Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 57. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde, Ihre Zustimmung vorausgesetzt, erteilt. Hörfunk und Fernsehen des Bayerischen Rundfunks übertragen die Sitzung unmittelbar.
Am 14. Januar verstarb der ehemalige Abgeordnete Fritz Fröhlich nach langer Krankheit im Alter von 70 Jahren. Von 1966 bis 1986 vertrat er im Bayerischen Landtag für die SPD-Fraktion den Wahlkreis Schwaben. Durch seine vielfältigen Erfahrungen als Kommunalpolitiker bereicherte er das parlamentarische Geschehen. Mit besonderem Engagement widmete er sich seinen Aufgaben als Mitglied des Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses zur Information über Bundesangelegenheiten und als Sprecher der Landtagsfraktion für Verkehrsfragen. Sein ganzer Einsatz galt der politischen Entwicklung Bayerns und den Menschen in seiner schwäbischen Heimatregion.
Am 15. Januar verstarb Frau Dr. Elisabeth Hamann im Alter von 88 Jahren. Sie gehörte dem Bayerischen Landtag von 1974 bis 1978 an und vertrat für die SPD den Wahlkreis Oberbayern. Ihre Erfahrung als Stadträtin von Ingolstadt sowie als promovierte Medizinerin brachte sie in die parlamentarische Arbeit ein und wirkte unter anderem im Ausschuss für Sozial- und Gesundheitspolitik. Sie hat sich um die Menschen in ihrer oberbayerischen Heimatregion verdient gemacht.
Der Bayerische Landtag wird den Verstorbenen ein ehrendes Gedenken bewahren. Sie haben sich zu Ehren der Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einige Glückwünsche aussprechen. Am 17. Januar konnte Frau Kollegin Ruth von Truchseß einen runden Geburtstag begehen. Ebenfalls einen runden Geburtstag feierte Herr Kollege Joachim Wahnschaffe am 19. Januar. Halbrunde Geburtstage feierten Herr Kollege Franz Schindler am 13. Januar und Herr Kollege HansUlrich Pfaffmann am 18. Januar. Im Namen des Hohen Hauses und persönlich gratuliere ich der Kollegin und den Kollegen sehr herzlich und wünsche ihnen alles Gute, Gottes Segen sowie Kraft und Erfolg bei der Erfüllung ihrer parlamentarischen Aufgaben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am vergangenen Samstag war Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus. Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich daran erinnern.
Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. Deshalb hat der frühere Bundespräsident Roman Herzog vor einigen Jahren diesen Tag zum „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“ erklärt. Das darf kein bloßer Pflichttermin sein oder, wie der Kommentator einer renommierten Zeitung einmal anmerkte, als „Routine“ einer „nationalen Liturgie“ einfach abgehakt werden.
Der 27. Januar ist nach wie vor Anlass, auf ein Geschehen zurückzublicken, das immer noch jegliche menschliche Vorstellungskraft sprengt. Auschwitz und weitere Todeslager gehörten zu den „planmäßig als Hölle angelegten Gesellschaften“, wie es ein Überlebender ausgedrückt hat. Die Konzentrationslager waren buchstäblich Orte des Grauens und der Gräuel. Hier wurden „Menschen für andere Menschen zu Wölfen“. Dieses Schreckensbild hatte der englische Philosoph Thomas Hobbes im 17. Jahrhundert für den längst überwunden geglaubten Urzustand des Menschen geprägt. Im 20. Jahrhundert wurde dieser atavistische Albtraum in unserem Land Wirklichkeit. Hier wurden Millionen Menschen vieler Nationen ermordet, hier wurden Moral und Humanität verhöhnt, Zivilisation und Menschenwürde mit Füßen getreten, Einzelne und Gruppen verfolgt und ermordet, weil sie von der NS-Ideologie zu Feinden erklärt worden waren.
Deshalb kann der Tag, an dem dieses Teils unserer deutschen Vergangenheit gedacht wird, kein Routinetermin sein. Er darf es auch nie werden; denn noch nach über fünf Jahrzehnten haben wir die moralische Verpflichtung, diese Hölle, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft mit ihrem verblendeten Rassenwahn über Europa und andere Teile der Welt gebracht hat, nicht zu vergessen. Es gehört zu unserer Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, dass die Sensoren dafür nicht abstumpfen.
