Ich bin über den Antrag entsetzt und darüber, was in der CSU abläuft. Der Antrag wurde von 23 CSU-Abgeordneten unterzeichnet. Als erstes fällt auf, dass der Chef des
Herr Knauer, der nicht Minister ist, ist auch nicht Unterzeichner. Die beiden obersten Soldaten, die Sie in Ihrer Fraktion haben, haben gar nicht unterschrieben. Von den 23 Unterzeichnern haben nur zwei gedient. 21 haben sich erfolgreich der Wehrpflicht entzogen.
Das ist also Ihr so berühmtes Verhältnis zur Bundeswehr. Sie reden groß, wenn es aber um das Dienen geht, sind Sie irgendwo hinter der Etappe gewesen.
(Heiterkeit bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Freiherr von Rotenhan (CSU): Ich bin schon vor Ihnen aus dem Flugzeug gehüpft! – Zurufe von der CSU)
Ich habe gedient, Sie nicht. Lediglich zwei von den Unterzeichnern haben gedient. Mir ist klar, dass die Kollegen Knauer und Dr. Weiß nicht unterschrieben haben, denn sie wissen über die Sicherheitspolitik Bescheid.
Das tut weh. Das ist wie in der katholischen Kirche. Dort gibt es ein Ruderboot. Auf dem linken Ruder stehen Worte und auf dem rechten Taten. Das rechte Ruder haben Sie nicht bewegt.
Im zweiten Abschnitt wird der geplante drastische Personalabbau von der derzeitigen Sollstärke von 340000 auf rund 285000 – das ist eine falsche Zahl, es muss 282000 heißen – beklagt.
Zum einen haben wir nur noch rund 310000 Soldaten, und zum anderen hat die CDU gesagt, die Zahl sollte 300000 betragen. Das differiert um 15000. Sie wollen überhaupt nicht abbauen, und Sie sagen, der Abbau sei ein Widerspruch zu Scharpings früheren Äußerungen, wonach keine Standortschließungen vorgenommen werden dürften. Ich habe das genau nachgesehen. Als sie angetreten sind, haben Scharping und Kolbow gesagt, sie würden jetzt keine Standorte schließen; allenfalls sollten Kleinststandorte geschlossen werden, bis die Weizsäcker-Kommission eine Empfehlung gegeben hat, wie es weitergehen soll.
Sie haben weiterhin behauptet, die Einrichtungen der Bundeswehr befänden sich in strukturschwachen Gebieten Bayerns, und deswegen müsse man besonders sensibel sein. Das ist zwar nicht unrichtig, aber Sie vergessen, Kollege Sackmann, dass die Bundeswehr nicht in erster Linie dafür da ist, eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik zu machen, sondern sie ist der Sicherheitspolitik zugeordnet.
Die Truppen in Bayern sind keine Gebirgsschützenkompanien, sondern ein Staatsorgan mit Verfassungsauftrag. Wenn sich dieser ändert, muss darauf Rücksicht genommen werden. Selbstverständlich wollen wir, dass der Abbau sozialverträglich stattfindet und die jeweiligen Strukturen berücksichtigt werden. Im Falle der Maxhütte aber haben Sie mehr Arbeitsplätze vernichtet und mehr Schaden angerichtet, als es jetzt hier bei der Reform in der Oberpfalz geschieht.
Im letzten Punkt des Antrags sagen Sie, dass die Soldaten und die Angestellten der Sparpolitik dieser Bundesregierung zum Opfer fallen. Weswegen müssen wir denn sparen? Wem haben wir das denn zu verdanken? Es ist doch Waigel, dem wir diese große Schuldenlast zu verdanken haben, von dem wir sie übernommen haben, die zu diesen Abmagerungen führen muss.
Ihr Antrag ist ein reiner Oppositionsantrag und bedeutet, dass Sie sich mit der Reform der Bundeswehr nicht verantwortungsbewusst beschäftigen.
Bei Ihrer Forderung im Antrag, dass überhaupt nicht abgerüstet werden darf, ist Ihnen wohl entgangen, dass sich der Europäische Rat im Dezember 1999 ebenfalls mit den Armeen in den Mitgliedsländern beschäftigt hat. Der Europäische Rat hat im Dezember 1999 das „European Headline Goal“ beschlossen, in dem die verbindlichen Streitkräfteziele für den Aufbau leistungsfähiger europäischer Streitkräfte vorgegeben worden sind, die der EU für die Petersberg-Operation unterstellt werden sollen. Wir liegen voll im Trend dieser europäischen Grundsätze. Unsere Reform ist gewissermaßen stromlinienförmig hinter das „European Headline Goal“ zu bringen.
Zur Aussage, der Truppenabbau sei sicherheitspolitisch nicht zu verantworten, kann ich daher zusammenfassend nur sagen: Die Vereinten Nationen sind entgegen der Meinung der CSU, die gerade geäußert wurde, der Meinung, dass sich die politische Lage geändert hat und es sehr wohl zu Abrüstungen kommen kann. Die NATO, die übrigens gefragt wurde – glauben Sie ja nicht, dass wir so etwas machen, ohne vorher bei der NATO vorstellig geworden zu sein –, ist der Meinung, dass die Bundeswehr in diesem Umfang abrüsten kann. Die Europäische Union ist der Meinung, dass die Bundeswehr abrüsten kann. Die Weizsäcker-Kommission ist der Meinung, dass die Bundeswehr abrüsten kann. Der Bundeswehrverband und die ÖTV, die Gewerkschaften also,
sind der Meinung, dass die Bundeswehr in diesem Umfang abrüsten kann. Die Generäle sind der Meinung, dass die Bundeswehr in diesem Umfang abrüsten kann.
Alle Parteien sind der Meinung, dass die Bundeswehr abrüsten kann. Nur in einem kleinen Land nördlich der Alpen gibt es eine kleine Landespartei,
die meint, dass sie die Sicherheitspolitik gepachtet hat, und die sagt: Die internationale Sicherheitslage ist furchtbar gefährlich. Peinlich, peinlich, Herr Sackmann!
(Zuruf des Abgeordneten Sackmann (CSU) – Weitere Zurufe von der CSU – Beifall bei der SPD – Große Unruhe)
(Lachen bei der SPD – Sackmann (CSU): Anders können Sie es wohl nicht! – Hofmann (CSU): Sie sind ein arroganter Fatzke, Herr Gantzer! – Widerspruch bei der SPD – Große Unruhe)
Was Sie hier machen, ist reinster Populismus. Der Truppenabbau ist doch keine Strafe, sondern ein Geschenk: Der Abbau ist eine Folge der politischen Änderung in den Jahren 1989 und 1990 in Deutschland.
Seit elf Jahren ist der Frieden für uns zum Normalfall und für die Bundeswehr zum Ernstfall geworden. Das wollen Sie nicht erkennen.
Das hat nichts mit Arroganz zu tun. Mir liegt ein geheimes CSU-Papier vor. Es ist für die Historiker notwendig, dass das Eingang in das Landtagsprotokoll findet. Ich zitiere es daher wörtlich: