert!)

Das ist sehr lobenswert. Es war außerordentlich schwierig, die große Zahl der Banken, die Gläubiger sind, an einen Tisch zu bringen und sie zu veranlassen, weitere 20 Millionen DM zur Verfügung zu stellen. Die Bischöfe und die Diözesen haben als Soforthilfe dann auch 10 Millionen DM gegeben. Die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ist mit etwa 5 Millionen DM eingetreten. Hier geht es um die Erhaltung von Arbeitsplätzen und um den Erhalt von 120 sozialen Einrichtungen. Herr Kollege Dr. Kaiser, mit Ihrer Forderung, man darf hier kein Geld hineinstecken, nehmen Sie den Zusammenbruch dieser sozialen Einrichtungen in Kauf. Das ist unverantwortlich!

(Beifall bei der CSU – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist Ihre falsche Auslegung!)

In Ihrer Verblendung führen Sie einen parteipolitischen Kampf gegen den Ministerpräsidenten und übersehen die soziale Verantwortung für diese Einrichtungen.

(Zurufe von der SPD)

Wir sind uns dieser Verantwortung bewusst und werden uns von der Sanierung durch Ihre verleumderische Kampagne deshalb nicht abhalten lassen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Die Redezeit der Fraktionen verlängert sich erneut um 15 Minuten.

(Beifall der Frau Abgeordneten Berg (SPD))

Das Wort hat jetzt Kollege Dr. Dürr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Huber, Sie haben vorhin gesagt, wir sollen uns mit Fakten auseinander setzen. Genau das werde ich jetzt tun, und zwar mehr, als Ihnen lieb sein kann. Sie sagten, wir sollten keine Unterstellungen machen. Das brauche ich überhaupt nicht, weil die Fakten für sich sprechen, und diese Fakten werde ich Ihnen jetzt vorlegen. Sie sagten auch, man soll keinen Ruf schädigen. Welchen Ruf soll man hier eigentlich schädigen? Der Ruf ist doch schon ruiniert; was soll man also noch schädigen können?

(Ach (CSU): Den Ihrigen!)

Es wurde vom Chaos gesprochen. Vom Chaos in den Ministerien bei der Beantwortung unserer Fragen werde ich noch sprechen. Das werde ich in aller Ruhe ausführen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Laut „Berlin online“ hat der Ministerpräsident, als die Strafanzeige gegen ihn diskutiert wurde – das ist noch nicht lange her –, erklärt, es handle sich beim Deutschen Orden um eine sehr ehrenwerte Vereinigung mit hochrangigen Persönlichkeiten.

(Frau Radermacher (SPD): Sehr ehrenwert!)

Es würde mich interessieren, wen er damit gemeint hat. Wo sind denn diese hochrangigen Persönlichkeiten, und was war das Ehrenwerte an dem Geschäftsgebaren?

(Knauer (CSU): Setzen Sie den Orden mit der Ordensführung gleich?)

Ministerpräsident Stoiber hat eingeräumt, dass ihm schon seit längerer Zeit Hinweise auf Finanzprobleme beim Deutschen Orden vorliegen. Nun fragen Sie mich mal, von wem er diese Hinweise hatte. Er hatte sie, weil hierzu mehrere Anfragen im Bayerischen Landtag zu beantworten gewesen sind. Das ist doch wunderbar. Er hat also von uns gewusst, dass es Probleme gibt. Uns gegenüber hat er das aber immer abgeleugnet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Huber, wir haben über zwei Jahre hinweg nachweislich unsere Anfragen gestellt. Sie sagten, wer falsch zitiert, übernimmt Verantwortung. Die Ministerien haben ständig falsch zitiert. Bei der Frage der Solidität des Deutschen Ordens haben Sie mit Verweis auf Angaben des Deutschen Ordens geantwortet. Dort war alles wunderbar. So ist das: Wenn man falsch zitiert, dann übernimmt man Verantwortung. Das ist die erste Verantwor

tung, die die Staatsregierung gegenüber dem Parlament hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Diese Verantwortung hat die Staatsregierung aber nicht wahrgenommen, sondern sie hat sich hinter den Aussagen des Deutschen Ordens versteckt. In all diesen Fragen hat sie das über zwei Jahre hinweg getan. Ich würde ohne weiteres zugestehen, dass die Öffentlichkeit und die Staatsregierung irregeführt wurden. Das ist richtig. Umso wichtiger ist es doch, dass die Staatsregierung dann nicht den Landtag irreführt, sondern uns offen auf unsere Fragen antwortet. Das ist aber nicht geschehen. Man hat sich nicht nur hinter den Aussagen des Deutschen Ordens versteckt, man hat auch widersprüchliche Aussagen gemacht. Auch das werde ich noch aufzeigen.

Es ist wunderbar, Frau Stamm, wenn man hilft. Das ist notwendig, und das gestehen wir auch zu. Wir sind dankbar dafür, dass in dieser Richtung etwas versucht wurde.

(Ach (CSU): Sie picken nur die Rosinen heraus!)

Die Art und Weise aber, in der zu helfen versucht wurde, billigen wir nicht. Es ist schön, wenn die Menschen ihr Weihnachtsgeld bekommen. Die Menschen würden aber auch gern wissen, wie es weitergeht. Darüber, wie es im nächsten Jahr weitergeht, wissen wir aber nichts. Dafür gibt es keinerlei Garantien.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sagen deshalb: Das war ein erster Schritt, Frau Stamm, aber es war ein falscher erster Schritt. Bevor Geld ausgegeben wird, muss man Garantien dafür bekommen, wohin das Geld geht und was damit passiert.

Welche Garantien haben wir dafür, dass der Deutsche Orden jetzt saniert wird? Man redet sich auf Sanierer bei den Banken hinaus, und man spricht von der Bischofskonferenz. Aber wo ist die Garantie der Staatsregierung für die Gelder, die sie da einsetzt? Diese Garantien würde ich gern kennen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man hat uns auch bis jetzt kein Sanierungskonzept vorgelegt. Man nennt uns nicht einmal die Hilfezahlungen genau. Vorher hat Minister Huber vom Chaos gesprochen. Wie kann er nur vom Chaos sprechen? Bei der Staatsregierung herrscht Chaos im Zusammenhang mit dem Deutschen Orden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Pschierer?

Er soll sich melden; er hat genug Zeit.

Transparenz und Verlässlichkeit wären umso wichtiger, als man jetzt eindeutig gesehen hat, dass der Deutsche Orden nicht verlässlich ist. Man hätte sicherstellen sollen, was mit den Geldern passiert. Vielleicht hat man es auch sichergestellt; dann soll man es uns endlich sagen. Dann soll man uns sagen, welche Garantien man hat.

Das Nächste ist: Wie stellt man sicher, dass die Gelder, die jetzt noch von den Versicherungsträgern an die sozialen Einrichtungen fließen, dahin fließen, wohin sie gehören, und nicht dazu dienen, irgendwelche Löcher zu stopfen und weitere dubiose Transaktionen durchzuführen, wie das der Deutsche Orden bisher ganz offensichtlich gemacht hat? Wir wollen Offenheit.

Die Staatsregierung hat bis zuletzt die Schwierigkeiten geleugnet – bis zuletzt! Wir haben am 4. Juli – das ist schon eine Zeit lang her, fast ein halbes Jahr – eine Anfrage gestellt. Da heißt es unter anderem: Bestehen nach Erkenntnissen der Staatsregierung die Voraussetzungen bei den Vermögensverhältnissen noch, unter denen dem Deutschen Orden die Körperschaftsrechte verliehen wurden? Da haben wir schon nach der Solidität gefragt. Ein halbes Jahr später hat uns die Staatsregierung immer noch erzählt, wie toll alles ist.

(Zuruf von der CSU)

Natürlich. Wir haben – man glaubt es kaum – schon Anfang des Monats, also Anfang Dezember, eine Antwort bekommen. Das ging unheimlich schnell: nach einem halben Jahr. Dann ging es aber für die Staatsregierung anscheinend leider zu schnell; denn wir haben eine Vorausmeldung der Antwort bekommen. Diese Vorausmeldung ging per Fax bei uns ein, und da heißt es vor dem Hintergrund einer anderen Frage: Es besteht keine Veranlassung, diese Fragestellung zu prüfen. Anfang Dezember hat die Staatsregierung noch keine Veranlassung gesehen, an der Solidität des Deutschen Ordens zu zweifeln.

(Zuruf von der SPD)

Moment! Immer mit der Ruhe! Dann kam die offizielle Version der Antwort auf unsere Anfrage – sie kam schon am Montag, eine Woche später –, und da steht plötzlich unter Punkt 4: Bei den gegenwärtigen finanziellen Verhältnissen würde ein Antrag auf Verleihung der Körperschaftsrechte nicht positiv beschieden werden. Das ist doch ein Unterschied. Einmal hat man keinen Grund, und dann gibt man uns Recht. Das ist doch interessant. Diesen Denkprozess haben die Ereignisse innerhalb dieser Woche beschleunigt. Das ist Chaos: zweierlei Antworten innerhalb einer Woche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CSU)

Natürlich ist das Ihre Antwort; ich habe sie doch hier liegen.

(Zuruf von der CSU: Ist die erste Antwort unter- schrieben?)

Das ist der erste Entwurf von Anfang Dezember, und er ist bei uns eingegangen.

(Zuruf von der CSU: Ist er unterschrieben?)

Natürlich ist er nicht unterschrieben. Das war der erste Entwurf. Man braucht aber doch keine Unterschrift, um eine Antwort zu formulieren.