Sie hatten doch Gründe, warum Sie die Antwort geändert haben. Die Gründe sind woanders zu suchen, nämlich beim Deutschen Orden und bei Ihrer Erkenntnisfähigkeit. Sie, die eine Woche brauchte, bis sie einsetzte. Wir haben schon immer gesagt –: Das Geschäftsgebaren des Deutschen Ordens ist dubios. Das haben Sie immer geleugnet.
Das Nächste: Man hat auch das Eingreifen des Ministerpräsidenten geleugnet. Auch hierzu haben wir eine schriftliche Anfrage gestellt. Dann hieß es, der Ministerpräsident habe ins offizielle Anerkennungsverfahren nicht eingegriffen. Es gibt aber überhaupt kein offizielles, formelles Anerkennungsverfahren. Das hat man erfunden, um nicht sagen zu müssen, dass der Ministerpräsident ins Anerkennungsverfahren eingegriffen hat. Das hat er nämlich.
Das Anerkennungsverfahren sieht so aus, dass das Ministerium – in diesem Fall das Kultusministerium – nach Bedarf, nach Lust und Laune oder so, wie es meint, dass es notwendig ist, bei den Ministerien, anderen Behörden und auch kirchlichen Behörden herumfragt. Das konnte der Ministerpräsident nicht abwarten. Er musste sich selber einschalten. Er hat von sich aus seinen Beitrag geleistet. Er hat sich ins Verfahren ungefragt – um nicht zu sagen: ungebeten – eingeschaltet.
Dann wäre es in der Antwort gestanden. Dann hätte er sich schon herausgeredet. Herausreden ist seine große Kunst; das hätte er schon gemacht.
Die Frage ist: Warum wirft er sein Gewicht in die Waagschale? Das hat er doch gemacht, als er den „lieben Hans“ gebeten hat. Dass aber ein Unterschied zwischen verschiedenen Bitten besteht, wird auch in der Antwort der Staatsregierung von gestern deutlich; Sie brauchen
sie nur nachzulesen. Beim Deutsche Orden gibt es nämlich zwei Problemfälle. Das eine Problem sind die Körperschaftsrechte als solche. Da bittet er wegen der großen Verdienste usw. darum, dass man die Körperschaftsrechte verleiht.
Im anderen Fall, bei der Privatuniversität, stellt er es dem „lieben Hans“ frei, sich selber ein Urteil zu bilden. Da sagt er: Lieber Hans, wenn du zu einem Urteil gekommen bist, sage mir Bescheid. Das ist der richtige Weg. Aber das hätte er auch bei der Verleihung der Körperschaftsrechte machen sollen. Das wäre der richtige Weg gewesen.
Dafür haben wir Fachministerien, sodass wir nicht immer die göttliche Eingebung aus der Staatskanzlei brauchen.
Warum hat er es gemacht? Für mich gibt es nur einen Grund: Er war vom tollen Erfolg des Deutschen Ordens geblendet. Beim Deutschen Orden lief ja alles so wunderbar. Das ist ungefähr so, wie er sich das Modell Bayern vorstellt: ein schneller Erfolg. Ruck, zuck hat man Erfolge. Dass manches Zeit zum Wachsen braucht, hat er nicht verstanden. Alles muss schnell gehen, und innerhalb weniger Jahre muss man eine Bilanz ziehen und Resultate vorlegen können. Das aber schien beim Deutschen Orden der Fall zu sein. Endlich war jemand da, der nicht nur Gutes getan, sondern auch noch Geld verdient hat. Die anderen Einrichtungen, die seit Jahrzehnten arbeiten, müssen im Vergleich dazu ja alle blöd sein. Der Deutsche Orden hat es plötzlich toll gemacht.
Das hat den Ministerpräsidenten fasziniert, was aus seinen eigenen Worten hervorgeht. In der Antwort heißt es einmal: das damals – immerhin sagt man schon „damals“ – hochgeschätzte dynamische Sozialunternehmen. Darin steckt die Faszination. Und in dem Brief an den „lieben Hans“ heißt es:
Hör zu, Kaiser! Das ist wirklich nett. „Ich war sehr beeindruckt von der starken Expansion der Aktivitäten.“ Ja, da bin ich auch beeindruckt. Das Resultat der starken Expansion sehen wir aber jetzt.
Die Expansion war ein bisschen zu stark, ein bisschen viel zu stark. Man hätte etwas behutsamer vorgehen und etwas genauer hinschauen müssen; dann hätte man das Problem nicht gehabt.
Es war die Faszination des schnellen Erfolgs. Das Gefährliche ist, dass der schnelle Erfolg den Ministerpräsidenten nicht nur beim Deutschen Orden, sondern überhaupt so fasziniert. Er hat einen Brief geschrieben. Nur war dieses Mal sein Gewicht noch ein bisschen größer als damals bei der LWS. Jetzt ist er nämlich Ministerpräsident. Da hat er ein bisschen mehr Gewicht in die
Das Nette ist – das geht auch der Antwort hervor –: Die Voraussetzungen für die Verleihung der Körperschaftsrechte waren umstritten. Da wurde ausdrücklich diskutiert – das lässt man uns nachverfolgen –, ob die Voraussetzungen vorgelegen haben, zum Beispiel bezüglich der Zahl der Mitglieder, die die Gewähr der Dauer bieten sollen. Da heißt es: Es sind nicht wahnsinnig viele; aber sie produzieren ununterbrochen neue. Die Fratres und Patres sind ungeheuer fertil beim Produzieren von Nachwuchs. Das steht drin. Dauernd gibt es neue Novizen. 27 waren es, 200 aber braucht man normalerweise. Also hat man auch noch die Oblaten ins Feld geführt; aber es gibt sie inzwischen nicht mehr.
