Frau Kollegin Naaß, für so arglos, wie Sie sich jetzt äußern, habe ich Sie gar nicht gehalten. Ich weiß, dass Sie in den letzten Tagen ahnungslos waren. Man muss sich einmal vorstellen, dass Frau Kollegin Naaß am vergangenen Freitag, als die Meldung, dass Heidenheim aufgelöst werden soll, über das Radio verbreitet wurde, von der Presse gefragt wurde, was sie dazu zu sagen hätte. Sie hat dazu gesagt, sie habe keine Ahnung, aber sie stehe in Kontakt mit Verteidigungsstaatssekretär Kolbow. Kolbow habe gesagt, eine Liste über Standorte, die geschlossen werden sollten, gebe es noch nicht, und es sei auch noch gar keine Entscheidung getroffen worden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum gleichen Zeitpunkt oder sogar schon vorher gab es Gespräche und Entscheidungen im Verteidigungsministerium, die in Absprache mit dem Abgeordneten im Verteidigungsausschuss, Pfannenstein, mit Staatssekretär Kolbow und mit dem Abgeordneten Stiegler aus der Oberpfalz getroffen wurden. Danach sollten Heidenheim aufgelöst und der Standort Pfreimd erhalten werden. Pfreimd war nämlich der Alternativstandort, der zulasten Heidenheims erhalten werden sollte. Das ist eine reine SPD-Klüngelei. Auf dieser Filzebene versuchen einzelne Abgeordnete, zulasten eines Standortes, der in einem strukturschwachen Gebiet liegt und von der Garnison abhängig ist, ihr parteipolitisches Süppchen zu kochen.
Herr Kollege Gantzer, ich schätze Sie sonst sehr. Heute aber haben Sie sich einen geistigen Fallschirmsprung geleistet, ohne dabei den Fallschirm zu öffnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Peters?
Herr Kollege Klinger, ist Ihnen nicht bekannt, dass 1995 Kirchham geschlossen werden sollte und dass dies dank des Einsatzes des dortigen Stimmkreisabgeordneten, Dr. Rose, der zufällig auch Verteidigungsstaatssekretär war, nicht geschehen ist? Halten Sie das auch für Klüngelei, oder war das eine andere Geschichte?
Mich interessiert nur die Bevölkerung in meinem Stimmkreis. Vor allem sorge ich mich darum, welche verheerenden Auswirkungen diese Entscheidung auf Weißenburg-Gunzenhausen hat. Herr Kollege Gantzer, ich
Frau Naaß, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, setzen Sie sich dafür ein, dass die Schiene Kolbow, Pfannenstein, Stiegler zerschlagen wird. Nur so kann Heidenheim gerettet werden. Nur so kann es zu einer sachgerechten Entscheidung kommen, wie sie bereits die Militärs vorgeschlagen haben. Die Militärs nämlich haben vorgeschlagen, nicht Pfreimd sondern Heidenheim zu erhalten. Deswegen stellen wir diesen Antrag, und ich bitte Sie auch um Unterstützung des Antrags. Ich bin darauf gespannt, ob Sie diesem Antrag zustimmen, Frau Kollegin Naaß.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu den schwersten Aufgaben eines Staatsministers in der Staatskanzlei gehört es wohl, dass er sich zu allem äußern muss, wenn es keinen Fachmann in der Fraktion gibt, obwohl er bei dem betreffenden Thema selbst kein Fachmann ist.
An dem Wortbeitrag, den Herr Minister Huber hier abgegeben hat, haben wir gesehen, dass er es während seiner Amtszeit als Ihr Vorgänger, Herr Goppel, gelernt hat, wie man Wortbeiträge der SPD verdreht
und wie man sie interpretiert, damit sie in sein Konzept passen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir gedacht, dass Konsens darüber besteht, wie die Bundeswehr um- und abgebaut werden muss.
Jetzt fordern Sie aber, es müsse alles beim Alten bleiben. Lieber Kollege Sackmann, Sie fordern bei einer völlig veränderten sicherheitspolitischen Weltlage, es müsse alles beim Alten bleiben. Die Zeitungskommentatoren, deren Kommentare wir in den letzten Wochen und Tagen zu lesen bekommen haben, haben mehr sicherheitspolischen Sachverstand, als ich bei der CSU entdecken kann. Man wird Sie nicht mal mehr in den Sandkasten der strategischen Planungen lassen, geschweige denn mit einer Aufgabe betrauen, die im sicherheitspolitischen Bereich eine Rolle spielt.
Ich möchte noch zu den Fakten und zum Vorwurf der Parteipolitik kommen. Auch SPD-geführte Länder wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen werden von der Reform hart getroffen. Wir verstehen sehr wohl die Betroffenheit der Gemeinden, und wir verstehen auch
sehr wohl, dass es bei den örtlichen Abgeordneten eine Verärgerung gibt. Am stärksten betroffen sind auch in Bayern Gemeinden, die von der SPD geführt werden.
Wo ist der Filz bei uns? Im Stimmkreis des Verteidigungsministers Scharping werden mehr Stellen gestrichen als in ganz Oberbayern zusammen. Sie würden nur zufrieden sein, wenn die Schließungsliste ein weißes Papier wäre. Dies kann ich aus Ihrer Sicht verstehen; da benehmen Sie sich wie eine Oppositionspartei. Ich bin allerdings etwas verwundert darüber, dass dies auch im Bayerischen Landtag passiert.