Besonders wichtig ist das für die nachwachsende Generation. Die bekannte Feststellung, die erste Aufgabe jeder Erziehung sei es, dafür Sorge zu tragen, dass sich Auschwitz niemals wiederholen könne und dürfe, muss fester Bestandteil unserer demokratischen Kultur bleiben. Das heißt, einen Schlussstrich unter das Erinnern kann es nicht geben. Wunden heilen zwar mit der Zeit, doch Narben bleiben zurück und sie sollen sichtbar bleiben, damit sie als warnende Mahnmale dienen.
Der Philosoph Hans Jonas spricht zu Recht davon, dass Menschen einen zweiten und endgültigen Tod erleiden, wenn sie aus dem Gedächtnis der Lebenden getilgt werden. Deshalb muss die Erinnerung an dieses bedrückende Kapitel unserer Geschichte wach bleiben, ohne daraus ein Ritual zu machen, das keine Beachtung und damit auch keine Wirkung findet. Nur wer sich immer wieder bewusst macht, zu welcher Barbarei Menschen auch in unserem Land fähig gewesen sind, wird alles tun, dass wir und unsere Kinder und Enkel keinen Rückfall in diese Inhumanität mehr erleben müssen.
In der Öffentlichkeit wird immer wieder über die Formen und Inhalte des Ringens diskutiert, damit die Botschaft nicht auf taube Ohren stößt. Die Debatte macht deutlich, wie schwierig der Umgang mit dem Gedenken und der Aufarbeitung der Vergangenheit nach wie vor ist. Das ist
Ich denke in diesem Zusammenhang an die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, deren gesetzliche Grundlage durch den Deutschen Bundestag in der Mitte des vergangenen Jahres in Kraft getreten ist. Damit wurde ein Entschädigungsfonds für Zwangsarbeiter geschaffen, die vom NS-Regime ausgebeutet und misshandelt worden waren.
Jeder weiß, dass Verletzungen an Leib und Seele, Zwangsarbeit und Deportation, Erniedrigung und Folter durch finanzielle Mittel auch nicht annähernd wiedergutgemacht werden können. Diese Stiftung kann daher nur ein humanitäres Signal gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen sein. Wenn ein Teil der Mittel Projekten des Jugendaustausches und der Völkerverständigung zugute kommt, ist das eine sinnvolle, in die Zukunft gerichtete Investition.
Ich appelliere daher mit Nachdruck an die moralische Verantwortung aller Beteiligten, die entsprechenden rechtlichen und materiellen Voraussetzungen zu schaffen, damit der Fonds bald wirksam werden kann. Auch das gehört zum gerechten und angemessenen Umgang mit dem Erinnern.
Sicherlich bietet die Einführung eines Gedenktages allein keine Gewähr gegen das Verdrängen und gegen das Vergessen. Entscheidend ist vielmehr die innere Haltung, wie wir mit diesem Anlass umgehen. Freiheit und Demokratie sind kein Besitz für immer, sondern immer nur so weit und nur so lange gesichert, wie wir sie bewusst leben und aktiv verteidigen.
Wenn wir aus der Geschichte etwas gelernt haben sollen, dann ist es dies: die Sprache des Schweigens zu verlassen und der Gewaltbereitschaft und der Intoleranz den Nährboden zu entziehen. Das ist ein wesentlicher Gradmesser für die Reife unserer Demokratie.
Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger handeln im Alltag danach und setzen sich für die Grundwerte unseres Gemeinwesens ein. Sie in diesem Engagement zu unterstützen und auch die Passiven aufzurütteln, gehört mit zur Botschaft des 27. Januars. Sie enthält eine zweifache Bedeutung: das Gedenken, das uns vor dem Vergessen des Geschehenen bewahrt, und die Mahnung, die zugleich unser Gewissen schärft gegenüber aktuellen Gefährdungen der Würde des Menschen.
Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, sich zum Gedenken an alle Menschen, die dem nationalsozialistischen Terrorregime zum Opfer gefallen sind, von Ihren Plätzen zu erheben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich rufe zur gemeinsamen Behandlung die Tagesordnungspunkte 1 bis 3 auf:
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Die BSE-Krise und die dadurch ausgelöste Diskussion über die Agrarproduktion, die Tierhaltung und die Nahrungsmittelsicherheit signalisieren einen Paradigmenwechsel in der Politik. Trotz aller Freiheitsbedürfnisse und Liberalisierungen auf den Märkten – oder gerade wegen dieser Entwicklungen – wächst das Bedürfnis der Bürger nach Transparenz und Schutz.