Die Voraussetzungen sind also eindeutig nicht gegeben. Das gesteht man auch ein. Deshalb bittet man in Abwägung der Gesamtschau und – weil der Deutsche Orden so toll ist – darum, dass er die Körperschaftsrechte bekommt – nur deswegen.
Noch nachträglich wird das diskutiert. Jetzt wird zugegeben, dass es damals Unsicherheiten deswegen gab, ob die Mitgliederzahl und die finanzielle Solidität auf Dauer gewährleistet wären. Das brauchen wir uns heute nicht zu fragen; die war nicht gewährleistet. Da hat man sich wirklich leichtfertig täuschen lassen, leichtfertig hinters Licht führen lassen. Einer hat den anderen hinters Licht geführt, jeder im Vertrauen auf den anderen. Das ist nicht die richtige Methode, um zu regieren.
Die Staatsregierung ist für das Finanzgebaren des Deutschen Ordens nicht verantwortlich, hat Minister Huber gesagt, und damit hat er Recht. Der Ministerpräsident ist aber persönlich verantwortlich für die Verleihung der Körperschaftsrechte. Er ist persönlich für die Unterstützung verantwortlich, die er dem Deutschen Orden hat angedeihen lassen, für das Ansehen, das er dem Deutschen Orden verliehen hat, für die Feiern, die er mit dem Deutschen Orden gemacht hat. Er hat sich mit dem Deutschen Orden für dessen Erfolgsrezept feiern lassen. Jetzt muss er sich auch für die Niederlagen des Deutschen Ordens in die Pflicht nehmen lassen; das ist ganz klar.
Man kann nicht immer nur das Schöne haben, sondern man muss irgendwann einmal die Folgen des eigenen Handelns akzeptieren und dazu stehen.
Der Ministerpräsident hat vor allem den Anschein der Solidität des Deutschen Ordens – das war nur ein Anschein, wie wir inzwischen wissen – massiv durch sein eigenes Ansehen gestärkt, das damals noch vorhanden war. Er hat sein ganzes Ansehen für den Deutschen Orden in die Waagschale geworfen.
Die Verleihung des Körperschaftsstatus hat dazu geführt, dass der Kreditrahmen des Deutschen Ordens ungerechtfertigterweise drastisch erhöht wurde. Auch dafür trägt die Staatsregierung, allen voran Ministerpräsident Stoiber, Verantwortung.
Selbstverständlich müssen die Banken prüfen, aber erstens bürgt der Ministerpräsident, und zweitens bürgt der Staat. Die Banken haben dafür eigene Kreditrichtlinien, weil eine Körperschaft nicht bankrott gehen kann. Zwar wird geleugnet, dass der Staat dafür geradestehen muss, aber wir sehen ja, dass der Staat hinterher einspringen muss. Was soll denn sonst mit den Einrichtungen und deren Mitarbeitern passieren? Mit diesem Risiko hat der Deutsche Orden leichtfertig gespielt, und die Staatsregierung hat mit sich spielen lassen.
Frau Stamm hat von der Sicherstellungspflicht geredet. In der Antwort auf unsere Anfrage 1999 hieß es, dass es keine Risiken für den Staat gäbe. Darüber kann ich nur lachen. Das hört sich wirklich nett an. Hat der Staat nun ein Risiko oder nicht?
Darin hieß es auch, es gäbe keine Staatsaufsicht. Das ist richtig, und genau das ist das momentane Problem, auch bei der Hilfe. Wir müssen sicherstellen, wohin das Geld geht. Das hätte man vor dem ersten Schritt machen müssen, ehe man das einzige Druckmittel, nämlich das Geld, aus der Hand gibt. Man hätte vorher klar stellen müssen, dass man den Deutschen Orden nur saniert, wenn er dieses oder jenes macht. Davor hat man sich bis jetzt gedrückt. Man kann einen Körperschaftsstatus verleihen und ihn wieder wegnehmen. Inzwischen gibt auch die Staatsregierung zu, dass die Voraussetzungen dafür nicht mehr gegeben sind. Ich fordere Sie daher auf, diese Rechte zurückzunehmen.
Damit erreichen wir Transparenz. Alles, was Sie hier verheimlichen, wird dann offen gelegt, dann bekommen wir einen unabhängigen Sanierer zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Das brauchen wir, und nicht irgendwelche Mauscheleien.
Der Ministerpräsident hat sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen. Er hat sich selbst in das Anerkennungsverfahren eingeschaltet, weil er vom größenwahnsinnigen Erfolgsmodell des Deutschen Ordens geblendet war. Er hat gehandelt aus – – Wie nennt man das?
Richtig, aus Empathie. So wie er sich vorher zum Erfolg des Deutschen Ordens bekannt hat, soll er sich nun zu seiner Verantwortung und zum Scheitern des Deutschen Ordens bekennen.