Bayern bleibt das stärkste Bundesland, was die Standorte der Bundeswehr betrifft. Die Bundeswehr bleibt in Bayern mit 108 Standorten vertreten; lediglich 20 sind von Ab- und Umbau betroffen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie können sich von Ihrem Strategiepapier so lange distanzieren, wie Sie wollen: Es ist in der Welt, und dieses Strategiepapier ist richtig. Zitat: „Aus militärischer Sicht und vor dem Hintergrund der Bundeswehrreform macht die derzeitige Konzeption der Standortschließungen und -reduzierungen weitgehend Sinn.“ Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie vor Ort von dieser Debatte erzählen, vergessen Sie diesen Satz nicht, den Ihnen die Bundestagskollegen in das Papier geschrieben haben. Arbeiten Sie mit uns zusammen darauf hin, dass die Bundeswehr zukunftsfähig wird. Mit rückwärts gewandter Politik, wie wir sie heute von Ihnen gehört haben, ist die Zukunft der Bundeswehr nicht zu gewährleisten. Mit der Strategie, die heute an den Tag gelegt wurde, glaube ich nicht einmal so ganz an die Zukunft der CSU in diesem Lande.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe SPD-Kollegen, so aufregend ist es auch nicht, dass ich hier rede. Sie müssen nicht immer Vorschusslorbeeren vergeben. Warten Sie in aller Ruhe ab, was zu sagen ist.
Herr Hufe, machen Sie sich einmal keine Sorgen um die CSU. Es wäre gescheiter, wenn Sie sich um sich selber kümmern würden.
Meine Damen und Herren, das mit dem „Geschenk“ war natürlich ein Hammer. Ich weiß nicht, Herr Gantzer, ob Sie Latein gelernt haben. Dann wüssten Sie, was ein Danaergeschenk ist. „Quidquid id est, timeo Danaos, et
dona ferentes.“ Ich will Ihnen das gern übersetzen: „Was es auch sei, so fürchte ich die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen.“ Wenn überhaupt irgendwo von einem Danaergeschenk die Rede sein kann, dann hier.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in meinem Stimmkreis liegt Ebern. Die Betroffenheit mögen Sie daran erkennen, dass sich mein Freund Robert Herrmann, der Bürgermeister von Ebern, heute auf den Weg gemacht hat, um diese Debatte mitzuerleben.
Vor nicht einmal zwei Wochen, am 19. Januar, gab es in Ebern eine Demonstration. Damals hat sich Ihre Kollegin, Frau Kastner, hingestellt und gesagt, „Ebern bleibt bestehen“.
Ich will Ihnen ein Weiteres sagen. Bei uns in der Nachbarschaft ist etwas Ähnliches passiert. Vor zwei oder drei Jahren, im Bundestagswahlkampf, ist Ihr Kollege – ich weiß seinen Namen nicht mehr –, der schließlich den Wahlkreis Coburg gewonnen hat, aufgetreten und hat gesagt: Wenn ich in den Bundestag gewählt werde, bleibt der Bundesgrenzschutz in Coburg bestehen. – Ein halbes Jahr später war der Standort geschlossen. In der Zwischenzeit ist der Abgeordnete in die PDS eingetreten. Ich bin gespannt, wie viele von Ihnen diesen Weg auch noch gehen werden.
Meine Damen und Herren, bei uns gibt es eine Heimatzeitung, die „Neue Presse“. Ich weiß nicht, ob Sie immer noch Ihnen gehört, aber bis vor kurzem war sie mehrheitlich im Eigentum der SPD. In dieser Zeitung stand in der letzten Woche – –
In dieser Zeitung stand in der letzten Woche: Wenn Ebern geschlossen wird, braucht sich bei uns kein roter Politiker mehr sehen zu lassen. Bitte sehr, sehr vermissen werden wir Sie nicht.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch etwas zu dem sagen, was Minister Huber schon angedeutet hat. Ebern ist eine Kleinstadt – lieber Robert, bitte nimm es mir nicht übel, wenn ich das so sage – jenseits der großen Welt. Bei uns gibt es keine Autobahnen; 20 km weiter liegt die thüringische Grenze. Nirgendwo in Bayern sticht das Fördergefälle, auch für die Industrie, so ins Auge und ist so greifbar wie bei uns. Bei uns gibt es die berühmte bayerische Wirtschaftsförderung, nebenan in Thüringen eine, die sehr viel höher ist, wie Sie alle wissen.
Wenn bei uns die Bundeswehr gehen muss, wird die Stadt Ebern und der Altkreis Ebern, der bekanntlich im Landkreis Hassberge aufgegangen ist, in einer Weise
getroffen, die dieser Stadt keine große Zukunft gibt. Ich weiß wirklich nicht, was dann passieren soll; denn bei uns ist es eben nicht so, dass wir die Kasernen für ein Gewerbegebiet, für ein Wohngebiet oder für sonst etwas nutzen können. Wir stehen dann mit einer modernst ausgestatteten Kaserne da, die für zwei Bataillone Platz bietet, in die Millionen investiert worden sind, Geld, das in anderen Standorten, die erhalten bleiben, erst einmal investiert werden muss.
In dieser Situation soll ich jetzt nach Hause fahren und mich dankbar darüber freuen, dass ich quasi wie am Heiligen Abend von der SPD-Fraktion ein Geschenk bekommen habe. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen. Nehmen Sie es uns nicht übel: Wir werden das natürlich ins Land tragen. Ich freue mich schon auf alle Ihre Kollegen, die zu uns kommen und dann sagen, was Sie für Bayern getan hätten. Meine Damen und Herren, es kommt doch heraus: Die SPD ist nichts anderes als eine sozialistische, zentralistische Partei, der die Interessen Bayerns egal sind.