Um der Schutzaufgabe des Staates für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger besser gerecht zu werden, will ich die staatlichen Aufgaben und Kompetenzen für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz in Bayern deutlich stärken und die politische Verantwortlichkeit dafür konzentrieren.
Trotz der heute schon bestehenden staatlichen Kontrollen und Regulierungen meinen 92% der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, dass mehr für gesunde Lebensmittel getan werden müsse. Ich habe mehr als nur Verständnis für die Sorgen und auch die Ängste der Verbraucher. Man kann sie sicherlich nicht damit relativieren, dass man zum Beispiel sagt, dass bei den 46000 Tests, die seit dem 6. Dezember 2000 an Rindern gemacht wurden, nur neun BSE-Fälle zu verzeichnen waren. Das ist sicherlich prozentual ein sehr kleiner Bereich, aber jeder Fall ist ein großes Problem. Darauf möchte ich hinweisen.
Wirksamer Schutz für die Verbraucher, gesunde Ernährung und eine darauf abgestimmte Gesundheitspolitik sind nach meiner Überzeugung ein wichtiges Zukunftsthema, nicht nur ein Momentanthema.
Der Schutz der Verbraucher ist eine existenzielle Frage. Verbraucherschutz ist die Kehrseite von Liberalisierung und Globalisierung. Hier ist der Staat mehr gefordert als in der Vergangenheit.
Meine Damen und Herren, mit Schreiben vom 29. Januar habe ich dem Herrn Landtagspräsidenten folgende innerhalb der Staatsregierung vorgesehene Ver
änderungen mitgeteilt mit der Bitte, hierzu den nach Artikel 49 der Bayerischen Verfassung erforderlichen Beschluss des Landtags herbeizuführen.
Es wird ein „Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz“ errichtet. Die Aufgaben des neuen Staatsministeriums habe ich gemäß Artikel 53 der Bayerischen Verfassung im genannten Schreiben dem Landtag mitgeteilt. Auch die Ämter und Behörden, die auf das Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz übergehen, habe ich darin genannt.
Das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit wird entsprechend dem Aufgabenübergang künftig die Bezeichnung „Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen“ führen.
Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten trägt künftig die Bezeichnung „Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten“.
Meine Damen und Herren, wir wollen generell für Gesundheit und Ernährung höhere Qualitäts- und Produktstandards erreichen. Wir werden diese Standards künftig auch durch ein sehr viel dichteres Kontrollsystem überwachen. Zugleich wissen wir, wie schwierig es ist, solche Standards auf EU-Ebene durchzusetzen. Ich erinnere nur an die gestrige EU-Agrarministerkonferenz. Wir haben einen europäischen Binnenmarkt. Wir haben eine europäische Agrarpolitik. Wir haben auch einen freien Weltmarkt für Lebensmittel. Das sind die Rahmenbedingungen unseres landespolitischen Handelns.
Die Trennung der Zuständigkeiten innerhalb der Staatsregierung für Erzeugung und für gesundheitliche Qualitätskontrolle gewährleistet eine noch bessere Schutzfunktion des Staates für die Verbraucher. Das ist ein neuer Weg.
Dagegen will die Opposition die Ressorts Umwelt, Verbraucherschutz und Landwirtschaft zusammenlegen. Das ist nicht sinnvoll, denn gerade die Trennung der Zuständigkeiten für den Bereich der Produktion von den Aufgaben der Kontrolle ist eine wichtige Voraussetzung, um – nicht zuletzt im Interesse der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelindustrie – das nötige Vertrauen der Verbraucher in die Qualität der heimischen Nahrungsmittel zu stärken.
Wir wollen deshalb aus verschiedenen Staatsministerien die Angelegenheiten von Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz einschließlich der entsprechenden wissenschaftlichen Ressourcen in einem Ressort bündeln. Dadurch erhalten die Verbraucher innerhalb der Staatsregierung einen Geschäftsbereich, dessen Aufgabe die Wahrnehmung insbesondere ihrer Interessen ist.
Die bislang gemachten Erfahrungen beim Zuschnitt der Kompetenzen während des Aufbaus des neuen Staatsministeriums haben zu der Entscheidung geführt, dem Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Ver